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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Produktionssystems zur Herstellung von Produkten unterschiedlicher Produkttypen unter Steuerung eines Organisationsrechners.
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Produktionssysteme, die zur flexiblen Herstellung bzw. Bearbeitung von Produkten unterschiedlicher Produkttypen ausgebildet sind, umfassen eine Mehrzahl an Produktionsmodulen. Jedes Produktionsmodul ist z.B. durch eine (Bearbeitungs-) Maschine, die an einem Arbeitsplatz angeordnet ist, mit einer oder mehreren Funktionalitäten zur Bearbeitung eines Produkts eines bestimmten Produkttyps gebildet. Derartige Produktionssysteme erlauben es, unterschiedlichste Produkte flexibel (d.h. „on demand“) herstellen zu können. Die Produktionsmodule, die unterschiedliche und/oder gleiche Funktionalitäten zur Bearbeitung, wie z.B. Bohren, Fräsen, Pressen, Drucken, Lackieren und dergleichen, aufweisen können, können je nach herzustellendem Produkt lediglich einen Teilschritt, mehrere Teilschritte oder alle Teilschritte zur Herstellung des Produkts erforderlichen Bearbeitungsschritte ausführen.
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Soll innerhalb einer Fertigung des Produktionssystems ein bestimmtes Produkt oder ein bestimmter Produktmix hergestellt werden, so soll deren Herstellung möglichst effizient und kostengünstig erfolgen. Dabei stellt sich das Problem, in welcher Weise das spezielle Produkt oder der Produktmix in den Ablauf der Fertigung des Produktionssystems eingebracht werden kann. Hierzu kann beispielsweise ein bereits laufender Prozessvorgang eines oder mehrerer Produktionsmodule angehalten werden, um das spezielle Produkt oder den speziellen Produktmix herzustellen. Alternativ kann das spezielle Produkt oder der spezielle Produktmix in den Fertigungsablauf eingefügt werden, bei dem ähnliche Produkte oder Produktmixe hergestellt werden. Häufig basiert die Entscheidung auf der Erfahrung eines zuständigen Produktionsleiters.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Betreiben eines Produktionssystems zur Herstellung von Produkten unterschiedlicher Produkttypen anzugeben, welches funktional verbessert ist und einen manuellen Eingriff in einen Prozessablauf vermeidet.
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Eine weitere Aufgabe besteht darin, eine Vorrichtung zum Betreiben eines Produktionssystems zur Herstellung von Produkten unterschiedlicher Produkttypen anzugeben, welches eine flexible und automatisierte Herstellung der Produkte bei hoher Ressourceneffizienz ermöglicht.
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Diese Aufgaben werden gelöst durch ein Verfahren gemäß den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und eine Vorrichtung gemäß den Merkmalen gemäß des Anspruchs 12. Vorteilhafte Ausgestaltungen ergeben sich aus den abhängigen Patentansprüchen.
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Es wird ein Verfahren zum rechnergestützten Betreiben eines Produktionssystems zur Herstellung von Produkten unterschiedlicher Produkttypen vorgeschlagen. Das Verfahren wird unter Steuerung eines Organisationsrechners, der zumindest eine Produktionsorganisations-Recheneinheit umfasst, durchgeführt. Das Produktionssystem umfasst eine Mehrzahl an Produktionsmodulen. Jedes Produktionsmodul ist durch eine Maschine mit einer oder mehreren Funktionalitäten zur Bearbeitung eines herzustellenden Produktes eines der Produkttypen gebildet und umfasst eine Recheneinheit. In der vorliegenden Beschreibung wird unter einer Maschine ein Arbeitsplatz verstanden, der eine oder mehrere Funktionalitäten, wie z.B. Fräsen, Separieren, Bohren, Gießen usw., oder eine Sequenz von Funktionalitäten zur Bearbeitung des Produktes durchführen kann.
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Es wird eine Auftragsliste bereitgestellt, die einen oder mehrere Aufträge zur Herstellung eines Produktes umfasst. Ein jeweiliger Auftrag umfasst eine Produktionsinformation sowie eine Zeitinformation für die Herstellung des Produktes. Die Produktionsinformation umfasst zumindest den Produkttyp und zur Herstellung benötigte Bearbeitungsverfahren, wie z.B. Fräsen, Schleifen, Bohren, Separieren und dergleichen. Die Zeitinformation umfasst insbesondere den gewünschten oder erforderlichen Zeitpunkt der Herstellung des Produktes oder der Durchführung des Bearbeitungsschrittes.
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Der Organisationsrechner ordnet den oder die in der Auftragsliste enthaltenen Aufträge den Produktionsmodulen anhand einer Zuordnungsvorschrift zu. Die Zuordnungsvorschrift wird durch den Organisationsrechner dynamisch erzeugt und umfasst eine, insbesondere priorisierte, Zuordnung eines Auftrags zu einem bestimmten Produktionsmodul. Im Rahmen der Erfindung kann für das Produktionssystem eine einzige Zuordnungsvorschrift erzeugt werden, die eine Zuordnung der Aufträge zu einer Mehrzahl oder allen Produktionsmodulen umfasst. Alternativ kann für jedes einzelne Produktionsmodul oder eine Teilanzahl an Produktionsmodulen eine jeweilige Zuordnungsvorschrift dynamisch erzeugt werden.
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Die Zuordnungsvorschrift wird erzeugt, in dem eine Anzahl an Produktionsszenarien definiert wird. Dabei ist jedes Produktionsszenario durch eine Hilfs-Zuordnungsvorschrift repräsentiert. Analog zu der Zuordnungsvorschrift umfasst die Hilfs-Zuordnungsvorschrift eine, insbesondere priorisierte, Zuordnung eines Auftrags zu einem bestimmten Produktionsmodul. Zur Erzeugung der Zuordnungsvorschrift wird als nächster Schritt für jede Hilfs-Zuordnungsvorschrift unter Verarbeitung zumindest einer gegebenen Nebenbedingung eine Simulation durchgeführt und zumindest ein Bewertungskriterium ermittelt. Mit jeder Simulation und dem daraus resultierenden Bewertungskriterium wird ermittelt, ob der durch die Hilfs-Zuordnungsvorschrift erzeugte „Produktionsplan“ hinsichtlich vorgegebener Bedingungen oder zur Erfüllung vorgegebener Bedingungen geeignet ist oder nicht. Schließlich wird mit Hilfe eines Optimierungsverfahrens diejenige Hilfs-Zuordnungsvorschrift als Zuordnungsvorschrift ermittelt, deren Bewertungskriterium oder Bewertungskriterien optimal sind.
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Es wird ferner eine Vorrichtung zum Betreiben eines Produktionssystems zur Herstellung von Produkten unterschiedlicher Produkttypen unter Steuerung eines Organisationsrechners vorgeschlagen, der zumindest eine Produktionsorganisations-Recheneinheit umfasst. Das Produktionssystem umfasst eine Mehrzahl an Produktionsmodulen, wobei jedes Produktionsmodul durch eine Maschine mit einer oder mehreren Funktionalitäten zur Bearbeitung eines herzustellenden Produktes eines der Produkttypen gebildet ist und eine Recheneinheit umfasst. Der Organisationsrechner ist dazu eingerichtet, ein wie in dieser Beschreibung ausgebildetes Verfahren durchzuführen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht einen hinsichtlich verschiedener Kriterien, wie z.B. Energieeffizienz, Auslastung der Produktionsmodule, Zeitdauer der Fertigung, und so weiter, flexiblen Betrieb des Produktionssystems. Dabei ist das Verfahren in der Lage, sich flexibel auf in der Auftragsliste verändernde Aufträge einzustellen und diese in optimierter Weise das Produktionssystem zur Bearbeitung zu übergeben.
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Das erfindungsgemäße Verfahren macht dadurch starre Produktionspläne entbehrlich, sondern ermöglicht das Hinzufügen neuer Aufträge zu einer Auftragsliste, welche einen „freien“ Pool von zu erledigenden Aufträgen darstellt. Der Organisationsrechner entscheidet im laufenden Betrieb des Produktionssystems, welcher Auftrag durch welche Produktionsmodule als nächstes abgearbeitet wird. Die Auftragsliste beinhaltet im Gegensatz zu einem starren Produktionsplan damit keine vorgegebene Reihenfolge der Abarbeitung der in der Auftragsliste enthaltenen Aufträge. Die Reihenfolge der Abarbeitung der Aufträge ergibt sich im Laufe des Betriebs des Produktionssystems. Die Auftragsliste ist somit zeitlich und bezüglich ihrer Größe dynamisch, da jeder Zeit neue Aufträge hinzugefügt, geändert oder als fertiggestellt oder beendet der Liste entnommen werden können.
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In der Zuordnungsvorschrift werden gemäß einer zweckmäßigen Ausgestaltung nur Produktionsmodule mit freier Kapazität verarbeitet. Zum Beispiel können solche Produktionsmodule berücksichtigt werden, die zum Zeitpunkt der Erzeugung der Zuordnungsvorschrift eine freie Kapazität aufweisen. Unter dem Begriff „freie Kapazität“ ist dabei zu verstehen, dass ein jeweiliges Produktionsmodul kein Produkt bearbeitet, d.h. für die Bearbeitung eines neuen Produktes zur Verfügung steht, und sich auch nicht in Wartung befindet. Ebenso kann in der Zuordnungsvorschrift eine Zeitinformation verarbeitet werden, ab welchem Zeitpunkt ein Produktionsmodul über freie Kapazität verfügt. Hierdurch können zukünftig freie Produktionsmodule, welche für neue Produktionsaufträge zur Verfügung stehen, prädiktiv bei der Erzeugung der Zuordnungsvorschrift berücksichtigt werden.
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Gemäß einer weiteren zweckmäßigen Ausgestaltung wird die Information, welches Produktionsmodul zu welchem Zeitpunkt eine freie Kapazität aufweist, von den jeweiligen Recheneinheiten der Produktionsmodule an den Organisationsrechner übertragen oder von dem Organisationsrechner von den jeweiligen Recheneinheiten der Produktionsmodule abgefragt. Die Information, welches Produktionsmodul zu welchem Zeitpunkt eine freie Kapazität aufweist, wird insbesondere in regelmäßigen Zeitabständen ermittelt. Die Zeitabstände können zyklisch gewählt sein. Ebenso können jeweils zwei benachbarte Zeitabstände unterschiedliche Zeitdauern aufweisen. Hierdurch ist sichergestellt, dass die dynamisch erzeugte Zuordnungsvorschrift die von den Produktionsmodulen zur Verfügung gestellten Funktionalitäten bestmöglich berücksichtigen kann.
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Gemäß einer weiteren zweckmäßigen Ausgestaltung wird die Ermittlung der Zuordnungsvorschrift durchgeführt, sobald ein neuer Auftrag in die Auftragsliste hinzugefügt wird. Das Hinzufügen eines neuen Auftrags in die Auftragsliste stößt somit die Erzeugung einer neuen, aktualisierten Zuordnungsvorschrift an. Alternativ oder zusätzlich wird die Ermittlung der Zuordnungsvorschrift durchgeführt, sobald eine Veränderung der Produktionsmodule hinsichtlich der freien Kapazität festgestellt wird. Im Ergebnis ist die Zuordnungsvorschrift an den aktuellen Zustand des Produktionssystems angepasst und berücksichtigt insbesondere die Dynamik neu hinzugefügter Aufträge zu der Auftragsliste und/oder abgearbeiteter Aufträge sowie aktuell oder zukünftig freier Kapazitäten jeweiliger Produktionsmodule.
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Die Simulation kann mit dem aktuellen Zustand des Produktionssystems initialisiert werden. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass aktuell in der Auftragsliste enthaltene Aufträge sowie die aktuell und/oder zukünftig freien Produktionsmodule bei der Simulation berücksichtigt werden.
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Die Produktionsszenarien können automatisch generiert werden durch kombinatorisches Verändern von Produktionsreihenfolgen, Mix der Produktionstypen und der Zeitinformation, insbesondere dem Zeitpunkt der Fertigstellung jeweiliger Produkte.
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Es ist zweckmäßig, wenn als Nebenbedingung ein oder mehrere der nachfolgenden Kriterien verarbeitet werden: Minimierung der durch das Produktionssystem verbrauchten Energie; Minimierung einer Belastung der Produktionsmodule des Produktionssystems zur Maximierung eines Zeitraums zwischen zwei Wartungen; Minimierung von Rüstzeiten der Produktionsmodule des Produktionssystems; Maximierung einer Auslastung der Produktionsmodule des Produktionssystems; Minimierung der Aufträge der Auftragsliste; Minimierung der Zeitdauer für die Abarbeitung der Aufträge der Auftragsliste; Minimierung von Produktionsverzögerungen.
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Das Verfahren wird zweckmäßigerweise zur Laufzeit des Produktionssystems iterativ durchgeführt. Auf diese Weise ist es möglich, den permanenten, sich verändernden dynamischen Zustand der Auftragsliste und des Zustands der Produktionsmodule hinsichtlich ihrer Belegung oder ihrer Verfügbarkeit zu berücksichtigen.
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Gemäß einer ersten Variante ist die Produktionsorganisations-Recheneinheit des Organisationsrechners eine zentrale Recheneinheit. Gemäß dieser Variante wird eine Zuordnungsvorschrift für alle Produktionsmodule oder eine Teilmenge der Produktionsmodule zentral erstellt. Hierdurch kann eine Optimierung im Sinne der oben genannten Kriterien für das gesamte Produktionssystem realisiert werden.
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Alternativ umfasst jedes der Produktionsmodule eine Produktionsorganisations-Recheneinheit des Organisationsrechners. Hierdurch erfolgt eine „Selbstversorgung“ mit Aufträgen sowie eine Optimierung durch eine jeweilige Produktionsorganisations-Recheneinheit für jedes der Produktionsmodule selbst. Dies hat zur Folge, dass die Produktionsmodule jeweils optimal ausgelastet werden, wobei jedoch keine Optimierung über das gesamte Produktionssystem erfolgt.
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Ferner wird ein Computerprogrammprodukt vorgeschlagen, das direkt in den internen Speicher eines digitalen Computers geladen werden kann und Softwarecodeabschnitte umfasst, mit denen die Schritte gemäß des hierin beschriebenen Verfahrens ausgeführt werden, wenn das Produkt auf einem Computer läuft. Das Computerprogrammprodukt kann in der Gestalt einer DVD, einer CD-ROM, eines USB-Speichersticks oder eines über ein Netzwerk drahtlos oder drahtbehaftet ladbares Signal verkörpert sein.
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Weitere Ausgestaltungsvarianten und Vorteile der Erfindung werden nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen beschrieben. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum rechnergestützten Betreiben eines Produktionssystems gemäß einer ersten Alternative;
- 2 eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum rechnergestützten Betreiben eines Produktionssystems gemäß einer zweiten Alternative; und
- 3 eine schematische Darstellung des Aufbaus einer Produktionsorganisations-Recheneinheit, welche jeweils Bestandteil der Produktionsmodule des in 2 gezeigten Produktionssystems sind.
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Die 1 und 2 zeigen zwei unterschiedliche Alternativen einer erfindungsgemäßen Vorrichtung zum rechnergestützten Betreiben eines Produktionssystems PS. Das Produktionssystem PS dient zur Herstellung von Produkten unterschiedlicher Produkttypen. Dazu umfasst das Produktionssystem PS eine Mehrzahl an Produktionsmodulen PM1, ..., PMn. Jedes Produktionsmodul PM1, ..., PMn ist durch ein (oder mehrere) Produktionswerkzeug (e) PWz, ..., PWzn (auch als Maschine bezeichnet) mit einer oder mehreren Funktionalitäten zur Bearbeitung eines herzustellenden Produktes eines der Produkttypen gebildet.
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Ein Produktionsmodul PM1, ..., PMn ist an einem bestimmten Ort einer Produktionsumgebung angeordnet, der auch als Arbeitsplatz bezeichnet wird. Jedes der Produktionsmodule PM1, ..., PMn ist in der Lage, mithilfe seines oder seiner Produktionswerkzeug (e) PWz, ..., PWzn zumindest einen Teilschritt der Bearbeitung, z.B. durch Fräsen, Spannen, Separieren, Gießen und dergleichen, zur Herstellung des Produktes eines bestimmten Produkttyps durchzuführen. Ein Produktionsmodul PM1, ..., PMn kann auch derart ausgebildet sein, dass dieses mithilfe seines oder seiner Produktionswerkzeug (e) PWz, ..., PWzn eine Sequenz unterschiedlicher Funktionalitäten, z.B. Fräsen und Separieren, durchführen kann. Unter den Begriff des Produktionsmoduls PM1, ..., PMn fallen sowohl einzelne Maschinen als auch zu einem System verbundene, einzelne Maschinen.
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Jedes der Produktionsmodule PM1, ..., PMn umfasst darüber hinaus eine Recheneinheit RE1, ..., REn, über welche die zugeordneten Produktionswerkzeuge PWz, ..., PWzn gesteuert werden. Die Recheneinheit RE1, ..., REn ist ferner dazu eingerichtet, mit einem Organisationsrechner RS zu kommunizieren.
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Der Organisationsrechner RS ist im Ausführungsbeispiel gemäß 1 eine zentrale Recheneinheit, welche eine Produktionsorganisations-Recheneinheit POR darstellt. In dem in 2 gezeigten Ausführungsbeispiel weist demgegenüber jedes der Produktionsmodule PM1, ..., PMn eine Produktionsorganisations-Recheneinheit POR1, ..., PORn auf, die im gesamten dem Organisationsrechner RS ausbilden. Während in 2 jeweilige Produktionsorganisations-Recheneinheiten POR1, ..., PORn lediglich schematisch dargestellt sind, ist deren jeweiliger Aufbau schematisch in 3 gezeigt.
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Das Produktionssystem PS stellt somit die für die Produktion der Produkte unterschiedlicher Produkttypen notwendigen Voraussetzungen bereit. Die Steuerung, welches Produkt oder welche Teilschritte zur Herstellung eines Produkts von welchem Produktionsmodul PM1, ..., PMn erzeugt werden, erfolgt unter Steuerung des Organisationsrechners RS. Der Organisationsrechner RS berücksichtigt dabei eine Auftragsliste AL eines Auftragspools AP, wobei die Auftragsliste AL einen oder mehrere Aufträge A1, ..., Ax umfasst.
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Jeder Auftrag A1, ..., Ax umfasst zumindest eine Produktionsinformation sowie eine Zeitinformation für die Herstellung eines jeweiligen Produktes. Die Produktionsinformation umfasst zumindest den Produkttyp und zur Herstellung benötigte Bearbeitungsverfahren. Die Zeitinformation umfasst insbesondere den erforderlichen oder erwünschten Zeitpunkt der Fertigstellung des Produktes. Die Auftragsliste AL umfasst damit einen „freien“ Pool von zu erledigenden Produktionsaufträgen.
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Die Auftragsliste AL ist zeitlich bzw. bezüglich der Anzahl der Aufträge A1, ..., Ax dynamisch. Es können somit jederzeit neue Aufträge hinzugefügt, geändert, beendet oder aufgrund ihrer Abarbeitung von der Auftragsliste AL entfernt werden. Der Organisationsrechner RS gemäß der Ausführungsvariante nach 1 entscheidet entsprechend den Fähigkeiten der Produktionsmodule PM1, ..., PMn zur Laufzeit des Produktionssystems PS, welcher der Aufträge A1, ..., Ax der Auftragsliste AL von welchem der entsprechenden Produktionsmodul PM1, ..., PMn verarbeitet wird. Hierzu nutzt der Organisationsrechner RS Wissen über die von den Produktionsmodulen PM1, ..., PMn zur Verfügung gestellten Funktionalitäten sowie über die aktuelle und zukünftige Auslastung.
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Die Aufträge A1, ..., Ax sind mit spezifischen Merkmalen gekennzeichnet, welche anzeigen, welche Schritte zur Herstellung des Produkts in welcher Reihenfolge auszuführen sind. Die Auswahl der Aufträge A1, ..., Ax durch den Organisationsrechner RS ergibt sich aus der Kombination von später beschriebenen, unterschiedlichen Nebenbedingungen mit unterschiedlicher Gewichtung der Produktionsmodule PM1, ..., PMn und der in den jeweiligen Aufträgen A1, ..., Ax enthaltenen spezifischen Merkmale.
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Für die Bestimmung des Organisationsrechners RS, welcher Auftrag A1, ..., Ax in welcher Reihenfolge welchem Produktionsmodul PM1, ..., PMn zugeführt wird, können unterschiedliche Ziele pro Produktionsmodul PM1, ..., PMn oder unterschiedliche Ziele für mehrere Produktionsmodule PM1, ..., PMn berücksichtigt werden. Der oder die als Kriterien formulierten Ziele können beispielsweise sein: welches Produktionsmodul PM1, ..., PMn kann einen Auftrag am schnellsten abarbeiten; welches Produktionsmodul benötigt am wenigsten Energie zur Abarbeitung eines Auftrags; bei Nutzung welches Produktionsmoduls wird dieses am wenigsten belastet, um beispielsweise Wartungsintervalle möglichst lang in die Zukunft verschieben zu können. Gleichzeitig kann eines oder mehrere der folgenden Kriterien zu erfüllen sein: eine Maximierung der Auslastung sämtlicher Produktionsmodule PM1, ..., PMn des Produktionssystems PS; eine Minimierung der Aufträge; eine Minimierung der Durchlaufzeit; eine Minimierung von Abweichungen der vorgegebenen Zeitinformation; eine Minimierung von Rüstzeiten. Die oben genannten Ziele oder Kriterien können einzeln oder in Kombination durch den Organisationsrechner RS berücksichtigt werden.
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Das nachfolgend näher beschriebene Vorgehen des Organisationsrechners RS besteht darin, einen optimalen Produktionsplan zu erstellen, der durch eine Zuordnungsvorschrift T repräsentiert ist. Die Zuordnungsvorschrift T wird durch den Organisationsrechner RS dynamisch erzeugt. Sie umfasst beispielhaft - gemäß der in 1 gezeigten Alternative - eine Zuordnung eines jeweiligen Auftrags A1, ..., Ax zu einem bestimmten Produktionsmodul PM1, ..., PMn (sog. Ziel-Produktionsmodul) sowie eine Prioritätskennzahl, die eine zeitliche Zuweisung eines jeweiligen Auftrags an die Produktionsmodule PM1, ..., PMn ermöglicht. Die Zuordnungsvorschrift T kann beispielsweise in Gestalt einer Tabelle vorliegen, welche die Einträge Auftrag A, Ziel-Produktionsmodul ZPM und Prioritätskennzahl PR umfasst. Es versteht sich, dass die Zuordnungsvorschrift T darüber hinaus weitere Einträge umfassen kann, wenn diese zur Erzielung eines optimalen Produktionsplans hilfreich sind.
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Zur Erzeugung der Zuordnungsvorschrift T werden in einem Schritt S1 durch eine Recheneinheit REP des Rechensystems RS, das in 1 mit der Produktionsorganisations-Recheneinheit POR übereinstimmt, verschiedene Produktionsszenarien definiert. Jedes Produktionsszenario beschreibt, welches der zur Verfügung stehenden Produktionsmodule PM1, ..., PMn (nachfolgend auch als freie Produktionsmodule PM1, ..., PMn bezeichnet) welchen Auftrag A1, ..., Ax zu welcher Zeit und in welcher Reihenfolge bearbeiten kann. Jedes Produktionsszenario ist dabei durch eine nicht dargestellte Hilfs-Zuordnungsvorschrift repräsentiert.
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Für jede Hilfs-Zuordnungsvorschrift wird in einem Schritt S2 durch die Recheneinheit REP unter Verarbeitung zumindest einer der oben genannten Nebenbedingungen eine Simulation durchgeführt, wobei anhand von vorher definierten Indikatoren zumindest ein Bewertungskriterium KPI (Key Performance Indicator) ermittelt wird. Das zumindest eine Bewertungskriterium ermöglicht eine Bewertung eines jeweiligen Produktionsszenarios hinsichtlich der in der Simulation berücksichtigten Nebenbedingen.
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Mit Hilfe eines Optimierungsverfahrens wird in einem Schritt S3 durch das Rechensystem RS diejenige Hilfs-Zuordnungsvorschrift als Zuordnungsvorschrift T ermittelt, deren Bewertungskriterium oder Bewertungskriterien KPE optimal sind. In der Zuordnungsvorschrift T ist neben der Zuordnung, welcher Auftrag A1, ..., Ax welchem Produktionsmodul PM1, ..., PMn zugeordnet ist, die Prioritätskennzahl enthalten, die eine Reihenfolge der Zuordnungen ermöglicht (d.h. in welcher Reihenfolge bzw. zu welchem Zeitpunkt ist ein jeweiliger Auftrag A1, ..., Ax an das zugeordnete Produktionsmodul PM1, ..., PMn zu übermitteln), um die einem Auftrag A1, ..., Ax zugeordnete Zeitvorgabe einhalten zu können.
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Anhand der Zuordnungsvorschrift T erfolgt dann eine Übermittlung der in der Zuordnungsvorschrift T enthaltenen Aufträge entsprechend der Prioritätskennzahl PR, so dass die jeweils adressierten Ziel-Produktionsmodule PM1, ..., PMn die entsprechenden Aufträge abarbeiten können.
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Zu Beginn der in Schritt S2 durchgeführten Simulationen erfolgt eine Initialisierung mit dem aktuellen Zustand der Produktionsanlage PS. Dies umfasst einerseits die Kenntnis darüber, welche die Produktionsmodule PM1, ..., PMn derzeit frei oder mit der Produktion eines Produktes beschäftigt sind. Die Information darüber kann im Push- oder Pull-Verfahren ermittelt werden. Im Push-Verfahren wird von der Recheneinheit RE1, ..., REn der jeweiligen Produktionsmodule PM1, ..., PMn in zyklischen (regelmäßigen oder unregelmäßigen) Zeitabständen eine Information über den aktuellen Zustand (frei oder beschäftigt) an die Produktionsorganisations-Recheneinheit POR bzw. das Rechensystem RS übertragen. Beim Pull-Verfahren wird die entsprechende Information durch die Produktionsorganisations-Recheneinheit POR des Rechensystems RF von den jeweiligen Recheneinheiten RE1, ..., REn abgefragt.
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Darüber hinaus wird der aktuelle Anlagenzustand auch durch die in der Auftragsliste enthaltenen Aufträge A1, ..., Ax definiert.
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Die verschiedenen Produktionsszenarien in Schritt S1 werden automatisch generiert, wobei verschiedene Produktionsreihenfolgen, unterschiedliche Produktmixe sowie verschiedene Fertigstellungstermine kombinatorisch kombiniert und in den Hilfs-Zuordnungsvorschriften abgespeichert werden. Darüber hinaus werden die entsprechenden Bewertungskriterien automatisch aus der Simulation berechnet. Am Ende wird eine nach den Bewertungskriterien aufsteigend sortierte Liste der simulierten Szenarien erzeugt. Diejenige Hilfs-Zuordnungsvorschrift, deren Bewertungskriterium bzw. Bewertungskriterien optimal sind, wird dann in Schritt S3 als Zuordnungsvorschrift verwendet. Das oder die optimalen Bewertungskriterien sind kann durch die Prioritätskennzahl PR ausgedrückt.
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Dieses Verfahren wird zur Laufzeit des Produktionssystems PS iterativ durchgeführt. Insbesondere kann dabei vorgesehen sein, die Ermittlung der Zuordnungsvorschrift T immer dann neu durchzuführen, sobald ein neuer Auftrag A1, ..., Ax in die Auftragsliste AL hinzugefügt wird und/oder eine Veränderung der Produktionsmodule PM1, ..., PMn hinsichtlich der freien Kapazität festgestellt wird.
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Dieses Vorgehen kann als mathematisches Modell in Vektornotation „^“ wie folgt beschrieben werden:
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Die Zielfunktion mit den Randbedingungen lautet:
wobei:
- - F(Â,L̂,Î) die Zielfunktion ist,
- - Ĝ(Â,L̂,Î) der Vektor der Nebenbedingungen ist, der sich über die Zeit ändern kann (z.B. Preis der Energie),
- - A(tk,Pk) ein Auftrag im Auftragspool Ω ist, der abhängig von einer Produktionszeit tk und der von den Produktionsmodulen verwendeten Funktionalitäten Pk ist.
- - Lk die Fertigungsreihenfolge eines Auftrags,
- - N die Anzahl aller möglichen Fertigungsreihenfolgen,
- - k der Index des Auftrags,
- - K die Anzahl der Aufträge im Auftragspool Ω,
- - Im ein ausgewähltes Bewertungskriterium aus der Menge aller Bewertungskriterien Θ,m = 1, ...,M und
- - M die Anzahl der Bewertungskriterien ist.
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Dieses Optimierungsproblem stellt ein diskret lösbares Optimierungsproblem dar, das beispielsweise durch die mathematischen Verfahren Cutting Plane, „Branch & Bound“ sowie ganzzahliger Simplex gelöst werden kann.
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Die Ausgestaltungsvariante gemäß 2 unterscheidet sich von der in 1 gezeigten Variante lediglich dadurch, dass jede der Recheneinheiten REP1, ..., REPn der Produktionsorganisations-Recheneinheiten POR1, ..., PORn jeweiliger Produktionsmodule PM1, ..., PMn eine für sich gültige Zuordnungsvorschrift T gemäß dem oben beschriebenen Verfahren ermittelt. Dadurch ist jedes Produktionsmodul PM1, ..., PMn in der Lage, einen für sich optimalen Produktionsablauf zu erstellen. Jedes Produktionsmodul PM1, ..., PMn reserviert sich damit entsprechend seiner Funktionalitäten dynamisch einen Schritt zur Produktion eines fertigten Produkts und nimmt die Bearbeitung vor, wobei die optimale Abfolge durch Simulationen vorher ermittelt wird.