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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer Hohlwelle, insbesondere einer Getriebewelle, durch Umformen eines Rohlings. Die Erfindung betrifft ferner eine verfahrensgemäß hergestellte Hohlwelle.
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Wellen dienen vorrangig der Übertragung von Drehmomenten. Hohlwellen weisen bei annähernd gleicher Festigkeit wie Vollwellen ein wesentlich geringeres Gewicht auf und finden daher zunehmend Einzug in den Automobilbau (sogenannte Leichtbauwellen). Die umformende Herstellung von Hohlwellen hat viele Vorteile, wie z. B. eine gute Materialausnutzung, eine hohe Präzision und eine sich durch die Umformung ergebende hohe Festigkeit.
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Die
WO 2007/031052 A2 beschreibt eine Hohlwelle und ein Verfahren zur Herstellung. Die Hohlwelle wird aus zwei Bauteilen, die durch Kaltfließpressen aus massiven Rohlingen hergestellt sind, zusammengesetzt.
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Die
WO 2013/127425 A1 beschreibt eine Antriebs-Hohlwelle mit Flansch und ein Herstellverfahren dafür. Die Herstellung erfolgt durch Kaltumformung, insbesondere durch zumindest einmaliges Abstrecken eines Vorrohrs, sowie nachfolgendes Biegen des Rohrendes zur Ausformung des Flanschs.
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Mit der Erfindung soll wenigstens ein mit dem Stand der Technik einhergehender Nachteil vermieden oder zumindest verringert werden.
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Zu diesem Zweck wird ein erfindungsgemäßes Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 vorgeschlagen. Mit dem nebengeordneten Patentanspruch erstreckt sich die Erfindung auch auf eine mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Hohlwelle. Vorteilhafte Weiterbildungen und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich analog für beide Erfindungsgegenstände aus den abhängigen Patentansprüchen, der nachfolgenden Erfindungsbeschreibung und der Zeichnung.
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Das erfindungsgemäße Verfahren weist zumindest die folgenden Verfahrensschritte auf:
- - Bereitstellen eines mit Bohrung ausgebildeten Rohlings bzw. Rohteils, der ein Durchmesser-Längen-Verhältnis ≥ 0,75 (gleich oder größer null Komma sieben fünf) aufweist;
- - Radialumformen des Rohlings, wobei der Rohling zu wenigstens einer Seite bzw. Stirnseite hin axial gelängt bzw. verlängert wird und dabei Material von der betreffenden Stirnfläche bzw. Stirnseite in die Bohrung einfließt.
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Bevorzugt wird der Rohling beim Radialumformen zu beiden Seiten bzw. Stirnseiten axial gelängt, wobei dann von beiden Stirnflächen bzw. Stirnseiten Material in die Bohrung einfließt.
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Das erfindungsgemäße Verfahren und das Einfließen des Materials in die Bohrung hat viele Vorteile, von denen einige nachfolgend noch näher erläutert werden. Das Einfließen des Materials in die Bohrung ergibt sich insbesondere aus dem Geometrieverhältnis des Rohlings (Durchmesser-Längen-Verhältnis ≥ 0,75). Weitere Maßnahmen, die das Einfließen begünstigen, sind Gegenstand von Weiterbildungen. Bislang ist ein solches Einfließen nicht vorgesehen, d. h. nur aus der Bohrungsinnenfläche des Rohlings wird beim Umformen die Innenumfangsfläche der Hohlwelle gebildet. Beim erfindungsgemäßen Verfahren wird außerdem an wenigstens einem Wellenende der axial äußere Abschnitt der Innenumfangsfläche dadurch gebildet, dass beim Radialumformen Material bzw. Werkstoff von der benachbarten Stirnseite bzw. Stirnfläche einfließt bzw. eingezogen wird.
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Der verwendete Rohling weist ein Durchmesser-Längen-Verhältnis ≥ 0,75, bevorzugt ≥ 1,00 oder ≥ 1,25 oder ≥ 1,50 oder ≥ 2,00 auf. D. h., der Durchmesser kann also größer als die axiale Länge sein. Das Durchmesser-Längen-Verhältnis beträgt bevorzugt nicht mehr als 2,50 (d. h. ≤ 2,50) und insbesondere nicht mehr als 2,00 (d. h. ≤ 2,00). Bevorzugt handelt es sich um einen zylindrischen Rohling. Insbesondere handelt es sich um einen Stahlrohling. Durch den vergleichsweise großen Außendurchmesser des verwendeten Rohlings können auch Hohlwellen mit großen Außendurchmessern mittels Radialumformung hergestellt werden.
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Beim Radialumformen wird die Umformung im Wesentlichen durch eine radiale Bewegung zwischen wenigstens einem Umformwerkzeug und dem Rohling bzw. Werkstück bewirkt. (Beim Fließpressen, Abstrecken und dergleichen erfolgt die Umformung im Wesentlichen durch axiale Relativbewegung zwischen Werkstück und Werkzeug.) Das Radialumformen ist insbesondere ein Radialschmieden. Beim Radialschmieden wird der Rohling, typischerweise an einem axialen Ende, eingespannt und dann mittels radial wirkender Hämmer umgeformt, wobei der Rohling relativ zu den Hämmern weiterbewegt wird. Die radialen Hämmerbewegungen bzw. Zustellbewegungen der Hämmer können verändert werden. Die Bohrung kann durch Verwendung wenigstens eines Dorns ausgeformt werden. Das Radialschmieden ist ein inkrementelles Umformverfahren. Im Weiteren wird auf entsprechende Fachliteratur verwiesen.
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Bevorzugt ist am Rohling zwischen der Bohrung bzw. der Bohrungsinnenfläche und der Stirnfläche eine definierte Fase oder eine definierte Verrundung ausgebildet, die beim Radialumformen das Einfließen des Materials von der Stirnfläche in die Bohrung begünstigt. Die Fase kann eine axiale Länge von wenigstens 2 mm (z. B. 2 x 45°), bevorzugt wenigstens 3 mm (z. B. 3 x 45°) und insbesondere wenigstens 4 mm (z. B. 4 x 45°) aufweisen. Die Verrundung kann einen Radius von wenigstens 2 mm, bevorzugt wenigstens 3 mm und insbesondere wenigstens 4 mm aufweisen.
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Bevorzugt ist am Rohling die Stirnfläche zumindest teilweise mit einer definierten Oberflächengüte ausgebildet, was beim Radialumformen das Einfließen des Materials von dieser Stirnfläche in die Bohrung begünstigt. Hierunter wird vorrangig verstanden, dass die Stirnfläche frei von Oberflächenfehlern und -beschädigungen ist. Hierunter wird insbesondere verstanden, dass die Rauheit Rz (gemittelte Rautiefe) < 25 µm, bevorzugt < 20 µm und insbesondere < 15 µm ist. Solche Rauheiten können durch Drehen, insbesondere Feindrehen, erzeugt werden. Insbesondere ist auch die Fase oder Verrundung derart ausgebildet.
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Bevorzugt wird der Rohling durch Ablängen, z. B. Absägen, eines Stangenmaterials und anschließendes spanendes Einbringen der Bohrung hergestellt. Aufgrund der vergleichsweise kurzen axialen Länge des Rohlings ist die Prozesszeit für den Bohrvorgang kurz (d. h. kurze Bohrzeit) und der Zerspanungsverlust niedrig. Ein bislang übliches Tieflochbohren ist nicht mehr erforderlich. Die vereinfachte Rohling- bzw. Rohteilherstellung hat erheblichen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit der gesamten Hohlwellenherstellung. Nach dem Ablängen und Bohren kann gegebenenfalls noch eine Fase oder Verrundung zwischen der Bohrung und der Stirnfläche (s. o.) erzeugt sowie gegebenenfalls die Stirnfläche zur Ausbildung einer definierten Oberflächengüte (s. o.) nachbearbeitet werden (z. B. durch Drehen bzw. Feindrehen).
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Bevorzugt wird der Rohling in einem Arbeitsgang zu der Hohlwelle umgeformt. D. h., die Radialumformung des Rohlings erfolgt vollständig auf einer Maschine. Dies wirkt sich positiv auf die Qualität und Herstellkosten aus. Nach der Entnahme sind weitere, die Kontur der Hohlwelle formende Umformschritte nicht mehr vorgesehen. Gleichwohl kann sich noch eine umformende Verzahnungserzeugung oder dergleichen anschließen.
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Bevorzugt ist der Rohling ein Stahlrohling und die Temperatur beim Radialumformen liegt bevorzugt in einem Bereich von 200 °C bis 800 °C. D. h., das Radialumformen ist bevorzugt kein Kaltumformprozess. Die erhöhte Umformtemperatur ermöglicht hohe Umformgrade und begünstigt das Einfließen des Materials in die Bohrung. Ferner werden die erforderlichen Umformkräfte reduziert.
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Nach dem Umformen kann an wenigstens einem Wellenende, an dem das Material beim vorausgehenden Radialumformen von der Stirnfläche in die Bohrung eingeflossen ist, noch ein Innengewinde erzeugt werden, insbesondere durch Gewindeschneiden. Das in die Bohrung eingeflossene Material weist eine im Wesentlichen radiale Faserausrichtung auf (wie nachfolgend noch näher erläutert), was für das Einbringen eines Gewindes sehr günstig ist.
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Eine mit dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Hohlwelle zeichnet sich dadurch aus, dass an wenigstens einem Wellenende der axial äußere Abschnitt der Innenumfangsfläche durch in die Bohrung eingeflossenes bzw. eingezogenes Material gebildet ist. Das Material fließt, wie vorausgehend erläutert, beim Radialumformen von der benachbarten Stirnfläche in die Bohrung ein, wobei das in die Bohrung eingeflossene Material eine im Wesentlichen radiale Faserausrichtung aufweist, wohingegen die anderen Hohlwellenbereiche eine im Wesentlichen axiale Faserausrichtung aufweisen. Dieser lokal geänderte Faserverlauf bietet neue Möglichkeiten zur Festigkeits- und Gewichtsoptimierung. Die Hohlwelle ist insbesondere eine Getriebehohlwelle, wie z. B. eine Getriebehauptwelle, und kann verschiedene axiale Abschnitte, die sich in ihren Außen- und/oder Innendurchmessern unterscheiden, aufweisen.
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Die Erfindung wird nachfolgend beispielhaft und in nicht einschränkender Weise mit Bezug auf die Zeichnung näher erläutert. Die in der Zeichnung gezeigten und/oder nachfolgend erläuterten Merkmale können jedoch, auch losgelöst von konkreten Merkmalskombinationen, allgemeine Merkmale der Erfindung sein und die Erfindung entsprechend weiterbilden.
- 1 zeigt in einer Schnittansicht einen Rohling zur Herstellung einer Hohlwelle.
- 2 zeigt schematisch das Radialumformen des Rohlings aus 1 zur Herstellung einer Hohlwelle.
- 3 zeigt in einer Schnittansicht eine aus dem Rohling der 1 hergestellte Hohlwelle.
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Der in 1 gezeigte einstückige Stahlrohling 100 hat eine einfache zylindrische Form und weist eine konzentrische Bohrung bzw. Innenbohrung 110 auf, die als Durchgangsbohrung ausgebildet ist. Der Außendurchmesser D ist hier größer als die axiale Länge L, d. h., das Durchmesser-Längen-Verhältnis D/L ist > 1 (größer eins). Der Rohling 100 ist also vergleichsweise kurz. Die Bohrung 110 ist beidseitig mit einer Fase 131/132 ausgebildet. Die Stirnseiten bzw. Stirnflächen 121/122 des Rohlings 100 sind zumindest teilweise, d. h. zumindest in den an die Bohrung 110 angrenzenden Ringflächen, mit einer hohen Oberflächengüte ausgebildet, wie oben erläutert.
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Aus dem Rohling 100 wird durch Radialschmieden o. Ä. eine einstückige Hohlwelle 200 hergestellt. Hierzu wird der Rohling 100 eingespannt und unter Einsatz eines Dorns mittels radial wirkender Hämmer 300 umgeformt, wie in 2 veranschaulicht (der in die Bohrung 110 eingeführte Dorn ist nicht gezeigt). Währenddessen wird der Rohling 100 gedreht und axial zu den Hämmern 300 verfahren. Der Rohling 100 wird dabei zu beiden Seiten bzw. Stirnseiten 121 und 122 axial gelängt. In 2 ist gezeigt, wie der Rohling 100 nach rechts, d. h. zur Stirnseite 121 hin gelängt wird. Aufgrund der Rohlingsgeometrie (Durchmesser-Längen-Verhältnis > 1) fließen während der Umformung Anteile der Stirnfläche 121 in die Bohrung 110 ein, wie mit den Pfeilen E veranschaulicht (das Einfließen beginnt allerdings schon bei einem Durchmesser-Längen-Verhältnis von ≥ 0,75). Tatsächlich wird der innere Bereich der Stirnfläche 121 sukzessive nach innen gestülpt, wodurch sich faktisch das Einfließen E ergibt. Das Einfließen E wird durch die Fase 131 (oder eine alternative Verrundung) und durch die hohe Oberflächengüte an der Stirnfläche 121 begünstigt. Ferner kann eine erhöhte Reibung zum Dorn (bspw. durch Aufrauung der Dornoberfläche oder durch Verringerung bzw. Weglassen von Schmierstoff) das Einfließen E begünstigen. Ein solches Einfließen E ergibt sich auch an der anderen Stirnseite 122 beim Umformen in die andere axiale Richtung.
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3 zeigt eine auf diese Weise hergestellte Hohlwelle 200. Die Hohlwelle 200 umfasst verschiedene axiale Abschnitte, die sich in ihren Außen- und/oder Innendurchmessern unterscheiden. An beiden Wellenenden sind die axial äußeren Abschnitte der Innenumfangsfläche dadurch gebildet, dass beim Radialumformen Material bzw. Werkstoff von den benachbarten Stirnseiten bzw. Stirnflächen 121 bzw. 122 in die Bohrung 110 bzw. 210 eingeflossen ist, wie vorausgehend anhand der 2 erläutert. Diese Bereiche bzw. Zonen sind mit dem Bezugszeichen B gekennzeichnet und weisen eine im Wesentlichen radiale Faserorientierung auf, die sich aus dem speziellen Material- bzw. Werkstofffluss ergibt. Die anderen Bereiche der Hohlwelle 200 weisen hingegen eine im Wesentlichen axiale Faserorientierung auf, die sich aus der ursprünglichen Faserorientierung im Rohling 100 ergibt. Durch die Fasen 131/132 als Übergänge zwischen der Bohrung 110 und den Stirnflächen 121/122 sowie die hohe Oberflächengüte an den Stirnflächen 121/122 kann gewährleistet werden, dass sich beim Umformen in den Bereichen B eine glatte Innenoberfläche ausbildet.
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An der Hohlwelle 200 können noch weitere Bearbeitungsschritte durchgeführt werden, wie bspw. eine spanende oder auch umformende Verzahnungserzeugung oder ein Härten, bspw. ein Einsatzhärten. Ferner kann an wenigstens einem Wellenende ein Innengewinde erzeugt werden, insbesondere durch Gewindeschneiden, wobei die radiale Faserorientierung in den Bereichen B hierfür besonders günstig ist.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Rohling
- 110
- Bohrung
- 121
- Stirnfläche
- 122
- Stirnfläche
- 131
- Fase (Verrundung)
- 132
- Fase (Verrundung)
- 200
- Hohlwelle
- 210
- Bohrung
- 300
- Hämmer
- B
- Bereich
- D
- Durchmesser
- E
- Materialfluss
- L
- Länge
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2007/031052 A2 [0003]
- WO 2013/127425 A1 [0004]