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Die Erfindung betrifft ein Bremssystem für Kraftfahrzeuge, insbesondere für hochautomatisiertes Fahren, mit einer primären Bremsregeleinheit umfassend
- • hydraulisch betätigbare Radbremsen;
- • zumindest ein elektrisch betätigbares Radventil je Radbremse zum Einstellen radindividueller Bremsdrücke;
- • einen mit den Radbremsen verbundenen und/oder verbindbaren Hauptbremszylinder;
- • einen unter Atmosphärendruck stehenden Druckmittelvorratsbehälter; und
- • eine elektrisch steuerbare Druckbereitstellungseinrichtung zur Betätigung der Radbremsen mit einem hydraulischen Druckraum, wobei die jeweilige Radbremse hydraulisch durch eine Radbremsleitung mit dem Druckraum verbunden ist;
wobei das Bremssystem ein Zusatzmodul umfasst, umfassend eine Hydraulikeinheit mit einer Druckbereitstellungsvorrichtung zum aktiven Druckaufbau in wenigstens zwei Bremsen.
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In der Kraftfahrzeugtechnik finden „Brake-by-Wire“-Bremsanlagen eine immer größere Verbreitung. Derartige Bremsanlagen umfassen oftmals neben einem durch den Fahrzeugführer betätigbaren Hauptbremszylinder eine elektrisch („by-Wire“) ansteuerbare Druckbereitstellungseinrichtung, mittels welcher in der Betriebsart „Brake-by-Wire“ eine Betätigung der Radbremsen stattfindet.
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Bei diesen Bremssystemen, insbesondere elektrohydraulischen Bremssystemen mit der Betriebsart „Brake-by-Wire“, ist der Fahrer von dem direkten Zugriff auf die Bremsen entkoppelt. Bei Betätigung des Pedals werden gewöhnlich eine Pedalentkopplungseinheit und ein Simulator betätigt, wobei durch eine Sensorik der Bremswunsch des Fahrers erfasst wird. Der gewöhnlich als Hauptbremszylinder ausgebildete Pedalsimulator dient dazu, dem Fahrer ein möglichst vertrautes und komfortables Bremspedalgefühl zu vermitteln. Der erfasste Bremswunsch führt zu der Bestimmung eines Sollbremsmomentes, woraus dann der Sollbremsdruck für die Bremsen ermittelt wird. Der Bremsdruck wird dann aktiv von einer Druckbereitstellungseinrichtung in den Bremsen aufgebaut.
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Das tatsächliche Bremsen erfolgt also durch aktiven Druckaufbau in den Bremskreisen mit Hilfe einer Druckbereitstellungseinrichtung, die von einer Steuer- und Regeleinheit angesteuert wird. Durch die hydraulische Entkopplung der Bremspedalbetätigung von dem Druckaufbau lassen sich in derartigen Bremssystemen viele Funktionalitäten wie ABS, ESC, TCS, Hanganfahrhilfe etc. für den Fahrer komfortabel verwirklichen.
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In derartigen Bremssystemen ist gewöhnlich eine hydraulische Rückfallebene vorgesehen, durch die der Fahrer durch Muskelkraft bei Betätigung des Bremspedals das Fahrzeug abbremsen bzw. zum Stehen bringen kann, wenn die „By-Wire“-Betriebsart ausfällt oder gestört ist. Während im Normalbetrieb durch eine Pedalentkopplungseinheit die oben beschriebene hydraulische Entkopplung zwischen Bremspedalbetätigung und Bremsdruckaufbau erfolgt, wird in der Rückfallebene diese Entkopplung aufgehoben, so dass der Fahrer direkt Bremsmittel in die Bremskreise verschieben kann. In die Rückfallebene wird geschaltet, wenn mit Hilfe der Druckbereitstellungseinrichtung kein Druckaufbau mehr möglich ist. Dies ist u.a. dann der Fall, wenn das Rückschlagventil, welches die Druckbereitstellungseinrichtung mit dem Reservoir verbindet, nicht mehr zuverlässig sperrt, so dass ein Druckaufbau nicht mehr zuverlässig möglich ist.
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Die Druckbereitstellungseinrichtung in oben beschriebenen Bremssystemen wird auch als Aktuator bzw. hydraulischer Aktuator bezeichnet. Insbesondere werden Aktuatoren als Linearaktuatoren bzw. Lineareinheiten ausgebildet, bei denen zum Druckaufbau ein Kolben axial in einen hydraulischen Druckraum verschoben wird, der in Reihe mit einem Rotations-Translationsgetriebe gebaut ist. Die Motorwelle eines Elektromotors wird durch das Rotations-Translationsgetriebe in eine axiale Verschiebung des Kolbens umgewandelt.
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Aus der
DE 10 2013 204 778 A1 ist eine „Brake-by-Wire“-Bremsanlage für Kraftfahrzeuge bekannt, welche einen bremspedalbetätigbaren Tandemhauptbremszylinder, dessen Druckräume jeweils über ein elektrisch betätigbares Trennventil trennbar mit einem Bremskreis mit zwei Radbremsen verbunden sind, eine mit dem Hauptbremszylinder hydraulisch verbundene, zu- und abschaltbare Simulationseinrichtung, und eine elektrisch steuerbare Druckbereitstellungseinrichtung, welche durch eine Zylinder-Kolben-Anordnung mit einem hydraulischen Druckraum gebildet wird, deren Kolben durch einen elektromechanischen Aktuator verschiebbar ist, umfasst, wobei die Druckbereitstellungseinrichtung über zwei elektrisch betätigbare Zuschaltventile mit den Einlassventilen der Radbremsen verbunden ist.
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Im Normalbetrieb wird der Fahrer durch Schalten von Fahrertrennventilen von den Radbremsen getrennt und der Linearaktuator wird durch Schalten von Aktuatorzuschaltventilen hydraulisch mit den Radbremsen verbunden. Ein Verfahren des Linearaktuators aus seiner Ruhelage nach vorn bewirkt einen Druckaufbau und im umgekehrten Falle einen Druckabbau in den Radbremsen.
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Eine derartige Brake-by-Wire-Bremsanlage eignet sich zur Verwendung beim automatisierten Fahren, bei dem die Fahrzeugsteuerung teilweise oder im Wesentlichen vollständig automatisiert wird, so dass der Fahrer sich mit anderen Aktivitäten befassen kann. Bei einem Ausfall der Normalebene der Bremsanlage kann es relativ lange dauern, bis dem Fahrer dieser Ausfall auffällt und er selbst das Bremspedal durch Muskelkraft betätigt.
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Zum automatisierten Fahren, insbesondere hochautomatisierten Fahren (HAF) wird daher ein Backupmodul benötigt, welches bei Ausfall des Hauptbremssystems eine Grundbremsfunktionalität bis zur Übernahme durch den Fahrer sicherstellen kann. Auf diese Weise wird also genau die Zeitspanne überbrückt, die zwischen dem Ausfall und der Einsatzbereitschaft des Fahrers liegt.
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Hierzu gibt es bereits verschiedene Lösungsvorschläge. Bei manchen dieser technischen Lösungen ist vorgesehen, auf dem Zusatzmodul einen eigenen Bremsflüssigkeitsbehälter zu installieren, der über eine Schlauchleitung am Behälter der primären Bremsanlage angeschlossen ist.
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Für Fahrzeuge, die im autonomen Fahrbetrieb eingesetzt werden, ist es erforderlich sicherzustellen, dass bei Ausfall der primären Bremsregeleinrichtung ein versehentliches Einbremsen des Fahrers weiterhin verhindert werden kann. Bei bekannten Bremsanlagen erhält der Fahrer bei Ausfall der primären Bremsregeleinrichtung allerdings gewöhnlich direkten Zugriff auf die Hinterradbremsen.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein oben genanntes Bremssystem dahingehend zu verbessern, einen direkten Zugriff des Fahrers auf die Bremsen bei einem Ausfall der primären Bremsregeleinheit zuverlässig zu verhindern und gleichzeitig eine Bremsung zu ermöglichen.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Bremssystem gemäß Anspruch 1 gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die Erfindung geht von der Überlegung aus, dass insbesondere im autonomen bzw. hochautomatisierten Fahrbetrieb eines Kraftfahrzeuges (HAF) bei Ausfall der primären Regeleinheit der Zugriff des Fahrers auf Radbremsen, insbesondere ein Einbremsen des Fahrers, verhindert werden sollte. Ein derartiger Eingriff des Fahrers kann der automatischen Regelung eines Zusatzmoduls, welches aktiv in Radbremsen Druck aufbaut, zuwiderlaufen, wodurch das Fahrzeug in gefährliche und unkontrollierbare Situationen kommen kann.
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Wie nunmehr erkannt wurde, lässt sich dieses Problem vermeiden, indem zwei Zusatzmodule verwendet werden von denen jeweils eins aktiv in zwei Radbremsen Druck aufbauen kann, wenn die primäre Bremsregeleinheit ausgefallen ist. Dadurch kann ein Zugriff des Fahrers verhindert werden und das Fahrzeug kann weiterhin autonom abgebremst werden.
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Bevorzugt umfasst das Bremssystem ein erstes Zusatzmodul, welches eine Hydraulikeinheit mit einer Druckbereitstellungsvorrichtung zum aktiven Druckaufbau in zwei der Radbremsen umfasst, und ein zweites Zusatzmodul, welches eine Hydraulikeinheit mit einer Druckbereitstellungsvorrichtung zum aktiven Druckaufbau in zwei anderen Radbremsen umfasst. Jede Druckbereitstellungsvorrichtungen ist besonders bevorzugt elektrisch ansteuerbar.
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Vorteilhafterweise sind die beiden Zusatzmodule gleich aufgebaut.
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Bevorzugt ist das erste Zusatzmodul der primären Bremsregeleinheit hydraulisch nachgeschaltet. Das erste Zusatzmodul ist demnach hydraulisch zwischen der primären Bremsregeleinheit und den zwei Radbremsen der Radbremsen angeordnet. Das zweite Zusatzmodul ist ebenfalls der primären Bremsregeleinheit hydraulisch nachgeschaltet. Das zweite Zusatzmodul ist demnach hydraulisch zwischen der primären Bremsregeleinheit und den zwei anderen Radbremsen der Radbremsen angeordnet.
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Vorteilhafterweise ist das erste Zusatzmodul hydraulisch mit zwei Vorderradbremsen verbunden und das zweite Zusatzmodul hydraulisch mit zwei Hinterradbremsen verbunden. Das heißt, eines der beiden Zusatzmodule ist für aktiven Bremsdruckaufbau in den Vorderradbremsen ausgelegt und hydraulisch mit den Vorderradbremsen verbunden, während das andere Zusatzmodul für aktiven Bremsdruckaufbau in den Hinterradbremsen ausgelegt und hydraulisch mit den Hinterradbremsen verbunden ist. Es sind also besonders bevorzugt genau zwei Zusatzmodule vorgesehen. Auf diese Weise kann bei einem Ausfall der primären Bremsregeleinheit in allen vier Radbremsen aktiv Bremsdruck aufgebaut werden. Auch Regelvorgänge wie ABS sind bei einem Ausfall der primären Bremsregeleinheit noch möglich.
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Die primäre Bremsregeleinheit ist bevorzugt mit allen Radbremsen hydraulisch verbunden, wobei das jeweilige Zusatzmodul jeweils ein stromlos offenes Trennventil umfasst, durch welches diese Verbindung jeweils getrennt werden kann. Durch die Trennventile kann bei Ausfall der primären Bremsregeleinheit diese von den Radbremsen abgetrennt werden. Der Fahrer hat keinen Zugriff auf Vorder- oder Hinterradbremsen, so dass auch in diesem Fall aktiv Bremsvorgänge ohne Einmischung des Fahrers möglich sind.
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Zu dem jeweiligen Trennventil ist in einer bevorzugten Ausführungsform kein Rückschlagventil parallel geschaltet ist, so dass eine vollständige hydraulische Abtrennung der jeweiligen Radbremse von der primären Bremsregeleinheit ermöglicht wird.
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Bei dem jeweiligen Zusatzmodul ist bevorzugt wenigstens ein Reservoir für Bremsflüssigkeit in die Hydraulikeinheit integriert. Dadurch kann verhindert werden, dass durch eine undichte oder zerstörte hydraulische Leitung zu einem Bremsflüssigkeitsvorratsbehälter der Bremsanlage bei Bedarf nicht genug Druckmittel zur Verfügung steht.
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Das jeweilige Reservoir ist bevorzugt mit einer hydraulischen Ausgleichsleitung verbunden, die zur Bildung eines Atmosphärenanschlusses vorgesehen ist.
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Die Druckbereitstellungsvorrichtung des jeweiligen Zusatzmoduls umfasst bevorzugt wenigstens eine Pumpe, die mit einem Elektromotor angetrieben wird und deren Saugseite hydraulisch mit dem jeweiligen Reservoir verbunden ist.
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Vorteilhafterweise sind zwei Reservoire für Bremsflüssigkeit und genau zwei Pumpen vorgesehen, wobei jede der beiden Pumpen saugseitig mit einer Saugleitung mit genau einem Reservoir hydraulisch verbunden ist.
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Beide Pumpen werden vorzugsweise von einem gemeinsamen Elektromotor angetrieben.
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Jede Pumpe ist vorteilhafterweise druckseitig mit einer Radbremszuleitung verbunden, die zur Verbindung mit einer hydraulischen Radbremse ausgelegt ist.
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Die Vorteile der Erfindung liegen insbesondere darin, dass durch die Verwendung von zwei Zusatzmodulen für jeweils zwei Radbremsen bei Ausfall der primären Bremsregeleinheit in allen vier Radbremsen noch aktiv Bremsdruck eingeregelt werden kann. Beim hochautomatisierten Fahren kann so noch volle Kontrolle auf die Radbremsen ausgeübt werden. Durch eine vollständige hydraulische Abtrennung der primären Bremsregeleinheit und damit des Fahrers wird er an einem Einbremsen an der Hinterachse gehindert, so dass das Fahrzeug bei Ausfall der primären Bremsregeleinheit noch beherrschbar bleibt. Insbesondere können bessere Bremswege erreicht werden im Vergleich zu dem Fall, dass der Fahrer Zugriff auf zwei Radbremsen erhält. Es sind bei dieser Ausbildung des Bremssystems keine Modifikationen der primären Bremsregeleinheit notwendig wie beispielsweise das Weglassen oder die Anpassung von Komponenten.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigt die einzige Figur in stark schematisierter Darstellung ein hydraulisches Schaltbild eines Bremssystems mit einer primären Bremsregeleinheit und einem ersten und einem zweiten Zusatzmodul in einer bevorzugten Ausführungsform.
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In der FIG. ist ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel einer erfindungsgemäßen Bremsanlage bzw. eines erfindungsgemäßen Bremssystems 1 mit einer primären Bremsregeleinheit 1d dargestellt. Die primäre Bremsregeleinheit 1d umfasst einen mittels eines Betätigungs- bzw. Bremspedals 1a betätigbaren Hauptbremszylinder 2, eine mit dem Hauptbremszylinder 2 zusammen wirkende Simulationseinrichtung 3, einen dem Hauptbremszylinder 2 zugeordneten, unter Atmosphärendruck stehenden Druckmittelvorratsbehälter 4, eine elektrisch steuerbare Druckbereitstellungseinrichtung 5, welche durch eine Zylinder-Kolben-Anordnung mit einem hydraulischen Druckraum 37 gebildet wird, deren Kolben 36 durch einen elektromechanischen Aktuator, umfassend einen Elektromotor und ein Rotations-Translationsgetriebe, verschiebbar ist, eine elektrisch steuerbare Druckmodulationseinrichtung zum Einstellen radindividueller Bremsdrücke und eine elektronische Steuer- und Regeleinheit 12.
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Die nicht näher bezeichnete Druckmodulationseinrichtung umfasst beispielsgemäß je hydraulisch betätigbare Radbremsen 8, 9, 10, 11 und je betätigbarer Radbremse 8, 9, 10, 11 eines nicht dargestellten Kraftfahrzeuges ein Einlassventil 6a-6d und ein Auslassventil 7a-7d, die paarweise über Mittenanschlüsse hydraulisch zusammengeschaltet und an die Radbremsen 8, 9, 10, 11 angeschlossen sind. Die Eingangsanschlüsse der Einlassventile 6a-6d werden mittels Bremskreisversorgungsleitungen 13a, 13b, 13c, 13d mit Drücken versorgt, die in einer „Brake-by-Wire“-Betriebsart aus einem Systemdruck abgeleitet werden, der in einer an den Druckraum 37 der Druckbereitstellungseinrichtung 5 angeschlossenen Systemdruckleitung 38 vorliegt. Die Bremsen 8, 9 sind dabei an einen ersten Bremskreis I, die Bremsen 10, 11 an einen zweiten Bremskreis II hydraulisch angeschlossen.
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Den Einlassventilen 6a-6d ist jeweils ein zu den Bremskreisversorgungsleitungen 13a-d hin öffnendes Rückschlagventil 50a-50d parallel geschaltet. In einer Rückfallbetriebsart werden die Bremskreisversorgungsleitungen 13a-d über hydraulische Leitungen 22a, 22b mit den Drücken der Druckräume 17, 18 des Hauptbremszylinders 2 beaufschlagt. Die Ausgangsanschlüsse der Auslassventile 7a-7d sind über eine Rücklaufleitung 14b mit dem Druckmittelvorratsbehälter 4 verbunden.
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Der Hauptbremszylinder 2 weist in einem Gehäuse 21 zwei hintereinander angeordnete Kolben 15, 16 auf, die die hydraulischen Druckräume 17, 18 begrenzen. Die Druckräume 17, 18 stehen einerseits über in den Kolben 15, 16 ausgebildete radiale Bohrungen sowie entsprechende Druckausgleichsleitungen 41a, 41b mit dem Druckmittelvorratsbehälter 4 in Verbindung, wobei die Verbindungen durch eine Relativbewegung der Kolben 15, 16 im Gehäuse 21 absperrbar sind. Die Druckräume 17, 18 stehen andererseits mittels der hydraulischen Leitungen 22a, 22b mit den bereits genannten Bremskreisversorgungsleitungen 13a-d in Verbindung.
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In der Druckausgleichsleitung 41a ist ein stromlos offenes Ventil 28 enthalten. Die Druckräume 17, 18 nehmen nicht näher bezeichnete Rückstellfedern auf, die die Kolben 15, 16 bei unbetätigtem Hauptbremszylinder 2 in einer Ausgangslage positionieren. Eine Kolbenstange 24 koppelt die Schwenkbewegung des Bremspedals 1a infolge einer Pedalbetätigung mit der Translationsbewegung des ersten Hauptbremszylinderkolbens 15, dessen Betätigungsweg von einem, vorzugsweise redundant ausgeführten, Wegsensor 25 erfasst wird. Dadurch ist das entsprechende Kolbenwegsignal ein Maß für den Bremspedalbetätigungswinkel. Es repräsentiert einen Bremswunsch des Fahrzeugführers.
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In den an die Druckräume 17, 18 angeschlossenen Leitungsabschnitten 22a, 22b ist jeweils ein Trennventil 23a, 23b angeordnet, welches als ein elektrisch betätigbares, vorzugsweise stromlos offenes, 2/2-Wegeventil ausgebildet ist. Durch die Trennventile 23a, 23b kann die hydraulische Verbindung zwischen den Druckräumen 17, 18 des Hauptbremszylinders und den Bremskreisversorgungsleitungen 13a, 13b abgesperrt werden. Ein an den Leitungsabschnitt 22b angeschlossener Drucksensor 20 erfasst den im Druckraum 18 durch ein Verschieben des zweiten Kolbens 16 aufgebauten Druck.
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Die Simulationseinrichtung 3 ist hydraulisch an den Hauptbremszylinder 2 ankoppelbar und besteht beispielsgemäß im Wesentlichen aus einer Simulatorkammer 29, einer Simulatorfederkammer 30 sowie einem die beiden Kammern 29, 30 voneinander trennenden Simulatorkolben 31. Der Simulatorkolben 31 stützt sich durch ein in der Simulatorfederkammer 30 angeordnetes elastisches Element (z. B. eine Feder), welches vorteilhafterweise vorgespannt ist, am Gehäuse 21 ab. Die Simulatorkammer 29 ist mittels eines elektrisch betätigbaren, stromlos geschlossenen Simulatorventils 32 mit dem ersten Druckraum 17 des Hauptbremszylinders 2 verbindbar. Bei Vorgabe einer Pedalkraft und geöffnetem Simulatorventil 32 strömt Druckmittel vom Hauptbremszylinder-Druckraum 17 in die Simulatorkammer 29. Ein hydraulisch antiparallel zum Simulatorventil 32 angeordnetes Rückschlagventil 34 ermöglicht unabhängig vom Schaltzustand des Simulatorventils 32 ein weitgehend ungehindertes Zurückströmen des Druckmittels von der Simulatorkammer 29 zum Hauptbremszylinder-Druckraum 17. Andere Ausführungen und Anbindungen der Simulationseinrichtung an den Hauptbremszylinder 2 sind denkbar.
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Die elektrisch steuerbare Druckbereitstellungseinrichtung 5 ist als eine hydraulische Zylinder-Kolben-Anordnung bzw. ein einkreisiger elektrohydraulischer Aktuator ausgebildet, deren/ dessen Druckkolben 36, welcher den Druckraum 37 begrenzt, von einem schematisch angedeuteten Elektromotor 35 unter Zwischenschaltung eines ebenfalls schematisch dargestellten Rotations-Translationsgetriebes betätigbar ist. Ein der Erfassung der Rotorlage des Elektromotors 35 dienender, lediglich schematisch angedeuteter Rotorlagensensor ist mit dem Bezugszeichen 44a bezeichnet. Zusätzlich kann auch ein Temperatursensor 44b zum Sensieren der Temperatur der Motorwicklung verwendet werden.
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Der durch die Kraftwirkung des Kolbens 36 auf das in dem Druckraum 37 eingeschlossene Druckmittel erzeugte Aktuatordruck wird in die Systemdruckleitung 38 eingespeist und mit einem vorzugsweise redundant ausgeführten Drucksensor 19 erfasst. Bei geöffneten Zuschaltventilen 26a, 26b gelangt das Druckmittel in die Radbremsen 8, 9, 10, 11 zu deren Betätigung. Durch Vor- und Zurückschieben des Kolbens 36 erfolgt so bei geöffneten Zuschaltventilen 26a, 26b bei einer Normalbremsung in der „Brake-by-Wire“-Betriebsart ein Radbremsdruckaufbau und -abbau für alle Radbremsen 8, 9, 10, 11. Beim Druckabbau strömt dabei das vorher aus dem Druckraum 37 in die Radbremsen 8, 9, 10, 11 verschobene Druckmittel auf dem gleichen Wege wieder in den Druckraum 37 zurück.
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Dagegen strömt bei einer Bremsung mit radindividuell unterschiedlichen, mit Hilfe der Einlass- und Auslassventile 6a-6d, 7a-7d geregelten Radbremsdrücken (z. B. bei einer Antiblockierregelung (ABS-Regelung)) der über die Auslassventile 7a-7d abgelassene Druckmittelanteil in den Druckmittelvorratsbehälter 4 und steht somit zunächst der Druckbereitstellungseinrichtung 5 zur Betätigung der Radbremsen 8, 9, 10, 11 nicht mehr zur Verfügung. Ein Nachsaugen von Druckmittel in den Druckraum 37 ist durch ein Zurückfahren des Kolbens 36 bei geschlossenen Zuschaltventilen 26a, 26b durch eine Nachsaugleitung 58 möglich.
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Die Bremsanlage 1 umfasst ein erstes Zusatzmodul 70, welches bei Ausfall der Druckaufbaumöglichkeit der Bremsanlage 1 Bremseingriffe durchführen kann. Auf diese Weise kann der Zeitraum überbrückt werden, bis der Fahrer das Abbremsen des Fahrzeuges übernehmen kann.
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Das Zusatzmodul 70 weist eine in einem Gehäuse bzw. Hydraulikgehäuse 76 angeordnete Hydraulikeinheit 80 auf. Eine Druckbereitstellungsvorrichtung 86 umfasst einen Elektromotor 92, durch den bedarfsweise zwei Pumpen 96, 98 betrieben werden. Die Pumpe 96 ist druckseitig über eine hydraulische Leitung bzw. Radbremszuleitung 102 mit der Radbremse 8 verbunden. Die Pumpe 98 ist druckseitig über eine Leitung bzw. Radbremszuleitung 108 mit der Radbremse 9 verbunden.
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Das Zusatzmodul 70 ist dazu ausgelegt, im Bedarfsfall zuverlässig eine Bremsfunktion übernehmen zu können. Dazu sind zwei Reservoire 120, 130 für Bremsflüssigkeit vorgesehen, die in der Hydraulikeinheit 80 integriert sind und im Hydraulikgehäuse 76 angeordnet sind. Das Bremsflüssigkeitsreservoir 120 ist mit der Saugseite der Pumpe 96 über eine hydraulische Leitung 136 hydraulisch verbunden, in die ein stromlos geschlossenes Reservoirventil 142 geschaltet ist. Das Reservoir 130 ist saugseitig über eine hydraulische Leitung 148, in die ein stromlos geschlossenes Reservoirventil 152 geschaltet ist, mit der Pumpe 98 hydraulisch verbunden. Ein bevorzugt redundant ausgebildeter Drucksensor 160 misst den Druck in der Leitung 102; ein bevorzugt redundant ausgebildeter Drucksensor 162 misst den Druck in der Leitung 108. Eine Steuer- und Regeleinheit 182 ist signaleingangsseitig mit den Drucksensoren 160, 162 verbunden.
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Von der Leitung 102 zweigt eine hydraulische Rückführleitung 170 ab, die Leitung 102 mit dem Reservoir 120 hydraulisch verbindet, wobei in die Rückführleitung ein stromlos geschlossenes Rückführventil 176 geschaltet ist. Von der Leitung 108 verzweigt eine hydraulische Rückführleitung 180, in die ein stromlos geschlossenes Rückführventil 186 geschaltet ist.
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Im Folgenden wird die hydraulische Verbindung des Zusatzmoduls 70 mit der Bremsanlage 1 beschrieben. Eine gemeinsame hydraulische Ausgleichsleitung 190, die in der 1 gestrichelt dargestellt ist und die teilweise durch das Gehäuse 21 der Bremsanlage 1 geführt ist, verbindet beide Reservoire 120, 130 mit dem Bremsmittelvorratsbehälter 4 an einem Bremsmittelbehälteranschluss 196.
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Die Radbremse 9, die vorliegend der rechten Vorderradbremse entspricht, ist mit der Druckbereitstellungseinrichtung 5 über eine Bremsleitung 202 verbunden. Die Radbremse 8, die der linken Vorderradbremse entspricht, ist durch eine Bremsleitung 200 mit der Druckbereitstellungseinrichtung 5 verbunden.
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Das Zusatzmodul 70 ist hydraulisch in die Bremsleitungen 200, 202 derart geschaltet, dass ein Abschnitt dieser Bremsleitungen, der hier auch als Radbremszuleitung 102, 108 bezeichnet wird, im Zusatzmodel 70 verläuft. Auf diese Weise kann das Zusatzmodul in den Bremsen 8, 9 bedarfsweise Bremsdruck aufbauen. Die Bremsleitung 200 verläuft in einem Leitungsabschnitt 210 innerhalb des Zusatzmoduls 70. In den Leitungsabschnitt 210 ist ein stromlos offenes Trennventil 220 geschaltet. Ein Drucksensor 194 misst den Druck in der Bremsleitung 200. Das Signal des Drucksensors 194 dient bevorzugt der Fahrerbremswunscherfassung in einer Rückfallebene, in der die Bremsdruckstellung von dem Zusatzmodul 70 übernommen wird.
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Die Bremsleitung 202 verläuft in einem Leitungsabschnitt 234 innerhalb des Zusatzmoduls 70. In den Leitungsabschnitt 234 ist ein stromlos offenes Trennventil 240 geschaltet. Das Zusatzmodul 70 ist dazu ausgebildet, bedarfsweise in den Vorderradbremsen 8, 9 aktiv Druck aufzubauen. Zu dem jeweiligen Trennventil 220, 240 ist kein Rückschlagventil parallel geschaltet, so dass eine vollständige hydraulische Abtrennung der primären Bremsregeleinheit 1d im jeweiligen Zusatzmodul erfolgen kann.
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Das Bremssystem 1 weist ein weiteres Zusatzmodul 280 auf, welches bevorzugt ausgebildet ist wie das Zusatzmodul 70. Die gleichen Komponenten sind bei dem Zusatzmodul 280 mit denselben Bezugszeichen wie bei dem Zusatzmodul 70 bezeichnet.
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Eine Bremsleitung 290 mündet in einem mit A bezeichneten Punkt in einen im Zusatzmodul 280 verlaufenden Abschnitt 296 dieser Leitung. Im Abschnitt 296 ist ein stromlos offenes Trennventil 220 angeordnet. Eine Bremsleitung 300 mündet in einem mit B bezeichnet Punkt in einen im Zusatzmodul 280 verlaufenden Abschnitt 316 dieser Leitung. Im Abschnitt 316 ist ein stromlos offenes Trennventil 240 angeordnet. Das Zusatzmodul 280 ist dazu ausgebildet, bedarfsweise in den Hinterradbremsen 10, 11 aktiv Druck aufzubauen. Die beiden Reservoire 120, 130 des Zusatzmoduls 280 sind über eine gemeinsame Ausgleichleitung 344 mit dem Ausgleichsbehälter 4 verbunden.
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Das Bremssystem 1 umfasst somit die primäre Bremsregeleinheit 1d sowie die beiden Zusatzmodule 70, 280. Es umfasst weiterhin ein erstes Bordnetz 350 und ein zweites Bordnetz 360 sowie einen ersten Vehicle Controller 364 bzw. erste zentrale Steuereinheit und einen zweiten Vehicle Controller 362 bzw. zweite zentrale Steuereinheit. Die primäre Bremsregeleinheit 1d und der erste Vehicle Controller 364 werden von dem ersten Bordnetz gespeist. Der zweite Vehicle Controller 362 und die beiden Zusatzmodule 70, 280 werden von dem zweiten Bordnetz 360 gespeist. Auf diese Weise können bei einem Ausfall des ersten Bordnetzes 350 beide Zusatzmodule 70, 280 betrieben werden, so dass das Fahrzeug weiterhin im hochautomatisierten Fahrbetrieb gebremst werden kann.
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Wenn die primäre Bremsregeleinheit 1d eine Fehlfunktion aufweist oder komplett ausfällt, so dass sie nicht den geforderten Bremsdruck in den Radbremsen 8-11 einstellen kann, kann das Zusatzmodul 70 Druck in den beiden Vorderradbremsen 8, 10 aufbauen. Dazu werden die beiden Trennventile 220, 240 des Zusatzmoduls 70 in ihre Trennstellung geschaltet, so dass die Radbremsen 8, 10 von der Druckbereitstellungseinrichtung 5 und dem Hauptbremszylinder 2 hydraulisch getrennt werden. Die Steuer- und Regeleinheit 182 steuert den Elektromotor 92 an, der die Pumpen 96, 98 ansteuert. Die jeweilige Pumpe 96, 98 saugt dann aus dem jeweiligen Reservoir 120, 130 Bremsflüssigkeit an und befördert diese durch die entsprechende Radbremszuleitung 102, 108 in die Radbremse 8, 10. Während des Druckaufbaus werden die Rückführventile 176, 186 in ihre Trennstellung geschaltet, solange in beiden Radbremsen 8, 10 der gleiche Bremsdruck aufgebaut werden soll. Für unterschiedlichen Druckaufbau wird eines oder werden beide Rückführventile 176, 186 bedarfsweise geöffnet und fungieren als Auslassventile, durch die Bremsflüssigkeit in das jeweilige Reservoir 120, 130 strömen kann.
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Gleichzeitig werden in Zusatzmodul 280 die beiden Trennventil 220, 240 geschlossen. Wie im Zusammenhang mit Zusatzmodul 70 beschrieben, baut das Zusatzmodul 280 bedarfsweise aktiv Druck in den Hinterradbremsen 10, 11 auf.
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Dadurch, dass bei Ausfall der primären Bremsregeleinheit 1d in beiden Zusatzmodulen 70, 280 die Trennventile 220, 240 jeweils in ihre geschlossene Stellung geschaltet werden, wird der Fahrer bzw. wird der Hauptbremszylinder 6 von allen vier Bremsen 8, 9, 10, 11 hydraulisch abgetrennt. Dadurch wird zuverlässig ein Einbremsen des Fahrzeuges an der Hinterachse verhindert, so dass weiterhin das Fahrzeug automatisiert gesteuert werden kann.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102013204778 A1 [0007]