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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Turbinenwelle für ein Turbinenrad in einem Abgaswärmenutzsystem eines Verbrennungsmotors gemäß dem Oberbegriff von Anspruch 1, ferner ein Verfahren zum Herstellen einer solchen Turbinenwelle und die Verwendung einer solchen Turbinenwelle zur Rückgewinnung von Abgasenergie eines Verbrennungsmotors.
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Gattungsgemäße Turbinenwellen tragen beispielsweise an einem axialen Ende ein Turbinenrad und an dem anderen axialen Ende ein Verdichterrad oder ein Ritzel. Das Turbinenrad wird im Abgasstrom eines Verbrennungsmotors, beispielsweise eines Kraftfahrzeugs, angeordnet, um Abgasenergie aus dem Abgasstrom rückzugewinnen und in mechanische Antriebsleistung umzuwandeln. Mit dieser mechanischen Antriebsleistung kann dann das Verdichterrad angetrieben werden, um einen dem Verbrennungsmotor zugeführten Frischluftstrom zu verdichten. Bei einer Verwendung in einem sogenannten Turbocompoundsystem, bei welchem anstelle des Verdichterrades ein Ritzel an der Turbinenwelle angeschlossen ist, wird die mechanische Antriebsleistung zum Antreiben der Kurbelwelle des Verbrennungsmotors über das Ritzel verwendet. Bei der Verwendung eines Turbogenerators, auch elektrischer Turbolader genannt, wird anstelle eines Ritzels beziehungsweise des Verdichterrades oder zusätzlich hierzu ein Generator angetrieben, der direkt elektrische Energie erzeugt. Die Erfindung ist ferner bei einem elektrischen Turbocompoundsystem anwendbar, bei welchem mittels dem Turbinenrad auch ein elektrischer Generator angetrieben werden kann, der in der Regel in Triebverbindung mit dem Ritzel auf der Turbinenwelle steht, jedoch auch anders ins Turbocompoundsystem eingebunden werden kann.
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Die Turbinenwelle wird durch Wälzlager, in der Regel jeweils ein Wälzlager an jedem axialen Ende der Turbinenwelle, gelagert, insbesondere in einem Gehäuse. Herkömmlich weisen solche Wälzlager einen Lageraußenring und einen Lagerinnenring auf, auf welchen die Wälzkörper abwälzen. Somit bildet herkömmlich der Lageraußenring eine erste Laufbahn für die Wälzkörper und der Lagerinnenring eine zweite Laufbahn für die Wälzkörper. Der Lageraußenring kann beispielsweise über einen Quetschöldämpfer im Gehäuse gelagert sein, wohingegen der Lagerinnenring auf die Turbinenwelle aufgeschoben, insbesondere auf diese aufgepresst ist.
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Bei der Lagerung der Turbinenwelle in zwei Wälzlagern weisen die Laufbahnen in Axialrichtung vorgegebene Abstände auf, um eine gewünschte Anstellung der Lager zu erzeugen. Bevorzugt wird beispielsweise eine O-Anordnung, bei welcher die Kraftflusslinien durch die Wälzlager einen Druckmittelpunkt außerhalb der Wälzkörperreihen (auf einander abgewandten Seiten) aufweisen. Dadurch wird ein definiertes Axialspiel erzeugt, auch axiales End-Spiel (AES) genannt.
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Durch das Vorsehen der Laufbahnen in getrennt von der Turbinenwelle hergestellten Ringen können die Werkstoffe der Lagerringe und der Turbinenwelle jeweils optimal an die jeweilige Funktion angepasst werden. So kann die Turbinenwelle aus einem vergleichsweise duktilen Werkstoff mit hoher Elastizität hergestellt werden, wohingegen die Lagerringe aus leicht härtbaren Werkstoffen hergestellt werden, um eine hohe Verschleißfestigkeit und exakte Wälzkörperführung zu erreichen. Nachteilig bei dieser Ausführungsform ist, dass der Aufbau der Lager mit Lagerinnenring, Wälzkörpern und Lageraußenring einen vergleichsweise großen radialen Bauraum erfordert. Ferner besteht die Gefahr, dass sich die Lagerinnenringe im Betrieb der Turbinenwelle, besonders bei hohen Drehzahl und/oder schwingender Belastung, relativ zur Turbinenwelle verschieben, wodurch eine Unwucht entstehen kann oder das Axialspiel verändert wird. Eine unkontrollierte Änderung des Axialspiels oder Verlagerung der Wuchtgüte kann wiederum zu erhöhten Vibrationen oder gar zu einem Streifen der Laufräder in deren Gehäuse führen.
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Ferner wirken die Lagerinnenringe auf die Turbinenwelle versteifend, was ungünstige Auswirkungen auf die Rotordynamik hat, zum Beispiel durch die Lage der biegekritischen Resonanzen. Durch Aufsummieren der Fertigungstoleranzen und Varianz des Fügeprozesses kann die Versteifungswirkung zudem stark variieren, wodurch eine Unsicherheit bezüglich der Lage der Resonanzfrequenzen erzeugt wird.
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Andere bekannte Ausführungsformen in der Praxis sehen daher vor, die Oberfläche der Turbinenwelle als Laufbahn für die Wälzkörper der Wälzlager auszubilden. Dies wird auch als Direktlagerung bzw. integrierte Lagerung bezeichnet. Nachteilig bei den bekannten Ausführungsformen ist, dass entweder eine zu geringe Härte des Turbinenwellenwerkstoffes zu einem frühzeitigen Verschleiß im Bereich der Laufbahnen der Wälzkörper führt oder bei Härtung der Welle die Duktilität und Elastizität der Turbinenwelle abnimmt, was zu einem Sprödbruch der Welle im üblichen drehzahlvariablen Betrieb führen kann.
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Grundsätzlich ist es möglich, den Verschleiß an der Oberfläche der Turbinenwelle im Bereich der Laufbahn der Wälzkörper zu reduzieren und gleichzeitig einen duktilen Werkstoff für die Turbinenwelle zu verwenden, indem eine verschleißfeste Beschichtung auf die Turbinenwelle aufgebracht wird. Problematisch ist jedoch, dass aufgrund des unterschiedlichen thermischen Ausdehnungsverhaltens der harten Beschichtung und der duktilen Turbinenwelle in der Praxis ein sogenannter Eierschaleneffekt auftritt, bei welchem die Beschichtung reißt oder von der Turbinenwelle abblättert. Damit wird auch die Laufbahn der Wälzkörper zerstört, was sich äußerst ungünstig auswirkt.
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Aus dem Artikel „Deep Nitrided 32CrMoV13 Steel for Aerospace Bearings Applications" des Autors Girodin Daniel, erschienen in Technical Paper, in NTN Technical Review No. 76 im Jahr 2008, sind auf einem anderen technischen Gebiet Stähle wie auch Nietrierverfahren bekannt, die in der Triebwerkstechnik von Flugzeugen, insbesondere in den Lagern von Flugzeugturbinen verwendet werden. Der Einsatz ist jedoch ausschließlich auf die Triebwerkstechnik in Flugzeugen beschränkt.
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Vor dem Hintergrund des voranstehend erläuterten Standes der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, eine Turbinenwelle für ein Turbinenrad in einem Abgaswärmenutzsystem eines Verbrennungsmotors anzugeben, die gegenüber den genannten Ausführungsformen verbessert ist. Ferner soll ein Verfahren zum Herstellen einer solchen Turbinenwelle sowie eine vorteilhafte Verwendung einer solchen Turbinenwelle angegeben werden.
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Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch eine Turbinenwelle, ein Verfahren zum Herstellen einer Turbinenwelle und die Verwendung einer Turbinenwelle gemäß den unabhängigen Ansprüchen gelöst. In den abhängigen Ansprüchen sind besonders vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung angegeben.
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Eine erfindungsgemäße Turbinenwelle für ein Turbinenrad in einem Abgaswärmenutzsystem eines Verbrennungsmotors weist wenigstens eine auf einer äußeren Oberfläche der Turbinenwelle ausgebildete Laufbahn für Wälzkörper eines Wälzlagers auf. Die wenigstens eine Laufbahn ist dabei integral in der Turbinenwelle ausgeführt, das heißt, dass kein separater Lagerinnenring auf der Turbinenwelle aufgebracht ist.
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Erfindungsgemäß weist die Turbinenwelle an ihrer äußeren Oberfläche zumindest im Bereich der wenigstens einen Laufbahn und insbesondere über ihrer gesamten axialen Länge eine durch Nitrieren oder Nitrocarburieren hergestellte Randschicht auf, die eine größere Härte als ein sich radial innen anschließender Wellenkern aufweist.
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Vorteilhaft beträgt die Nitrierhärtetiefe der Randschicht wenigstens 0,6 mm oder mehr. Dabei hängt die Härte der Randschicht vom Werkstoff des Grundmaterials ab und die Nitrierhärtetiefe, das heißt die Tiefe der vergleichsweise härteren Randschicht, kann dadurch definiert werden, dass innerhalb dieser Randschicht von der Oberfläche der Turbinenwelle bis zu der Nitrierhärtetiefe die Härte der Randschicht wenigstens 50 HV größer als die Härte des Wellenkerns ist. Gemäß einer Ausführungsform beträgt der Härteunterschied wenigstens 100 HV, gemäß einer anderen Ausführungsform ist er kleiner als 100 HV. HV bedeutet dabei Härte nach Vickers. Als Prüfkraft für eine entsprechende Härteprüfung können Kräfte zwischen 0,5 und 1 Kilopond, insbesondere bei einer Belastungsdauer des Werkstoffs mit dem Prüfkörper (gleichseitige Diamantpyramide), um den Abdruck im Bauteil zur Ermittlung des Härtewertes zu erreichen, zwischen 10 und 15 Sekunden verwendet werden.
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Insbesondere beträgt die Härte in einer Tiefe von 0,5 mm unterhalb der äußeren Oberfläche der Turbinenwelle 600 HV 0,5 oder mehr. 0,5 bezieht sich hierbei wiederum auf die Prüfkraft von 0,5 Kilopond, insbesondere bei der zuvor genannten Belastungsdauer. Bei einer entsprechenden Härteprüfung nach Rockwell (HR) kann die Härte in dieser Tiefe mit 58 HRC (kegelförmiger Prüfkörper aus Diamant) oder mehr angegeben werden.
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Bei der erfindungsgemäßen Turbinenwelle treten die maximalen Hertzschen Pressungen typischerweise 0,02 mm unter der äußeren Oberfläche auf, jedoch ergeben sich die Auswirkungen bis in eine Tiefe von 0,5 mm. Um in dieser Tiefe die notwendige Härte zu erreichen, erfolgt das Nitrieren oder Nitrocarburieren vorzugsweise bis zu der Nitrierhärtetiefe der Randschicht von 0,6 mm bis 0,7 mm, die genannten Härtewerte in der Tiefe von 0,5 mm unterhalb der äußeren Oberfläche werden insbesondere auch bei einer Temperatur von 300°C an dieser Stelle erreicht.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung weist die Randschicht eine vergleichsweise härtere Verbindungsschicht an der äußeren Oberfläche der Turbinenwelle auf, sowie eine sich radial innen an die Verbindungsschicht anschließende Diffusionsschicht mit vergleichsweise geringerer Härte als die Verbindungsschicht. Jedoch auch die Diffusionsschicht weist eine vergleichsweise größere Härte als der Wellenkern auf.
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Gemäß einer anderen Ausführungsform kann die Randschicht ausschließlich aus einer Diffusionsschicht bestehen, das heißt verbindungsschichtfrei ausgeführt sein. Damit kann eine besonders große Zähigkeit erreicht werden.
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Durch das erfindungsgemäße Nitrieren der äußeren Oberfläche der Turbinenwelle bzw. durch das Nitrocarburieren kann eine im Kern duktile Turbinenwelle erzielt werden, die jedoch zumindest im Bereich der wenigstens einen Laufbahn, insbesondere im Bereich von wenigstens zwei Laufbahnen für Wälzkörper, eine große Härte aufweist, ohne dass ein sogenannter „Eierschaleneffekt“ entsteht.
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Besonders günstig ist, wenn die Turbinenwelle aus einem Werkstoff hergestellt ist, der ein besonders schnelles Eindiffundieren des Stickstoffes ermöglicht. Insbesondere kommt als Werkstoff wenigstens einer der folgenden Stähle in Betracht: 32 Cr Mo V13, 34 Cr Al Ni7 (1.8550) und 32 Cr Mo Ni V5. Insbesondere wird eine solche Legierung gewählt, die das Erreichen einer Nitrierhärtetiefe von 0,6 mm oder mehr in maximal 100 Stunden Behandlungsdauer des Nitrierens oder Nitrocarburierens ermöglicht.
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Besonders vorteilhaft ist die Turbinenwelle aus einem Werkstoff mit weniger als 1,5 Gew.-% Aluminium (Al) hergestellt, insbesondere mit maximal 0,3 Gew.-% Al. Damit unterscheidet sich die Legierung von herkömmlichen Nitrierstählen, bei welchen ein möglichst hoher Anteil von Aluminium zugefügt wurde, um eine besonders große Härte zu erreichen. Durch die gemäß einer Ausführungsform vorgesehene vergleichsweise geringe Zugabe von Aluminium oder die Verwendung einer aluminiumfreien Legierung als Werkstoff für die Turbinenwelle kann jedoch eine größere Zähigkeit in der Randschicht erzielt werden, was beim Einsatzgebiet der Turbinenwelle in Abgaswärmenutzsystemen, in denen die Turbinenwelle mit besonders hoher Drehzahl umläuft, beispielsweise mit einer Drehzahl von 80000 U/min, insbesondere mehr als 100000 U/min oder mehr, günstig ist, um Risse in der Oberfläche der Turbinenwelle sicher auszuschließen, die eine erhebliche Auswirkung auf das Abwälzverhalten der Wälzkörper hätten.
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Besonders günstig ist die Turbinenwelle aus einem Werkstoff mit mehr als 1,5 Gew.-% Chrom (Cr) hergestellt, insbesondere mit mindestens 1,8 Gew.-% oder mit mindestens 3,0 Gew.-% Cr. Hierdurch kann eine erhöhte Oberflächenfestigkeit erreicht werden.
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Besonders vorteilhaft wird zur Erhöhung der Oberflächenfestigkeit die Turbinenwelle aus einem Werkstoff mit bis zu 0,4 Gew.-% Vanadium (V) und/oder bis zu 1,4 Gew.-% Molybdän (Mo) hergestellt.
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Um eine höhere Kernzähigkeit zu erreichen, wird vorteilhaft eine übermäßige Zugabe von Nickel (Ni) vermieden, insbesondere eine Legierung mit maximal 0,5 Gew.-% Nickel verwendet, und/oder die Konzentration der Begleitelemente Phosphor (P) und/oder Schwefel (S) genau kontrolliert, insbesondere mit jeweils maximal 0,025 %, um eine Anlassversprödung zu vermeiden.
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Die Turbinenwelle weist insbesondere einen Außendurchmesser zumindest im Bereich der wenigstens einen Laufbahn von mehr als dem Doppelten der Nitrierhärtetiefe auf, insbesondere mindestens das Dreifache oder Vierfache der Nitrierhärtetiefe. Damit kann ein ausreichend starker duktiler Wellenkern gesichert werden, der die im Betrieb auftretenden Verformungen ohne Sprödbruch aufnehmen kann.
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Günstig ist, wenn die Turbinenwelle aus einem Werkstoff mit maximal 0,8 Gew.-% Kohlenstoff (C) hergestellt ist. Dadurch wird eine gute Schweißbarkeit erreicht, beispielsweise durch Elektronenstrahlschweißen. Somit ist es möglich, beispielsweise das Turbinenrad durch Elektronenstrahlschweißen an der Turbinenwelle zu befestigen.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung ist die Turbinenwelle als Vollwelle ausgeführt. Es kommt jedoch auch eine Ausführung der Turbinenwelle als Hohlwelle in Betracht.
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Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren wird die Turbinenwelle aus einem Nitrierstahl hergestellt und derart nitriert oder nitrocarburiert, dass sich an ihrer äußeren Oberfläche in wenigstens einem Bereich, der als Laufbahn für die Wälzkörper wenigstens eines Wälzlagers bestimmt ist, eine Randschicht ergibt, die eine größere Härte als ein sich radial innen anschließender Wellenkern aufweist. Bezüglich möglicher weiterer Details wird auf die Beschreibung der Turbinenwelle verwiesen.
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Vorteilhaft wird das Nitrieren oder Nitrocarburieren in maximal 100 Stunden durchgeführt, insbesondere in einem Zeitraum, der zwischen 20 und 100 Stunden beträgt.
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Die Turbinenwelle kann vorteilhaft durch Vakuumschmelzen hergestellt werden, insbesondere durch Vakuuminduktionsschmelzen (VIM) und/oder durch Vakuum-Lichtbogen-Schmelzen (VAR). Alternativ kann beispielsweise auch das Erschmelzungsverfahren ESR (Elektroschlacke-Umschmelzverfahren) zum Einsatz kommen, mit dem dem VAR-Verfahren ähnliche Reinheitswerte erzielt werden. Dadurch kann ein besonders großer metallurgischer Reinheitsgrad erreicht werden sowie eine Verringerung von schädlichen Spurenelementen, was wiederum die mechanischen Werte der Welle verbessert. Bei einem solchen Vakuuminduktionsschmelzprozess wird der Werkstoff unter Vakuum, also unter Ausschluss von Gasen, wie zum Beispiel Sauerstoff aus der Luft, erschmolzen. Das Vakuum-Lichtbogen-Schmelzen kann sich an das Vakuumschmelzen anschließen und wird dann Vakuum-Lichtbogen-Umschmelzen genannt, insbesondere nach AMS 6498.
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Durch die erfindungsgemäßen Maßnahmen kann eine hohe und verlässliche Haltbarkeit gegenüber Ermüdung im tribologischen Wälzkontakt und struktureller Werkstoffermüdung erreicht werden. Die Nitrierbehandlung der oben genannten Stähle ermöglicht insbesondere die Beherrschung von maximalen Hertz’schen Pressungen zwischen 1000 MPa und 2500 MPa. Da die maximalen Pressungen unterhalb der Turbinenwellenoberfläche auftreten, typischerweise ca. 20 µm unterhalb der Oberfläche, sollten in diesem Bereich ausreichend hohe Werkstofffestigkeiten vorhanden sein. Dies wird durch die Nitrierbehandlung bzw. Nitrocarburierbehandlung mit vergleichsweise hoher Nitrierhärtetiefe erreicht, wobei die genannten Härtewerte auch bei erhöhter Temperatur, zum Beispiel von 300°C oder mehr, eingehalten werden. Insbesondere wird eine Härte von 58 HRC (Rockwell-Härte) oder mehr erreicht, von deren Oberfläche der Turbinenwelle bis zur genannten Nitrierhärtetiefe.
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Das Nitrieren wird gemäß einer Ausführungsform bei wenigstens 500°C ausgeführt, insbesondere bei 550°C oder mehr.
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Besonders vorteilhaft wird zum Herstellen der wenigstens einen Laufbahn auf der äußeren Oberfläche der Turbinenwelle wenigstens eine Nut eingebracht, in welcher die Wälzkörper, die im Betrieb der Turbinenwelle auf der Laufbahn abwälzen, teilweise aufgenommen werden. Die Nut weist hierfür vorteilhaft einen kreissektorförmigen Querschnitt auf oder einen anderen geeigneten, in der Regel gekrümmten Querschnitt in einem Axialschnitt durch die Turbinenwelle. Das Einbringen der Nut erfolgt vorteilhaft vor dem Härten beziehungsweise vor dem Nietrieren oder Nitrocarburieren und damit vor dem Herstellen der Randschicht. Insbesondere nach dem Herstellen der Randschicht kann die äußere Oberfläche gemäß einer Ausführungsform der Erfindung geschliffen oder gehont werden, wobei dabei beispielsweise 1/100 mm Werkstoffdicke an der äußeren Oberfläche abgenommen wird. Das bedeutet, dass die Turbinenwelle nach dem Schleifen beziehungsweise Honen im Radius um 1/100 mm reduziert ist gegenüber dem Zustand vor dem Schleifen beziehungsweise Honen.
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Besonders bei Vorsehen eines geringen Kohlenstoffgehalts, insbesondere von weniger als 0,8 Gew.-% im Werkstoff der Turbinenwelle kann eine Rissbildung im Bereich der Schweißnaht vermieden werden. Auch ist es insbesondere möglich, für das Schweißen vorangehende und/oder nachträgliche Wärmebehandlungen zu vermeiden.
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Der Widerstand gegenüber Eindrücken von Fremdpartikeln wird aufgrund der sehr harten Oberfläche der Turbinenwelle nach dem Nitrieren bzw. Nitrocarburieren deutlich verbessert. Diese Eigenschaft erbringt einen deutlichen Vorteil beim Einsatz der erfindungsgemäßen Turbinenwelle, da mit heutigen Ölfiltrierungskonzepten in der Schmierölversorgung der Wälzlager das Eindringen von potenziell schädigenden, harten Fremdpartikeln mitunter nicht vermieden werden kann.
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Die erfindungsgemäße Turbinenwelle weist eine eindeutige Steifigkeit auf, da Wälzlagerinnenringe vermieden werden, was positive Auswirkungen auf die Rotordynamik, zum Beispiel die Lage der biegekritischen Resonanzen, hat. Durch die Reduktion der Fertigungstoleranzen aufgrund des Wegfalls des Fügeprozesses der Innenringe auf die Welle wird die Sicherheit über die Lage der Resonanzfrequenzen maximiert. Dabei ist das rotordynamische Verhalten genau bestimmbar, was für einen funktionssicheren Betrieb vorteilhaft ist.
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Zugleich wird der benötigte radiale Bauraum reduziert, was vergleichsweise kleinere mittlere Lagerdurchmesser ermöglicht oder die Verwendung vergleichsweise stärkerer Turbinenwellen.
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Ein erfindungsgemäßer Turbolader, eine erfindungsgemäße Abgasnutzturbine und eine erfindungsgemäße Dampfturbine weist wenigstens eine erfindungsgemäße Turbinenwelle auf sowie ein an der Turbinenwelle angeschlossenes Turbinenrad. Das Turbinenrad ist beispielsweise an der Turbinenwelle angeschweißt. Jedoch kommen auch andere Anschlüsse in Betracht. Insbesondere wird das Turbinenrad von der in Wälzlagern gelagerten Turbinenwelle getragen. Die Turbinenwelle ist insbesondere mit zwei Wälzlagern – jeweils einem Wälzlager an jedem axialen Ende der Turbinenwelle – in einem Gehäuse des Turboladers, der Abgasnutzturbine oder der Dampfturbine gelagert. Das Turbinenrad ist entsprechend in einem Abgasstrom eines Verbrennungsmotors, beispielsweise eines Kraftfahrzeugs, angeordnet.
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Die Abgasnutzturbine kann Bestandteil eines Turbocompoundsystems sein oder auch zum Antrieb eines anderen oder weiteren Aggregats, insbesondere eines Kraftfahrzeugs, beispielsweise eines Generators, verwendet werden.
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Bei der erfindungsgemäßen Verwendung eines Turboladers, einer Abgasnutzturbine oder einer Dampfturbine wird Abgasenergie des Verbrennungsmotors rückgewonnen, wobei die Turbinenwelle insbesondere mit einer Drehzahl von 80000 U/min, 100000 U/min oder mehr angetrieben wird, indem das Turbinenrad in dem Abgasstrom des Verbrennungsmotors angeordnet und vom Abgasstrom angetrieben wird. Die als mechanische Antriebsleistung rückgewonnene Energie kann zum Antrieb eines Verdichterrades, das an der Turbinenwelle angeschlossen ist, verwendet werden, zum Antrieb der Kurbelwelle des Verbrennungsmotors oder auch zum Antrieb eines anderen Aggregates wie beispielsweise des Generators.
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Bei Verwendung der Turbinenwelle in einer Dampfturbine kann durch Abgasenergie ein Verdampfungsmedium, insbesondere Wasser oder Ethanol, verdampft werden und dem Turbinenrad der Dampfturbine zugeführt werden. Diese kann entsprechend ein Aggregat bzw. wiederum einen elektrischen Generator, antreiben. Andere Verwendungen der Antriebsleistung kommen in Betracht.
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Die Erfindung soll nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels und der Figur exemplarisch erläutert werden.
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In der 1 ist eine erfindungsgemäße Turbinenwelle 1 gezeigt, die an einem axialen Ende ein nur schematisch dargestelltes Turbinenrad 2 trägt. Das Turbinenrad 2 ist in dem Abgasstrom 3 eines hier nicht dargestellten Verbrennungsmotors angeordnet.
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Am anderen axialen Ende der Turbinenwelle 1 kann beispielsweise ein Verdichterrad oder Ritzel angeordnet sein, hier durch eine Box dargestellt und mit 4 bezeichnet.
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Die Turbinenwelle 1 ist mit 2 Wälzlagern 5, 6 in einem hier ebenfalls nur schematisch angedeuteten Gehäuse 7 gelagert. Die Wälzlager 5, 6 weisen jeweils einen Lageraußenring 8.1, 8.2 auf. Jeder Lageraußenring 8.1, 8.2 bildet eine radial äußere Laufbahn 9.1, 9.2. Gegenüberstehend ist auf der äußeren Oberfläche 10 der Turbinenwelle 1 jeweils eine radial innere Laufbahn 11.1, 11.2 vorgesehen. Auf den Laufbahnen 9.1, 9.2 und 11.1, 11.2, wälzen die Wälzkörper 12 der Wälzlager 5, 6 ab. Die Wälzkörper 12 sind jeweils in Käfigen 13.1, 13.2 der Wälzlager 5, 6 gehalten.
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Im gezeigten Ausführungsbeispiel weisen die Lager eine O-Anordnung auf, siehe die in den Wälzkörpern 12 eingezeichneten Kraftflusslinien.
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Da die radial inneren Laufbahnen 11.1, 11.2 für die Wälzkörper 12 direkt durch die äußere Oberfläche 10 der Turbinenwelle 1 gebildet werden, weist die Turbinenwelle 1 erfindungsgemäß an ihren äußeren Oberfläche 10 eine durch Nitrieren oder Nitrocarburieren hergestellte Randschicht 14 auf. Diese umfasst im gezeigten Ausführungsbeispiel eine vergleichsweise härtere Verbindungsschicht 14.1 und eine vergleichsweise weichere Diffusionsschicht 14.2 und ist in der 1 nur in der oberen Hälfte des Axialschnitts durch die Turbinenwelle 1 gezeigt. Die Diffusionsschicht 14.2 weist jedoch eine größere Härte als der sich radial innen anschließende Wellenkern 15 auf.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Turbinenwelle
- 2
- Turbinenrad
- 3
- Abgasstrom
- 4
- Verdichterrad, Ritzel
- 5, 6
- Wälzlager
- 7
- Gehäuse
- 8.1, 8.2
- Lageraußenring
- 9.1, 9.2
- radial äußere Laufbahn
- 10
- äußere Oberfläche
- 11.1, 11.2
- radial innere Laufbahn
- 12
- Wälzkörper
- 13.1, 13.2
- Käfig
- 14
- Randschicht
- 14.1
- Verbindungsschicht
- 14.2
- Diffusionsschicht
- 15
- Wellenkern
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- „Deep Nitrided 32CrMoV13 Steel for Aerospace Bearings Applications“ des Autors Girodin Daniel, erschienen in Technical Paper, in NTN Technical Review No. 76 im Jahr 2008 [0009]