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Die Erfindung betrifft ein Umformverfahren für ein Blechbauteil gemäß den Oberbegriffen der unabhängigen Patentansprüche.
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Aus der
WO 2011/115539 A1 ist ein solches Umformverfahren für ein Blechbauteil bereits bekannt. In diesem Umformverfahren wird eine Platine in einem ersten Verfahrensschritt auf wenigstens 750 Grad Celsius erwärmt. Bei einem zweiten, danach anschließenden Verfahrensschritt wird die Platine auf eine Temperatur oberhalb von 580 Grad Celsius abgekühlt und die Platine anschließend in einem dritten Verfahrensschritt in einer Presseneinrichtung zu dem Blechbauteil warm umgeformt. In dem ersten Verfahrensschritt wird die Platine somit auf deren Austenitisierungstemperatur erwärmt und durch die Abkühlung im zweiten Verfahrensschritt ein Ferritwachstum ermöglicht, bevor die Platine in dem dritten Verfahrensschritt zu dem Blechbauteil umgeformt wird. In dem dritten Verfahrensschritt kann sich die Platine während deren Umformung in der Presseneinrichtung weiter abkühlen, wodurch eine Presshärtung der Platine erfolgt.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Umformverfahren für ein Blechbauteil zu schaffen, mittels welchem Blechbauteile unterschiedlichster Größen und insbesondere große Bauteile beziehungsweise mehrere Bauteile gleichzeitig in einem großen Werkzeug (bis 2,5 m × 2,5 m) und gleichzeitig komplexer Geometrie herstellbar sind.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Umformverfahren für ein Blechbauteil mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungen der Erfindung sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche und der Beschreibung.
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Zur Schaffung eines Umformverfahrens für ein Blechbauteil der eingangs genannten Art, mittels welchem Blechbauteile unterschiedlichster Größen herstellbar sind, ist es erfindungsgemäß vorgesehen, dass die Platine in dem zweiten Verfahrensschritt durch Anblasen mit einem gasförmigen Medium auf die Temperatur, welche niedriger als 750 Grad Celsius ist, abgekühlt wird. Das Abkühlen der Platine in dem zweiten Verfahrensschritt auf die Temperatur, welche niedriger ist als 750 Grad Celsius und höher als 580 Grad Celsius ist, und insbesondere bei ca. 600 °C liegt, dient einer Vermeidung von Mikrorissen, welche während des Umformprozesses in dem dritten Verfahrensschritt auftreten können. Bei dem gasförmigen Medium, mittels welchem die Platine abgekühlt wird, kann es sich beispielsweise um Luft handeln. Das Anblasen mit dem Medium in dem zweiten Verfahrensschritt kann beispielsweise mittels eines mehrstufigen Luftmessers erfolgen, welches zwischen Rollen eines Auslaufbands eines Ofens, in welchem die Platine in dem ersten Verfahrensschritt erwärmt wird, angeordnet ist. Dabei hat das Anblasen mit dem gasförmigen Medium den Vorteil, dass keine Einschränkungen hinsichtlich der Größe der Platine bestehen. Die Platine ist während des zweiten Verfahrensschritts somit unabhängig von Innenabmessungen eines hypothetischen Abkühlwerkzeugs, da lediglich eine Anblaseinrichtung zum Anblasen mit dem gasförmigen Medium benötigt wird, welche beispielsweise offen ausgebildet ist und flexibel und aus unterschiedlichen Richtungen die Platine mit dem gasförmigen Medium anblasen kann. Hieraus ergibt sich der Vorteil, dass Platinen unterschiedlichster Größen in dem Umformverfahren zu dem Blechbauteil umgeformt werden können. Das Blechbauteil wird vorzugsweise aus einem Werkstoff 22MnB5, 20MnB8 oder ähnlichen, vorzugsweise lufthärtenden Stahl hergestellt, wobei die Oberfläche der Platine, bei welcher es sich um ein Ausgangsmaterials für das Verfahren handelt, mit einer Zinkschicht, vorzugsweise Z140 bis Z160 oder einer Zinkeisenschicht, vorzugsweise ZF140-ZF180 überzogen ist.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Platine in dem dritten Verfahrensschritt mittels einer Saugbalkenpresse oder mittels einer Servopresse umgeformt und/oder beschnitten wird. Dies ermöglicht ein besonders schnelles Umformen der Platine zu dem Blechbauteil. Beispielsweise wird die Platine in der Presseneinrichtung in mehreren Umformstufen zu dem Blechbauteil umgeformt, was auch besonders komplizierte Blechbauteile ermöglicht. Beispielsweise kann die Platine zwischen den einzelnen Umformstufen zwischengelagert werden, insbesondere innerhalb der Servopresse, um die Temperatur der Platine beziehungsweise des Blechbauteils während des Umformprozesses zu steuern.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Platine einen Stahl 22MnB5 aufweist. Dabei ist die Platine zumindest bereichsweise aus dem Stahl 22MnB5 gebildet. Dieser Stahl kann beispielsweise während des Umformverfahrens nicht vollständig ausgehärtet werden und trotzdem eine Festigkeit oberhalb einem Niveau von konventionellen, kaltumformbaren Stählen aufweisen. Hierdurch weist das Blechbauteil eine besonders hohe Festigkeit auf und ist gleichzeitig derart duktil, dass es eine geringe Sprödigkeit aufweist.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Platine eine Verzinkung aufweist. Hierdurch kann eine besonders hohe Korrosionsfestigkeit des Blechbauteils erreicht werden. Durch die Abkühlung der Platine im zweiten Verfahrensschritt auf eine Temperatur zwischen 580 Grad Celsius und 650 Grad Celsius kann eine Bildung von Mikrorissen während der Umformung der Platine im dritten Verfahrensschritt zum Blechbauteil in einer infolge der Verzinkung auf die Platine aufgebrachter Zinkschicht zumindest im Wesentlichen vermieden werden. Dies ermöglicht einen besonders guten Korrosionsschutz des Blechbauteils.
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Es hat sich darüber hinaus als vorteilhaft gezeigt, wenn die Platine unterschiedliche Schichtdicken aufweist. Beispielsweise handelt es sich bei der Platine um einen sogenannten Tailored Rolled Blank oder um einen sogenannten Tailored Weldet Blank. Die Ausführung der Platine mit unterschiedlichen Schichtdicken ermöglicht, dass das Blechbauteil nach dem dritten Verfahrensschritt Bereiche mit unterschiedlichen Schichtdicken aufweist. Somit kann Strukturanforderungen an das Blechbauteil bei einer besonders hohen Materialeffizienz nachgekommen werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Platine mit Kohlenstoffdioxid als dem gasförmigen Medium angeblasen wird. Das bedeutet, dass die Platine durch Anblasen mit Kohlenstoffdioxid in dem zweiten Verfahrensschritt auf die Temperatur zwischen 580 Grad Celsius und 650 Grad Celsius abgekühlt wird. Hierbei besteht der Vorteil, dass Kohlenstoffdioxid bei Umgebungsdruck auch bei Temperaturen unter 0 Grad Celsius gasförmig vorliegt. Somit kann die Platine vorteilhafterweise im zweiten Verfahrensschritt mittels des gasförmigen Kohlenstoffdioxids abgekühlt werden, wobei eine Temperatur des gasförmigen Kohlenstoffdioxids an eine gewünschte Abkühlgeschwindigkeit der Platine anpassbar ist.
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In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung hat es sich als vorteilhaft gezeigt, wenn die Platine in dem ersten Verfahrensschritt in einem Rollenherdofen oder in einem Hubbalkenofen oder in einem Mehrkammerofen erwärmt wird. Dies ermöglicht eine besonders gleichmäßige Erwärmung der Platine in dem ersten Verfahrensschritt auf wenigstens 750 Grad Celsius.
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Es hat sich als weiterhin vorteilhaft gezeigt, wenn das Blechbauteil nach dem dritten Verfahrensschritt zum Kühlen mit dem Medium angeblasen wird. Durch die dann geringe Wärme des Bauteils kann ein manuelles Abstapeln durch einen Werker erfolgen.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Platine in dem dritten Verfahrensschritt mit einer Lasereinrichtung beschnitten wird. Dabei kann die Lasereinrichtung beispielsweise mit der Servopresse oder der Saugerbalkenpresse durch eine vollständige Automatisierung oder durch eine Teilautomatisierung verbunden sein und das Blechbauteil direkt nach dessen Umformung beschneiden.
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Des Weiteren wird zur Schaffung eines Umformverfahrens für ein Blechbauteil der eingangs genannten Art, mittels welchem Blechbauteile unterschiedlichster Größen herstellbar sind, vorgeschlagen, die Platine in dem zweiten Verfahrensschritt in einer Einhausung anzuordnen und durch Absaugen von warmer, die Platine umgebender Luft auf die Temperatur, welche niedriger als 650 Grad Celsius ist, abzukühlen. Durch das Absaugen der warmen, die Platine umgebenden Luft kann kalte Luft nachströmen, sodass die Platine von der kalten Luft umströmt wird, über welche Wärme von der Platine aufnehmen kann, um diese abzukühlen. Die Platine kann hierbei einen Stahl 22MnB5 und/oder eine Verzinkung und/oder unterschiedliche Schichtdicken aufweisen. Die Platine kann in dem ersten Verfahrensschritt in einem Rollenherdofen oder in einem Hubbalkenofen oder in einem Mehrkammerofen erwärmt werden. In dem dritten Verfahrensschritt kann die Platine mittels einer Saugbalkenpresse oder mittels einer Servopresse umgeformt werden. Des Weiteren kann die Platine in dem dritten Verfahrensschritt mit einer Lasereinrichtung beschnitten werden. Überdies kann das Blechbauteil nach dem dritten Verfahrensschritt zum Kühlen mit einem gasförmigen Medium, bei welchem es sich beispielsweise um Kohlenstoffdioxid oder um Luft handeln kann, angeblasen werden. Vorteilhaft an dem Umformverfahren ist, dass die Einhausung beliebig großzügig ausgeführt werden kann, sodass Platinen unterschiedlichster Größe zur Herstellung von Blechbauteilen unterschiedlichster Größe in dem zweiten Verfahrensschritt auf die Temperatur zwischen einschließlich 580 Grad Celsius und 650 Grad Celsius abgekühlt werden kann.
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Weitere Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen, den Figuren und der Figurenbeschreibung. Die vorstehend in der Beschreibung genannten Merkmale und Merkmalskombinationen sowie die nachfolgend in der Figurenbeschreibung genannten und/oder in der einzigen Figur alleine gezeigten Merkmale und Merkmalskombinationen sind nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar.
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Die Erfindung wird nun anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels sowie unter Bezugnahme auf die Zeichnung näher erläutert. Die einzige Figur zeigt ein Verfahrensschema zum Umformen einer Platine zu einem Blechbauteil, bei welchem die Platine in einem ersten Verfahrensschritt auf deren Austenitisierungstemperatur erwärmt wird, anschließend für eine Bildung von Ferriten abgekühlt wird und darauffolgend in einer Pressenstraße umgeformt wird.
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In der einzigen Figur ist ein Verfahrensschema für ein Umformverfahren zur Herstellung eines Blechbauteils 1 dargestellt. Ausgangsmaterial zur Herstellung des Blechbauteils 1 ist eine Platine 2. Die Platine 2 ist vorliegend bereichsweise aus einem Stahl 22MnB5 gebildet und weist eine Verzinkung auf. Dabei kann die Platine 2 einen lufthärtenden Stahl umfassen. Überdies weist die Platine 2 unterschiedliche Schichtdicken auf und ist als Tailored Weldet Blank ausgebildet.
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In einem ersten Verfahrensschritt S1 wird die Platine 2 in einem Rollenherdofen 3 auf circa 800 bis 870 Grad Celsius erwärmt. Zwischen Rollen 5 eines Auslaufbands des Rollenherdofens 3 ist ein mehrstufiges Luftmesser 4 angeordnet, mittels welchem die Platine 2 in einem zweiten Verfahrensschritt S2 beim Auslaufen aus dem Rollenherdofen 3 auf circa 600 Grad Celsius abgekühlt wird. In einer alternativen, nicht dargestellten Ausführungsform kann die Platine 2 in dem zweiten Verfahrensschritt S2 an einer Zwischenstation und/oder in einer Warteposition in einer Einhausung mit Absaugung angeordnet werden, in welcher die Platine 2 durch Absaugen von warmer, die Platine 2 umgebender Luft abgekühlt wird.
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Nach dem Abkühlen der Platine 2 auf circa 600 Grad Celsius wird die Platine 2 in einem dritten Verfahrensschritt S3 in einer Presseneinrichtung 6 zu dem Blechbauteil 1 umgeformt. Die Presseneinrichtung 6 umfasst vorliegend eine Servopresse mit fünf bis sechs Umformstufen sowie eine daran anschließende Lasereinrichtung. In den einzelnen Umformstufen der Servopresse wird die Platine 2 zumindest teilweise zu dem Blechbauteil 1 umgeformt. Ein Transfer der Platine 2 zwischen den Umformstufen erfolgt durch eine Robotereinrichtung oder durch einen Federbalken beziehungsweise einen Crossbar Feeder. Hierdurch sind besonders schnelle Taktzeiten ermöglicht. Darüber hinaus können besonders komplexe Blechbauteile 1 hergestellt werden, welche aufgrund ihrer komplexen Form nur durch einen Roboter transferiert werden können.
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Nach dem Umformen der Platine 2 in den Umformstufen der Servopresse wird die Platine 2 mittels der Lasereinrichtung beschnitten, um das Blechbauteil 1 herzustellen. Anschließend ist das Blechbauteil 1 auf einem Auslaufband 7 angeordnet und wird vorliegend mittels eines Gebläses mit dem gasförmigen Medium, vorliegend mit Luft, angeblasen, um eine vollständige Abkühlung des Blechbauteils 1 insbesondere auf Raumtemperatur zu erreichen, sollte die Platine 2 in den Umformstufen nicht vollständig abgekühlt worden sein.
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Mittels des beschriebenen Umformverfahrens können besonders kurze Taktzeiten erreicht werden und somit Produktionskosten für das Blechbauteil 1 besonders gering gehalten werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Blechbauteil
- 2
- Platine
- 3
- Rollenherdofen
- 4
- Luftmesser
- 5
- Rollen
- 6
- Presseneinrichtung
- 7
- Auslaufband
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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