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Die Erfindung betrifft ein Bremssystem für Kraftfahrzeuge, umfassend wenigstens einen hydraulischen Bremskreis mit zwei Radbremsen, der mit einer Kammer eines mittels eines Bremspedals betätigbaren Hauptbremszylinder hydraulisch verbindbar und von ihr hydraulisch abtrennbar ist, wobei in dem Bremskreis eine Pumpe vorgesehen ist zum aktiven Druckaufbau in der jeweiligen Radbremse, weiterhin umfassend eine Steuer- und Regeleinheit zur Ansteuerung der Pumpe. Sie betrifft weiterhin ein Verfahren zum Betreiben eines derartigen Bremssystems.
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Bekannte herkömmliche PKW-Bremsanlagen bzw. -Bremssysteme bestehen im Wesentlichen aus Pedalbetätigungseinheit, Vakuumbremskraftverstärker, einer elektronischen Steuer- und Regeleinheit, Ventilen, den Radbremsen und einer Pumpe, die aktiven Druckaufbau in den Bremsen ermöglicht. Immer mehr Fahrzeuge, insbesondere Elektrofahrzeuge, stellen allerdings zu wenig oder gar kein Vakuum zur Verfügung.
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Bei einer bekannten Lösung wird der Bremskraftverstärker weggelassen, wobei die Bremskraftverstärkung durch die vorhandene Pumpe bzw. EBS-Pumpe realisiert wird.
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Nachteilig bei derartigen Bremssystemen ist, dass der Fahrer im Wesentlichen immer das gleiche harte Bremspedalgefühl erfährt und keinen Rückschluss über den in den Bremsen herrschen Bremsdruck hat. Das Pedalgefühl ist somit schlecht und eine genaue Dosierbarkeit der Bremskraft bzw. des Bremsmomentes ist daher für den Fahrer schwierig.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein oben beschriebenes Bremssystem dahingehend zu verbessern, dass der Fahrer Rückschlüsse bzw. Feedback über den aktuell vorliegenden Bremsdruck erhält.
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In Bezug auf das Bremssystem wird diese Aufgabe erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass in dem Bremskreis eine Druckwaage vorgesehen ist, welche ein Gehäuse umfasst in dem ein Druckwaagenkolben verfahrbar ist, wobei der Druckwaagenkolben im Gehäuse einen ersten Wirkraum mit einem ersten Anschlag für den Druckwaagenkolben durch eine ersten Wirkfläche begrenzt, und wobei der Druckwaagenkolben im Gehäuse einen zweiten Wirkraum mit einem zweiten Anschlag für den Druckwaagenkolben durch eine zweite Wirkfläche begrenzt, und wobei die erste Wirkfläche hydraulisch mit dem Druck in einer Kammer des Hauptbremszylinders beaufschlagt wird, und wobei die zweite Wirkfläche hydraulisch mit dem Radbremsdruck beaufschlagt wird.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Die Erfindung geht von der Überlegung aus, dass bei oben beschriebenen Bremssystemen ohne Vakuumverstärker eine Dosierung der Bremskraft für den Fahrer sehr schwierig ist, da die Pedalkraft, die er beim Betätigen des Bremspedals erfährt, nicht oder nur sehr schwach korreliert ist mit dem aktuellen Druck in den Bremsen. Dadurch kann der Fahrer insbesondere in kritischen Situationen leicht überbremsen oder zu wenig bremsen, wodurch ein zusätzliches Gefährdungspotential für ihn und andere Verkehrsteilnehmer entsteht.
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Wie nunmehr erkannt wurde, lässt sich das Pedalgefühl mit dem vorherrschenden Druck korrelieren und somit drastisch verbessern, indem eine Druckwaage bereitgestellt wird, die einerseits mit dem Druck aus dem Hauptbremszylinder und andererseits mit dem Druck in den Bremsen beaufschlagt wird. Mit Hilfe der Druckwaage ist es möglich, dem Fahrer eine dem Bremsdruck proportionale Pedalkraft zur Verfügung zu stellen, wodurch dosierte Bremsungen möglich werden.
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Vorteilhafterweise ist der Druckwaagenkolben als Stufenkolben ausgebildet. In dieser Ausbildung können auf einfache Art und Weise Wirkflächen definiert und dimensioniert werden. Das Gehäuse der Druckwaage ist in diesem Fall bevorzugt ebenfalls stufenförmig ausgebildet.
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Die erste Wirkfläche des Druckwaagenkolbens ist vorteilhafterweise größer als die zweite Wirkfläche des Druckwaagenkolbens. Durch diese Ausbildung wird, wenn der Druckwaagenkolben „in der Waage gehalten wird“, also an keinem der beiden Anschläge anliegt, eine Druckübersetzung bzw. ein Verstärkungsverhältnis realisiert, bei dem der an der zweiten, also dem Bremskreis zugewandten, Wirkfläche herrschende Druck größer ist als der an der ersten Wirkfläche herrschende Druck, der mit der auf den Fahrer wirkenden Pedalkraft korreliert. Das heißt, der Fahrer spürt am Pedal einen kleineren Druck als den in den Bremsen herrschenden Druck, wodurch gewissermaßen eine Bremskraftverstärkung realisiert wird. Die Pedalkraft ist im Wesentlichen proportional zum Bremsdruck, so dass der Fahrer den Bremsdruck präzise dosieren kann. Es lässt sich dadurch gewissermaßen eine Bremskraftverstärkung realisieren, da der Bremsdruck größer ist als der Druck im Hauptbremszylinder, den der Fahrer als Pedalkraft erfährt.
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Besonders bevorzugt beträgt das Verhältnis von erster Wirkfläche zu zweiter Wirkfläche 4:1, mit anderen Worten, die erste Wirkfläche ist viermal so groß wie die zweite Wirkfläche. Bei ausbalanciertem Druckwaagekolben ist der Druck im Hauptbremszylinder, den der Fahrer am Bremspedal spürt, nur 0,25-fach so groß wie der Druck in den Bremsen, wodurch ein besonders komfortables Pedalgefühl erreicht wird, welches eine präzise Dosierbarkeit der Bremskraft erlaubt.
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In den hydraulischen Verbindungen zwischen den Wirkräumen mit Hauptbremszylinder und Bremskreis ist vorteilhafterweise jeweils eine Blende vorgesehen. Durch die jeweilige Blende können Pulsationen abgeschwächt werden und das Regelverhalten der Druckwaage kann verbessert werden.
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Vorteilhafterweise ist ein Positionssensor vorgesehen, der die Position des Druckwaagenkolbens erfasst, also seine Position in axialer Richtung im Gehäuse der Druckwaage. Die Position des Druckwaagenkolbens wird zur Regelung der Position des Druckwaagenkolbens verwendet.
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Zum Einstellen von radindividuellen Drücken sind bevorzugt der jeweiligen Bremse jeweils ein Einlassventil und ein Auslassventil zugeordnet, welche beispielsweise bei ABS- oder ESP-Regelungen eingesetzt werden.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist in dem Bremskreis in einer hydraulischen Verbindung zwischen einer Kammer des Hauptbremszylinders und der Saugseite der Pumpe ein stromlos geschlossenes Umschaltventil angeordnet, wobei in dem Bremskreis ein Trennventil angeordnet ist, durch das der Bremskreis von der Kammer des Hauptbremszylinders hydraulisch abgetrennt werden kann.
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Der Hauptbremszylinder ist vorteilhafterweise als Tandemhauptbremszylinder ausgebildet mit zwei Kammern, wobei jede Kammer mit einem hydraulischen Bremskreis verbunden und/oder verbindbar ist.
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Vorteilhafterweise ist in jedem der beiden Bremskreise eine Druckwaage angeordnet. Die Druckwaagen können dabei in den beiden Radkreisen gleiche oder unterschiedliche Wirkflächenverhältnisse haben. Dadurch können in den beiden Radkreisen unterschiedliche Verstärkerverhältnisserealisiert werden. Besonders vorteilhaft ist es, bei S/W-Bremskreisaufteilung die Hinterachse mit einer geringeren Verstärkung auszustatten, da die Hinterachse wegen der Gewichtsverteilung im Fahrzeug und der dynamischen Radlastverteilung und eher zum Blockieren neigt als die Vorderachse.
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Alternativ dazu und bevorzugt ist nur in einem Bremskreis eine Druckwaage angeordnet, wobei in diesem Bremskreis ein Drucksensor zur Messung des Druckes in diesem Bremskreis vorgesehen ist, wobei die Steuer- und Regeleinheit diesen gemessenen Druck zur Druckregelung im anderen Bremskreis ohne Druckwaage, d.h. im Bremskreise, der keine Druckwaage aufweist, berücksichtigt.
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In Bezug auf das Verfahren wird die oben genannte Aufgabe erfindungsgemäß gelöst, indem der Druckwaagenkolben bei Bremsvorgängen mit Betätigung des Bremspedals derart eingeregelt wird, dass er nicht an einen der beiden Anschläge gefahren ist. In diesem Zustand des Druckwaagenkolbens ist Verhältnis zwischen den Wirkflächen umgekehrt proportional zu den jeweils anliegenden Drücken, so dass das gewünschte Verstärkungsverhältnis der Drücke eingestellt ist.
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Bevorzugt wird der Druckwaagenkolben im Wesentlichen mittig im Gehäuse in der Schwebe eingeregelt und/oder in der Schwebe geregelt, das heißt, er liegt an keinem der Anschläge an. Unter dem Begriff „mittig“ soll hier bevorzugt verstanden werden, dass die Verfahrwege aus mittiger Lage bis zum ersten Anschlag und zum zweiten Anschlag in etwa gleich groß sind. Ebenso kann hier unter „mittig“ verstanden werden, dass die verdrängten Volumina in der Druckwaage aus mittiger Lage bis zum ersten Anschlag und zum zweiten Anschlag gleich groß sind. Eine mittige Anordnung ist günstig, wenn man bei funktionierender Regelung eine kleine Baugröße der Druckwaage erreichen will (also praktisch den gesamten Verfahrweg des Kolbens nutzt, der zur Regelung (Soll-Ist Abgleich) notwendig ist). Für die Funktion der Regelung ist die mittige Anordnung nicht zwingend. Für die Funktion der Regelung ist zur kontinuierlichen Aufrechterhaltung der Verstärkung lediglich notwendig, dass der Kolben der Druckwaage während der Regelung nicht anschlägt, also quasi „schwebt“.
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In einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens, wenn sich bei einer Betätigung des Bremspedals der Druckwaagenkolben in Richtung des zweiten Anschlags bewegt, wird Bremsflüssigkeit aus dem Hauptbremszylinder in den Bremskreis solange gefördert, bis der Druckwaagenkolben mittig steht.
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Vorteilhafterweise, wenn sich der Druckwaagenkolben in Richtung des ersten Anschlages bewegt, wird ein Bremsenvordruckbereich mit der Kammer des Hauptbremszylinders solange hydraulisch verbunden, bis der Druckwaagenkolben mittig steht. Unter Bremsenvordruckbereich soll der Bereich verstanden werden, der zwischen Trennventilen, mit deren Hilfe die Kammern des Hauptbremszylinders von den Bremskreisen getrennt werden können, und den SO-Ventilen bzw. Einlassventilen der Radbremsen liegt. Der Druck im Bremsenvordruckbereich entspricht bei geöffneten SO-Ventilen dem Radbremsdruck. Er kann bei geschlossenen SO-Ventilen auch höher als der Radbremsdruck sein, beispielsweise um einen Vordruck einzustellen, den man zur Regelung des Radbremsdruckes nutzen kann.
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Die Vorteile der Erfindung liegen insbesondere darin, dass durch die Verwendung einer Druckwaage der Fahrer ein aussagekräftiges Pedalgefühl erhält, wodurch seine Sicherheit in kritischen Situationen erhöht wird.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen in stark schematisierter Darstellung:
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1 eine Bremsanlage mit einer Druckwaage in einer ersten bevorzugten Ausführungsform:
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2 die Bremsanlage gemäß 1 im stromlosen Zustand in einer hydraulischen Rückfallebene;
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3 die Bremsanlage gemäß 1 im Normalbetrieb zu Beginn eines Druckaufbaus;
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4 die Bremsanlage gemäß 1 in einer Druckaufbauphase;
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5 die Bremsanlage gemäß 1 in einer Druckhaltephase;
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6 die Bremsanlage gemäß 1 während einer Druckabbauphase;
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7 die Bremsanlage gemäß 1 während einer ABS-Regelung;
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8 die Bremsanlage gemäß 1 während einer ESC-Regelung;
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9 eine Bremsanlage in einer zweiten bevorzugten Ausführungsform; und
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10 eine Bremsanlage in einer dritten bevorzugten Ausführungsform.
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Ein in 1 dargestelltes Bremssystem 2 bzw. eine Bremsanlage weist einen Tandemhauptbremszylinder 6 (THZ) auf, welcher über ein Bremspedal 10 und eine damit verbundene Kolbenstange 14 betätigbar ist. Der Tandemhauptbremszylinder 6 weist zwei hydraulische Kammern auf, die im unbetätigten Zustand des Tandemhauptbremszylinders 6 mit einem Bremsmittelvorratsbehälter 8 hydraulisch verbunden sind. Das Bremssystem 2 weist eine Hydraulikeinheit 20 (HCU) auf sowie eine elektronische Steuer- und Regeleinheit 26. Die Hydraulikeinheit 20 umfasst zwei hydraulische Bremskreise I und II. Der Bremskreis I umfasst zwei Radbremsen 30, 32; der Bremskreis II umfasst zwei Radbremsen 34, 36. Der Radbremse 30 sind ein stromlos offenes Einlassventil 40 und ein stromlos geschlossenes Auslassventil 44 zugeordnet. Dem Einlassventil 40 ist ein Rückschlagventil 48 zugeordnet. In gleicher Weise sind der Radbremse 32 ein Einlassventil 50, ein Auslassventil 54 und ein Rückschlagventil 58 zugeordnet, der Radbremse 34 ein Einlassventil 60, ein Auslassventil 64 und ein Rückschlagventil 68 und der Radbremse 36 ein Einlassventil 70, ein Auslassventil 74 und ein Rückschlagventil 78 zugeordnet.
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Dem Bremskreis I ist ein stromlos offenes Trennventil 80 zugeordnet, durch welches der Bremskreis I von einer Sekundärkammer des Tandemhautbremszylinders 6 getrennt werden kann. Dem Trennventil 80 ist ein Rückschlagventil 82 zugeordnet. Dem Bremskreis I ist weiterhin ein stromlos geschlossenes Umschaltventil 84 zugeordnet.
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Dem Bremskreis II ist ein stromlos offenes Trennventil 90 zugeordnet, durch welches der Bremskreis I von einer Primärkammer des Tandemhautbremszylinders 6 getrennt werden kann. Dem Trennventil 90 ist ein Rückschlagventil 92 zugeordnet. Dem Bremskreis II ist weiterhin ein stromlos geschlossenes Umschaltventil 94 zugeordnet.
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Eine Pumpe 100 im Bremskreis I dient zum bedarfsweisen aktiven Druckaufbau in den Bremsen 30, 32 bzw. zum bedarfsweisen Nachsaugen von Druckmittel. In gleicher Art umfasst Bremskreis II eine Pumpe 102. Ein aktiver Druckaufbau, bei dem ein selbständiger, unabhängig von einer Fahrerpedalbetätigung vorgenommener Bremsdruckaufbau durch die jeweilige Pumpe 100, 102 erfolgt, wird zum Beispiel benötigt beim Regeleingriff eines Fahrdynamikprogramms (ESP/ESC), welches in der elektronischen Steuer- und Regeleinheit 26 implementiert ist.
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Wenn die jeweilige Pumpe 100, 102 angeschaltet ist bzw. aktiviert ist, fördert sie Druckmittel in Richtung einer hydraulischen Leitung 110, 112, die auch als Bremsenvordruckbereich bezeichnet wird, die jeweils mit einem Drucksensor 116, 118 versehen ist, der den Druck in ihr misst. Bei jeweils geöffnetem Einlassventil 40, 50, 60, 70 und entsprechend geschlossenem Trennventil 80 bzw. 90 sowie bei geöffnetem Umschaltventil 84 und 94 kann von der Pumpe 110 bzw. 102 auf diese Weise aktiv Bremsflüssigkeit in die Radbremse gefördert werden.
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Der Bremsenvordruckbereich umfasst hierbei insbesondere die hydraulischen Leitungen 110, 112, die zwischen dem jeweiligen Trennventil und den SO-Ventilen bzw. Einlassventilen 40, 50 bzw. 60, 70 liegen. Der Druck im Bremsenvordruckbereich entspricht bei geöffneten SO-Ventilen dem Radbremsdruck. Er kann bei geschlossenen SO-Ventilen auch höher als der Radbremsdruck sein, beispielsweise um einen Vordruck einzustellen, den man zur Regelung des Radbremsdruckes nutzen kann.
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Bremskreis I und II weisen jeweils einen hydraulischen Zwischenspeicher auf, der vorliegend jeweils als Niederdruckspeicher 130, 132 ausgebildet ist.
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In dem Fall, dass beide Bremskreise I, II ausgebildet wären wie Bremskreis I, gäbe es bei einer Normalbremsung zwei Druckbereiche: einerseits den durch den Fahrer erzeugten Druck im Tandemhauptbremszylinder 6 und andererseits den durch die Pumpe 100, 102 erzeugten Druck in den Radbremsen 30, 32, 34, 36 bzw. Bremskreisen I, II. Bei einer Normalbremsung sind die Ventile 80, 84 bzw. 90, 94 geschlossen, so dass der Fahrer am Bremspedal 10 keine Informationen über den in den Radbremsen 30, 32, 34, 36 herrschenden Druck erhält. Der Fahrer tritt unabhängig von der Pedalstellung und dem Bremsdruck immer in das gleich große bzw. kleine Volumen und hat daher immer das gleiche „harte“ Pedalgefühl und erhält keine Rückmeldung über den Druck in den Radbremsen 30, 32, 34, 36.
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Die beiden oben genannten Druckbereiche sind in Bremskreis I durch die Ventile 80, 84 voneinander getrennt (in Bremskreis II durch die Ventile 92, 94, sofern dieser, wie oben angenommen, gleichartig wie Bremskreis I ausgebildet ist). Der Pedalkraftanstieg ist unabhängig vom Bremsdruck immer gleich groß und wegen des kleinen Bremsmittelvolumens zwischen Tandemhauptbremszylinder 6 und Ventil 80 bzw. 84 immer gleich hart. Somit ist eine feinfühlige Dosierung des Bremsdruckes durch den Fahrer nicht möglich.
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Das Bremssystem 2 ist erfindungsgemäß weitergebildet, um dem Fahrer ein verbessertes Pedalgefühl zu vermitteln, durch das er Rückmeldung über den in den Radbremsen 30–36 herrschenden Druck erhält. Dazu ist eine Druckwaage 150 vorgesehen. Die Druckwaage 150 umfasst ein Gehäuse 152, in dem ein Stufenkolben 154 in axialer Richtung verfahrbar ist bzw. sich schwimmend im Bremsmittel bewegt. Der Stufenkolben 154 weist in axialer Richtung gesehen an seinem einen Ende einen ersten Kolbenabschnitt 162 mit einer ersten Wirkfläche 166 auf und an seinem anderen, gegenüberliegenden Ende einen zweiten Kolbenabschnitt 170 mit einer zweiten Wirkfläche 174. Die erste Wirkfläche 166 wird von dem Druckmittel des Tandemhauptbremszylinders 6 beaufschlagt, die zweite Wirkfläche 174 wird von dem Druckmittel aus der hydraulischen Leitung 112 und damit aus Bremskreis II beaufschlagt. Die erste Wirkfläche 166 begrenzt zusammen mit dem Gehäuse 152 einen ersten Wirkraum 168, der hydraulisch mit einer Kammer des Tandemhauptbremszylinders 6 verbunden ist. Die zweite Wirkfläche 174 begrenzt zusammen mit dem Gehäuse 152 einen zweiten Wirkraum 172, der hydraulisch mit dem Bremskreis II bzw. mit den Radbremsen 34, 36 verbunden bzw. verbindbar ist.
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Zur Abschwächung von Pulsationen und für ein besseres Regelverhalten sind die hydraulischen Anschlüsse der Druckwaage 150 jeweils mit einer Blende 182, 184 versehen.
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Zur Bestimmung der Lage des Stufenkolbens 154 im Gehäuse 152 ist ein Positionssensor 200 vorgesehen, der die Auslenkung des Stufenkolbens 154 von einer Referenzposition misst, die insbesondere die mittlere Lage des Stufenkolbens 154 im Gehäuse 152 in axialer Richtung des Stufenkolbens 154 zwischen einem ersten Anschlag 204 der ersten Wirkfläche 166 am Gehäuse 152 und einem zweiten Anschlag 206 der zweiten Wirkfläche 174 am Gehäuse 152 ist. Wenn der Stufenkolben nicht auf einen seiner Anschläge 204, 206 gefahren ist sondern gewissermaßen in der Schwebe steht, entspricht das Verhältnis von Bremsdruck zu dem Druck im THZ dem Verhältnis der ersten Wirkfläche 166 zu der zweiten Wirkfläche 174.
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Die erste Wirkfläche 166 ist bevorzugt größer als die zweite Wirkfläche 174. Im gezeigten Ausführungsbeispiel ist das Verhältnis von erster Wirkfläche 166 zu zweiter Wirkfläche 174 4:1. Dadurch wird ein Verstärkungsverhältnis von 4:1 realisiert, d.h. der Druck an der zweiten Wirkfläche 174, d.h. der Bremsdruck, ist viermal so groß wie der Druck an der ersten Wirkfläche 166, d.h. der Druck im THZ.
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Die Steuer- und Regeleinheit 26 ist signaleingangsseitig mit dem Positionssensor 200 verbunden und regelt während Normalbremsungen bzw. Bremsungen im normalen Betrieb des Bremssystems 2 den Stufenkolben 154 mittig in der Schwebe zwischen den beiden Anschlägen 204, 206. Wird das Bremspedal 10 betätigt und bewegt sich der Stufenkolben 154 in Richtung des zweiten Anschlags 206, werden von der Steuer- und Regeleinheit 26 die Pumpe 102 betätigt, das Umschaltventil 94 geöffnet und das Trennventil 90 geschlossen. Dadurch wird solange Bremsflüssigkeit aus dem Tandemhauptbremszylinder 6 in die Bremse 34, 36 gefördert, bis der Stufenkolben 154 wieder in der Mitte steht. Dann werden durch die Steuer- und Regeleinheit 26 die beiden Ventile 90, 94 geschlossen. Dadurch besteht wieder das gewünschte Verstärkerverhältnis zwischen dem Druck im THZ und dem Bremsdruck. Wurde zu viel Bremsflüssigkeit aus dem THZ in die Bremsen 34, 36 gepumpt, so dass sich der Stufenkolben 154 in Richtung des ersten Anschlages 204 bewegt, öffnet die Steuer- und Regeleinheit 26 das Trennventil 90 solange, bis der Stufenkolben 154 wieder mittig steht.
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Auch wenn der Fahrer von der Bremse geht bzw. das Bremspedal 10 löst, wodurch der Bremsdruck reduziert wird, öffnet die Steuer- und Regeleinheit 26 das Trennventil 90, bis der Stufenkolben 154 mittig steht, damit der der Bremsdruck weiterhin dem Verstärkerverhältnis entspricht. Sobald der Stufenkolben 154 mittig steht, wird das Trennventil 90 wieder geschlossen.
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Durch diese Einsteuerung der Position des Stufenkolbens 145 erhält der Fahrer über die Druckwaage mit dem über das Wirkflächenverhältnis eingestellten Verstärkungseffekt jederzeit Rückmeldung über den in den Radbremsen 34, 36 herrschenden Bremsdruck.
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In 2 ist der stromlose Zustand in der Rückfallebene des Bremssystems 2 dargestellt. Alle Ventile nehmen ihren stromlosen Zustand an. Der Fahrer hat hydraulischen Durchgriff auf alle Bremsen 30, 32, 34, 36 über die hydraulischen Leitungen 110, 112. Alle Einlassventile 40, 50, 60, 70 sind geöffnet, und alle Auslassventile 44, 54, 64, 74 sind geschlossen. Der Fahrer drückt somit mit Muskelkraft Bremsflüssigkeit in die Radbremsen 30, 32, 34, 36. Dadurch wird der Stufenkolben 154 in Richtung des zweiten Anschlages 206 verschoben und schlägt dort an. Da in der Rückfallebene kein aktiver Druckaufbau durch die Pumpen 100, 102 erfolgt, entspricht in diesem Fall der Druck im THZ dem Bremsdruck. Eine Regelung der Druckwaage 150 findet nicht statt.
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Der Beginn eines Druckaufbaus im Normalbetrieb des Bremssystems 2 ist in 3 dargestellt. Die Trennventile 80, 90 sind geöffnet und die Umschaltventile 84, 94 sind geschlossen. Es besteht in dieser Konfiguration eine hydraulische Verbindung zwischen den Kammern des THZ (bevorzugt weist dieser eine Primärkammer und eine Sekundärkammer auf) und den Bremsen 30–36, so dass der Druck im THZ dem Bremsdruck entspricht. Alle Einlassventile 40, 50, 60, 70 sind geöffnet, und alle Auslassventile 44, 54, 64, 74 sind geschlossen. Der Druck im THZ entspricht hierbei dem Bremsdruck. In dieser Konfiguration sensiert die Steuer- und Regeleinheit 26 die Position des Stufenkolbens 154, der in Richtung des zweiten Anschlags 206 fährt.
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In der in der 4 gezeigten Konfiguration beginnt die Regelung. Alle Einlassventile 40, 50, 60, 70 sind geöffnet, und alle Auslassventile 44, 54, 64, 74 sind geschlossen. Die Trennventile 80, 90 werden geschlossen und die Umschaltventile 84, 94 werden geschlossen. Auf diese Weise ist der THZ von den Radbremsen 30–36 hydraulisch getrennt. Der Bremsdruckaufbau in den Radbremsen 30–36 erfolgt aktiv durch die bedarfsweise Ansteuerung der Pumpen 100, 102 bei gleichzeitigem bedarfsweise Öffnen der Umschaltventile 84 und 94, um die Pumpen mit Flüssigkeit zu versorgen. Die Ventile 90, 94 werden jetzt solange moduliert (d.h., diese werden von der Steuer- und Regeleinheit 26 geöffnet bzw. geschlossen), bis der Stufenkolben 154 im Wesentlichen mittig zwischen den Anschlägen 204, 206 angeordnet ist. Der Fahrer spürt nun eine Pedalkraft, die Aufschluss über den Bremsdruck gibt, da durch die Wahl der beiden Wirkflächen ein vorgegebenes Verstärkerverhältnis zwischen THZ und Bremsdruck herrscht. Der THZ-Druck entspricht also dem Bremsdruck geteilt durch das Wirkflächenverhältnis des Stufenkolbens 154.
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Im Bremskreis I erfolgt die Druckeinstellung in den Bremsen im vorliegenden Ausführungsbeispiel durch Abgleich der beiden Drucksensoren 116, 118. Alternativ kann auch vorgesehen sein, dass auch in Bremskreis I eine Druckwaage vorgesehen ist und dort hydraulisch eingebunden ist wie die Druckwaage 150 in Bremskreis II.
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Das Bremssystem 2 in einer Druckhaltephase, die auf die Druckaufbauphase gemäß 4 folgt, ist in 5 dargestellt. Der THZ-Druck entspricht wieder dem Bremsdruck geteilt durch das Wirkflächenverhältnis des Stufenkolbens 154. Während der Druckaufbauphase wurde wie oben beschrieben der Stufenkolben 154 von der Steuer- und Regeleinheit 26 mittig eingeregelt. Beim Halten des Bremsdruckes werden das Trennventil 90 und das Umschaltventil 94 geschlossen, so dass der Stufenkolben 154 auch weiterhin mittig im Gehäuse 150 angeordnet ist.
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Das Bremssystem 2 während einer Druckabbauphase ist in 6 dargestellt. Auch während der Druckabbauphase entspricht der THZ-Druck dem Quotienten aus Bremsdruck und dem Flächenverhältnis der Wirkflächen 166, 174 der Druckwaage 150. Das Umschaltventil 94 wird geschlossen und das Trennventil 90 wird solange geöffnet, bis der Stufenkolben durch einen Volumenstrom aus einem Bremsenvordruckbereich 112 in den THZ-Bereich wieder mittig gestellt wird. Das heißt, während der Druckaufbauphase, während der Druckhaltephase und während der Druckabbauphase werden die Druckverhältnisse in der Druckwaage 150 so geregelt, dass der Stufenkolben 154 nicht an einem der Anschläge 204, 206 anliegt sondern insbesondere mittig angeordnet ist. Damit ist während all dieser Phasen das Verstärkungsverhältnis zwischen den Wirkflächen 166, 174 eingestellt, so dass die Pedalkraft konsistent Rückschlüsse auf den herrschenden Bremsdruck vermittelt.
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In 7 ist das Bremssystem 2 während einer ABS-Bremsung gezeigt. Wird aus einer Normalbremsung heraus ein Blockieren der Räder festgestellt, wird durch Modulieren der Einlassventile 40, 50, 60, 70 und Auslassventile 44, 54, 64, 74 der geeignete Bremsdruck in den Radbremsen 30, 32, 34, 36 eingestellt. Überhöhtes Volumen in den Radbremsen 30, 32, 34, 36 wird zunächst in die Niederdruckspeicher 130, 132 abgelassen und dann durch die Pumpen 100, 102 und die geöffneten Trennventile 80, 90 in den Hauptbremszylinder 6 zurückgefördert. Während der ABS-Regelung wird die Verstärkerregelung ausgesetzt. Da in den Radbremsen 30, 32, 34, 36 ein individueller Druck eingestellt wird, der gerade ein Blockieren verhindern soll, und der Fahrer einen beliebigen Bremsdruck wählt, ergibt sich im Fall einer ABS-Bremsung eine individuelle Verstärkung für jedes Rad, wobei die Verstärkung auch < 1 sein kann, wenn der individuelle Raddruck kleiner als der THZ-Druck ist.
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In 8 ist das Bremssystem 2 dargestellt in dem Fall eines autonomen Druckaufbaus ohne Pedalbetätigung durch den Fahrer, wie es beispielsweise bei einer ESP-Regelung der Fall ist, die von der Steuer- und Regeleinheit 26 durchgeführt wird. Die Trennventile 80, 90 werden hierfür geschlossen; die Umschaltventile 84, 94 werden hierfür geöffnet. Durch Ansteuerung der Pumpen 100, 102 und das gezielte Öffnen der Einlassventile bzw. Auslassventile kann in bekannter Weise in einer oder mehrerer Bremsen 30–36 Bremsdruck auf- oder abgebaut werden. Der Stufenkolben 154 der Druckwaage 150 fährt dabei zum ersten Anschlag. Der Grund dafür ist, dass kein Druck an der ersten Wirkfläche 166 anliegt, da der Fahrer das Bremspedal 10 nicht betätigt. Zudem wird die Druckwaage 150 nicht geregelt.
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Wird während der ESP Regelung gebremst, können verschiedene Regelstrategien angewandt werden. Es kann nur ESP geregelt werden (ohne Regelung der Verstärkung), beispielsweise wenn der durch den THZ-Druck und den Verstärkungsfaktor vorgegebene Bremsdruck zu gering für eine ESP-Regelung ist. Es können auch die ESP-Regelung und die Verstärkerregelung gleichzeitig durchgeführt werden, beispielsweise wenn der vom Fahrer gewünschte Bremsdruck ausreichend für eine ESP-Regelung ist.
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Die 9 zeigt ein Bremssystem 2 in einer weiteren bevorzugten Ausführungsform. Das Bremssystem 2 ist dazu ausgebildet, die Druckpulsationen der Pumpe 100, 102, die auch am Bremspedal 10 zu spüren sind, zu verringert. Dabei ist die jeweilige Pumpe 100, 102 als Mehrkolbenpumpe ausgebildet. Im vorliegenden Fall umfasst jede der beiden Pumpen 100, 102 drei Kolben, die bei einem Pumpvorgang jeweils mit zeitlichem Versatz jeweils geringere Volumina von Bremsmittel verschieben als eine vergleichbare Pumpe mit nur einem Kolben, wodurch die einzelnen Druckpulse geringer werden, so dass das Pedalgefühl gleichförmiger ist.
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Noch eine weitere bevorzugte Ausführungsform eines Bremssystems 2 ist in 10 dargestellt. Dabei ist jede der beiden Pumpen 100, 102 als Zahnradpumpe ausgebildet. Auch bei der Verwendung einer Zahnradpumpe können die Druckpulsationen verringert werden. Eine Zahnradpumpe hat darüber hinaus den Vorteil, dass sie im Gegensatz zu einer Kolbenpumpe mit Rückschlagventilen vom THZ-Druck angetrieben wird. Die Bremsleistung des Fahrers wird also zum Antrieb der Pumpe genutzt, so dass die Motorleistung der Pumpe entsprechend verringert bzw. geringer dimensioniert werden kann. Die Erfindung umfasst auch Ausbildungen in beliebigen Kombinationen der beschriebenen Pumpenarten.