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Die Erfindung betrifft ein Reaktorsystem, d. h. die Baugruppe aus Reaktorkammer und Heizkammer, für eine Anlage zur thermischen Behandlung von Reststoffen, wie z. B. Schlachtabfällen, pflanzlichen Abfällen oder Autoreifen, zum Zweck der Verwertung derselben.
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Die Reststoffverwertung von Abfallprodukten gewinnt im Sinne der Kreislaufwirtschaft und der Ressourcenschonung eine zunehmende wirtschaftliche Bedeutung. So sind eine Reihe verschiedener Anlagen und Verfahren bekannt, bei denen durch die thermische Behandlung von Reststoffen in unterschiedlicher Weise Produkte oder Zwischenprodukte hergestellt werden, die nutzbringend weiterverwendbar sind.
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In der
DE 10 2013 103 689 A1 sind beispielgebend eine Anlage und ein Verfahren zur thermischen Reststoffverwertung offenbart, wobei eine effiziente thermische Behandlung von Reststoffen durch die Steuerung der Prozesstemperaturen erreicht wird.
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In der beschriebenen Anlage werden in einer Reaktionskammer durch thermische Behandlung die Reststoffe zersetzt und die dabei entstehenden gasförmigen Produkte, u. a. Kohlenwasserstoffverbindungen, über eine Gasabführleitung in einen Kondensator ausgeleitet. Im Kondensator findet die Verflüssigung der gasförmigen Produkte statt, die in geeignete Aufbewahrungsbehälter abgeleitet werden. Durch die Steuerung der Anlage in mehreren Prozessschritten auf ansteigenden Temperaturniveaus werden jeweils unterschiedliche gasförmige Produkte erzeugt. Vergleichbar zu einer fraktionierten Destillation können mit diesem Verfahren hochgradig sortenreine, verflüssigte Produkte aus dem Kondensator aufgefangen werden. Die gesammelten Kohlenwasserstoffverbindungen sind z. B. als Kraft- oder Treibstoff weiterverwendbar.
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Nach Abschluss der thermischen Behandlung unter Luftabschluss - der Pyrolyse - von organischen Reststoffen verbleiben in der Reaktionskammer Produkte mit hohen Anteilen pyrogenen Kohlenstoffs, die sogenannte Pyrokohle; bei Pyrolyse von tierischen Reststoffen, z. B, Schlachtabfällen, wird diese auch als Knochenkohle bezeichnet.
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Die als Abprodukt der Pyrolyse entstehende Pyrokohle ist in verschiedener Weise nutzbar. So ist z. B. die Verwendung von Pyrokohle in Baustoffen in Form von Beton-Pyrokohle-Mischwerkstoffen aus der
DE 10 2013 104 026 A1 bekannt.
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Neben der Reaktionskammer weist die Anlage zur thermischen Reststoffverwertung nach
DE 10 2013 103 689 A1 auch eine Heizkammer auf, in die die Reaktionskammer ein- und ausfahrbar ist. Die Baugruppe aus Heizkammer und Reaktionskammer bildet den wesentlichen Bestandteil der Anlage zur thermischen Reststoffverwertung und wird im Folgenden als Reaktorsystem bezeichnet.
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Bei den bekannten Verfahrenskonzepten ist der sparsame Einsatz der eingesetzten Energie in der Reststoffverwertung wünschenswert für eine positive ökonomische wie auch ökologische Bilanz des jeweiligen Verwertungsverfahrens. Der konstruktiven Realisierung von Wärmeverluste minimierenden Anlagen, insbesondere bezüglich des Reaktorsystems, wird jedoch vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit beigemessen und bekannte Lösungen beziehen sich auf die des klassischen Ofenbaus, z. B. durch Auskleidung der Heizkammern mit Schamottesteinen.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Reaktorsystem für eine Anlage zur thermischen Reststoffverwertung bereitzustellen, das robust, kostengünstig und energieeffizient betreibbar ist.
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Die Aufgabe wird durch ein Reaktorsystem mit den Merkmalen nach dem Patentanspruch 1 gelöst; zweckmäßige Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen 2 bis 8 beschrieben.
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Erfindungsgemäß wird ein Reaktorsystem für eine Anlage zur thermischen Reststoffverwertung bereitgestellt, das für einen energieeffizienten Betrieb eine thermische Isolation aus einem Dämmstoff aus einem Beton-Pyrokohle-Mischwerkstoff aufweist.
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Das Reaktorsystem umfasst eine kastenförmige Heizkammer und eine ebenfalls kastenförmige Reaktionskammer, in der die thermische Reststoffverwertung stattfindet. Die Heizkammer ist durch eine Heizkammerwandung allseitig umschlossen, die mindestens dreischichtig aus einer inneren, mindestens einer mittleren und einer äußeren Schicht gebildet ist und dabei mindestens eine der mittleren Schichten gleichzeitig eine Dämmstoffschicht aus einem Dämmstoff darstellt. Der Dämmstoff ist erfindungsgemäß der Beton-Pyrokohle-Mischwerkstoff.
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Die Heiz- und die Reaktionskammer sind baulich voneinander getrennt, wobei die Reaktionskammer, beispielsweise durch eine verschließbare Öffnung in der Heizkammerwandung, in die Heizkammer ein- und ausfahrbar ist.
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Aufgrund der kastenförmigen Gestalt ist die gesamte innere Oberfläche der Heizkammer aus sechs inneren Oberflächenebenen gebildet, ebenso wie die gesamte äußere Oberfläche der Reaktionskammer sechs äußeren Oberflächenebenen aufweist. Bei geschlossener Heizkammer und darin angeordneter Reaktionskammer grenzt eine innere Oberflächenebene der Heizkammer flächig an jeweils eine äußere Oberflächenebene der Reaktionskammer. Die Heizkammer weist weiterhin eine Mehrzahl von Heizelementen auf, wobei die Heizelemente an der inneren Oberfläche der Heizkammer angeordnet sind.
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Die Vorteile der Erfindung sind das hohe Wärmedämmvermögen des Beton-Pyrokohle-Mischwerkstoffs und dessen kostengünstige Herstellung, da die Pyrokohle selbst ein Abfallprodukt der thermischen Reststoffverwertung ist. Damit ist es möglich, die Heizkammerwandung in einfacher Blechbauweise auszuführen, wobei die innere und die äußere Schicht der Heizkammerwandung durch Stahlbleche gebildet und die dazwischen angeordnete Dämmstoffschicht aus dem Beton-Pyrokohle-Mischwerkstoff besteht.
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Das gute Wärmedämmvermögen bewirkt während des Betriebs der Anlage, dass die nach außen von dem Reaktorsystem abgegeben Wärme verringert wird und folglich die Energieeffizienz verbessert ist. Insbesondere wird in der Aufheizphase die im Spalt zwischen der Heizkammerwandung und der Reaktionskammer eingeschlossene Luft schneller erwärmt, wodurch neben der Effizienzsteigerung zusätzlich eine Reduzierung der Prozesszeiten erreichbar ist.
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Des Weiteren weist der Beton-Pyrokohle-Mischwerkstoff einen zu Stahlwerkstoffen kompatiblen thermischen Ausdehnungskoeffizienten auf, sodass thermisch bedingte Spannungen bei Aufheiz- und Abkühlvorgängen und damit verbundene Thermoermüdungseffekte, wie z. B. Rissbildung im Dämmstoff gemindert werden.
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Es kann vorgesehen sein, dass der Beton-Pyrokohle-Mischwerkstoff einen Anteil der Pyrokohle von 5 Gew.-% bis 20 Gew.-% der Gesamtmasse des Beton-Pyrokohle-Mischwerkstoffs aufweist. Die Anwendung dieses Mischungsverhältnisses ergibt einen Dämmstoff hoher Festigkeit bei gleichzeitig hohem Wärmedämmvermögen; zudem ist der Dämmstoff einfach verarbeitbar.
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Ferner kann die Heizkammer frontseitig eine Heizkammertür aufweisen, mittels derer eine Öffnungsebene der Heizkammer verschließbar und die Heizkammer gleichzeitig abdichtbar ist. Durch die Öffnungsebene ist die Reaktionskammer in die Heizkammer ein- und ausfahrbar. Die Abdichtung, z. B. realisiert durch eine, in der Öffnungsebene angeordnete Dichtung aus einer hitzebeständigen Glasfaserschnur, ist von Vorteil, um Energieverluste durch entweichende, aufgeheizte Luft aus der Heizkammer zu vermeiden.
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Es ist vorgesehen, dass die mit der Heizkammertür verschließbare Heizkammer einen Verschlussmechanismus aufweist. Der Verschlussmechanismus kann eine Mehrzahl von T-förmigen, an der Heizkammertür angeordneten, drehbar gelagerten Ankern, ein mit den Ankern verbundenes Getriebe und eine Mehrzahl von den Ankern gegenüberliegenden T-förmigen Aussparungen in der Heizkammerwandung umfassen. Die Anker sind mittels des Getriebes bei geschlossener Heizkammertür in die Aussparungen einschwenkbar. Hierzu können die Anker z. B. an drehbar gelagerten Getriebewellen befestigt und das Getriebe beispielsweise ein Schneckengetriebe sein. Das Getriebe ist z. B. über ein zentral an der Heizkammertür angeordnetes Handrad zu betätigen. Nach dem Einschwenken können die Anker z.B. durch weiteres Drehen des Handrades (in dieselbe Richtung) unter Vorspannung gesetzt werden und somit sind die Anker in den T-förmigen Aussparungen arretiert, auf Zug belastet und die Heizkammertür ist folglich angepresst.
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Gemäß einer Ausgestaltung der Erfindung können die jeweils flächig aneinandergrenzenden Oberflächenebenen der Heizkammer und der Reaktionskammer parallel zueinander liegen. Der Vorteil dieser Ausprägung der Erfindung ist der gleichmäßige Abstand der äußeren Oberfläche der Reaktionskammer zu den Heizelementen und damit die Vermeidung der ungleichmäßigen Aufheizung der Reaktionskammer.
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In dieser Ausbildung der Erfindung kann die Heizkammerwandung eine Rückwandebene aufweisen, die parallel zu der Öffnungsebene liegt, wobei sich der Querschnitt der Heizkammer in der Richtung von der Öffnungsebene zu der Rückwandebene stetig verkleinert. D. h., die kastenförmige Heizkammer und der kastenförmige Reaktionskammer verjüngen sich konisch zur Rückwandebene hin, wobei beide Konuswinkel übereinstimmen. Der Vorteil dabei besteht darin, dass der Abstand bzw. Spalt zwischen den inneren Oberflächenebenen der Heizkammer, die senkrecht zu der Öffnungsebene liegen, und den jeweils flächig angrenzenden äußeren Oberflächenebenen der Reaktionskammer durch Verschiebung der Reaktionskammer in Richtung Rückwandebene minimierbar ist. Durch die Reduzierung dieses Spaltes kann die Aufheizung des Reaktorsystems schneller und damit energieeffizienter erfolgen, da zum einen weniger Luft in diesem Spalt erwärmt werden muss und zum anderen die Heizelemente näher an der Reaktionskammer angeordnet sind.
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Ein weiterer Vorteil der konischen Ausgestaltung ist, dass die Reaktionskammer mit geringem zeitlichen Aufwand ohne Verkanten in die Heizkammer einführbar ist.
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Die Erfindung ist nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels und mit Bezug auf die schematischen Zeichnungen näher erläutert. Dazu zeigen
- 1: das offene Reaktorsystem zur thermischen Reststoffverwertung in der perspektivischen Ansicht,
- 2: den Aufbau der Heizkammerwandung in der Querschnittsansicht, und
- 3: das geschlossene Reaktorsystem zur thermischen Reststoffverwertung in der perspektivischen Ansicht.
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In der 1 ist das Reaktorsystem für die Anlage zur thermischen Reststoffverwertung mit der kastenförmigen Heizkammer 1 und der ebenfalls kastenförmigen, konisch ausgeformten Reaktionskammer 2 dargestellt. Die Reaktionskammer 2 ist in die Heizkammer 1 ein- und ausfahrbar. Die Heizkammer 1 ist mittels der Heizkammertür 3 - in Form einer Schiebetür - verschließbar. Die Heizkammer 1 ist vollständig mit der Heizkammerwandung 4 umschlossen, wobei ein Teil der Heizkammerwandung 4 von der Heizkammertür 3 gebildet ist. An der Heizkammertür 3 sind die T-förmigen Anker 5 und an der Heizkammerwandung 4 die T-förmigen Aussparungen 6 gezeigt.
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Die Heizkammerwandung 4 besteht entsprechend der 2 aus der inneren Schicht 4.1 und der äußeren Schicht 4.3, die aus Stahlblech hergestellt sind, und der mittleren Schicht 4.2, die gleichzeitig die Dämmstoffschicht 4.2 aus dem Beton-Pyrokohle-Mischwerkstoff bildet.
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In der 3 ist das geschlossene Reaktorsystem mit dem Verschlussmechanismus dargestellt, wobei nur einer der Anker 5 und nur eine der Aussparungen 6 gekennzeichnet sind. Die Anker 5 werden zum Anpressen der Heizkammertür 3 in die Aussparungen 6 eingeschwenkt (dargestellt durch die Pfeile).
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Heizkammer
- 2
- Reaktionskammer
- 3
- Heizkammertür
- 4
- Heizkammerwandung
- 4.1
- innere Schicht der Heizkammerwandung
- 4.2
- mittlere Schicht der Heizkammerwandung, Dämmstoffschicht
- 4.3
- äußere Schicht der Heizkammerwandung
- 5
- Anker
- 6
- Aussparung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102013103689 A1 [0003, 0007]
- DE 102013104026 A1 [0006]