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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Steuerung und/oder Regelung eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs nach den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
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Aus dem Stand der Technik ist eine flachheitsbasierte Steuerung und/oder Regelung eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs allgemein bekannt, beispielsweise beschrieben in den Conference Papers:
- - „Control of a Parallel Hybrid Drivetrain: A Flatness Based Approach"; R. Gasper, F. Hesseler, D. Abel; Institute of Automatic Control, RWTH Aachen University, Aachen, 52064 Germany
- - „Flatness based Control for Electric and Hybrid Electric Vehicle Drivetrains"; Benedikt Alt, Felix Antritter, Ferdinand Svaricek; 2012 20th Mediterranean Conference on Control & Automation (MED), Barcelona, Spain, July 3-6, 2012
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren zur Steuerung und/oder Regelung eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Steuerung und/oder Regelung eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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In einem Verfahren zur Steuerung und/oder Regelung eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs wird die Steuerung und/oder Regelung flachheitsbasiert durchgeführt.
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Erfindungsgemäß werden als Zustandsgrößen ein Verdrehwinkel und eine Differenzdrehzahl des Antriebsstrangs berücksichtigt, insbesondere der Verdrehwinkel zwischen einem Differentialgetriebeausgang und einem Rad des Fahrzeugs und die Differenzdrehzahl zwischen einem Motor und dem Rad des Fahrzeugs.
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Mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens kann ein Drehmoment, insbesondere ein Antriebsmoment, durch eine Vorsteuerung schwingungsfrei oder zumindest im Wesentlichen schwingungsfrei eingestellt werden. Bei aus dem Stand der Technik bekannten Verfahren treten durch Drehmomentenänderungen im Antriebsstrang Schwingungen von beispielsweise 2 Hz bis 10 Hz auf, welche von Insassen des Fahrzeugs als unangenehm empfunden werden. Sie sind in einer Längsbeschleunigung des Fahrzeugs deutlich spürbar. Mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens können diese Schwingungen vermieden oder zumindest deutlich reduziert werden.
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Des Weiteren ist eine Drehmomentenformung und/oder -applikation bisher sehr zeit- und personalintensiv. Mittels der erfindungsgemäßen Lösung kann dieser Aufwand enorm reduziert werden, insbesondere durch einen modellbasierten Ansatz.
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Die erfindungsgemäße Lösung basiert insbesondere auf der mathematischen Flachheitseigenschaft. Hierdurch ist eine Invertierung eines Streckenverhaltes möglich, um eine Sollmomentenansteuerung analytisch zu berechnen. Im Gegensatz zum Stand der Technik lassen sich hierbei auch Nichtlinearitäten, beispielsweise Spiel und/oder Lose, berücksichtigen.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht eine hochdynamische und komfortable Einstellung des Antriebsmoments, insbesondere durch die Vorsteuerung, ohne Schwingungen anzuregen. Mittels einer unterlagerten Solldifferenzdrehzahl-Regelung werden Störungen aktiv ausgeregelt. Des Weiteren wird durch die erfindungsgemäße Lösung eine Reduktion des Applikationsaufwandes erreicht.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Dabei zeigen:
- 1 schematisch Diagramme, welche eine Anregung eines Antriebsstrangs eines Fahrzeugs und daraus resultierende Wirkungen zeigen,
- 2 schematisch einen menschlichen Körper,
- 3 schematisch eine klassische Struktur einer Vorsteuerung mit einem unterlagerten Störregler,
- 4 schematisch eine Vorsteuerung, welche eine Strecke invertiert,
- 5 schematisch Diagramme eines flachen Ausgangs sowie von dessen erster und zweiter Ableitung,
- 6 schematisch eine Trajektorienplanung mittels Filter,
- 7 schematisch einen Verlauf eines Verdrehwinkels, einer Differenzdrehzahl und einer ersten Ableitung der Differenzdrehzahl,
- 8 schematisch eine gemeinsame Behandlung von Vorsteuerung und Regelung,
- 9 schematisch ein Systembild eines elektrischen Antriebsstrangs,
- 10 schematisch einen schwingungsfähigen spielbehafteten Antriebsstrang,
- 11 schematisch einen mechanischen Antriebsstrang,
- 12 schematisch eine Nichtlinearität infolge von Spiel und/oder Lose,
- 13 schematisch einen mechanischen Antriebsstrang inklusive Elektromotor,
- 14 schematisch eine Modellvalidierung am Beispiel einer Drehmomentsteigerung,
- 15 schematisch eine Modellvalidierung am Beispiel einer Drehmomentreduzierung,
- 16 schematisch Diagramme eines Verdrehwinkels und dessen erster und zweiter Ableitung sowie eines Sollmoments,
- 17 schematisch eine nominelle Vorsteuerung für einen Zug-/Zugwechsel mit konventioneller Vorsteuerung,
- 18 schematisch eine nominelle Vorsteuerung für einen Zug-/Zugwechsel mit flachheitsbasierter Vorsteuerung,
- 19 schematisch eine nominelle Vorsteuerung für einen Schub-/Zugwechsel mit konventioneller Vorsteuerung,
- 20 schematisch eine nominelle Vorsteuerung für einen Schub-/Zugwechsel mit flachheitsbasierter Vorsteuerung,
- 21 schematisch einen Momentenverlauf, einen Differenzdrehzahlverlauf und einen Verdrehwinkelverlauf bei einer Variation von Streckenparametern,
- 22 schematisch einen Momentenverlauf, einen Differenzdrehzahlverlauf und einen Verdrehwinkelverlauf bei einer Variation von Streckenparametern mit nomineller Vorsteuerung und Regler,
- 23 schematisch einen Einfluss von Trajektorien auf Stellgrößen,
- 24 schematisch eine PT4-gefilterte Momentenformung, und
- 25 schematisch eine PT4-gefiltere flachheitsbasierte Momentenformung.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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Anhand der 1 bis 25 wird im Folgenden ein Verfahren zur Steuerung und/oder Regelung eines Antriebsstrangs 11 eines Fahrzeugs beschrieben. Dieses Verfahren basiert auf der mathematischen Flachheitseigenschaft. Hierdurch ist eine „Invertierung“ eines Streckenverhaltes möglich, um eine Sollmomentenansteuerung analytisch zu berechnen. Auch Nichtlinearitäten, beispielsweise Spiel φSpiel und/oder Lose, lassen sich hierbei berücksichtigen.
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Die Steuerung und/oder Regelung des Antriebsstrangs 11 wird somit mittels des hier beschriebenen Verfahrens insbesondere flachheitsbasiert durchgeführt, wobei als Zustandsgrößen insbesondere ein Verdrehwinkel φ und eine Differenzdrehzahl Δω des Antriebsstrangs 11 berücksichtigt werden, insbesondere der Verdrehwinkel φ zwischen einem Differentialgetriebeausgang und einem Rad 17 des Fahrzeugs und die Differenzdrehzahl Δω zwischen einem Motor 10 und dem Rad 17 des Fahrzeugs.
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Mittels dieses Verfahrens kann eine Schwingungsdämpfung erreicht werden, d. h. es können Schwingungen im Antriebsstrang 11 vermieden oder zumindest gedämpft werden. Derartige Schwingungen resultieren aus Anregungen des Antriebsstranges 11 und werden als unkomfortabel empfunden.
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Eine Ursache für solche Schwingungen ist beispielsweise, dass Antriebsstrangkomponenten, insbesondere Lager und/oder Wellen, sehr weich abgestimmt sind, um so genannte NVH-Anforderungen zu erfüllen (NVH -> Noise, Vibration, Harshness -> Geräusch, Vibration, Rauhigkeit). Eine weitere Ursache für solche Schwingungen kann eine Eigenfrequenzanregung des Antriebsstrags aufgrund von Momentenänderungen sein. Des Weiteren ist der Antriebsstrang 11 spielbehaftet, beispielsweise im Bereich von Differentialgetriebe 15 und/oder Übersetzung, wodurch so genannte Lastschläge entstehen können.
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1 zeigt im ersten Diagramm einen Momentenverlauf MV eines Moments M über die Zeit t in einem Antriebsstrang 11 eines Fahrzeugs, wobei in diesem Momentenverlauf MV ein Anstieg des Moments M erfolgt. Die weiteren in 1 gezeigten Diagramme stellen daraus resultierende Wirkungen auf eine Motordrehzahl MDZ und eine auf die Motordrehzahl MDZ umgerechnete Raddrehzahl RDZ sowie auf eine Fahrzeugbeschleunigung aVeh und ein Wellenmoment WM dar. So zeigt das zweite Diagramm resultierende Schwingungen in einem Motordrehzahlverlauf MDZV und einem auf die Motordrehzahl MDZ umgerechneten Raddrehzahlverlauf RDZV, das dritte Diagramm zeigt resultierende Schwingungen in einem Beschleunigungsverlauf aV und das vierte Diagramm zeigt resultierende Schwingungen in einem Wellenmomentverlauf WMV, insbesondere im durch einen gestrichelten Kreis gekennzeichneten Zeitbereich des Anstieg des Moments M, auch als Tip-In bezeichnet.
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Derartige Schwingungen im Bereich von ca. 3 Hz bis 10 Hz sind in einer Längsbeschleunigung des Fahrzeugs von Insassen deutlich spürbar, insbesondere da eine menschliche Resonanzfrequenz in diesem Bereich liegt. 2 zeigt schematisch einen menschlichen Körper mit Körperpartien, von denen diese Schwingungen wahrnehmbar sind. So beträgt die Resonanzfrequenz für den Kopf 1 in Axialrichtung beispielsweise ca. 25 Hz, für Wirbel 2 in Axialrichtung beispielsweise 10 Hz bis 12 Hz, für die Schulterpartie 3 beispielsweise 4 Hz bis 5 Hz, für den Brustkorb 4 ca. 50 Hz, für den Magen 5 beispielsweise 4 Hz bis 8 Hz und für den Handgriff 6 beispielsweise 50 Hz bis 200 Hz.
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3 zeigt schematisch eine klassische, d. h. aus dem Stand der Technik bereits bekannte, Struktur einer Vorsteuerung 9 mit einem unterlagerten Störregler. Über ein Fahrpedal 7, auch als Fahrfußhebel bezeichnet, erfolgt eine Momentenanforderung durch einen Fahrzeugführer 8. Durch die Vorsteuerung 9 wird ein Vorsteuermoment MV erzeugt. Von dem Motor 10 und/oder dem Antriebsstrang 11 des Fahrzeugs werden Messgrößen MG erfasst, die einem Regler 12 zugeführt werden, der ein Reglermoment RM erzeugt. Das von der Vorsteuerung 9 erzeugte Vorsteuermoment Mv wird von Reglermoment RM unterlagert, d. h. aus dem Vorsteuermoment Mv und dem Reglermoment RM wird ein Sollmoment MSoll gebildet, welches dem Motor 10 und/oder dem Antriebsstrang 11 zur Steuerung und/oder Regelung zugeführt wird.
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Die Vorsteuerung 9 kann die folgenden alternativen Umsetzungen umfassen: PTx Filter, Rampen mit Steigungen als auch Bandsperrfilter. Der Regler 12 ist filterbasiert, insbesondere basierend auf einem Bandpassfilter, und differenzdrehzahlbasiert bezüglich der Differenzdrehzahl Δω zwischen der Motordrehzahl MDZ und der Raddrehzahl RDZ.
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Probleme bei dieser aus dem Stand der Technik bekannten Lösung sind, dass es ein unabhängiger Entwurf der Steuerung und Regelung und kein geschlossener Steuerungs- und Regelungsentwurf ist, dass eine iterative „Trial/Error“-Applikation der Vorsteuerung 9 erfolgt, bis sich ein Wunschverhalten einstellt, und dass eine hohe Regelarbeit erforderlich ist, um Schwingungen zu kompensieren.
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Anhand der 4 bis 8 wird im Folgenden das Verfahren zur flachheitsbasierten Steuerung und/oder Regelung des Antriebsstrangs 11 des Fahrzeugs beschrieben. Idealerweise invertiert die Vorsteuerung 9 eine Strecke G(s), wie in 4 gezeigt. Dabei ist die Strecke G(s) eine Übertragungsfunktion in der Laplace-Ebene, die das dynamische Verhalten des Antriebsstrangs 11 beschreibt. D. h. die Vorsteuerung 9 ist die Streckeninvertierung G(s)-1 . Ein von der Vorsteuerung 9 ermitteltes Vorsteuersollmoment MV, Soll wird der Strecke G(s) zugeführt, welche ein Istmoment MIst erzeugt. Ziel ist, dass das Istmoment MIst gleich dem Sollmoment MSoll ist. Idealerweise resultiert aus dem Produkt G(s) und deren Streckeninvertierung G(s)^-1 eine Gesamtübertragungsverhalten von Eins.
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Die Invertierung der Strecke G(s) ist meist nicht möglich. Es muss eine stabile Strecke G(s) vorliegen, die Strecke G(s) muss minimalphasig sein, sonst würde eine Allpass-Nullstelle die Vorsteuerung 9 instabil machen, es entsteht ein nichtkausales System und die Invertierung führt zu unzulässigen Stellgrößen infolge des differenzierenden Verhaltens.
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Daher ist für das im Folgenden näher beschriebene Verfahren zur Steuerung und/oder Regelung des Antriebsstrangs 11 des Fahrzeugs eine gemeinsame Behandlung von Vorsteuerung 9 und Sollwertführung vorgesehen, d. h. der flachheitsbasierte Ansatz.
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Im Folgenden erfolgt eine Definition der differentiellen Flachheit, d. h. einer Steuerbarkeit nichtlinearer Systeme, insbesondere gemäß M. Fliess, J. L. Levine, P. Martin and P. Rouchon: Flatness and defect of non-linear systems: introductory theory and examples. International Journal of Control 61(6), pp. 1327-1361, 1995.
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Ausgangspunkt ist eine allgemeine Zustandsraumdarstellung eines Systems (Single-Input):
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Dabei ist x ein Zustand, u ein Eingang und z ein fiktiver Ausgang.
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Ein nichtlineares System heißt flach, wenn ein fiktiver Ausgang z der Form
existiert, der die folgende Bedingung erfüllt:
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Der Eingang
u und die Zustände
xi für i=1 ... n können als Funktionen des fiktiven Ausgangs z und einer endlichen Anzahl ihrer Zeitableitungen z
(q) eindeutig ausgedrückt werden:
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Der Eingang u und die Zustandsgrößen x können in Abhängigkeit des fiktiven Ausgangs z sowie dessen Ableitungen analytisch beschrieben werden.
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Im Folgenden wird eine Trajektorienplanung 13 mittels Polynom beschrieben. Mittels des flachen Ausgangs z(t) wird das Sollverhalten vorgegeben und die Ableitung z(n) bereitgestellt. Damit die Stellgröße u(t) stetig ist, muss die Trajektorie n-fach differenzierbar sein.
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5 zeigt den flachen Ausgang z(t) in einem Winkel W-Zeit t-Diagramm, dessen erste Ableitung ż(t) in einem Winkelgeschwindigkeit WG-Zeit t-Diagramm und dessen zweite Ableitung z(t) in einem Winkelbeschleunigung WB-Zeit t-Diagramm. Die Diagramme erstrecken sich jeweils über eine Trajektoriedauer T.
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Randbedingungen der Trajektorie sind:
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Ein Polynom
5. Ordnung sowie dessen Ableitung ist:
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Ein Übergang kann mit der Trajektoriedauer T variiert werden.
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Im Folgenden wird eine Trajektorienplanung 13 mittels Filter als praktische Umsetzung beschrieben.
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Der flache Ausgang z(t) wird mittels eines PTn-Filters vorgegeben. Dieser Ausgang z(t) ist somit (n-1)-fach stetig differenzierbar, wie in 6 gezeigt. Dem Fahrpedal 7 sind ein PT2-Glied PT2 und ein PT1-Glied PT1 nachgeschaltet. Der Ausgang ist der Verdrehwinkel φ. Des Weiteren erfolgt die erste Ableitung φ̇ und die zweite Ableitung φ̈.
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Das PT2-Glied PT2 ist fahrprogrammabhängig, im dargestellten Beispiel mit einer Dämpfung δ von 0,5 und einer Zeitkonstante T2 von 60 ms, beispielsweise in einem Sportprogramm. D. h. es erfolgt eine praktische Umsetzung mittels Filtern, deren Zeitkonstanten T2 fahrprogrammabhängig sind.
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7 zeigt einen Verlauf des Verdrehwinkel φ, einen Verlauf der Differenzdrehzahl Δω und einen Verlauf von deren erster Ableitung Δω.
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8 zeigt eine gemeinsame Behandlung von Vorsteuerung 9 und Regelung. Die Struktur der Vorsteuerung 9 und der unterlagerten Regelung ist identisch zum Stand der Technik. Neu ist die Generierung der Vorsteuerung 9 auf Basis von Modellparametern und die Generierung eines Sollwertes für die Regelung auf Basis von Modellparametern sowie dass der Regler 12 auf einen Sollwert ungleich Null regelt.
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Mittels eines über das Fahrpedal 7 angeforderten Fahrerwunschmomentes FWM erfolgt die Trajektorienplanung 13 anhand einer mathematischen Funktion Σd, welche die Trajektorie beschreibt. Diese mathematische Funktion kann beispielsweise durch den Ansatz gemäß den Formeln (5) bis (7) und den 5 bis 7 mit zugehöriger Beschreibung dargestellt werden. Über die Vorsteuerung 9 wird der Eingang u und über einen Sollwertgenerator 22 werden die Zustände xi ermittelt, welche in den Regler 12 einfließen: In den Regler 12 fließt zudem ein Ausgang x(t) der Antriebsstrangstrecke ein, welcher im hier dargestellten Beispiel die Differenzdrehzahl Δω des Antriebsstrangs 11 ist. Mittels des Reglers 12 wird die unterlagerte Regelung realisiert. Mittels des Eingangs u und eines vom Regler 12 gelieferten Wertes wird der Motor 10 und/oder der Antriebsstrang 11 des Fahrzeugs angesteuert.
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Die 9 und 10 zeigen eine Systemübersicht eines schwingungsfähigen spielbehafteten Antriebsstrangs 11. Dabei zeigt 9 ein Systembild eines elektrischen Antriebsstrangs 11. Der als Elektromotor 14 ausgebildete Motor 10 ist über ein Differentialgetriebe 15 und zwei Seitenwellen 16 mit zwei Rädern 17 des Fahrzeugs verbunden.
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10 zeigt den schwingungsfähigen spielbelasteten Antriebsstrang 11. Der Elektromotor 14, auch als Elektromaschine bezeichnet, erzeugt ein Elektromotordrehmoment MEM und weist eine Motorträgheit JM und eine drehzahlabhängige Dämpfung DMot der Motorträgheit JM auf. Das Differentialgetriebe 15 weist ein Übersetzungsverhältnis ü und ein Spiel φSpiel und/oder eine Lose zwischen dem Differentialgetriebe 15 und der jeweiligen Seitenwelle 16 auf. Die Seitenwellen 16 wirken als Feder c und Dämpfer d. Die Räder 17 weisen jeweils eine Radträgheit JR auf. Somit bilden die Motorträgheit JM , die Radträgheit JR , und die als Feder c und Dämpfer d wirkenden Seitenwellen 16 ein Zweimassen-Feder-Dämpfer-System.
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Die Räder 17 weisen eine Dämpfung DRad der Radträgheit Jr auf. Auf den Antriebsstrang 11 wirkt ein Lastmoment ML . Ein Fahrzeugwiderstandsmodell 18 beschreibt Fahrwiderstände, beispielsweise ein Steigungswiderstand FSteig , ein Luftwiderstand FWind und ein Rollwiderstand FR . Als Fahrzeugmodell wird ein Einspurmodell verwendet.
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11 zeigt schematisch einen mechanischen Antriebsstrang
11,
d. h. ein nichtlineares physikalisches Ersatzmodell mit Differentialgetriebe
15, Feder
c und Dämpfer
d. Im Vergleich zu
8 fehlen die drehzahlabhängige Dämpfung
DMot der Motorträgheit
JM und die Dämpfung
DRad der Radträgheit J
r. Zustandsgrößen sind der Verdrehwinkel
φ und die Differenzdrehzahl
Δω.
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Dabei ist ωM die Drehzahl des Motors 10, insbesondere des Elektromotors 14, und ωR ist die Drehzahl der Räder 17 oder eines jeweiligen Rades 17.
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Eingangsgrößen sind das Elektromotordrehmoment MEM und das Lastmoment ML .
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Das schwingungsfähige Triebstrangmodell ist eine nichtlineare Zustandsdifferentialgleichung 2. Ordnung:
rRad ist ein Raddurchmesser.
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12 zeigt die Nichtlinearität infolge des Spiels φSpiel und/oder der Lose.
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13 zeigt einen mechanischen Antriebsstrang
11 inklusive Elektromotor
14. Dem Elektromotor
14 wird das Sollmoment
MSoll zugeführt. Er erzeugt das Elektromotordrehmoment
MEM , welches auf den Antriebsstrang
11 wirkt. Daraus resultiert der Verdrehwinkel
φ. Zustandsgrößen sind der Verdrehwinkel
φ, die Differenzdrehzahl
Δω gemäß Formel (8) und das Motormoment, d. h. das Elektromotordrehmoment
MEM . Eingangsgröße ist das Sollmoment
MSoll .
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TEM ist die Zeitkonstante des Elektromotors 14, die als PT1-Verhalten angenommen wird. Die Zeitkonstante TEM liegt beispielsweise bei ca. 0.001 s bis 0.010 s (1 ms bis 10 ms). Der Operator s ist der Laplace-Operator. Die Formel (12) stellt eine Übetragungsfunktion dar, die ein PT1-Verhalten (Tiefpassverhalten) aufweist.
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Nichtlineare Zustandsdifferentialgleichung 3. Ordnung:
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Die 14 und 15 zeigen die Modellvalidierung, in 14 am Beispiel einer Drehmomentsteigerung, auch als Tip-In bezeichnet und in 15 am Beispiel einer Drehmomentreduzierung, auch als Tip-Out bezeichnet. Dargestellt ist im jeweiligen oberen Diagramm das Sollmoment MSoll über die Zeit t, im jeweiligen mittleren Diagramm die Differenzdrehzahl Δω über der Zeit t und im jeweiligen unteren Diagramm ein Seitenwellenmoment Msw über der Zeit t. Im jeweiligen unteren Diagramm, welches das Seitenwellenmoment MSW über der Zeit t zeigt, ist das Spiel φSpiel zwischen Differentialgetriebe 15 und Seitenwellen 16 dargestellt, d. h. es sind ein Spieldurchgang 19 und mittels Pfeilen eine positive Spiellage 20 und eine negative Spiellage 21 dargestellt. Aus den 14 und 15 wird deutlich, dass eine sehr gute Abbildung des Schwingungsverhaltens durch das Systemmodell 3. Ordnung mit Spiel φSpiel erreicht wird.
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Als flacher Ausgang bei der Steuerung und/oder Regelung wird die Zustandsgröße Verdrehwinkel φ in [rad] gewählt. Diese Zustandsgröße weist die Eigenschaft der differenziellen Flachheit auf.
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Bis auf das nichtlineare Federverhalten c(
φ) ist der Verdrehwinkel
φ zu den folgenden Fahrzeuggrößen und/oder Antriebsstranggrößen proportional:
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Dabei ist FVeh,Acc eine Beschleunigungskraft des Fahrzeugs, mVeh eine Masse des Fahrzeugs und aVeh die Fahrzeugbeschleunigung.
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Damit stellt der Verdrehwinkel φ eine sinnvolle Größe zur Beeinflussung der Fahrzeugbeschleunigung aVeh dar.
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Im Folgenden wird eine analytische Gleichung der flachheitsbasierten Vorsteuerung 9 für den linearen Fall beschrieben.
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Aus Übersichtlichkeitsgründen wird die analytische Gleichung der Vorsteuerung
9 auf Basis des Systems
2. Ordnung (ohne Spiel
φSpiel und ohne Elektromotor
14) angegeben:
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Dabei ist cE · φ(t) ein Federmoment, dE · φ̇(t) ein Dämpfungsmoment und JE · φ̈(t) ein Beschleunigungsmoment, wobei cE eine Ersatzfedersteifigkeit, dE eine Ersatzdämpfung und JE eine Ersatzträgheit ist.
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Passen die einzelnen Momentenbeiträge dynamisch zueinander, entstehen keine Schwingungen.
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Sollwert für die Regelung ist die Differenzdrehzahl
Δω, welche direkt angegeben werden kann:
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Bei Systemen höherer Ordnung sind weitere Ableitungen notwendig.
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Bei Berücksichtigung des Spiels φSpiel sind Fallunterscheidungen notwendig.
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Die Vorsteuerung 9 ist in linearen und nichtlinearen Fällen analytisch berechenbar.
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16 zeigt Diagramme mit dem Verdrehwinkel φ (erstes Diagramm), sowie mit dessen erster Ableitung φ̇ (zweites Diagramm) und zweiter Ableitung φ̈ (drittes Diagramm) und das Sollmoment MSoll (viertes Diagramm).
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Die 17 bis 20 zeigen eine nominelle Vorsteuerung 9, jeweils mit einer Trajektorenzeit von 200 ms. Dabei zeigen die 17 und 18 einen Zug-/Zugwechsel und die 19 und 20 einen Schub-/Zugwechsel. Die 17 und 19 zeigen dabei jeweils eine zum Vergleich dienende konventionelle Vorsteuerung 9 und die 18 und 20 die flachheitsbasierte Vorsteuerung 9.
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Im jeweiligen oberen Diagramm ist mit gestrichelter Linie der Verlauf eines Fahrerwunsches FW eines Fahrzeugführers 8 und mit durchgezogener Linie der Verlauf eines Vorsteuermomentes Mv dargestellt. Wie aus den 17 und 18 ersichtlich, können durch die flachheitsbasierte Vorsteuerung 9 Schwingungen während eines Zug-/Zugwechsels vollständig beseitigt werden. Wie aus den 19 und 20 ersichtlich, können durch die Vorsteuerung 9 Schwingungen während eines Schub-/Zugwechsels vollständig beseitigt und Nichtlinearitäten kompensiert werden.
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21 zeigt eine Variation der Streckenparameter JM, JR , c, DMot , DRad und φ um +20% und Vorsteuerung 9 mit den nominellen Parametern.
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Das obere Diagramm zeigt den Fahrerwunsch FW als gestrichelte Linie und das Vorsteuermoment Mv als durchgezogene Linie. Im mittleren und unteren Diagramm zeigt die durchgezogene Linie Sollwerte SW und die gestrichelten Linien Istwerte IW infolge der Parametervariationen.
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Die reine Vorsteuerung 9 zeigt ein robustes Verhalten bezüglich Parametervariationen von +20% bei allen Antriebsstrangparametern.
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22 zeigt eine Variation der Streckenparameter JM , JR , c, DMot , DRad und φ um +20% mit nomineller Vorsteuerung 9 und Regler 12.
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Das obere Diagramm zeigt den Fahrerwunsch FW als gestrichelte Linie, das Vorsteuermoment Mv als durchgezogene Linie und einen Regleranteil RA als gepunktete Linie. Im mittleren und unteren Diagramm zeigt die durchgezogene Linie Sollwerte SW und die gestrichelten Linien Istwerte IW infolge der Parametervariationen.
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Mit Hilfe des unterlagerten Führungsreglers können die Streckenvarianzen vollständig ausgeregelt werden.
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23 zeigt einen Einfluss der Trajektorien auf die Stellgrößen. Im oberen Diagramm sind mittels durchgezogener Linie der Fahrerwunsch FW und mittels verschieden unterbrochener Linien die Momente M bei verschiedenen Trajektoriedauern T von 100 ms, 150 ms und 200 ms dargestellt. Entsprechend sind auch die Linien im mittleren und unteren Diagramm dargestellt.
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Die Trajektorienzeit, d. h. die Trajektoriedauer T, hat einen massiven Einfluss auf die Stellamplituden. Dies ermöglicht eine Dynamikanalyse bereits im Vorfeld der Entwicklung.
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Die 24 und 25 zeigen reale Messungen am Fahrzeug mit einer reinen Vorsteuerung 9 ohne AJ-Regelung. AJ-Regelung steht für Anti Jerk-Regelung und ist eine Anti-Ruckelregelung, welche die Schwingungen aktiv ausregeln kann.
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Dabei zeigt 24 eine PT4-gefilterte Momentenformung und 25 eine PT4-gefiltere flachheitsbasierte Momentenformung entsprechend der hier beschriebenen Lösung. D. h. 24 zeigt einen schwingenden Antriebsstrang 11 ohne die hier beschriebenen lösungsgemäßen Maßnahmen und auch ohne Vorsteuerung 9 und 25 zeigt die Wirksamkeit der hier beschriebenen Lösung mit einer reinen Vorsteuerung 9 ohne Regelung.
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Dargestellt sind jeweils die Fahrzeugbeschleunigung aVeh , die Motordrehzahl MDZ, der Fahrerwunsch FW, das Seitenwellenmoment MSW und ein Soll-/Istmoment MSI .
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Der beschriebene flachheitsbasierte Entwurf liefert eine geschlossene Vorgehensweise bezüglich der Auslegung der Steuerung und/oder Regelung. Der Entwurf zielt direkt auf die zu steuernde und/oder zu regelnde Größe. Es wird eine direkte analytische Berechnung der Vorsteuerung 9 anhand von Streckenparametern durchgeführt. Durch die Vorsteuerung 9 erfolgt eine Linearisierung des Systems. Es wird eine wesentliche Verbesserung der Dynamik erreicht, ohne die Stabilität zu beeinflussen.
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Die Vorteile bestätigten sich in realen Fahrzeugmessungen mit Bypass-System. Aus den Momentenverläufen aus der analytischen Berechnung können Erkenntnisse bezüglich der Applikation der Momenteverläufe gewonnen werden. Eine echtzeitfähige Umsetzung im Fahrzeug (FixPoint Arithmetik, zeitdiskrete Umsetzung im 10ms Raster) ist möglich.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kopf
- 2
- Wirbel
- 3
- Schulterpartie
- 4
- Brustkorb
- 5
- Magen
- 6
- Handgriff
- 7
- Fahrpedal
- 8
- Fahrzeugführer
- 9
- Vorsteuerung
- 10
- Motor
- 11
- Antriebsstrang
- 12
- Regler
- 13
- Trajektorienplanung
- 14
- Elektromotor
- 15
- Differentialgetriebe
- 16
- Seitenwelle
- 17
- Rad
- 18
- Fahrzeugwiderstandsmodell
- 19
- Spieldurchgang
- 20
- positive Spiellage
- 21
- negative Spiellage
- 22
- Sollwertgenerator
- aVeh
- Fahrzeugbeschleunigung
- aV
- Beschleunigungsverlauf
- c
- Feder
- d
- Dämpfer
- DMot
- drehzahlabhängige Dämpfung der Motorträgheit
- DRad
- Dämpfung der Radträgheit
- FR
- Rollwiderstand
- FSteig
- Steigungswiderstand
- FWind
- Luftwiderstand
- FVeh,Acc
- Beschleunigungskraft des Fahrzeugs
- FW
- Fahrerwunsch
- FWM
- Fahrerwunschmoment
- G(s)
- Strecke
- G(s)-1
- Streckeninvertierung
- IW
- Istwert
- JM
- Motorträgheit
- JR
- Radträgheit
- mVeh
- Masse des Fahrzeugs
- M
- Moment
- MEM
- Elektromotordrehmoment
- MDZ
- Motordrehzahl
- MDZV
- Motordrehzahlverlauf
- MG
- Messgröße
- MIst
- Istmoment
- ML
- Lastmoment
- MSoll
- Sollmoment
- MSW
- Seitenwellenmoment
- MSI
- Soll-/Istmoment
- MV
- Momentenverlauf
- Mv
- Vorsteuermoment
- MV, Soll
- Vorsteuersollmoment
- PT1
- PT1-Glied
- PT2
- PT2-Glied
- rRad
- Raddurchmesser
- RA
- Regleranteil
- RDZ
- Raddrehzahl
- RDZV
- Raddrehzahlverlauf
- RM
- Reglermoment
- SW
- Sollwert
- t
- Zeit
- T
- Trajektoriedauer
- TEM
- Zeitkonstante Elektromotor
- T2
- Zeitkonstante
- u
- Eingang
- ü
- Übersetzungsverhältnis
- W
- Winkel
- WG
- Winkelgeschwindigkeit
- WB
- Winkelbeschleunigung
- WM
- Wellenmoment
- WMV
- Wellenmomentverlauf
- xi
- Zustand
- y(t)
- Ausgang
- z(t)
- flacher Ausgang
- ż(t)
- erste Ableitung des flachen Ausgangs
- z̈(t)
- zweite Ableitung des flachen Ausgangs
- φ
- Verdrehwinkel
- φ̇
- erste Ableitung des Verdrehwinkels
- φ̈
- zweite Ableitung des Verdrehwinkels
- φSpiel
- Spiel
- δ
- Dämpfung
- ωM
- Motordrehzahl
- ωR
- Raddrehzahl
- Δω
- Differenzdrehzahl
- Δω̇
- erste Ableitung der Differenzdrehzahl
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- „Control of a Parallel Hybrid Drivetrain: A Flatness Based Approach“; R. Gasper, F. Hesseler, D. Abel; Institute of Automatic Control, RWTH Aachen University, Aachen, 52064 Germany [0002]
- „Flatness based Control for Electric and Hybrid Electric Vehicle Drivetrains“; Benedikt Alt, Felix Antritter, Ferdinand Svaricek; 2012 20th Mediterranean Conference on Control & Automation (MED), Barcelona, Spain, July 3-6, 2012 [0002]
- M. Fliess, J. L. Levine, P. Martin and P. Rouchon: Flatness and defect of non-linear systems: introductory theory and examples. International Journal of Control 61(6), pp. 1327-1361, 1995 [0027]