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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Kunststoffformteils nach dem Patentanspruch 1. Die Erfindung betrifft weiterhin eine Vorrichtung zur Durchführung eines solchen Verfahrens nach dem Patentanspruch 5.
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Insbesondere im Bereich der Automobilindustrie ist es ein ständiges Bestreben, Bauteile bei zumindest gleichbleibender Qualität in ihrem Gewicht zu reduzieren. Dies betrifft auch Kunststoffformteile, die in Kraftfahrzeugen einen erheblichen Anteil haben. Zur gewichtsreduzierenden Realisierung von Kunststoffformteilen ist es bekannt, während des Spritzgießprozesses definierte Mikrogaseinschlüsse zu indizieren. Hierbei wird direkt in die Kunststoffschmelze ein Treibgas eingebracht. Durch den Einsatz des Treibgases in den überkritischen Zustand der Schmelze wird eine gute, reproduzierbare Dosierung des Treibgases verbunden mit einer kurzen Mischungsdauer des Treibmittels in der Schmelze erzielt.
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Insbesondere Kunststoffformteile der vorgenannten Art weisen eine unruhige, undefinierte Oberfläche auf. In vielen Anwendungsbereichen, beispielsweise bei Auskleidungsteilen der Inneneinrichtung in Kraftfahrzeugen, oder auch bei Kunststofftürgriffen ist eine lackiert Oberfläche gewünscht, an die hohe Ansprüche hinsichtlich ihrer Oberfläche gestellt werden. Durch eine solche Lackierung kann eine individuelle Farbgebung, ein hoher Glanzgrad und eine gute Farbbrillanz gewährleistet werden. Außerdem lassen sich durch eine Lackierung auch Produktionsschäden überdecken und die materialbedingten Oberflächeneigenschaften verbessern. Nachteile der konventionellen und am Markt etablierten Lackierverfahren für Kunststoffbauteile sind vor allem die spezifischen Handlings- und Prozessschritte, die für eine solche Lackierung notwendig sind. Hinzu kommt, dass die Umweltverträglichkeit der aufgrund der im Lack enthaltenen Lösungsmittel beeinträchtigt ist. Auch so genannte "lösungsmittelfreie" Lacke, beinhalten häufig noch zwischen 15 und 20% Lösungsmittel. Darüber hinaus besteht bei den konventionellen Lackierverfahren die Problematik, dass zur Erzielung unterschiedlicher Schichtdicken der Auftrag mehrerer zeitlich versetzter Farbschichten erforderlich ist, wodurch die Prozesszeiten erhöht sind. Verfahren zur Herstellung beschichteter Kunststoffformteile sind in der
DE 698 11 013 T2 , der
DE 3539088 A1 sowie der
US 5013508 A beschrieben.
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Hier will die Erfindung Abhilfe schaffen. Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein Verfahren zur aufwandminimierten Herstellung eines lackierten Kunststoffformteils bereitzustellen, das die hohen Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit erfüllt und das zudem eine verbesserte Umweltverträglichkeit aufweist. Gemäß der Erfindung wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 gelöst.
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Mit der Erfindung ist ein Verfahren zur aufwandminimierten Herstellung eines lackierten Kunststoffformteils bereitgestellt, das die hohen Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit erfüllt und das zudem eine erhöhte Umweltverträglichkeit aufweist. Hierzu wird zunächst eine Kunststoffmasse in die Bauteilkavität zweier Werkzeughälften eines Spritzgießwerkzeugs eingebracht und das zu beschichtenden Spritzgießbauteil konventionell gefertigt. Zeitgleich wird auf die Beschichtungskavität wenigstens einer geerdeten Werkzeughälfte eines Beschichtungswerkzeugs mit einer Pulverpistole ein thermoplastischer oder duroplastischer Pulverlack aufgebracht, wobei zwischen der geerdeten Werkzeughälfte und der Pulverpistole ein elektrisches Feld zur Übertragung einer negativen Ladung auf die Pulverlackpartikel erzeugt wird. Zwischen der geerdeten Werkzeughälfte und der Elektrode der Pulverpistole wird ein elektrisches Feld mit Spannung von bis zu 100 KV erzeugt, welches eine negative Ladung auf die einzelnen Lackpartikel überträgt. Da sich die Pulverlackpartikel auf ihrem Weg von der Pistole zur Werkzeughälfte durch ihre gleiche Ladung voneinander abstoßen, verteilen sie sich fein in einer Sprühwolke und schlagen sich gleichmäßig auf der geerdeten Werkzeughälfte nieder. Dieser aufgetragene Pulverlack haftet anschließend aufgrund der Ladungsverhältnisse an der Kavität. Sodann wird das Beschichtungswerkzeug geschlossen und erhitzt, wodurch die Pulverlackschicht aufgeschmolzen wird. Nachfolgend wird das noch heiße Kunststoffbauteil aus dem Spritzgießwerkzeug in die Beschichtungskavität des Beschichtungswerkzeugs überführt, welches nachfolgend geschlossen wird, wonach das Bauteil mit der so applizierten Pulverlackschicht abgekühlt aus dem Werkzeug entnommen wird. Die vorliegende Verwendung von Pulverlacken zeichnen sich dadurch aus, dass diese Lösungsmittelfrei, abfallarm und nahezu emissionsfrei sind. Hierzu eignen sich insbesondere Pulverlacke auf thermoplastischer Bindemittelbasis, da diese eine hohe Viskosität aufweisen, weshalb große Schichtdicken von ≥ 100 µm erzielbar sind. Zwar weisen duroplastische Pulverlacke den Vorteil einer höheren Festigkeit, insbesondere Kratzfestigkeit auf, besteht jedoch hier die Problematik der schwierigen Verbindung der Pulverlackschicht mit einem thermoplastischen Spritzgießteil.
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Erfindungswesentlich bei dem vorliegenden Verfahren ist, dass hier – im Gegensatz zu Pulverbeschichtungsverfahren im Stand der Technik, bei denen eine direkte Beschichtung der Werkstoffe erfolgt, die hierzu elektrisch leitend auszubilden sind – vorliegend eine indirekte Beschichtung der Kunststoffbauteile erfolgt, indem zunächst die elektrisch leitende und geerdete Beschichtungskavität des Beschichtungswerkzeugs beschichtet wird, welche so erzielte gleichmäßige Schicht aufgeschmolzen und auf das Bauteil aufgebracht wird.
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In Weiterbildung der Erfindung verbleibt das in dem Spritzgießwerkzeug gespritzte Kunststoffbauteil nach dem Öffnen des Spritzgießwerkzeugs auf der auswerfersseitigen Werkzeughälfte und wird mit dieser über die düsenseitige Werkzeughälfte des Beschichtungswerkzeugs positioniert, wonach sie auf die die Beschichtungskavität aufweisende Werkzeughälfte gefahren wird. Dabei ist das Beschichtungswerkzeug gebildet durch die die Beschichtungskavität aufweisende, düsenseitige Werkzeughälfte sowie die auswerferseitige Werkzeughälfte des Spritzgießwerkzeugs.
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Vorzugsweise werden die auswerferseitigen Werkzeughälften des Spritzgießwerkzeugs sowie des Beschichtungswerkzeugs auf einem Drehteller angeordnet, wobei die Positionierung des Bauteils mit der auswerfersseitigen Werkzeughälfte durch eine Drehung der Drehscheibe erfolgt. Hierdurch ist ein hoher Fertigungsdurchsatz erzielbar, da gleichzeitig mit dem Auftrag der Pulverlackschicht auf die Beschichtungskavität mit nachfolgender Erhitzung der Spritzgießprozess eines weiteren Bauteils erfolgen kann. Hierzu sind die auswerferseitigen Werkzeughälften von Spritzgießwerkzeug und Beschichtungswerkzeug weitgehend identisch ausgebildet, wobei diese je nach Drehstellung der Drehscheibe ihre Funktion ändern; jede der beiden auswerferseitigen Werkzeughälften können hier sowohl Teil des Spritzgießwerkzeugs, als auch Teil des Beschichtungswerkzeugs sein.
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Dieses sehr rationelle Verfahren eignet sich jedoch nur für Bauteile, die einseitig, d.h. bis zur Trennlinie zwischen den beiden Werkzeugteilen zu beschichten sind. Sollen Bauteile vollständig beschichtet werden, so ist das in dem Spritzgießwerkzeug konventionell hergestellte, noch heiße Spritzgießbauteil aus diesem zu entnehmen und in ein Beschichtungswerkzeug, dessen Kavitäten die aufgeschmolze Pulverlackschicht trägt, einzusetzen.
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In weiterer Ausgestaltung der Erfindung wird der Pulverlack an eine Hochspannungselektrode der Pulverpistole entlanggeführt, wobei die Schichtdicke des auf die Beschichtungskavität aufgebrachten Pulverlacks durch Verstellung der an der Hochspannungselektrode anliegenden Spannung erfolgt. Hierdurch ist eine definierte Einstellung der Lackschichtdicke ermöglicht.
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Der vorliegenden Erfindung liegt weiterhin die Aufgabe zu Grunde, eine Vorrichtung zur aufwandminimierten Herstellung eines lackierten Kunststoffformteils bereitzustellen, das die hohen Anforderungen an die Oberflächenbeschaffenheit erfüllt und das zudem eine Herstellung mit verbesserter Umweltverträglichkeit ermöglicht. Gemäß der Erfindung wird diese Aufgabe durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 5 gelöst
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Mit der Erfindung ist eine Vorrichtung zur aufwandminimierten Herstellung eines lackierten Kunststoffformteils mit einer hervorragenden Oberflächenbeschaffenheit bereitgestellt, wobei die Beschichtung innerhalb des Herstellungsprozesses erfolgen kann. Hierzu umfasst die Vorrichtung ein erstes Spritzgießwerkzeug mit einer düsenseitigen ersten Werkzeughälfte und einer auswerferseitigen zweiten Werkzeughälfte sowie ein Beschichtungswerkzeug mit einer geerdeten düsenseitigen, eine Beschichtungskavität aufweisenden ersten Werkzeughälfte und einer auswerferseitigen zweiten Werkzeughälfte, wobei die auswerferseitigen zweiten Werkzeughälften identisch ausgebildet und auf einer Drehscheibe angeordnet sind und wobei eine Pulverpistole zu elektrostatischen Aufladung und zum Auftrag von Pulverlackpartikeln angeordnet ist, die zwischen die Werkzeughälften des geöffneten Beschichtungswerkzeugs hineinbewegbar ist. Dabei handelt es sich bei der Vorrichtung um einen kombiniertes Spritzgieß- und Beschichtungswerkzeug, wobei die separat verwendeten Begriffe "Spritzgießwerkzeug" und „Beschichtungswerkzeug“ funktionell zu verstehen sind. Die auf der Drehscheibe angeordneten zweiten Werkzeughälften nehmen je nach Drehposition die Funktion der zweiten Werkzeughälfte des Spritzgießwerkzeugs oder der zweiten Werkzeughälfte des Beschichtungswerkzeugs ein. Dabei müssen die Werkzeughälften auch nicht zwingend als separate Bauteile ausgeführt sein. Vielmehr können die entsprechenden Kavitäten in einer gemeinsamen auf der Drehscheibe angeordneten Platte eingebracht sein. Bevorzugt sind die beiden düsenseitigen ersten Werkzeughälften auf einer gemeinsamen Aufspannplatte angeordnet.
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In Weiterbildung der Erfindung weist die Pulverpistole eine Hochspannungselektrode zu elektrostatischen Aufladung der Pulverlackpartikel auf, die mit einer veränderlichen Spannungsquelle verbunden ist. Bei einer solchen nach dem Corona-Prinzip funktionierenden Spritzpistole werden die Pulverlackpartikel an einer Elektrode vorbeigeführt, die über eine Hochspannungskaskade auf eine Spannung zwischen 30 KV und 100 KV aufgeladen ist. Aufgrund der Hochspannung kommt es zu einer Ionisierung der die Pulverlackpartikel umgebenden Luft sowie einer Ladung der Pulverpartikel selbst. Hierdurch ist ein Anhaften der Pulverpartikel an der geerdeten Beschichtungskavität erzielt.
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Andere Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung sind in den übrigen Unteransprüchen angegeben. Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist in den Zeichnungen dargestellt und wird nachfolgend im Einzelnen beschrieben. Es zeigen:
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1 die schematische Darstellung einer Vorrichtung zur Herstellung eines Kunststoffformteils;
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2 die schematische Darstellung des Beschichtungswerkzeugs der Vorrichtung aus 1 mit skizziertem Lackpulverauftrag und
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3 die schematische Darstellung des Beschichtungswerkzeugs aus 2 mit eingelegtem Bauteil in geschlossener Position (Bauteilbeschichtungsvorgang).
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Die als Ausführungsbeispiel gewählte Vorrichtung zur Herstellung eines Kunststoffformteils umfasst eine – in den Figuren lediglich in Form von wesentlichen Bestandteilen skizzierte – Spritzgieß- und Beschichtungsmaschine, mit einem Spritzgieß- und Beschichtungswerkzeug 1, das mit zwei gegenüberliegend angeordneten Aufspannplatten 11, 12 versehen ist, die über Zylinder 13 miteinander verbunden sind. An der ortsfesten Aufspannplatte 11 ist diese durchdringend eine – lediglich schematisch dargestellte – Kunststoffspritzdüse 14 eines Spritzzylinders 15 angeordnet.
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Die düsenseitige Aufspannplatte 11 nimmt eine Werkzeugplatte 2 auf, die in bekannter Art und Weise mit Heiz- /Kühlkanälen versehen ist und in die eine Bauteilkavität 21 sowie eine beabstandet zu dieser angeordnete Beschichtungskavität 22 eingebracht ist. Der mit der Bauteilkavität 21 versehene Bereich der Werkzeugplatte 2 bildet vorliegend funktionell eine Werkzeughälfte eines Spritzgießwerkzeugs aus; der mit der Beschichtungskavität 22 versehene Bereich der Werkzeugplatte 2 bildet eine funktionelle Werkzeughälfte eines Beschichtungswerkzeug aus. Die Werkzeugplatte 2 ist elektrisch mit einer – nicht dargestellten – Erdung verbunden.
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Die Drehscheibe 3 ist mit zwei beabstandet zueinander angeordneten Bauteilkavitäten 31 versehen, welche jeweils gegenüberliegend einer Bauteilkavität 21 oder einer Beschichtungskavität 22 der Werkzeugplatte 2 positioniert sind. Die Drehscheibe 3 ist rotierbar mit der Aufspannplatte 12 des Spritzgieß- und Beschichtungswerkzeugs 1 verbunden.
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Die Vorrichtung umfasst weiterhin eine Pulverpistole 4, die an einem Knickarmroboter 5 angeordnet ist und über diesen im geöffneten Zustand der Spritzgieß- und Beschichtungsmaschine zwischen Werkzeugplatte 2 und Drehscheibe 3 positionierbar ist. Die Pulverpistole 4 ist im Ausführungsbeispiel zur elektrostatischen Aufladung nach dem Corona-Prinzip ausgebildet und weist eine Hochspannungselektrode 41 auf, an der das Pulver-Luftgemisch 42 entlanggeführt wird. Zur Pulverversorgung ist die Pulverpistole 4 mit einer Pulverzuführung 47 verbunden. Weiterhin weist die Pulverpistole 4 eine Pulverabsaugvorrichtung 46 auf, die mit einer Pulverabführung 48 verbunden ist. Die Pulverabsaugvorrichtung 46 dient der Rückführung von vagabundierten Pulverlackpartikeln.
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Im Ausführungsbeispiel gemäß 1 ist weiterhin ein – lediglich angedeuteter – Portalroboter zum Transfer der ausgeworfenen beschichteten Bauteile zu einem Förderband 7 angeordnet. Für eine gegebenenfalls erforderliche Nachtrocknung sind oberhalb des Förderbandes 7 Infrarotlampen 71 angeordnet.
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In 2 ist schematisch der Prozessschritt des Auftragens des Pulverlacks dargestellt. Dabei ist lediglich ein Beschichtungswerkzeug abgebildet, dass funktionell dem Beschichtungsabschnitt des Spritzgieß- und Beschichtungswerkzeugs 1 gemäß 1 entspricht. Über die in das geöffnete Werkzeug eingefahrene Corona-Pulverpistole 4 wird ein vorzugsweise thermoplastischer Pulverlack in die Beschichtungskavität 22 aufgebracht. Zwischen der geerdeten Werkzeughälfte 11 und der Elektrode 41 der Pulverpistole 4 wird ein elektrisches Feld mit Spannungen von bis zu 100 KV erzeugt, welches eine negative Ladung auf die einzelnen Pulverlackpartikel 44 überträgt. Die Pulverlackpartikel stoßen sich auf Ihrem Weg von der Pistole 4 zur Kavität 22 durch ihre gleiche Ladung voneinander ab, verteilen sich fein in einer elektrostatischen Pulverwolke 43 und schlagen sich gleichmäßig auf der Kavität 22 nieder, wo sie aufgrund der Ladungsverhältnisse anhaften. Durch eine stufenlose Einstellung der Spannung des elektrischen Feldes über die Elektrode 41 kann die Schichtdicke eingestellt werden.
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Anschließend wird die Pulverpistole 4 aus der Trennebene gefahren und das Beschichtungswerkzeug wird geschlossen. Durch ein im Werkzeug integrierte variotherme Werkzeugtemperierung 23 wird der auf die Beschichtungskavität 22 aufgetragene Pulverlack aufgeschmolzen und bildet bereits eine durchgängige Pulverlackschicht 45 aus, die noch an der Beschichtungskavität 21 anhaftet. Zeitgleich wird in einer zweiten Kavität (Bauteilkavität 21) das zu beschichtende Spritzgießbauteil konventionell gefertigt. Nach einer kurzen Kühlzeit wird das noch heiße Spritzgießbauteil über die Drehscheibe 3 in die Beschichtungskavität 22 mit der bereits aufgeschmolzen Pulverlackschicht 45 überführt und das Beschichtungswerkzeug wird erneut geschlossen. Die Restwärme des Spritzgießbauteils und die Thermik der Werkzeugtemperierung 23 bewirken eine Verbindung der thermoplastischen Pulverlackschicht 45 mit dem Bauteil 32 (vgl. 3).
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Anhand der 1 wird nachfolgend nochmals der Prozess zur Herstellung eines beschichteten Kunststoffformteils zusammengefasst: Das Spritzgieß- und Beschichtungswerkzeug 1 ist geöffnet. Die Pulverpistole 4 wird in das geöffnete Werkzeug eingefahren und eine Pulverlackschicht 45 wird in der zuvor beschriebenen Art und Weise auf die Beschichtungskavität 22 der Werkzeugplatte 2 aufgetragen. Nachfolgend wird das Spritzgieß- und Beschichtungswerkzeug geschlossen. Durch die in dem Werkzeug integrierte variotherme Werkzeugtemperierung 23 wird die aufgebrachte Pulverschicht zu einer durchgängigen Lackschicht aufgeschmolzen. Zugleich wird über die Kunststoffspritzdüse 14 plastifizierter Kunststoff in die Bauteilkavität 21 des Spritzgießwerkzeugs eingespritzt. Das so ausgeformte Bauteil 32 erstarrt.
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Anschließend wird das Spritzgieß- und Beschichtungswerkzeug 1 geöffnet, wobei das Bauteil 32 an der Bauteilkavität 31 der Drehscheibe 3 anhaftet. Die Drehscheibe 3 wird um 180 Grad gedreht und das Werkzeug wird wieder geschlossen, wodurch das noch heiße Bauteil 32 in die Beschichtungskavität 22 der Werkzeugplatte 2 eingebracht wird und mit der bereits aufgeschmolzenen Pulverlackschicht 45 versehen wird. Abschließend wird das Bauteil 32 mit applizierter Pulverlackschicht 45 abgekühlt und aus dem Spritzgieß- und Beschichtungswerkzeug 1 entnommen.
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Zur Herstellung eines vollständig beschichteten Kunststoffformteils sind zwei separate Werkzeuge, nämlich ein Spritzgießwerkzeug und ein Beschichtungswerkzeug erforderlich. Diese beiden Werkzeuge können jedoch ebenfalls parallel zueinander produzieren, wodurch wiederum die Herstellung des Bauteils 32 zeitgleich mit der Herstellung der aufgeschmolzenen Pulverlackschicht in der Beschichtungskavität 22 des Beschichtungswerkzeugs erfolgen kann. Die Überführung des noch heißen Bauteils aus dem Spritzgießwerkzeug in das Beschichtungswerkzeug kann beispielsweise über einen angeordneten Roboter erfolgen.
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Selbstverständlich kann anstelle der vorstehend beschriebenen Pulverpistole nach dem Corona-Prinzip auch eine elektrokinematische Aufladung der Pulverlackpartikel nach dem Tribo-Prinzip erfolgen. Hierbei erfolgt die Aufladung der Pulverlackpartikel durch eine Berührung mit der Wandung der Lackierpistole, wobei die Paarung von Wandung zu Pulverlack von entscheidender Bedeutung für die Polarität und die Höhe der aufgebrachten Ladung ist. Als Kontaktwirkstoff kommt vorzugsweise PTFE zur Anwendung, da es am negativen Ende der Elektrisierungsreihe steht und so für hohe positive Ladungen der Pulverlackpartikel sorgen kann. Nachteilig an diesem Verfahren ist jedoch, dass bereits geringfügige Pulververunreinigungen einen wesentlichen Einfluss haben können, da die Aufladung der Partikel auf grenzflächenspezifischen Vorgängen beruht. Der wesentliche Vorteil gegenüber der Corona-Aufladung ist die Möglichkeit, sehr komplizierte Teilegeometrien gleichmäßig beschichten zu können. Bei der Corona-Aufladung kann es aufgrund elektrischen Feldlinien zu Abstoßungseffekten kommen, die ursächlich dafür sein können, dass einige Bauteilbereiche eine andere Schichtdicke aufweisen oder nur unzureichend beschichtet werden.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren sowie durch die erfindungsgemäße Vorrichtung ist nunmehr eine Beschichtung bereits bei der Formgebung im Spritzgießprozess ermöglicht. Hierdurch ist eine Erhöhung der Prozessgeschwindigkeit bei gleichzeitiger Kostenreduktion erzielt. Durch das erfindungsgemäße Pulverbeschichtungsverfahren, durch das eine Pulverbeschichtung der Kunststoffformteile ohne jeglichen Haftvermittler oder sonstige Additive ermöglicht ist, ist zudem eine sehr umweltschonende Beschichtung ermöglicht.