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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Detektion von entgegenkommenden Transportfahrzeugen in einem streckengebundenen Transportsystem. Weiterhin betrifft die Erfindung ein Kollisionswarnsystem für ein streckengebundenes Transportsystem. Zudem betrifft die Erfindung ein streckengebundenes Transportsystem.
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Streckengebundene Transportsysteme zeichnen sich durch eine feste Streckenführung der von den Transportfahrzeugen dieser Systeme genutzten Fahrtwege aus. Derartige Systeme sind zum Beispiel Bahnsysteme, deren Fahrtstrecken durch die Schienen exakt definiert sind. Als Transportsystem soll in diesem Zusammenhang sowohl ein System zum Transport von Fracht als auch ein System zum Transport von Passagieren oder eine Kombination aus beidem verstanden werden. Bei Systemen mit fester Streckenführung kann der Fahrer eines Fahrzeugs üblicherweise seine Fahrtrichtung nicht selbsttätig ändern, da seine Fahrtrichtung durch Führungselemente, wie zum Beispiel Bahnschienen, eindeutig festgelegt ist. Allerdings kann der Fahrer trotzdem auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren, indem er bremst oder beschleunigt oder Warninformationen an übergeordnete Einheiten weitergibt, die die Fahrwege auf dem Transportsystem, zum Beispiel über Weichen, beeinflussen können.
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Insbesondere für Eisenbahnen wurden verschiedene Systeme zur Kollisionsvermeidung auf in beiden Richtungen befahrbaren Strecken entwickelt. So werden beispielsweise Strecken bereits durch das Stellwerk oder durch automatische Einrichtungen „verriegelt“. Hat zum Beispiel ein Zug die Strecke befahren, wird die Einfahrt weiterer Züge durch ein Signalsystem verhindert. Ferner gibt es automatische Systeme, welche bei einer nicht zulässigen mehrfachen Nutzung einer solchen Strecke die automatische Bremsung der Fahrzeuge einleiten. Bei Straßenbahnen gibt es ferner Verfahren, bei denen ein nur einmal vorhandenes Staffelholz von den Fahrern (auch über einen Briefkasten) übergeben werden muss. Nur der Fahrer, der den Stab an der Einfahrt zur eingleisigen Strecke übergeben bekommt oder vorfindet und dann bei dem Durchfahren der Strecke im Besitz des Stabes ist, darf die Strecke befahren. Dieses, im englischspracheigen Raum als „token railways signalling“ bezeichnete Verfahren wurde früher zum Beispiel bei der Berliner Straßenbahn auf einigen eingleisigen Strecke regulär eingesetzt und wird auch heute noch im Baustellenbetrieb genutzt. Alle diese Verfahren setzen aber entweder voraus, dass die Regeln von den Fahrern eingehalten werden und auch nicht unabsichtlich gebrochen werden oder dass die automatischen Systeme sicher Fahrzeuge detektieren können. Es sind aber immer wieder Fälle bekannt geworden, in denen diese Systeme versagt haben, zum Beispiel durch menschliches Versagen oder durch Fehldetektionen von Fahrzeugen auf zum Beispiel gesandeten Gleisen.
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Neuere Lösungen umfassen Assistenzsysteme, welche mittels geeigneter Sensorik frühzeitig Hindernisse und damit auch entgegenkommende Fahrzeuge erkennen können und damit entweder den Fahrer warnen oder auch selbst eine automatische Bremsung einleiten können.
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Bei der Überwachung des Fahrwegs von Eisenbahnzügen werden teilweise automatisierte Fahrerassistenzsysteme (ADAS = Advanced Driver Assistance System) verwendet. Bei diesen ADAS-Systemen sind die Züge mit Sensoren und Auswertungseinheiten ausgestattet. Die Züge werden auch zusätzlich mit Signalinformationen von an der Eisenbahnstrecke positionierten Signalgebern unterstützt, die teilweise vom Fahrer und teilweise auch bereits automatisiert verarbeitet werden.
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Mit Hilfe der fahrzeugseitig angeordneten Sensoren werden Hindernisse auf dem Gleis und dessen näherer Umgebung erfasst und die Auswertungseinheiten werden dazu genutzt, die Hindernisse entsprechend Ihrer Gefährdung oder ihres Gefahrenpotentials für den weiteren Fahrbetrieb zu beurteilen und entsprechende Informationen für den Fahrer zu erzeugen oder direkt in die Fahrzeugsteuerung einzugreifen. Es werden auch andere Objekte, wie zum Beispiel Signale, eine Beschilderung oder Weichen- und Gleiszustände erkannt. Als Sensoren werden von den ADAS-Systemen Videokameras, Radarsysteme oder Lidarsysteme genutzt. Eine mit den genannten Sensoren verbundene Recheneinheit kann ferner eine Verfolgung erfasster beweglicher Hindernisse und Objekte durchführen und damit weitere mögliche Kollisionsgefahren ermitteln und an den Fahrer oder eine automatische Zugsteuerung übermitteln, welche unter Berücksichtigung der Art des Hindernisses reagieren. Beispielsweise kann je nach Gefährdungslage eine Notbremsung, beispielsweise unter Verwendung von extrem verzögernden Schienenbremsen mit entsprechender möglicher Gefährdung von Ladung und Passagieren, ausgelöst werden oder auch nur eine im Vergleich dazu gefahrlose Betriebsbremsung durchgeführt werden.
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Herkömmlich werden Sensoren verwendet, die mit den Transportfahrzeugen fest verbunden sind und mithin einen eng begrenzten Bereich des Fahrwegs des jeweiligen Transportfahrzeugs abtasten. Dabei werden auch aktive Sensoren eingesetzt, welche aktiv ein Signal aussenden, das dann von ggf. vorhandenen Objekten reflektiert und in Richtung des Transportweges zurückgeworfen wird und dort detektiert werden kann. Dabei müssen die ausgesandten Signale in der Regel ungefähr (z.B. vermindert um die während der Übertragungszeit durch das Transportfahrzeug zurückgelegte Wegstrecke) die doppelte Entfernung zum Objekt zurücklegen. Daher weist die Erkennung mit Hilfe solcher Sensoren entsprechend auf die Hälfte der maximal möglichen Reichweite begrenzte Erkennungsfelder und Reichweiten auf, so dass eine sichere Erkennung von Hindernissen und anderen Objekten gegenwärtig meist nur bis zu Entfernungen von maximal 400 m erfolgen kann. Sollen genauere Informationen über die Art und den Zustand des Hindernisses oder des Objekts erfasst werden, so liegen die erreichbaren Reichweiten oft noch weit darunter.
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Es besteht allerdings ein Problem darin, dass die erreichbaren Sensorreichweiten für schnell fahrende, sich begegnende Fahrzeuge zu gering sind und daher Kollisionswarnsysteme mit größeren Reichweiten wünschenswert sind.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Detektion von entgegenkommenden Transportfahrzeugen in einem streckengebundene Transportsystem gemäß Patentanspruch 1, ein Kollisionswarnsystem für ein streckengebundenes Transportsystem gemäß Patentanspruch 10 und ein streckengebundenes Transportsystem gemäß Patentanspruch 11 gelöst.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zur Detektion von entgegenkommenden Fahrzeugen in einem streckengebundenen Transportsystem werden detektierbare Sensorsignale durch ein auf einer Strecke befindliches erstes Transportfahrzeug aktiv ausgesendet. Als detektierbare Sensorsignale sollen elektromagnetische Wellen verstanden werden, die von einem anderen Transportfahrzeug mit einer zu der aktiven Sensoreinheit komplementären Empfangseinheit detektiert werden können. Weiterhin wird ein in Vorwärtsrichtung liegender Streckenbereich durch ein auf der Strecke befindliches, dem ersten Transportfahrzeug entgegenkommendes zweites Transportfahrzeug hinsichtlich des Auftretens von detektierbaren Sensorsignalen abgetastet. Das Abtasten kann zum Beispiel mit Hilfe eines passiven Sensors geschehen, der für eine Erfassung von Sensorsignalen mit einer Wellenlänge, die der Wellenlänge der von dem ersten Transportfahrzeug ausgesandten Sensorsignale entspricht, geeignet ist.
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Die von dem ersten Transportfahrzeug ausgesandten Sensorsignale werden durch das zweite Transportfahrzeug detektiert. Als Detektion soll in diesem Zusammenhang verstanden werden, dass mit Hilfe der passiven Sensoren des zweiten Transportfahrzeugs ein Sensorsignal empfangen wird, welches als Hinweis auf ein entgegenkommendes Fahrzeug interpretiert wird. Als Detektion soll in diesem Zusammenhang auch verstanden werden, dass das Sensorsignal von dem ersten Transportfahrzeug sicher als ein Sensorsignal identifiziert wird, welches von einem entgegenkommenden Fahrzeug ausgesandt wurde. Für die Identifizierung des Sensorsignals sind Maßnahmen vorgesehen, das Sensorsignal von dem ersten Transportfahrzeug von einem eventuell zufällig von dem zweiten Transportfahrzeug stammenden reflektierten Sensorsignal zu unterscheiden. Die genannten Maßnahmen werden weiter unten als Ausgestaltungen des erfindungsgemäßen Verfahrens beschrieben.
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Der Unterschied zu einem herkömmlichen ADAS-System, bei dem eventuell Signale von entgegenkommenden Fahrzeugen versehentlich als eigene Signale interpretiert werden, besteht darin, dass bei einem herkömmlichen ADAS-System „versehentlich“ detektierte Signale mit der gleichen Unsicherheit behaftet sind wie alle passiv reflektierten Signale: Es gibt keine sichere Information über die Art des Hindernisses, welche aber für eine z.B. automatisch ausgelöste Notbremsung erforderlich ist (z.B. ist eine Notbremsung für ein Tier wegen der möglichen Personengefährdung im Zug nicht zulässig). Da das versehentlich detektierte Signal als reflektiertes Signal interpretiert würde, wäre die Einordnung als Kollisionswarnung mit einem entgegenkommenden Fahrzeug nicht sicher möglich. Bei einem herkömmlichen ADAS-System muss das detektierte Signal also Bildinformationen bzw. geometrische Informationen über das Hindernis enthalten, ansonsten kann es nicht zur Kollisionswarnung genutzt werden.
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Dagegen sind bei dem erfindungsgemäßen Verfahren Maßnahmen zur Unterscheidung enthalten (z.B. eine für jedes Fahrzeug spezifische Modulation), die in einem „normalen“ ADAS nicht erforderlich sind, da man nur reflektierte Signale erwartet. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren aber sucht man genau nach diesen nicht vom eigenen Fahrzeug ausgesandten Signalen. Treten diese auf, kann man mit hoher Sicherheit von einer Kollisionsgefahr ausgehen und entsprechende Maßnahmen einleiten (bei zweigleisigen Strecken mit Gegenverkehr sind zusätzliche Maßnahmen zu treffen, z.B. die Codierung der Gleis- oder Streckennummer im ausgesandten Signal). Eine Bildauswertung, wie bei einem herkömmlichen ADAS-System, um zu ermitteln, ob ein Hindernis vorhanden ist und welcher Art es ist, kann bei dem erfindungsgemäßen Verfahren vorteilhaft unterbleiben.
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Vorteilhaft kann das zweite Transportfahrzeug das erste Transportfahrzeug im Vergleich zur herkömmlichen Vorgehensweise in einer doppelten Entfernung detektieren, da es die detektierbaren Sensorsignale nicht selbst aussenden muss bzw. die Sensorsignale nicht reflektiert werden müssen, weil es die Sensorsignale des ersten Transportfahrzeugs empfängt. Auf diese Weise erhöht sich der mögliche Bremsweg und die Reaktionszeit, so dass die Sicherheit des Transportsystems verbessert ist. Die Sensorreichweite erhöht sich auch deshalb, weil auf eine räumliche Auflösung des Detektionsergebnisses verzichtet werden kann, denn der Empfang von einem entgegenkommenden Fahrzeug zuordenbaren Sensorsignalen als solche umfasst bereits die Information, dass sich ein Transportfahrzeug mit einer aktiven Sensoreinheit nähert. Eine zusätzliche Identifikation des entgegenkommenden Transportfahrzeugs auf Basis einer Bilddarstellung eines Überwachungsbereichs ist also bei dem erfindungsgemäßen Verfahren nicht nötig.
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Das erfindungsgemäße Kollisionswarnsystem für ein streckengebundenes Transportsystem weist eine an einem ersten Transportfahrzeug angeordnete aktive Sensoreinheit zum aktiven Aussenden von detektierbaren Sensorsignalen auf. Weiterhin umfasst das erfindungsgemäße Kollisionswarnsystem eine an einem zweiten Transportfahrzeug angeordnete passive Sensoreinheit zum Abtasten eines in Vorwärtsrichtung der Fahrtrichtung des zweiten Transportfahrzeugs liegenden Streckenbereichs. Als passive Sensoreinheit soll in diesem Zusammenhang eine Sensoreinheit verstanden werden, welche elektromagnetische Wellen empfängt und detektieren kann. Zudem weist das erfindungsgemäße Kollisionswarnsystem eine an dem zweiten Transportfahrzeug angeordnete Auswertungseinheit zum Ermitteln eines entgegenkommenden Fahrzeugs auf Basis der von der passiven Sensoreinheit erfassten und von dem ersten Transportfahrzeug ausgesandten Sensorsignale auf. Mit Hilfe der Auswertungseinheit kann auf Basis der erfassten Sensorsignale ermittelt werden, ob eine Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug droht oder nicht.
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Das erfindungsgemäße streckengebundene Transportsystem weist eine Mehrzahl von Transportfahrzeugen mit einem erfindungsgemäßen Kollisionswarnsystem auf. Das erfindungsgemäße Kollisionswarnsystem kann zum Beispiel als Ergänzung zu einem vorhandenen herkömmlichen Sicherheitssystem installiert sein. In diesem Fall stellt es einen zusätzlichen unabhängigen Kanal dar, der von den anderen Sicherheitssystemen unabhängig ist. Alternativ kann das erfindungsgemäße Kollisionswarnsystem auch auf einem bereits vorhandenen Sicherheitssystem beruhen, wobei es zum Beispiel die ohnehin bereits vorhandene Sensorik nutzt. In diesem Fall wird aufgrund der Erhöhung der Reichweite der Detektion ebenfalls die Sicherheit der Kollisionsüberwachung verbessert, wobei der Aufwand und die zusätzlichen Kosten aufgrund der gemeinsamen Verwendung der Sensorik gering gehalten werden können.
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Einige wesentliche Komponenten des erfindungsgemäßen Überwachungssystems können in Form von Softwarekomponenten ausgebildet sein. Dies betrifft insbesondere Teile der Sensoreinheiten und die Auswertungseinheit.
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Grundsätzlich können diese Komponenten aber auch zum Teil, insbesondere wenn es um besonders schnelle Berechnungen geht, in Form von softwareunterstützter Hardware, beispielsweise FPGAs oder dergleichen, realisiert sein.
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Eine weitgehend softwaremäßige Realisierung hat den Vorteil, dass auch schon bisher verwendete Kollisionswarnsysteme auf einfache Weise durch ein Software-Update nachgerüstet werden können, um auf die erfindungsgemäße Weise zu arbeiten. Insofern wird die Aufgabe auch durch ein Computerprogrammprodukt gelöst, welches direkt in einen Speicher eines Kollisionswarnsystems ladbar ist, mit Programmcodeabschnitten, um alle Schritte des erfindungsgemäßen Verfahrens auszuführen, wenn das Programm in dem Kollisionswarnsystem ausgeführt wird.
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Ein solches Computerprogrammprodukt kann neben dem Computerprogramm gegebenenfalls zusätzliche Bestandteile, wie z. B. eine Dokumentation und/oder zusätzliche Komponenten und auch Hardware-Komponenten, wie z.B. Hardware-Schlüssel (Dongles etc.) zur Nutzung der Software, umfassen.
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Zum Transport zu dem Kollisionswarnsystem und/oder zur Speicherung an oder in dem Kollisionswarnsystem kann ein computerlesbares Medium, beispielsweise ein Memorystick, eine Festplatte oder ein sonstiger transportabler oder fest eingebauter Datenträger dienen, auf welchem die von einer Rechnereinheit einlesbaren und ausführbaren Programmabschnitte des Computerprogramms gespeichert sind. Die Rechnereinheit kann z.B. hierzu einen oder mehrere zusammenarbeitende Mikroprozessoren oder dergleichen aufweisen.
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Die abhängigen Ansprüche sowie die nachfolgende Beschreibung enthalten jeweils besonders vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung. Dabei können insbesondere die Ansprüche einer Anspruchskategorie auch analog zu den abhängigen Ansprüchen einer anderen Anspruchskategorie weitergebildet sein. Zudem können im Rahmen der Erfindung die verschiedenen Merkmale unterschiedlicher Ausführungsbeispiele und Ansprüche auch zu neuen Ausführungsbeispielen kombiniert werden.
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Besonders bevorzugt handelt es sich bei den Transportfahrzeugen um Eisenbahnzüge. Aufgrund der hohen Geschwindigkeiten und langen Bremswege ist eine Detektion von entgegenkommenden Fahrzeugen mit großer Reichweite bei dieser Art von Fahrzeugen besonders wichtig.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens tastet das erste Transportfahrzeug zusätzlich einen in Vorwärtsrichtung liegenden Streckenbereich ab und sendet das zweite Transportfahrzeug zusätzlich aktiv detektierbare Sensorsignale aus. Bei dieser Variante ist die Wahrscheinlichkeit für eine rechtzeitige Erkennung einer drohenden Kollision erhöht, da beide Fahrzeuge sowohl Sensorsignale detektieren als auch Sensorsignale aussenden, so dass beide Fahrzeuge entsprechende Maßnahmen zur Kollisionsvermeidung (z.B. Bremsen, oder Notbremsen) vornehmen können und so die Folgen einer Kollision erheblich stärker mindern oder gar ganz vermeiden können.
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Um auf dem zweiten Transportfahrzeug eine Verwechslung der empfangenen Sensorsignale von möglichen vom selbigen Transportfahrzeug ausgesandten und von eventuellen Objekten in der Umgebung des Fahrweges reflektierten Signalen sicher unterscheiden zu können, können entsprechend geeignete Maßnahmen vorgesehen werden. Als derartige Maßnahme können je nach Anwendungsfall die folgenden Ausprägungen genannt werden:
- a) Das zweite Transportfahrzeug verfügt nur über Sensoren und sendet selbst keine Signale aus. In diesem Fall kann das zweite Transportfahrzeug allerdings selbst nicht von anderen Fahrzeugen detektiert werden. Aber auf Grund dieser Tatsache, deutet eine Detektion von entsprechenden Signalen immer auf ein entgegenkommendes Fahrzeug hin. Eine derartige Lösung könnte beispielsweise während einer Migrationsphase bei der Einführung eines derartigen Systems eine erste kostengünstige Variante bei der Umrüstung von Fahrzeugen, beispielsweise als Zwischenlösung, sinnvoll sein.
- b) Die Detektion für Signale entgegenkommender Transportfahrzeuge findet in einer Austastlücke statt, d.h. die Detektion zum Zwecke der Kollisionswarnung wird nur vorgenommen, wenn vom jeweiligen Transportfahrzeug selbst gerade kein Signal ausgesandt wird – oder umgekehrt – Signale, die empfangen werden, wenn gerade vom einem Transportfahrzeug selbst keine Signale ausgesandt werden, können in diesem Falle einem entgegenkommenden Transportfahrzeug zugeordnet werden.
- c) Für Signale, für die technisch die Möglichkeit besteht, diese zirkular polarisiert auszusenden, und deren Polarisation durch technische Maßnahmen detektierbar ist (z.B. polarisiertes Licht), können die Signale entgegenkommender Transportfahrzeuge von denen vom eigenen Transportfahrzeug ausgesandten und reflektierten Signalen durch deren unterschiedliche Polarisation unterschieden werden.
- d) Wird das ausgesandte Signal von jedem Transportfahrzeug in einer ausschließlich diesem Transportfahrzeug eigenen Art und Weise moduliert, können die Signale entgegenkommender Transportfahrzeuge auf Grund der unterschiedlichen Modulation von den eigenen Signalen unterschieden werden. Diese Modulation kann in einer besonders vorteilhaften Ausprägung verschiedene Zusatzinformationen über das Transportfahrzeug kodieren, die über eine Dekodierung während der Demodulation auf dem entgegenkommenden Transportfahrzeug wieder nutzbar gemacht werden. Neben der Unterscheidung der Transportfahrzeuge können nützliche Zusatzinformationen, wie beispielsweise die Geschwindigkeit, das Gewicht, die Ladung, die Belegung oder Nichtbelegung mit Passagieren, eine Information über das genutzte Gleis oder ähnliches, übertragen werden.
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Für zwei- oder mehrgleisige Strecken sind auf jeden Fall Maßnahmen, wie in d) beschrieben vorzusehen, um gefahrlos entgegenkommende Transportfahrzeuge auf dem Nachbargleis von Transportfahrzeugen auf Kollisionskurs unterscheiden zu können.
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In einer speziellen Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens wird für den Fall einer Detektion eines entgegenkommenden Transportfahrzeugs der Fahrer des jeweiligen Transportfahrzeugs automatisiert gewarnt und/oder wird ein Bremsvorgang durch ein automatisches System eingeleitet. Vorteilhaft verbleibt dem Fahrer aufgrund der erhöhten Detektionsreichweite bei dem erfindungsgemäßen Verfahren eine längere Reaktionszeit, um Gegenmaßnahmen gegen eine Kollision einzuleiten. Bei einem automatisiert eingeleiteten Bremsmanöver werden Kollisionen aufgrund einer ausbleibenden Reaktion des Fahrers verhindert, so dass die Sicherheit für das Transportfahrzeug erhöht ist. Durch die frühzeitigere Detektion ist ferner bei Fahrzeugen mit aktiver Weichenverstellmöglichkeit (z.B. wie bei Straßenbahnen) auch die Chance erhöht, einen eventuell noch möglichen Gleiswechsel entweder manuell oder auch automatisch durchzuführen.
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In einer weiteren Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens verfügen beide Transportfahrzeuge über eine Kommunikationseinrichtung, so dass die Transportfahrzeuge die Maßnahmen zur Kollisionsvermeidung koordinieren und damit optimieren können. Beispielsweise könnte bei entsprechender Entfernung ein Transportfahrzeug, welches keine Personen befördert, eine Notbremsung durchführen, während das andere Transportfahrzeug im Personenbetrieb lediglich eine, für die beförderten Personen gefahrlosere Betriebsbremsung durchführt. Oder zwischen den Transportfahrzeugen wird ausgehandelt, welches der Fahrzeuge einen eventuell riskanten Gleiswechsel durchführt.
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In einer vorteilhaften Verfeinerung dieser Variante wird der Informationsaustausch unter Nutzung der per Modulation übertragenen Informationen automatisch vorgenommen und auch die Strategie zur Kollisionsvermeidung automatisch durch in den Fahrzeugen untergebrachte Recheneinheiten ermittelt und in die Wege geleitet. Auf diese Weise kann wertvolle Zeit gewonnen werden, welche dann zusätzlich für die Maßnahmen zur Kollisionsvermeidung zur Verfügung steht.
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In einer weiteren Variante des Verfahrens wird die Kollisionsgefahr automatisiert an eines oder mehrere Stellwerke übermittelt. Durch die größere Vorwarnzeit erhöhen sich damit die Chancen, über ein für eines der Transportfahrzeuge zuständigen Stellwerke noch einen eventuell möglichen Gleiswechsel für eines der beiden Transportfahrzeuge manuell oder automatisch zu ermöglichen.
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In einer besonders praktikablen Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens wird zum Durchführen des Verfahrens ein ADAS-System verwendet, welches um eine Erkennung von Sensorsignalen von entgegenkommenden Transportfahrzeugen ergänzt ist. Eine solche Erkennung von Sensorsignalen eines entgegenkommenden Transportfahrzeugs kann zum Beispiel dadurch erleichtert werden, dass das Aussenden der Sensorsignale und der Abtastvorgang unterschiedlicher Transportfahrzeuge auf derselben Frequenz erfolgen. D.h., das Empfangen durch den passiven Sensor wird zum Beispiel mit Hilfe eines Filters auf einen Frequenzbereich beschränkt, der von den Sensorsignalen des aktiven Sensors des entgegenkommenden Fahrzeugs genutzt wird. Damit wird verhindert, dass ein Detektionsereignis irrtümlich auch dann ausgelöst wird, wenn Signale oder allgemein elektromagnetische Wellen aus Störquellen auf die passive Sensoreinheit fallen. Auch eine falsche Deutung eigener, eventuell an der Umgebung reflektierter Sensorsignale kann dadurch vermieden werden, wenn die Sensorsignale von jedem Transportfahrzeug eine Identifikationsinformation umfassen. Auf diese Weise wird die Zuverlässigkeit der Kollisionswarnung weiter verbessert.
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Besonders bevorzugt sind die Sensorsignale der Transportfahrzeuge mit einem individuellen Modulationssignal unterschiedlich moduliert, so dass Sensorsignale von einem bestimmten Transportfahrzeug diesem eindeutig zuordenbar sind.
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Mit Hilfe der dem Sensorsignal zusätzlich aufgeprägten Daten können dem entgegenkommenden Transportfahrzeug zusätzlich zur Identität des Transportfahrzeugs auch Informationen über technische Eigenschaften und Kenngrößen, wie zum Beispiel die Art der Ladung, die Geschwindigkeit, der Bremsweg usw. übermittelt werden. Diese Daten können bei dem Einleiten von Gegenmaßnahmen gegen eine Kollision genutzt werden, um die dabei entstehenden Unannehmlichkeiten für beide Fahrzeuge möglichst gering zu halten. Bei zwei- oder mehrgleisigen Strecken kann das Signal ferner Informationen über das verwendete Gleis enthalten und damit eine Unterscheidung zwischen einer gefahrlosen Begegnung oder einer drohenden Kollision ermöglichen.
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In einer Variante des erfindungsgemäßen Verfahrens wird nach der Detektion eines entgegenkommenden Transportfahrzeugs zwischen dem ersten und dem zweiten Transportfahrzeug eine automatisierte Kommunikation durchgeführt, um Reaktionen der Transportfahrzeuge zur Vermeidung einer Kollision aufeinander abzustimmen. Durch das Aushandeln der Bremsstrategien zwischen den Transportfahrzeugen kann ein möglicher Schaden, insbesondere Personenschaden, infolge eines notwendigen Bremsmanövers möglichst klein gehalten werden. Für die Kommunikation zwischen den einzelnen Transportfahrzeugen können die Transportfahrzeuge geeignete Kommunikationssysteme aufweisen, welche vorzugsweise von den Kollisionswarnsystemen der Transportfahrzeuge automatisiert genutzt werden, so dass die Abstimmung mit minimaler Verzögerung erfolgen kann.
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Dabei erfolgt die Abstimmung bevorzugt in Abhängigkeit von Fahrzeugdaten, welche eine der folgenden Kenngrößen umfassen:
- – die Geschwindigkeit des Transportfahrzeugs,
- – die Masse des Transportfahrzeugs,
- – die Art der Ladung des Transportfahrzeugs,
- – Bremscharakteristiken des Transportfahrzeugs.
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Die genannten Größen können in einen automatisierten Optimierungsprozess einfließen, bei dem für beide Transportfahrzeuge jeweils ein optimales Bremsverhalten ermittelt wird. Auf diese Weise werden Schäden und Unannehmlichkeiten bei einem notwendigen Bremsmanöver der beiden entgegenkommenden Fahrzeuge minimiert.
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Besonders bevorzugt werden bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Abtasten und Aussenden der Sensorsignale Sensorsysteme verwendet, welche mindestens eine der folgenden Arten von Funktionseinheiten umfassen:
- – eine Kamera,
- – eine Radareinrichtung
- – eine Lidareinrichtung,
- – eine Ultraschallsensoreinrichtung,
- – eine Schallsensoreinrichtung.
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Eine Kamera bietet den Vorteil einer hohen Auflösung und einer einfachen Deutbarkeit der mit der Kamera erfassten Bildinformationen. Eine Kamera kann auch zusätzlich zu der Detektion der Sensorsignale für eine Bilddarstellung eines Streckenbereichs für ein Transportfahrzeug genutzt werden.
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Mit Hilfe einer Radareinrichtung lassen sich entgegenkommende Fahrzeuge auch bei schlechten Sichtverhältnissen noch detektieren. Weiterhin lassen sich mit Radarsystemen Abstände und Geschwindigkeiten von entgegenkommenden Objekten ermitteln.
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Eine Lidareinrichtung weist einen Laser auf, mit dem ein gerichteter Lichtstrahl emittiert werden kann. Mit einer solchen Lidareinrichtung lässt sich der Abtastbereich sehr präzise festlegen, so dass Störungen durch die Sensorsignale durch eine Beaufschlagung der Umgebung vermieden werden können.
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Akustische Sensorsysteme weisen Sensorwellen auf, die sich auch um Kurven oder Ecken herum ausbereiten können, so dass auch in unübersichtlichen Bereichen entgegenkommende Transportfahrzeuge erkannt werden können.
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Es kann auch eine Kombination mehrerer der genannten Sensorsysteme für das erfindungsgemäße Kollisionswarnsystem eingesetzt werden, um die Vorteile der unterschiedlichen Detektionsarten miteinander zu verbinden.
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Die Erfindung wird im Folgenden unter Hinweis auf die beigefügten Figuren anhand von Ausführungsbeispielen noch einmal näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Darstellung eines streckengebundenen Transportsystems gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung,
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2 ein Flussdiagramm, welches ein Verfahren zur Detektion von entgegenkommenden Transportfahrzeugen in einem streckengebundenen Transportsystem gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht.
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In 1 ist ein Abschnitt eines Transportsystems 10, in diesem Fall eine eingleisige Eisenbahnstrecke, gezeigt. Der Abschnitt umfasst ein Eisenbahngleis 8, auf dem sich zwei auf demselben Gleis aufeinander zufahrende Züge 1, 2 befinden. Ein erster Zug 1 umfasst an seiner Frontseite eine Sensoreinheit 9a und sendet Sensorsignale 3 (als Sensorstrahlkegel gestrichelt gezeichnet) in Fahrtrichtung aus. Ein dem ersten Zug 1 auf demselben Gleis 8 entgegenkommender zweiter Zug 2 weist ebenfalls eine Sensoreinheit 9b auf, welche Sensorsignale 4 (ebenfalls als Sensorstrahlkegel gestrichelt gezeichnet) in Richtung des ersten Zugs 1 aussendet. Die Sensorsignale 3 des ersten Zugs 1 werden von der Sensoreinheit 9b des zweiten Zugs 2, die auch eine Sensorsignalempfangsfunktion aufweist, erfasst und in einer Auswertungseinheit (nicht gezeigt) ausgewertet.
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In dem in 1 gezeigten Ausführungsbeispiel wird anhand eines dem Sensorsignal 3 des ersten Zugs 1 aufmodulierten Signals, welches in der Auswertungseinheit des zweiten Zugs 2 demoduliert und analysiert wird, auf die Identität des ersten Zugs 1 geschlossen, so dass einem automatisierten Assistenzsystem des zweiten Zugs nun bekannt ist, dass der erste Zug 1 im maximalen Detektionsabstand d2 dem zweiten Zug 2 entgegenkommt. Dabei entspricht der maximale Detektionsabstand d2 dem doppelten herkömmlichen maximalen Detektionsabstand d1 einer Sensoreinheit, bei der die emittierten Sensorsignale von einem zu detektierenden Objekt 5 reflektiert werden und von der emittierenden Sensoreinheit wieder erfasst werden. Genauso wird auch von dem ersten Zug 1 anhand des Sensorsignals 4 des zweiten Zugs 2 erkannt, dass sich der zweite Zug 2 in einem maximalen Detektionsabstand d2 dem ersten Zug 1 nähert. Auf Basis der frühzeitig erfassten Information, dass sie auf Kollisionskurs liegen, haben die beiden Züge 1, 2 nun ausreichend Zeit, sich abzustimmen, auf die Situation abgestimmt zu reagieren und so eine Kollision zu vermeiden.
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In 2 ist ein Flussdiagramm gezeigt, welches ein Verfahren zur Detektion von entgegenkommenden Fahrzeugen in einem streckengebundenen Transportsystem gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung veranschaulicht.
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Bei dem Schritt 2.I werden detektierbare Sensorsignale 3 durch ein auf einer Strecke befindliches erstes Transportfahrzeug 1, beispielsweise ein Zug, ausgesendet. Bei dem Schritt 2.II wird ein in Vorwärtsrichtung liegender Streckenbereich durch ein auf der Strecke befindliches, dem ersten Transportfahrzeug 1 entgegenkommendes zweites Transportfahrzeug 2, beispielsweise ebenfalls ein Zug, mit Hilfe einer passiven Sensorfunktion PS abgetastet. Weiterhin werden bei dem Schritt 2.III die von dem ersten Transportfahrzeug 1 ausgesandten Sensorsignale 3 durch das zweite Transportfahrzeug 2 detektiert.
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Bei dem Schritt 2.IV werden die detektierten Sensorsignale 3 von einer Auswertungseinheit des zweiten Transportfahrzeugs 2 ausgewertet, wobei das erste Transportfahrzeug 1 identifiziert wird und, beispielsweise auf Basis der erfassten Signalamplitude der Sensorsignale, festgestellt wird, dass sich das erste Transportfahrzeug 1 bei dem Zeitpunkt der ersten Detektion etwa in maximaler Reichweite d2 der Erfassbarkeit der Sensorsignale 3 des ersten Transportfahrzeugs 1 befinden muss. Bei dem Schritt 2.V erfolgt eine Kommunikation zwischen dem ersten Transportfahrzeug 1 und dem zweiten Transportfahrzeug 2, wobei automatisiert miteinander abgestimmt wird, welches Transportfahrzeug in welchem Maße welche Reaktion zur Vermeidung einer Kollision zeigen soll. Schließlich wird bei dem Schritt 2.VI von beiden Transportfahrzeugen 1, 2 jeweils ein aufeinander und auf die jeweiligen Erfordernisse der einzelnen Züge 1, 2 abgestimmtes Bremsmanöver BM eingeleitet, wodurch eine Kollision der beiden Transportfahrzeuge 1, 2 vermieden wird.
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Es wird abschließend noch einmal darauf hingewiesen, dass es sich bei den vorbeschriebenen Verfahren und Vorrichtungen lediglich um bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung handelt und dass die Erfindung vom Fachmann variiert werden kann, ohne den Bereich der Erfindung zu verlassen, soweit er durch die Ansprüche vorgegeben ist. So wurden das Verfahren und die Vorrichtung in erster Linie im Zusammenhang mit der Überwachung des Fahrwegs von Zügen erläutert. Das genannte Verfahren und das beschriebene Kollisionswarnsystem sind jedoch nicht auf die Anwendung auf Züge beschränkt, sondern kann auch in anderen streckengebundenen Verkehrsmitteln eingesetzt werden. Es wird der Vollständigkeit halber auch darauf hingewiesen, dass die Verwendung der unbestimmten Artikel „ein“ bzw. „eine“ nicht ausschließt, dass die betreffenden Merkmale auch mehrfach vorhanden sein können. Ebenso schließt der Begriff „Einheit“ nicht aus, dass diese aus mehreren Komponenten besteht, die gegebenenfalls auch räumlich verteilt sein können.