-
Die Erfindung betrifft eine Bremsanlage, umfassend hydraulisch betätigbare Radbremsen, einen mit Hilfe eines Bremspedals betätigbaren Hauptbremszylinder mit wenigstens einer Druckkammer und eine Druckbereitstellungseinrichtung mit einem mit Hilfe eines Elektromotors angetriebenen Druckkolben für aktiven Bremsdruckaufbau in den Radbremsen. Sie betrifft weiterhin ein Verfahren zum Betreiben einer derartigen Bremsanlage.
-
In der Kraftfahrzeugtechnik sind Bremsanlagen bzw. Bremssysteme bekannt, bei denen durch einen Vakuumbremskraftverstärker der Bremsdruck des Fahrers verstärkt werden kann. Eine derartige Bremskraftverstärkung kann auch vakuumlos und hydraulisch abgebildet werden, beispielsweise mit Hilfe von wenigstens einer bedarfsweise ansteuerbaren Pumpe oder einer Druckbereitstellungseinrichtung mit einem ansteuerbaren Druckkolben.
-
Eine hydraulische Verstärkung des vom Fahrer erzeugten Bremsdruckes kann dadurch erzielt werden, dass der Fahrer eine Wirkfläche eines Druckkolbens betätigt, und dass mit Hilfe einer entgegengesetzten Wirkfläche des Druckkolbens Bremsflüssigkeit in Richtung der Radbremsen gefördert wird.
-
Nachteilig bei bekannten Bremsanlagen mit einer derartigen hydraulischen Bremskraftverstärkung ist gewöhnlich das fest vorgegebene Verstärkungsverhältnis, welches bauartbedingt ist. Insbesondere steht das abgegebene Volumen zu der Pedalposition in einem festen Verhältnis. Für eine Raddruckregelung sind deshalb Volumenspeicher und eine zweite elektrohydraulische Druckquelle notwendig, wie dies beispielsweise bei einer konventionellen ESC-Anlage mit Hilfe von Niederdruckspeicher und Pumpe realisiert ist.
-
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Bremsanlage mit hydraulischer Bremskraftverstärkung dahingehend zu verbessern, dass sich auch komplexere Bremsvorgänge darstellen lassen. Weiterhin soll ein Verfahren zum Betreiben einer derartigen Bremsanlage vorgestellt werden.
-
In Bezug auf die Bremsanlage wird diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die Druckbereitstellungsvorrichtung aufweist einen ersten Druckraum, der von einer ersten Wirkfläche des Druckkolbens begrenzt wird, und einen zweiten hydraulischen Druckraum, der von einer zweiten Wirkfläche des Druckkolbens begrenzt wird, wobei der erste Druckraum hydraulisch mit dem Hauptbremszylinder verbunden ist und wobei der zweite Druckraum hydraulisch mit den Radbremsen verbunden ist, und wobei zwischen Hauptbremszylinder und Radbremsen ein Überströmventil hydraulisch parallel zur Druckbereitstellungseinrichtung geschaltet ist.
-
Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
-
Die Erfindung geht von der Überlegung aus, dass es bei Bremsanlagen mit hydraulischer Bremskraftverstärkung wünschenswert ist, auf robuste, präzise und zuverlässige Art Bremsprozesse darstellen zu können, in denen der Bremsdruck unabhängig vom Fahrer geregelt werden muss, wie beispielsweise ABS- oder EPS-Regelvorgänge oder auch rekuperative Bremsungen.
-
Wie nunmehr erkannt wurde, lässt sich diese Flexibilität realisieren, indem zu der Druckbereitstellungseinrichtung ein Überströmventil hydraulisch parallel geschaltet bzw. angeordnet wird, welches einen dosierten bzw. bedarfsweise vorgegebenen Fluss von Bremsflüssigkeit ermöglicht. Das Überströmventil kann in Zusammenhang mit einer gezielten Ansteuerung der Druckbereitstellungseinrichtung zu einem gegenüber dem durch das Flächenverhältnis der beiden Wirkflächen vorgegebene Verstärkungsverhältnis zusätzlichen oder verminderten Fluss an Druckmittel in die Radbremsen eingesetzt werden. Weiterhin kann durch eine gezielte Ansteuerung beider Komponenten der vom Fahrer erfahrene Pedaldruck eingestellt werden. Die Erfindung besteht somit aus einer Bremsanlage mit einer Kombination eines Überströmventils mit einem Volumenverstärker, der aus einem angetriebenen Kolben mit zwei entgegengesetzten hydraulischen Wirkflächen besteht, wobei Volumenverstärker und Überströmventil hydraulisch parallel geschaltet sind zwischen Hauptbremszylinder und Radbremsen.
-
Bevorzugt ist jeder Radbremse wenigstens ein Radventil zum Einstellen radindividueller Radbremsdrücke zugeordnet. In einer bevorzugten Ausführungsform sind für jede Radbremse jeweils ein stromlos offenes Einlassventil und ein stromlos geschlossenes Auslassventil vorgesehen.
-
Vorteilhafterweise sind die beiden Wirkflächen unterschiedliche groß. Das Verhältnis der Größe der beiden Wirkflächen definiert ein Verstärkungsverhältnis zwischen dem vom Fahrer abgegebenen Volumen und dem Volumen, mit dem die Radbremsen beaufschlagt werden. Die vom Fahrer aufzubringende Kraft ergibt sich dagegen frei programmierbar aus dem Druck in den Radbremsen, der auf den Kolben der Druckbereitstelleinrichtung wirkenden elektromotorischen Kraft und ggf. der Ansteuerung des Überströmventils.
-
Das Flächenverhältnis von erster Wirkfläche zu zweiter Wirkfläche beträgt beispielsweise 1:3, wodurch sich eine dreifache Volumenverstärkung ergibt.
-
Die erste Wirkfläche ist vorteilhafterweise als Ringfläche oder Stirnfläche ausgebildet und/oder die zweite Wirkfläche ist bevorzugt als kreisförmige Stirnfläche ausgebildet.
-
Der Hauptbremszylinder ist vorteilhafterweise als Tandemhauptbremszylinder ausgebildet. Eine der beiden Druckkammern, bevorzugt die Sekundärdruckkammer, kann hydraulisch auf bei By-Wire-Bremsanlagen bekannte Weise mit dem Sekundärbremskreis verbunden werden.
-
Der erste Druckraum des Volumenverstärkers ist bevorzugt als Ringraum ausgebildet. Er kann auf diese Weise vorteilhaft um einen axialen Bereich des Druckkolbens gebildet werden, während eine Stirnfläche des Druckkolbens den zweiten Druckraum begrenzt.
-
Der Hauptbremszylinder ist vorteilhafterweise mit der Druckbereitstellungseinrichtung baulich kombiniert derart, dass der Druckkolben zwei Stirnflächen aufweist, von denen die erste einen Druckraum des Hauptzylinders begrenzt und von denen die zweite den hydraulisch mit den Radbremsen verbundenen Druckraum begrenzt. Eine derartige Ausgestaltung erlaubt einen vorteilhaften hydraulisch-mechanischen Durchgriff des Fahrers in einer Rückfallebene und führt zu einer baulich kompakten Ausführung.
-
In der hydraulischen Verbindung von Hauptbremszylinder und erster Druckkammer ist in einer bevorzugten Ausführungsform ein stromlos offenes Trennventil angeordnet.
-
In Bezug auf das Verfahren wird die oben genannte Aufgabe erfindungsgemäß gelöst, indem das Überströmventil geschlossen wird, so dass bei der Betätigung des Bremspedals Druckmittel aus einer Druckkammer des Hauptbremszylinders vollständig in die erste Druckkammer der Druckbereitstellungseinrichtung fließt.
-
Vorteilhafterweise wird das Überströmventil dosiert geöffnet, wobei der Druckkolben derart angetrieben wird, dass ein vorgegebenes Bremsmittelvolumen in die Radbremsen strömt.
-
Bevorzugt wird der Druckkolben zurückgefahren derart, dass das vom Hauptzylinder abgegebene Bremsmittelvolumen in die beiden Kammern strömt.
-
Vorteilhafterweise wird dabei das Überströmventil derart angeströmt, dass am Bremspedal ein vorgegebener Druck resultiert. Der Druck wird dabei vorzugsweise derart eingestellt, wie ihn der Fahrer bei der jeweiligen Pedalposition bzw. bei dem jeweils zurückgelegten Pedalweg erwartet.
-
Das Überströmventil wird in einer bevorzugten Ausführung des Verfahrens bevorzugt derart geöffnet, dass Bremsmittel aus den Radbremsen in Richtung des Hauptzylinders strömt oder in umgekehrter Richtung. Auf diese Weise kann beispielsweise mehr Druckmittel in die Radbremsen gefördert werden, als es der aktuellen Pedalposition entspricht, was beispielsweise bei ESP-Vorgängen relevant ist.
-
Vorteilhafterweise, wenn der Fahrer das Bremspedal in einer konstanten Position hält, werden das Überströmventil und/oder die radindividuellen Radventile derart angesteuert, dass der Druck am Bremspedal konstant ist. Der Fahrer wird somit nicht durch Bewegungen des Pedals irritiert oder erschreckt bzw. schließt irrtümlich auf eine Fehlfunktion des Bremssystems.
-
In einer bevorzugten Ausführungsform wird während einer Bremsung das Trennventil geschlossen. Wenn das Trennventil geschlossen wird, kann Radbremsdruck mit der Differenz der Kolbenflächen bzw. Wirkflächen erzeugt werden, so dass die Antriebskraft im Verhältnis zum geforderten Druck verkleinert werden kann.
-
Die Vorteile der Erfindung liegen insbesondere darin, dass durch eine vorgeschlagene Kombination einer Druckbereitstellungseinrichtung und eines parallel geschalteten Überströmventils auch bei Regelvorgängen oder rekuperativen Bremsvorgängen der gewünschte Radbremsdruck eingestellt werden kann, während dem Fahrer das gewohnte Pedalgefühl bzw. der erwartete Pedaldruck bereitgestellt werden kann. Ein separater Simulator zur Simulation eines gewöhnlichen Pedalgefühls kann entfallen.
-
Die Antriebsleistung bzw. die Dimensionierung der Druckbereitstellungseinrichtung kann geringer ausgebildet bzw. vermindert werden als bei By-Wire-Anlagen mit einem Simulator, da während einer Normalbremsung der Fahrer den Druckaufbau unterstützt.
-
Ausführungsbeispiele der Erfindung werden anhand von Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen in stark schematisierter Darstellung:
- 1 eine hydraulische Baugruppe mit einer Druckbereitstellungseinrichtung und einem Überströmventil;
- 2 eine Druckbereitstellungseinrichtung mit einem Hauptbremszylinder;
- 3 ein Bremssystem mit einer hydraulischen Baugruppe gemäß 1 in einer ersten bevorzugten Ausführungsform; und
- 4 ein Bremssystem mit einer hydraulischen Baugruppe gemäß 1 in einer zweiten bevorzugten Ausführungsform.
-
Gleiche Teile sind in allen Figuren mit denselben Bezugszeichen versehen.
-
Eine in 1 dargestellte hydraulische Baugruppe 2 umfasst eine Druckbereitbereitstellungseinrichtung 6 zum bedarfsweisen aktiven Druckaufbau in Radbremsen einer Bremsanlage und ein hydraulisch dazu parallel geschaltetes, stromlos geschlossenes Überströmventil 10. Das Überströmventil 10 ist als analoges Ventil ausgebildet und kann dosiert geöffnet werden, d.h. es kann kontinuierlich vom geschlossenen Zustand geöffnet werden bis es vollständig offen bzw. auf Durchlass geschaltet ist. Die Druckbereitstellungseinrichtung 6 weist einen ersten Druckraum 18 auf und einen zweiten Druckraum 14. In den Druckraum 14 ist ein von einem Elektromotor 22 angetriebener Druckkolben 16 verschiebbar. Die Position des Druckkolbens 16 wird durch einen, bevorzugt redundant ausgebildeten Rotorlagesensor 26 gemessen. Weiterhin ist noch ein, bevorzugt redundant ausgeführter, Temperatursensor 28 zur Messung der Temperatur der Motorwicklung vorgesehen. Die Rotation des Elektromotors 22 wird mittels eines Rotations-Translationsgetriebes, welches bevorzugt als Kugelgewindetrieb (KGT) ausgebildet ist, in eine Translationsbewegung des Druckkolbens 16 umgewandelt.
-
Der erste Druckraum 18 wird durch eine erste Wirkfläche 36, die als Ringfläche ausgebildet ist, begrenzt. Der erste Druckraum 18 ist ringförmig um einen Abschnitt des Druckkolbens 16 ausgebildet. Der zweite Druckraum 14 wird durch eine als kreisrunde Stirnfläche ausgebildete Wirkfläche 32 begrenzt. Die erste Druckkammer bzw. der erste Druckraum 18 ist über hydraulische Leitungen 40, 44 mit einem Druckraum eines nicht dargestellten Hauptbremszylinders 82 verbindbar. Die zweite Druckkammer bzw. der zweite Druckraum 14 ist über hydraulische Leitungen 50, 54 mit nicht dargestellten Radbremsen 92, 94, 96, 98 verbindbar. In einer hydraulischen Verbindung 60, die zur hydraulischen Verbindung des Hauptbremszylinders 82 und der Radbremsen 92, 94, 96, 98 vorgesehen ist, ist das Überströmventil 10 angeordnet.
-
Eine baulich kombinierte Einheit aus der Druckbereitstellungseinrichtung 6 (schematisch gekennzeichnet durch die geschwungene Linie 600) und einem Hauptbremszylinder 62, der mit Hilfe eines Bremspedals 64 und einer Kolbenstange 66 betätigt wird, ist in 2 dargestellt. Der erste Druckraum 18 wird einerseits von der ersten Wirkfläche 36 des Druckkolbens 16 begrenzt und andererseits von einem Hauptbremszylinderkolben 70 des Hauptbremszylinders 62. Der Druckkolben 16 bzw. Verstärkerkolben weist auf diese Weise zwei Stirnflächen 32, 36 auf. Der Antrieb 222 (stark schematisch in 2 dargestellt) des Druckkolbens 16 ist zwischen den beiden Stirnflächen 32, 36 bzw. Druckräumen 14, 18 angeordnet. Die kleinere Stirnfläche 36 des Druckkolbens 16 ist in den Hauptbremszylinder 62 integriert. Der zweite Druckraum 14 ist hydraulisch über eine Leitung 54 mit Radbremsen 92, 94, 96, 98 verbunden. Auf diese Weise wird ein mechanischer Fahrerdurchgriff in verschiedenen Fehlerfällen ermöglicht, d.h. der Fahrer kann durch Muskelkraft Bremsdruck in den Radbremsen aufbauen. Eingezeichnet in 2 sind weiterhin die hydraulische Leitung 60, in der das Überströmventil 10 angeordnet ist, und die zur hydraulischen Verbindung des Hauptbremszylinders 62 und der Radbremsen 92, 94, 96, 98 vorgesehen ist. Die 2 ist stark schematisch und zeigt z.B. keinen Druckmittelvorratsbehälter, welcher an der gestrichelten Linie, z.B. über ein Rückschlagventil oder ein elektrisch betätigbares Ventil, angeschlossen sein kann, oder radindividuelle Ventil (z.B. Einlassventile oder Auslassventile).
-
Ein in 3 dargestellter hydraulischer Schaltplan einer Bremsanlage in einer ersten bevorzugten Ausführungsform zeigt eine mögliche Verwendung der hydraulischen Baugruppe gemäß 1 in einem Bremssystem. Die Bremsanlage 80 weist einen Hauptbremszylinder 82 auf, der als Tandemhauptbremszylinder ausgebildet ist. Der Hauptbremszylinder 82 weist eine Primärdruckkammer 84 auf, in der bei Betätigung des Bremspedals 64 ein Primärkolben 86 verschoben wird, der mit dem Bremspedal 64 durch die Kolbenstange 66 gekoppelt ist. Ein schwimmend gelagerter Sekundärkolben 88 ist in eine zweite Druckkammer bzw. Primärdruckkammer 90 verschiebbar.
-
Die Bremsanlage weist vier hydraulisch betätigbare Radbremsen 92, 94, 96, 98 auf. Die Radbremsen 96, 98 sind einem ersten Bremskreis I bzw. Primärkreis zugeordnet. Die Radbremsen 92, 94 sind einem zweiten Bremskreis II bzw. Sekundärkreis II zugeordnet. Jeder Radbremse 92, 94, 96, 98 ist jeweils ein stromlos offenes Einlassventil 102, 104, 106, 108 zugeordnet, dem jeweils ein Rückschlagventil zugeordnet ist, welches einen Fluss von Druckmittel in Richtung der Radbremse sperrt und in umgekehrter Richtung freigibt. Jeder der Radbremsen 92, 94, 96, 98 ist weiterhin ein stromlos geschlossenes Auslassventil 112, 114, 116, 118 zugeordnet, durch welches aus der jeweiligen Radbremse 92, 94, 96, 98 Druckmittel in den Druckmittelvorratsbehälter 76 abströmen kann.
-
Die Bremsanlage 80 umfasst die in 1 dargestellte hydraulische Baugruppe 2 mit der Druckbereitstellungseinrichtung 6 und dem Überströmventil 10. Die erste Druckkammer 18 der Druckbereitstellungseinrichtung 6 ist hydraulisch durch eine Leitung 80 mit der Primärdruckkammer 84 des Hauptbremszylinders 82 verbunden. Die Druckkammer 14 der Druckbereitstellungseinrichtung 10 ist durch eine Saugleitung 122 mit dem Druckmittelvorratsbehälter 76 verbunden, in der ein Rückschlagventil 124 angeordnet ist, welches einen Druckmittelfluss aus dem Druckmittelvorratsbehälter 76 in die Druckkammer 14 erlaubt und in entgegengesetzter Richtung sperrt. Die Pedalstellung wird mit Hilfe eines, bevorzugt redundant ausgeführten, Pedalwegsensors 130 gemessen. Der Druck in der Primärdruckkammer 84 wird mit Hilfe eines, bevorzugt redundant ausgeführten, Drucksensors 134 gemessen. Der Systemdruck, der in der Druckkammer 14 bzw. einer Systemdruckleitung 140 vorliegt, wird von einem, bevorzugt redundant ausgeführten, Systemdrucksensor 142 gemessen. Über eine Druckzufuhrleitung 148, in der ein stromlos geschlossenes Druckzuschaltventil 152 angeordnet ist, werden die Radbremsen 92, 94 mit Bremsdruck versorgt. Über eine Druckzufuhrleitung 162, 160, in der ein stromlos geschlossenes Druckzuschaltventil 166 angeordnet ist, werden die Radbremsen 96, 98 mit Bremsdruck versorgt. Die Sekundärdruckkammer 90 ist hydraulisch trennbar über eine Leitung 170, in der ein stromlos offenes Trennventil 172 angeordnet ist, mit den Radbremsen 92, 94 des Bremskreises II verbunden.
-
Die dargestellte Ventilschaltung entspricht einer Normalbremsung. Der Fahrer-Hauptzylinder bzw. Hauptbremszylinder 82 ist als ein Tandem-Hauptzylinder ausgeführt, dessen Primärkreis mit dem Verstärkerkolben bzw. mit der Druckbereitstellungseinrichtung 6 verbunden ist. Der Sekundärkreis der Bremsanlage 80 entspricht der einer By-Wire-Bremsanlage. Der Raddruck wird konventionell mit Einlassventilen 102, 104, 106, 108 und Auslassventilen 112, 114, 116, 118 moduliert. Der Primärkreis umfasst das stromlos geschlossene Druckzuschaltventil 166 bzw. Primärdruckzuschaltventil, um bei elektrischem Totalausfall unter Betätigung einen Volumenverlust in den Verstärkerkolben zu vermeiden. Der Sekundärkreis umfasst entsprechend das Druckzuschaltventil 152 bzw. Sekundärdruckzuschaltventil.
-
Im Gegensatz zu bekannten By-Wire-Bremssystemen kann bei der dargestellten Bremsanlage 80 auf einen Simulator zur Simulation eines konventionellen Pedalgefühls und ein Simulatorventil verzichtet werden. Die vom Fahrer am Bremspedal 64 erfahrene Kraft beim Druckaufbau bzw. Druckhalten kann mit Hilfe der gezielten Ansteuerung des Druckkolbens 16 und/oder der gezielten Ansteuerung des Überströmventils 10 eingestellt werden. In gewissen Betriebszuständen soll nämlich ein anderes Verhältnis zwischen dem vom Fahrer-Hauptzylinder abgegebenen Volumenstrom und dem Volumenstrom zu den Radbremsen 92, 94, 96, 98 erreicht werden, als dies durch das Flächenverhältnis der beiden Wirkflächen 32 und 36 vorgegeben ist. Dazu wird das Überströmventil 10 dosiert geöffnet und der Verstärkerkolben bzw. Druckkolben 16 geeignet bewegt. Das Überströmventil 10 ist analog ansteuerbar, so dass es in Zwischenstellungen, bevorzugt kontinuierlich, zwischen ganz offen und ganz geschlossen eingestellt werden kann.
-
Beispielhaft soll während eines ABS-Manövers oder einer regenerativen Bremsung weniger Volumen, als der Pedalbetätigung entspricht, an die Radbremsen 92-98 abgegeben werden. Dann wird das Überströmventil 10 dosiert geöffnet und vom Fahrer-Hauptzylinder 82 zu den Radbremsen hin durchströmt. Indem der Verstärkerkolben bzw. Druckkolben 6 der Druckbereitstellungseinrichtung 6 geeignet bewegt wird, können die gewünschten Volumenströme an beiden Anschlüssen erreicht werden. Wenn zum Beispiel der Fahrer das Pedal 64 betätigt und kein Volumen an die Radbremsen abgegeben werden soll, wird der Verstärkerkolben so in Löserichtung, d.h. in der Richtung bewegt, in dem das von der Druckkammer 14 aufnehmbare Volumen größer wird, bewegt, dass die beiden Kammern 14, 18 insgesamt genau das vom Fahrer-Hauptzylinder abgegebene Volumen aufnehmen. Das Überströmventil 10 wird so angesteuert, dass am Anschluss zum Fahrer-Hauptzylinder genau der Druck entsteht, den der Fahrer bei der jeweiligen Pedalposition erwartet. Insbesondere soll aus der Bereitschaftsposition des Verstärkerkolbens heraus eine Bewegung in Löserichtung möglich sein.
-
Als weiteres Beispiel soll während eines ESP-Manövers mehr Volumen als der Pedalbetätigung entspricht an die Radbremsen 92, 94, 96, 98 abgegeben werden. Dazu wird das Überströmventil 10 dosiert geöffnet und von den Radbremsen zum Fahrer-Hauptzylinder 82 hin durchströmt. Wenn zum Beispiel der Fahrer das Pedal 64 konstant hält, wird der Verstärkerkolben bzw. Druckkolben 16 derart in Betätigungsrichtung, d.h. in einer Richtung, in der Druckmittel aus der Druckkammer 14 bewegt wird, bewegt, dass beide Kammern 14, 18 insgesamt genau das gewünschte Volumen an die Radbremsen abgeben. Das Überströmventil 10 und gegebenenfalls die Radeinlassventile 102-108 werden so angesteuert, dass der Druck am Anschluss zum Fahrer-Hauptzylinder 82 konstant bleibt.
-
In dem in 4 dargestellten hydraulischen Schaltplan einer Bremsanlage 80 in einer zweiten bevorzugten Ausführungsform ist ein weiteres Trennventil 200 hinzugefügt. Abgesehen davon ist die Bremsanlage identisch mit der in 3 dargestellten Bremsanlage 80. Das Trennventil 200 ist angeordnet in der hydraulischen Verbindung zwischen Primärdruckkammer 84 und ringförmiger Kammer 18 der Druckbereitstellungseinrichtung 6. Wenn das Trennventil 200 geschlossen wird, kann Radbremsdruck mit der Differenz der Kolbenflächen bzw. Wirkflächen 23, 36 erzeugt werden, so dass die Antriebskraft im Verhältnis zum geforderten Druck verkleinert werden kann. Im Primärkreis I kann bedarfsweise mit der gegebenenfalls noch kleineren Ringfläche 36 Druck erzeugt werden.