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Technisches Gebiet:
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Auslegung eines Bauteils mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1 sowie ein Computerprogramm zum Umsetzen des Verfahrens.
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Hintergrund:
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Zur Auslegung von Werkzeugen für Umformprozesse werden regelmäßig Simulationsprogramme herangezogen, welche den Umformprozess simulieren und auf diese Weise Möglichkeiten zur Optimierung des Werkzeugs und/oder des Bauteils geben, ohne das Werkzeug tatsächlich aufbauen zu müssen. Derartige Simulationsprogramme basieren oftmals auf FEM-Analysen und modellieren beispielsweise die Umformprozesse während der Blechbearbeitung.
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Beispielsweise offenbart die Druckschrift
DE 100 40 973 A1 ein Verfahren zur Simulation der Verformung eines Blechs während eines Ziehverfahrens.
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Beschreibung:
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, die computergestützte Bauteilauslegung zu verbessern. Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch ein Computerprogramm mit den Merkmalen des Anspruchs 10 gelöst. Bevorzugte oder vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, der nachfolgenden Beschreibung sowie den beigefügten Figuren.
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Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Auslegung eines Bauteils. Bei dem Bauteil handelt es sich um ein Metallbauteil, insbesondere um ein Blechbauteil. Das Bauteil ist besonders bevorzugt als ein umgeformtes, insbesondere tiefgezogenes Bauteil ausgebildet. Das Verfahren wird vorzugsweise auf einem Computer oder einer anderen digitalen Datenverarbeitungseinrichtung durchgeführt.
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Das Bauteil weist mindestens einen Kantenbereich auf. Der Kantenbereich kann auch nur durch einen Abschnitt oder mehrere Abschnitte gebildet sein. Der Kantenbereich wird durch einen Umformprozess, insbesondere durch den Tiefziehprozess, hergestellt. In dem Umformprozess wird ein Stempel in einer Wirkrichtung in eine Matrize eingeführt, um das Bauteil vollständig oder zumindest abschnittsweise und insbesondere den Kantenbereich zu formen. Der Kantenbereich verläuft in seiner Längserstreckung, insbesondere in seinem Kantenverlauf, in einer Ebene oder mehreren Ebenen,_welche gewinkelt und insbesondere senkrecht zu der Wirkrichtung verläuft bzw. verlaufen. In dieser Ebene oder Ebenen kann der Kantenverlauf jedoch auch einfach oder mehrfach gekrümmt ausgebildet sein.
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Prinzipiell kann der Kurvenverlauf in einer Ebene senkrecht zu der Wirkrichtung verlaufen. Allerdings werden Bauteile oftmals in einer Freiform realisiert, die sich nicht auf einen Kurvenverlauf in einer Ebene beschränken. Somit ist es bevorzugt, dass der Kurvenverlauf in mehreren Ebenen verläuft, welche gewinkelt zu der Wirkrichtung sind. Beispielsweise sind die Ebenen relativ zu der Wirkrichtung um einen Winkelbetrag kleiner als 45°, vorzugsweise kleiner als 30° angestellt. Alternativ oder ergänzend erstreckt sich jeder Abschnitt der Kante, der dem Kurvenverlauf zugerechnet wird in einer Richtung, die weniger als die genannten Grenzen gegenüber der Wirkrichtung angestellt sind.
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Betrachtet man den Kantenbereich in einem Querschnitt senkrecht zu seiner Längserstreckung, so weist der Kantenbereich einen Schulterbereich und/oder einen Kehlenbereich auf. Somit kann der Kantenbereich sowohl den Schulterbereich als auch den Kehlenbereich oder nur den Schulterbereich oder nur den Kehlenbereich aufweisen. In Bezug auf die Wirkrichtung sind der Schulterbereich und der Kehlenbereich höhenversetzt angeordnet.
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Der Schulterbereich verläuft von einem senkrecht zur Wirkrichtung ausgerichteten Abschnitt - auch Niederhalterabschnitt zu nennen - zu einem Abschnitt, welcher parallel zu der Wirkrichtung ausgerichtet ist - auch Wandabschnitt zu nennen. Bei dem Kehlenbereich verläuft die Kante von einem Abschnitt, welcher parallel zur Wirkrichtung ausgerichtet ist, insbesondere von einem oder dem Wandabschnitt, zu einem Abschnitt, welcher senkrecht zu der Wirkrichtung ausgerichtet ist - auch Dachabschnitt oder Bodenabschnitt zu nennen.
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In einem Querschnitt senkrecht zu der Längserstreckung des Kantenbereichs weist der Schulterbereich einen ersten Doppel-S-Verlauf - auch ersten Doppel-S-Schlag zu nennen - und/oder der Kehlenbereich einen zweiten Doppel-S-Verlauf - auch zweiten Doppel-S-Schlag zu nennen - auf. Insbesondere weist der Schulterbereich und/oder der Kehlenbereich im Übergang nicht eine einfache Krümmung, sondern eine mehrfache Krümmung auf als den jeweiligen Doppel-S-Verlauf auf.
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Vorzugsweise ist das Profil in Längserstreckung des Kantenverlaufs in Bezug auf den Doppel-S-Verlauf des Schulterbereichs und/oder des Kehlenbereichs konstant ausgebildet.
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Bei einer Optimierung des Bauteils, insbesondere bei einer iterativen Optimierung des Bauteils, wird mindestens ein Doppel-S-Verlauf als Optimierungsparameterfeld variiert. Der Doppel-S-Verlauf ist somit parametrisiert, wobei die Mehrzahl der Parameter des Doppel-S-Verlaufs ein Optimierungsparameterfeld bilden.
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Es ist dabei eine Überlegung der Erfindung, dass durch die Integration des Doppel-S-Verlaufs in dem Schulterbereich und/oder in dem Kehlenbereich gezielt ein Bauteilabschnitt ausgebildet ist, welcher variiert werden kann, um das Bauteil zu optimieren. Anders ausgedrückt sind gezielt Freiheitsgrade in das Design des Bauteils eingebracht worden, um diese Freiheitsgrade als Optimierungsparameterfeld zu nutzen. Damit wird es möglich, das Bauteil in einem Optimierungsprozess zu variieren und dadurch das Bauteil zu verbessern ohne funktionsnotwendige Bereiche des Bauteils zu ändern.
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In dem besagten Querschnitt ist der Schulterbereich somit zwischen einem ersten Schenkel, insbesondere dem Niederhalterabschnitt, und einem zweiten Schenkel des Kantenbereichs, insbesondere dem Wandabschnitt, angeordnet. Der Kehlenbereich ist zwischen dem zweiten Schenkel, insbesondere dem Wandabschnitt, und einem dritten Schenkel, insbesondere dem Dach- oder Bodenabschnitt, angeordnet. Vorzugsweise sind der erste Schenkel und der dritte Schenkel parallel zueinander ausgerichtet.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird jeder Doppel-S-Verlauf durch einen ersten Radiusverlauf, einen zweiten Radiusverlauf und einen dritten Radiusverlauf gebildet. Somit erfolgt von dem ersten Schenkel eine erste Krümmung mit dem ersten Radiusverlauf, an den sich eine zweite, gegensinnige Krümmung mit dem zweiten Radiusverlauf anschließt. An den zweiten Radiusverlauf schließt sich dazu gegensinnig und gleichsinnig zu dem ersten Radiusverlauf ein dritter Radiusverlauf anschließt, welcher in den zweiten Schenkel übergeht. In ähnlicher Ausgestaltung wird der Kehlenbereich gebildet, wobei ausgehend von dem zweiten Schenkel über einen ersten Radiusverlauf, einen zweiten Radiusverlauf, welcher gegensinnig zu dem ersten Radiusverlauf ausgebildet ist, zu einem dritten Radiusverlauf gelangt wird, welcher gegensinnig zu dem zweiten Radiusverlauf und gleichsinnig zu dem ersten Radiusverlauf ausgebildet ist und welcher in den dritten Schenkel übergeht.
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Es ist zu unterstreichen, dass die Radienverläufe des Schulterbereichs und die Radienverläufe des Kehlenbereichs unterschiedlich ausgebildet sein können.
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Somit können bei der Optimierung für den Kantenbereich sechs unterschiedliche Parameter, ausgebildet als die sechs Radienverläufe, in dem Optimierungsprameterfeld variiert werden. Optional ergänzend können auch die Längen der Radienverläufe variiert werden.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist das Bauteil als ein U-Profil ausgebildet, welches einen ersten und einen zweiten derartigen Kantenbereich aufweist, welche als Wände gemeinsam das „U“ bilden. Somit weist der erste Kantenbereich einen ersten derartigen Schulterbereich und einen ersten derartigen Kehlenbereich am Boden des U-Profils auf. Der zweite Kantenbereich weist einen zweiten derartigen Kehlenbereich am Boden des U-Profils auf sowie einen zweiten derartigen Schulterbereich. Durch die vier Bereiche werden insgesamt zwölf Radienverläufe als Parameter in dem Optimierungsparameterfeld bereitgestellt. Optional ergänzend können auch die Längen der Radienverläufe variiert werden.
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Bei einer bevorzugten Realisierung der Erfindung ist das Bauteil aus einem höherfesten, hochfesten oder ultrahochfesten Stahl oder einer Aluminiumlegierung geformt. Gerade bei den höherfesten, hochfesten beziehungsweise ultrahochfesten Stählen stößt die Umformbarkeit schnell an ihre Grenze und negative Effekte, wie zum Beispiel ein Rückfedern, tritt besonders stark auf. Ähnliches gilt für die Aluminiumlegierungen. Somit eignet sich das Verfahren besonders im Zusammenhang mit derartigen Werkstoffen. Dadurch wird ein kostengünstiger Leichtbau umsetzbar. Beispiele für derartige höchstfeste Stähle sind HCT980X (DP1000).
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Bei einer bevorzugten Umsetzung des Verfahrens wird das Bauteil während des Umformprozesses auf einer Oberseite des Kantenbereichs, insbesondere an dem Niederhalterabschnitt, mit einem Niederhalter gehalten. Die daraus resultierende Niederhalterkraft geht als Teil der Prozessbeschreibung in die Optimierung ein. Es ist vorgesehen, dass das Halten mit einer Kraft erfolgt, die gegenüber einer üblichen Niederhalterkraft reduziert ist. Geht man beispielsweise davon aus, dass eine Niederhalterkraft, welche zu einem Riss in dem Material beim Umformprozess führen würde, mit 100 Prozent bezeichnet wird, so beträgt die Niederhalterkraft weniger als 50 Prozent, vorzugsweise weniger als 30 Prozent dieser Niederhalterkraft an der Rissgrenze. Durch die Reduktion der Niederhalterkraft ist es möglich, dass mehr Material bei dem Umformprozess in Richtung des U-Abschnitts einziehen kann, sodass ein Reißen des Materials weniger wahrscheinlich wird. Alternativ oder ergänzend ist die Niederhalterkraft so gewählt, dass ein Wellen oder Falten des Niederhalterabschnitts des Bauteils vermieden wird.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird bei dem Schulterbereich der mittlere Radiusverlauf (R2) durch den einfahrenden Stempel eingebracht, wobei das Einbringen über ein Prägen umgesetzt wird. In gleicher Weise werden der erste und dritte Radiusverlauf bei dem Doppel-S-Verlauf durch den Stempel als Prägung eingebracht.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist der Schulterbereich und der Kehlenbereich durch einen Übergangsbereich miteinander verbunden. Der Übergangsbereich wird auch als zweiter Schenkel oder Wandabschnitt bezeichnet. Ein Winkel zwischen einer Ebene senkrecht zu der Wirkrichtung und dem Übergangsbereich wird als Öffnungswinkel definiert. Der Öffnungswinkel wird insbesondere innerhalb des U-Profils gemessen. Der Öffnungswinkel wird bei der Optimierung durch Variation des Optimierungsparameterfelds an einen beliebigen Winkel oder Winkelverlauf, beispielsweise größer als 80°, vorzugsweise größer als 85° und insbesondere an 90 Grad angeglichen. Hier liegt ein Vorteil des Verfahrens, da gerade bei höherfesten oder ultrahochfesten Stahlsorten der Rücksprung nach dem Umformen vergleichsweise stark ausfällt. Bei der Erzeugung eines z.B. 90-Grad-Winkels kann es aufgrund der Rücksprungproblematik dazu führen, dass das Werkzeug hinterschnittig ausgeführt sein müsste und dadurch die Werkzeuge nicht mehr realisierbar sind. Durch das Verfahren wird über Variation des Optimierungsparameterfelds der Öffnungswinkel so weit wie möglich an den gewünschten Winkel oder Winkelverlauf, insbesondere an 90 Grad herangeführt. Es ist auch möglich, dass der Übergangsbereich als eine Freiformfläche ausgebildet ist.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung wird das Bauteil gleichlaufend zur Längserstreckung des Kantenbereichs im Übergangsbereich oder im Bereich des zweiten Schenkels oder im Wandabschnitt getrennt. Auch dieser Verfahrensschritt kann bei dem Verfahren der Optimierung berücksichtigt werden. Durch das Trennen des Kehlenbereichs von dem Schulterbereich ändern sich Spannungen in dem Bauteil, welche im Rahmen der Optimierung berücksichtigt werden können, sodass das resultierende Bauteil eine bessere Formgenauigkeit aufweist.
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Prinzipiell ist es möglich, die Optimierung auf ein beliebiges Ziel auszurichten. Ein besonders bevorzugtes Ziel der Optimierung ist es, die Form des Bauteils einer Soll-Form anzugleichen, wobei die Angleichung durch die Optimierung erreicht wird. Alternativ oder ergänzend ist es Ziel des Verfahrens, den Öffnungswinkel möglichst an 90 Grad heranzuführen.
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Es ist besonders bevorzugt, dass die Optimierung als eine iterative Optimierung durchgeführt wird, wobei in iterativen Schritten die Parameter des Optimierungsparameterfelds variiert werden und jeweils die Ergebnisse in einer Simulation bewertet werden.
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In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung der Erfindung umfasst die Optimierung die folgenden Schritte:
- • Definition von mindestens einem Kantenbereich als Designraum. Bei dem Kantenbereich kann es sich um einen Schulterbereich und/oder um einen Kehlenbereich, um drei Bereiche oder um zwei Schulterbereiche und zwei Kehlenbereiche handeln, welche gemeinsam ein U-Profil bilden. Das U-Profil kann im Querschnitt mit einem oder mehreren 90°-Winkeln ausgebildet sein. Es ist auch möglich, dass das U-Profil andere Winkel aufweist.
- • Definition von mindestens einem Doppel-S-Verlauf als Optimierungsparameterfeld an dem Kantenbereich.
- • Definition der Zielgrößen für die Optimierung. Hier können beliebige Zielgrößen definiert werden, eine mögliche Zielgröße ist die Minimierung der Differenz zwischen einer Soll-Kontur und einer gemäß der Simulation geschaffenen Ist-Kontur und/oder die Angleichung des beschriebenen Öffnungswinkels an 90° oder an einen anderen Sollwinkel.
- • Definition der Variationsbereiche und/oder der Grenzen für das Optimierungsparameterfeld. In diesem Schritt werden die Parameter begrenzt, sodass keine unkontrollierbaren Ergebnisse entstehen können.
- • Auswahl eines geeigneten Optimierungsalgorithmus.
- • Durchführung der Optimierung.
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Bei einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung weist der Schritt der Durchführung der Optimierung die folgenden Unterschritte auf:
- • Ermittlung der Werte für die Radienverläufe
- • Erzeugung der Geometriedaten, insbesondere in einer CAD-Umgebung
- • Erzeugung eines FEM-Input-Files
- • Berechnung von FEM-Ergebnissen
- • Analyse der FEM-Ergebnisse und Vergleich mit einem vorgegebenen Grenzwert oder Umsetzung einer Minimierungssuche. Falls der Grenzwert noch nicht unterschritten ist oder das Minimum noch nicht unterschritten ist, werden neue Werte für die Radienverläufe ermittelt.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung betrifft ein Computerprogramm mit Programmcodemitteln zur Durchführung des Verfahrens, wenn dieses auf einem Computer durchgeführt wird.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Wirkungen der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels der Erfindung sowie der beigefügten Figuren. Dabei zeigen:
- 1a, b, c drei Bauteile mit konventionellen Kantenbereichen zur Beschreibung der Grundform der Bauteile für das erfindungsgemäße Verfahren;
- 2 eine grafische Darstellung des Übergangs von konventionellen Kantenbereichen zu Kantenbereichen gemäß des Verfahrens;
- 3 ein schematischer Querschnitt durch ein Bauteil als ein Ausführungsbeispiel der Erfindung.
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Die 1a, b, c zeigen jeweils eine schematische dreidimensionale Darstellung eines Bauteils 1, welches aus einem höherfesten oder ultrahochfestem Werkstoff, insbesondere Stahlwerkstoff, gefertigt ist. Das Bauteil 1 ist jeweils als ein U-Profil ausgebildet, wobei in seiner Längserstreckung das Bauteil 1 in der 1a gerade, das Bauteil 1 in der 1b einfach gekrümmt und das Bauteil 1 in der 1c mehrfach gekrümmt ausgebildet ist.
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Die 2 zeigt in einer stark schematisierten halbseitigen Querschnittdarstellung den Übergang von dem konventionellen Bauteil, wie dies in den 1a, b, c gezeigt ist, zu einem Bauteil, wie es beispielhaft in einem erfindungsgemäßen Verfahren Verwendung finden kann.
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2 zeigt auf der linken Seite einen Querschnitt, jedoch nur einer Seite des Bauteils 1 der 1a, b, c. Das Bauteil weist einen Niederhalterabschnitt 2, einen daran anschließenden Wandabschnitt 3, welcher gewinkelt, insbesondere senkrecht zu dem Niederhalterabschnitt 2, ausgerichtet ist sowie einen Dachabschnitt 4 auf, welcher im Wesentlichen parallel zum Niederhalterabschnitt 2 und/oder senkrecht zu dem Wandabschnitt 3 ausgerichtet ist. Der Dachabschnitt 4 bildet beim Umformen einen Boden, so dass dieser auch als Bodenabschnitt bezeichnet werden könnte.
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Der Übergang von dem Niederhalterabschnitt 2 zu dem Wandabschnitt 3 wird durch einen ersten Kehlenbereich 5a gebildet, welcher bei dem konventionellen Bauteil 1 durch einen einfachen Radius Ra umgesetzt ist. Der Übergang von dem Wandabschnitt 3 zu dem Dachabschnitt 4 wird über einen ersten Schulterbereich 6a umgesetzt, welcher durch einen einfachen Radiusverlauf Rb umgesetzt ist. Der Kehlenbereich 5 und/oder der Schulterbereich 6 bilden einen ersten Kantenbereich 7.
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Gemäß dem Ausführungsbeispiel der Erfindung bildet der erste Kehlenbereich 5a und der erste Schulterbereich 6a einen Designraum für die Optimierung des Bauteils 1. In der 2b ist das Bauteil 1 nochmals dargestellt, wobei jedoch der erste Kehlenbereich 5a durch einen ersten Doppel-S-Verlauf 8 und der Schulterbereich 6b durch einen zweiten Doppel-S-Verlauf 9a, b realisiert ist. Ansonsten wird auf die vorherige Beschreibung verwiesen, wobei die gleichen Bezugszeichen die gleichen Bereiche etc. beschreiben. Der erste Doppel-S-Verlauf 8 des Kehlenbereichs 5 wird durch einen ersten Radiusverlauf R1a, welcher sich an den Wandabschnitt 3 anschließt und nach außen konkav ausgebildet ist, einen daran anschließenden zweiten Radiusverlauf R2b, welcher nach außen konvex ausgebildet ist und einen dritten Radiusverlauf R3b, welcher nach außen konkav ausgebildet ist und in den Niederhalterabschnitt 2 übergeht, gebildet. Somit wird der erste Kehlenbereich 5a durch drei Kurvenabschnitte gebildet. Der zweite Doppel-S-Verlauf 9 des erstem Schulterbereichs 6a weist ausgehend von dem Dachabschnitt 4 einen ersten Radiusverlauf R2a, welcher nach außen von dem Hohlprofil konvex ausgebildet ist, einen daran anschließenden zweiten Radiusverlauf R2b, welcher nach außen konkav ausgebildet ist sowie einen dritten Radiusverlauf R2c, welcher nach außen konvex ausgebildet ist und in den Wandabschnitt 3 mündet. Der erste Schulterbereich 6a ist somit aus drei gekrümmten Kurvenstücken zusammengesetzt.
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Die Übergänge zwischen dem Wandabschnitt 3 und dem dritten Radiusverlauf R2c des ersten Schulterbereichs 6a und des ersten Radiusverlaufs R1a des ersten Kehlenbereichs 5a erfolgt tangential und stetig. In ähnlicher Weise erfolgt der Übergang von dem ersten Radiusverlauf R2a des ersten Schulterbereichs 6a zu dem Dachabschnitt 4 und/oder der Übergang von dem dritten Radiusverlauf R1c des ersten Kehlenbereichs 5a zu dem Niederhalterabschnitt 2 stetig und tangential.
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Das Bauteil 1 weist damit im ersten Schulterbereich 6a drei Parameter, nämlich R2a, R2b, R2c auf. Der erste Kehlenbereich 5a weist dagegen drei Parameter zur Optimierung auf, nämlich R1a, R1b, R1b auf. Diese Parameter können entweder alle oder eine beliebige Teilmenge davon als ein Optimierungsparameterfeld in eine computergestützte Optimierung verwendet werden, um das Bauteil 1 zu verbessern.
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In der 3 ist das Bauteil 1 nicht nur im Halbschnitt, sondern im Ganzschnitt gezeigt, wobei auf der rechten Seite ein weiterer Schulterbereich 6b und ein weiterer Kehlenbereich 5b dargestellt ist, wobei der Schulterbereich 6 einen dritten Doppel-S-Verlauf 10 aufweist, der durch drei Radiusverläufe R3a, R3b und R3c gebildet ist. Von den Kurvenkrümmungen her ist der Schulterbereich 6 analog zu dem Schulterbereich 6a ausgebildet. Gegebenenfalls können sich jedoch die Radiusverläufe in der Krümmung und in der Länge zueinander unterscheiden. In gleicher Weise weist der zweite Kehlenbereich 5b einen vierten Doppel-S-Verlauf 11 auf, welcher durch einen ersten Radiusverlauf R4a, einen zweiten Radiusverlauf R4b und einen dritten Radiusverlauf R4c gebildet ist. Die Kurvenkrümmungen des zweiten Kehlenbereichs 5b sind analog_zu den Krümmungen des ersten Kehlenbereichs 5a ausgeführt, wobei sich jedoch die Radien und/oder die Länge der Krümmungsverläufe unterscheiden können. Der zweite Kehlenbereich 5b und der zweite Schulterbereich 6b bilden einen zweiten Kantenverlauf 7b.
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In seiner Gesamtheit kann das Bauteil 1 insgesamt in zwölf Parametern als Optimierungsparameterfeld variiert werden. Optional können auch die Längen der Radiusverläufe als weitere Parameter in dem Optimierungsparameterfeld verändert werden.
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Die Radiusverläufe Rxa, Rxb und Rxc erstrecken sich entlang des Kantenverlaufs der Kantenbereiche 7a, b, sodass der Doppel-S-Verlauf 9, 10, 11, 12 sich in Längserstreckung über die vollständige Länge des U-Profils erstreckt.
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In der 3 ist ein Stempel 12 und eine Matrize 13 angedeutet, wobei der Stempel 12 in einer Wirkrichtung W in die Matrize 13 eingefahren wird, um das Bauteil 1 zu formen. Im Bereich der Niederhalterabschnitte 2 wird das Bauteil 1 beziehungsweise das vorhergehende Blechteil durch einen nicht dargestellten Niederhalter mit einer Niederhalterkraft F gehalten. Prinzipiell ist der Vorgang zum Formen des Bauteils 1 als ein Tiefziehvorgang ausgebildet, in Abgrenzung zu dem konventionellen Tiefziehvorgang ist jedoch die Niederhalterkraft F gezielt geringer ausgebildet. Als eine Handlungsanweisung kann dargelegt werden, dass die Niederhalterkraft F weniger als 50 Prozent einer Niederhalterkraft F' sein soll, wobei F' die Niederhalterkraft ist, an der das Bauteil bei ansonsten gleichen Parametern reißen würde.
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Aufgrund der Geometrie des Bauteils 1 und insbesondere der Doppel-S-Verläufe 8, 9, 10 und 11 wird der jeweils zweite Radiusverlauf R1b, R2b, R3b, R4b eher in das Bauteil 1 eingeprägt, als durch Tiefziehen erzeugt. Dies stellt eine weitere Besonderheit des Verfahrens zur Herstellung des Bauteils 1 dar.
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Der Dachabschnitt 4 ist senkrecht zu der Wirkrichtung W ausgerichtet. Der Wandabschnitt 3a, b schließt einen Öffnungswinkel alpha mit einer Radialebene und/oder dem Dachabschnitt 4 ein, wobei der Öffnungswinkel bevorzugt 90 Grad ist.
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Ein Problemfeld bei der Fertigung des Bauteils 1 ist zum einen eine Verdrehung des Bauteils 1 nach dem Umformen und gegebenenfalls Trennen, insbesondere Beschneiden oder Besäumen, des Bauteils 1 sowie die Neigung zu einer Rückfederung. Aufgrund der hohen Festigkeit von höherfesten und ultrahochfesten Werkstoffen ergibt sich nämlich eine höhere Rückfederung des Bauteils 1, sodass es aufgrund von Verdrehungen und Biegeaufsprung zu hinterschnittigen Bereichen im Werkzeug kommen kann. Dieser Neigung wird mit den folgenden Maßnahmen entgegengewirkt:
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Die Anwendung eines Prägens der zweiten Radiusverläufe R1b, R2b, R3b und R4c anstatt eines Tiefziehens (mit verringerter Blechhalterkraft) führt zur Verringerung der Einrolltendenz („curl“).
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Es erfolgt eine Versteifung der Bauteilgeometrie durch den Einsatz der Doppel-S-Verläufe 9, 10, 11, 12, anstatt eines konstanten Stempel- (Ra) beziehungsweise Matrizenradius (Rb), was wiederum zur Reduzierung beziehungsweise Eliminierung der Torsion führt.
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Es ist möglich, den Wandöffnungswinkel α durch entsprechende Wahl der erforderlichen Kombinationen der Radiusverläufe Rxa, Rxb und Rxc (x aus 1, 2, 3, 4) einzustellen.
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Die Ermittlung einer geeigneten Kombination der Radien Rxa, Rxb und Rxc der Doppel-S-Verläufe 9, 10, 11, 12 erfolgt mittels einer Optimierungsprozedur, welche nachfolgend dargestellt wird.
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Nach der Optimierungsprozedur erfolgt eine finale Geometriekompensation_mit Hilfe eines geeigneten Kompensationsmoduls (zum Beispiel FE-Shape für NX oder Outifo für Pam-Stamp).
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Ferner können ein FEM-Nachweis und eventuelle Bauteiltests erfolgen, um etwaige Nachteile auf die Bauteilperformance aufgrund der Geometrieänderung zu ermitteln.
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Die Optimierungsprozedur erfolgt wie nachfolgend beschrieben:
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In einem Schritt 100 wird ein geeigneter Designraum definiert, wobei der Designraum mindestens drei Radiusverläufe von einem Doppel-S-Verlauf als Optimierungsparameterfeld umfasst. Es könne auch zwei, drei oder alle vier Doppel-S-Verläufe 9, 10, 11, 12 als Designraum verwendet werden.
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In einem Schritt 200 werden die zu minimierenden Zielgrößen für die Optimierung definiert. Dabei kann zum Beispiel der Öffnungswinkel auf 90 Grad optimiert werden und/oder diverse Abstände in dem Bauteil 1 als zu minimierende Zielgrößen definiert werden.
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In einem Schritt 300 werden die Variationsbereiche und/oder die Grenzen der variablen Radien definiert. So kann es zum einen möglich sein, dass die Größe des Krümmungsradius definiert wird, zum anderen ist es möglich, dass die Länge des jeweiligen Radiusverlaufs in dem jeweiligen Doppel-S-Verlauf 9, 10, 11, 12 festgelegt wird.
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In einem Schritt 400 wird ein geeigneter Optimierungsalgorithmus aus den bekannten Algorithmen ausgewählt.
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In einem Schritt 500 erfolgt dann die Durchführung der Optimierung.
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Die Durchführung der Optimierung ist in der 5 dargestellt.
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In einem Schritt 510 erfolgt die Ermittlung der Werte für Rxa, Rxb und Rxc gegebenenfalls für einen oder mehrere Doppel-S-Verläufe 9, 10, 11, 12.
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In einem Schritt 520 werden Geometriedaten des Bauteils 1 in einem CAD-System erzeugt.
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In einem Schritt 530 erfolgt über eine FEM-GUI die Erzeugung des FEM-Inputfiles.
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In einem Schritt 540 in einem FEM-Solver erfolgt die Berechnung der FEM-Ergebnisse.
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In einem Schritt 550 in dem FEM-GUI erfolgt die Analyse der FEM-Ergebnisse.
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In einem Schritt 560 wird geprüft, ob die Ergebnisse den Vorgaben entsprechen. Wenn dies erfüllt ist, ist die Optimierung beendet, ist das nicht erfüllt, erfolgt eine Rückkopplung zu dem Schritt 510 mit neuen Werten für Rxa, Rxb und Rxc.
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Während vorstehend mindestens ein Ausführungsbeispiel detailliert offenbart wurde, ist es anzuerkennen, dass eine Vielzahl von erfindungsgemäßen Variationen existieren. Es ist ebenfalls anzuerkennen, dass das mindestens eine Ausführungsbeispiel nur beispielhaften Charakter hat und keine Begrenzung des Schutzumfangs, der Anwendungsgebiete oder der Konfiguration darstellt. Vielmehr soll die vorliegende Offenbarung einen angenehmen Fahrplan zur Umsetzung mindestens eines Ausführungsbeispiels sein. Somit sollte es anzuerkennen sein, dass verschiedene Variationen der Funktion oder der Anordnung der Elemente des mindestens einen Ausführungsbeispiels umgesetzt werden können, ohne den Umfang zu verlassen, der durch die Ansprüche und deren rechtmäßigen Äquivalente vorgegeben ist.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Bauteil
- 2
- Niederhalterabschnitt
- 3a, b
- Wandabschnitt
- 4
- Dachabschnitt
- 5a
- erster Kehlenbereich
- 5b
- zweiter Kehlenbereich
- 6a
- erster Schulterbereich
- 6b
- zweiter Schulterbereich
- 7a
- erster Kantenbereich
- 7b
- zweiter Kantenbereich
- 8
- erster Doppel-S-Verlauf
- 9
- zweiter Doppel-S-Verlauf
- 10
- dritter Doppel-S-Verlauf
- 11
- vierter Doppel-S-Verlauf
- 12
- Stempel
- 13
- Matrize
- Ra
- Radius
- Rb
- Radiusverlauf
- R1a, R1b, R1c
- Radiusverläufe
- R2a, R2b, R2c
- Radiusverläufe
- R3a, R3b, R3c
- Radiusverläufe
- R4a, R4b, R4c
- Radiusverläufe
- F
- Niederhalterkraft
- W
- Wirkrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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