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In zeitgemäßen Produktionsprozessen gewinnt die additive Fertigung zunehmend an Bedeutung. Sie erlaubt es, Produkte mit nahezu beliebig komplexen Umrissen und Topologien mit verhältnismäßig geringem Aufwand zu produzieren. Verglichen mit klassischen Fertigungsverfahren sind bei der additiven Fertigung nur wenige konstruktive Nebenbedingungen einzuhalten. Als wesentliche Nebenbedingung ist bei der additiven Fertigung jedoch zu beachten, dass stärker überhängende Flächen und Kanten beim Ausdruck in der Regel eine Stützstruktur benötigen, da sie ansonsten beim schichtweisen Aufbau zunächst ohne Verbindung oder in zu schwacher Verbindung mit anderen Teilen des zu fertigenden Objekts stehen würden. Derartige Stützstrukturen sind vor einem Ausdruck an überhängenden Flächen des Objekts konstruktiv anzubringen und nach dem Ausdruck wieder zu entfernen, was häufig einen erheblichen Zusatzaufwand bedingt.
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Bekannte Assistenzsysteme zum Entwurf von zu produzierenden Objekten unterstützen den Designer zwar häufig darin, einen der additiven Fertigung zugänglichen Formenreichtum auszunutzen, jedoch werden für die additive Fertigung spezifische Nebenbedingungen, insbesondere konstruktive Nebenbedingungen in der Regel nicht automatisch einbezogen.
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Es ist Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren, ein Assistenzsystem sowie einen 3D-Drucker zum rechnergestützten Entwurf von Objekten zur additiven Fertigung anzugeben, durch die die obigen Nachteile vermieden werden können.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1, durch ein Assistenzsystem mit den Merkmalen des Patentanspruchs 10, durch einen 3D-Drucker mit den Merkmalen des Patentanspruchs 11, durch ein Computerprogrammprodukt mit den Merkmalen des Patentanspruchs 12 sowie durch ein computerlesbares Speichermedium mit den Merkmalen des Patentanspruchs 13.
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Erfindungsgemäß werden zum rechnergestützten Entwurf von Objekten zur additiven Fertigung Entwurfsdaten für ein additiv zu fertigendes und hinsichtlich eines physikalischen Optimierungsziels zu optimierendes Objekt eingelesen. Die Entwurfsdaten können hierbei insbesondere geforderte Eigenschaften des Objekts und/oder Vorgaben für das Objekt angeben, wie beispielsweise Abmessungen, Formvorgaben, Belastbarkeit, auf das Objekt einwirkende Kräfte, lokale/globale Randbedingungen und/oder zu optimierende Parameter, wie insbesondere Spannungen oder Verformungen. Als Optimierungsziel kann insbesondere vorgesehen sein, kumulierte Verformungen/Spannungen unter Last zu minimieren, ein Gewicht/Volumen des Objekts zu minimieren und/oder eine Luftzirkulation oder Kühlung zu optimieren. Mit einer Materialverteilung gemäß den Entwurfsdaten wird ein eine Vielzahl von Volumenelementen umfassendes volumetrisches Modell des Objekts initialisiert. Das volumetrische Modell kann hierbei durch eine Datenstruktur repräsentiert werden, in der für jedes Volumenelement ein oder mehrere Materialwerte, wie insbesondere eine Materialdichte gespeichert sind. Für Volumenelemente des volumetrischen Modells wird dann anhand der Materialverteilung jeweils eine auf das Optimierungsziel bezogene, lokale Zieleigenschaft ermittelt. Die Zieleigenschaft kann hierbei insbesondere einen lokalen Einfluss der Materialverteilung auf das Optimierungsziel angeben und kann insbesondere mittels einer Simulation der physikalischen Eigenschaften des Objekts ermittelt werden. Erfindungsgemäß wird für ein jeweiliges Volumenelement geprüft, ob dieses Volumenelement hinsichtlich der additiven Fertigung gestützt wird. Abhängig davon wird die Zieleigenschaft dieses Volumenelements derart modifiziert, dass sich die Zieleigenschaft bei Stützung dem Optimierungsziel annähert und/oder bei Nichtstützung vom Optimierungsziel entfernt. Ein Volumenelement kann insbesondere dann als gestützt aufgefasst werden, wenn es durch ein darunter befindliches, materialbehaftetes Volumenelement oder durch ein äußeres Auflageelement mechanisch gestützt wird. Anhand der modifizierten Zieleigenschaften wird die Materialverteilung derart modifiziert, dass sich die modifizierte Materialverteilung dem Optimierungsziel annähert. Die modifizierte Materialverteilung wird dann zur additiven Fertigung des Objekts ausgegeben.
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Ein erfindungsgemäßes Assistenzsystem ist eingerichtet zum Ausführen des vorstehenden Verfahrens.
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Ein erfindungsgemäßer 3D-Drucker ist eingerichtet zum Ausführen des vorstehenden Verfahrens sowie zum Ausdrucken des entworfenen Objekts.
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Weiterhin sind ein Computerprogrammprodukt sowie ein computerlesbares Speichermedium zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens vorgesehen.
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Ein wesentlicher Vorteil der Erfindung ist darin zu sehen, dass zu stark überhängende Flächen und Kanten durch den Optimierungsprozess gewissermaßen „wegoptimiert“ werden können. Ein explizites Anbringen von Stützstrukturen – und damit auch deren Entfernung – sowie eine Bewertung, ob und wo Stützstrukturen anzubringen sind, können somit meist entfallen. Es erweist sich in der Regel, dass die lokale Modifikation der Zieleigenschaften im Rahmen des Optimierungsprozesses dazu führt, dass global nahezu alle materialbehafteten Volumenelemente ausreichend unterstützt werden. Weiterhin wird eine Gesamtmasse oder ein Gesamtvolumen des Objekts nicht durch Stützstrukturen modifiziert, was eine Optimierung der Gesamtmasse bzw. des Gesamtvolumens erschweren würde. Ein selbststützendes Design stellt sich vielmehr automatisch als Ergebnis des Optimierungsprozesses ein. Insbesondere ist kein Postprocessing des optimierten volumetrischen Modells erforderlich. Darüber hinaus benötigt das erfindungsgemäße Verfahren erheblich geringere Rechenressourcen, als wenn ein Stützungserfordernis als direkte Nebenbedingung für jedes Volumenelement im Optimierungsprozess gefordert würde. Hierdurch kann der Optimierungsprozess in vielen Fällen derart beschleunigt werden, dass sogar eine interaktive Änderung der Entwurfsdaten während des Optimierungsprozesses möglich ist.
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Vorteilhafte Ausführungsformen und Weiterbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben.
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Vorzugsweise können die Verfahrensschritte der Ermittlung der lokalen Zieleigenschaft, der Prüfung, ob ein jeweilige Volumenelement gestützt wird, wobei abhängig davon die Zieleigenschaft modifiziert wird, sowie der Modifikation der Materialverteilung wiederholt werden, bis ein vorgegebenes Optimierungskriterium erfüllt ist. Als Optimierungskriterium kann beispielsweise eine Konvergenz eines benutzten Optimierungsverfahrens, eine hinreichende Stabilität und/oder ein hinreichender Materialverbrauch des zu entwerfenden Objekts oder ein Erreichen einer anderen Optimierungsvorgabe verwendet werden.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung kann die volumenelementspezifische Ermittlung der Zieleigenschaften mittels eines Finite-Elemente-Verfahrens erfolgen. Zur Ausführung eines Finite-Elemente-Verfahrens ist eine Vielzahl von standardisierten, stabilen und effizienten Verfahren und Prozeduren verfügbar.
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Vorteilhafterweise kann das Optimierungsziel durch eine Zielfunktion dargestellt werden, durch die ein Abstand einer jeweiligen Materialverteilung vom Optimierungsziel und/oder eine zu optimierende physikalische Größe dieser Materialverteilung berechnet wird. Die Zielfunktion kann insbesondere mittels einer Programmroutine und/oder einer Datenstruktur implementiert werden. Durch die Vorgabe einer Zielfunktion kann das Optimierungsziel auf einfache Weise spezifiziert und in einen Optimierungsprozess integriert werden.
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Weiterhin kann als Zieleigenschaft für ein jeweiliges Volumenelement ermittelt werden, wie sich die Zielfunktion bei Änderung einer Materialdichte in diesem Volumenelement ändert. Insbesondere kann als Zieleigenschaft ein lokaler Gradient der Zielfunktion im jeweiligen Volumenelement vorgesehen sein, d.h. eine numerische Ableitung, insbesondere ein Differenzenquotient, der Zielfunktion nach der Materialdichte des betrachteten Volumenelements. Mittels einer derartigen Zieleigenschaft lässt sich die Materialdichte auf einfache Weise durch weithin verfügbare Optimierungsverfahren optimieren.
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Nach einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung kann bei der Prüfung der Stützung eines jeweiligen Volumenelements geprüft werden, ob ein von diesem Volumenelement nach unten gerichteter Kegel mit vorgegebenem Öffnungswinkel auf ein anderes materialbehaftetes Volumenelement oder auf ein Auflageelement trifft.
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Nach einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung kann bei der Stützungsprüfung für das jeweilige Volumenelement geprüft werden, ob dieses Volumenelement hinsichtlich der additiven Fertigung ein anderes Volumenelement stützt. Abhängig davon kann die Zieleigenschaft des jeweiligen Volumenelements derart modifiziert werden, dass sich die Zieleigenschaft bei Stützung dem Optimierungsziel annähert und/oder bei Nichtstützung vom Optimierungsziel entfernt.
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Insbesondere kann bei der Prüfung, ob das jeweilige Volumenelement ein anderes Volumenelement stützt, geprüft werden, ob ein vom jeweiligen Volumenelement nach oben gerichteter Kegel mit vorgegebenem Öffnungswinkel auf ein anderes materialbehaftetes Volumenelement trifft.
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Durch die vorstehenden Stützungsprüfungen kann auf einfache Weise in der Regel erreicht werden, dass als Ergebnis des Optimierungsprozesses ein Objekt entworfen wird, bei dem Überhangwinkel von Objektflächen oder -Kanten im Wesentlichen kleiner oder gleich dem vorgegebenen Öffnungswinkel sind. Durch Vorgabe eines geeigneten Öffnungswinkels kann also gezielt vermieden werden, Stützstrukturen anzubringen.
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Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird nachfolgend anhand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigen jeweils in schematischer Darstellung:
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1 eine überhängende Seitenfläche eines auszudruckenden Objekts,
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2 ein Assistenzsystem mit einem 3D-Drucker zum Entwerfen und additiven Fertigen von Objekten,
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3A eine aufgeschnittene Ansicht eines gemäß dem Stand der Technik optimierten Modells für ein auszudruckendes Objekt und
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3B eine aufgeschnittene Ansicht eines erfindungsgemäß optimierten Modells für das Objekt.
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1 veranschaulicht eine überhängende Seitenfläche SF eines additiv zu fertigenden, z.B. durch einen 3D-Drucker auszudruckenden Objekts OBJ. Als Überhangwinkel α wird hierbei ein Winkel der Objektfläche SF zur Senkrechten bezeichnet. Wie oben bereits erwähnt, sind im Falle, dass der Überhangwinkel α zu groß ist, vor dem Ausdruck Stützstrukturen zusätzlich anzubringen und nach dem Ausdruck wieder zu entfernen. Während ein Überhangwinkel α von weniger als 45° häufig akzeptabel ist, kann ein Überhangwinkel α von mehr als 45° ein Anbringen von zusätzlichen Stützstrukturen erfordern.
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2 zeigt ein Assistenzsystem AS zum Entwerfen eines additiv zu fertigenden Objekts OBJ sowie einen 3D-Drucker 3D zum Ausdrucken des entworfenen Objektes OBJ. Das Assistenzsystem AS verfügt über einen oder mehrere Prozessoren PROC konfiguriert zum Ausführen aller Verfahrensschritte des Assistenzsystems AS und/oder zum Ausführen von Programmbefehlen zum Ausführen dieser Verfahrensschritte. Darüber hinaus weist das Assistenzsystem AS einen oder mehrere mit den Prozessoren PROC gekoppelte Speicher MEM auf zum Speichern von durch das Assistenzsystem AS zu verarbeitenden Daten.
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Das Assistenzsystem AS verfügt weiterhin über ein Terminal T mit einem Eingabeterminal IN und mit einem Ausgabeterminal OUT. Das Eingabeterminal IN dient zum Eingeben und/oder Spezifizieren von Entwurfsdaten ED, einem Optimierungskriterium CR und einer Zielfunktion CF. Das Ausgabeterminal OUT dient zum Ausgeben eines volumetrischen Modells VM mit einer Materialverteilung des entworfenen Objekts OBJ.
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Die einzulesenden oder zu spezifizierenden Entwurfsdaten ED können durch Datenstrukturen implementiert werden, durch die geforderte Eigenschaften des Objekts OBJ und/oder Vorgaben für das Objekt OBJ angegeben werden. Diese Angaben können z.B. Abmessungen, Formvorgaben, Formen von Objektteilen, auf das Objekt oder Teile davon einwirkende Kräfte, eine Belastbarkeit des Objekts, lokale und/oder globale Randbedingungen, statische und/oder dynamische Eigenschaften des Objekts und/oder zu optimierende Entwurfsparameter betreffen. Als globale Randbedingung kann z.B. ein maximales materialbehaftetes Volumen oder ein Maximalgewicht des Objekts angegeben werden. Als zu optimierende Entwurfsparameter können z.B. zu minimierende Verformungen und/oder Spannungen des Objekts unter Last vorgegeben werden.
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Die Zielfunktion CF stellt ein physikalisches Optimierungsziel dar. Durch die Zielfunktion CF wird vorzugsweise ein Abstand einer jeweiligen Materialverteilung vom Optimierungsziel anhand eines vorgegeben Abstandmaßes und/oder eine zu optimierende physikalische Größe der Materialverteilung berechnet. Die Zielfunktion CF kann z.B. als Programmroutine implementiert sein, die eingegeben und/oder durch eine Eingabe ausgewählt und/oder spezifiziert wird. Insbesondere kann die Zielfunktion CF mittels einer Datenstruktur implementiert werden, die die Zielfunktion CF spezifiziert und/oder parametrisiert. Eine derartige Zielfunktion wird im Rahmen von Optimierungsverfahren häufig auch als Kostenfunktion bezeichnet.
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Als physikalisches Optimierungsziel kann beispielsweise vorgegeben werden, dass das zu entwerfende Objekt OBJ unter Last möglichst geringe kumulierte Verformungen und/oder Spannungen unterhalb einer Zerreißgrenze aufweist. Weiterhin kann das physikalische Optimierungsziel auf ein minimales Gewicht und/oder Volumen des Objekts OBJ, eine gute Luftzirkulation und/oder Kühlung oder auf eine gewichtete Kombination der vorstehenden Optimierungskriterien gerichtet sein. Ein Wert der Zielfunktion CF, d.h. ein jeweiliger Abstand einer aktuellen Materialverteilung des Objekts OBJ zum physikalischen Optimierungsziel wird durch Simulation der physikalischen Eigenschaften des Objekts OBJ, z.B. mittels eines Finite-Elemente-Verfahrens anhand eines volumetrischen Modells des Objekts OBJ berechnet. Zur Berechnung der Zielfunktion CF können beispielsweise quadrierte Verformungen und/oder Spannungen des Objekts OBJ über alle Volumenelemente des volumetrischen Modells numerisch integriert werden.
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Das Optimierungskriterium CR gibt ein Erreichen einer Optimierungsvorgabe an und kann durch eine oder mehrere Datenstrukturen implementiert werden. So kann als Optimierungskriterium CR ein Schwellenwert für die Zielfunktion CF vorgegeben werden, der festlegt, wann ein Abstand zum physikalischen Optimierungsziel im Hinblick auf die Entwurfsvorgaben hinreichend klein ist und/oder wann eine zu optimierende physikalische Größe der betreffenden Materialverteilung hinreichend optimiert ist. Das Optimierungskriterium CR kann insbesondere eine Konvergenz eines Optimierungsverfahrens, eine hinreichende Stabilität des Objekts OBJ, einen hinreichenden Materialverbrauch, ein sicheres Unterschreiten einer Zerreißgrenze oder ein Unterschreiten eines vorgegebenen Objektvolumens betreffen.
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Die Entwurfsdaten ED werden vom Eingabeterminal IN zu einem Initialisierungsmodul INIT des Assistenzsystems AS übermittelt. Das Initialisierungsmodul INIT generiert und initialisiert ein volumetrisches Modell VM des Objekts OBJ mit einer Materialverteilung D gemäß den Entwurfsdaten ED und gibt das initialisierte volumetrische Model VM aus.
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Das volumetrische Modell VM ist im vorliegenden Ausführungsbeispiel ein dreidimensionales Modell des Objekts OBJ mit einer Vielzahl von z.B. in einem dreidimensionalen Gitter oder in einer dreidimensionalen Triangulierung angeordneten Volumenelementen VE. Das volumetrische Modell VM wird vorzugsweise durch einen räumlich aufgelösten Datensatz dargestellt, in dem für jeden Punkt und/oder jedes Volumenelement des dreidimensionalen Gitters oder der dreidimensionalen Triangulierung z.B. ein Dichtewert oder andere Materialwerte gespeichert sind. Vorzugsweise werden hierbei kontinuierliche oder quasikontinuierliche Dichtewerte zugelassen, damit das resultierende Optimierungsproblem stetig und/oder differenzierbar wird. Das Optimierungsproblem kann dann aber vorteilhafterweise so gestellt werden, dass diskrete Werte der Dichte, z.B. 0 und 1, bei der Optimierung derart bevorzugt werden, dass nach erfolgter Optimierung im Wesentlichen nur diese diskreten Dichtewerte auftreten. Zwischenwerte können hierdurch gewissermaßen „wegoptimiert“ werden. Anhand eines auf solche Weise diskretisierten Volumenmodells kann das Objekt OBJ direkt durch übliche 3D-Drucker ausgedruckt werden, die häufig nur die Option aufweisen, an einem jeweiligen Volumenelement des Objekts OBJ Material anzubringen oder kein Material anzubringen.
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Die Volumenelemente VE auf einem dreidimensionalen Gitter oder einer dreidimensionalen Triangulierung werden häufig auch als Voxel bezeichnet. Bei realistischen Objektentwürfen kann die Anzahl der Volumenelemente VE typsicherweise 105, 106 oder mehr betragen.
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Die Materialverteilung D wird im vorliegenden Ausführungsbeispiel durch eine räumlich aufgelöste Materialdichte im volumetrischen Modell VM angegeben, d.h. für jedes Volumenelement VE ist im volumetrischen Modell VM ein volumenelementspezifischer Wert für die Materialdichte gespeichert.
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Das volumetrische Modell VM kann durch das Initialisierungsmodul INIT derart generiert und initialisiert werden, dass die Materialverteilung D zunächst z.B. einen massiven Quader, Zylinder oder Kegel repräsentiert, d.h. dass die Materialdichte in allen Volumenelementen innerhalb des Quaders, Zylinders bzw. Kegels gleich 1 gesetzt wird und außerhalb gleich 0. Im Laufe der Entwurfsoptimierung können dann materialbehaftete Volumenelemente, sofern der Stabilität nicht abträglich, reduziert werden und so eine Volumen- und/oder Gewichtsreduktion erreicht werden. Ein Beispiel eines zunächst als massiver Kegel initialisierten und dann hinsichtlich des materialbehafteten Volumens optimierten volumetrischen Modells ist in den 3A und 3B schematisch dargestellt.
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Das volumetrische Modell VM mit der Materialverteilung D wird vom Initialisierungsmodul INIT zu einem Simulationsmodul SIM übermittelt und von diesem über ein Filtermodul F zu einem Optimierungsmodul OPT übermittelt. Alternativ oder zusätzlich kann das volumetrische Modell VM mit der Materialverteilung D im Speicher MEM gespeichert werden mit Zugriff durch das Initialisierungsmodul INIT, das Simulationsmodul SIM, das Filtermodul F sowie durch das Optimierungsmodul OPT.
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Das Simulationsmodul SIM dient zum Simulieren von physikalischen Eigenschaften des volumetrischen Modells VM. Zu diesem Zweck empfängt das Simulationsmodul SIM die Zielfunktion CF vom Eingabeterminal IN. Weiterhin liest das Simulationsmodul SIM das volumetrische Modell VM vom Initialisierungsmodul INIT, vom Speicher MEM oder, wie unten noch erläutert wird, vom Optimierungsmodul OPT ein. Zur Simulation von sowohl statischen als auch dynamischen physikalischen Eigenschaften des volumetrischen Modells VM wird vorzugsweise ein sogenanntes Finite-Elemente-Verfahren verwendet. Zur Ausführung derartiger Finite-Elemente-Verfahren stehen eine Vielzahl von stabilen und effizienten Verfahren und Prozeduren zur Verfügung. Im Rahmen der Simulation ermittelt das Simulationsmodul SIM einen spezifischen Wert der Zielfunktion CF für das aktuell eingelesene volumetrische Modell VM mit der Materialverteilung D sowie vorzugsweise für jedes Volumenelement VE eine volumenelementspezifische auf das physikalische Optimierungsziel bezogene lokale Zieleigenschaft GRD. Die lokale Zieleigenschaft GRD gibt einen lokalen Einfluss der Materialverteilung D auf das physikalische Optimierungsziel an. Vorzugsweise gibt die lokale Zieleigenschaft GRD für ein Volumenelement VE an, wie sich die Zielfunktion CF bei Änderung der Materialdichte in diesem Volumenelement VE ändert. Dies kann z.B. eine Änderung von Verformungen, Spannungen, Kühlungseigenschaften oder von gewichteten Kombinationen hiervon bei lokaler Änderung der Materialdichte betreffen. Die Gesamtheit der lokalen Zieleigenschaften GRD wird mittels Simulation der physikalischen Eigenschaften anhand des volumetrischen Modell VM ermittelt. Im vorliegenden Ausführungsbeispiel wird als lokale Zieleigenschaft GRD ein lokaler Gradient der Zielfunktion CF im jeweiligen Volumenelement VE verwendet, d.h. eine numerische Ableitung der Zielfunktion CF nach der lokalen Materialdichte im betrachteten Volumenelement VE. Die Gesamtheit der lokalen Zieleigenschaften GRD kann durch einen räumlich aufgelösten Datensatz implementiert werden, indem für jedes Volumenelement VE der jeweilige lokale Gradient abgespeichert ist.
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Die lokalen Zieleigenschaften GRD werden vom Simulationsmodul SIM zum Filtermodul F übermittelt. Das Filtermodul F führt anhand des volumetrischen Modells VM eine Stützungsprüfung SUPP aus und modifiziert die lokalen Zieleigenschaften GRD zu modifizierten Zieleigenschaften GRDMOD.
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Bei der Stützungsprüfung SUPP wird für ein jeweiliges materialbehaftetes Volumenelement VE geprüft, ob dieses hinsichtlich der additiven Fertigung gestützt wird. Ein betrachtetes Volumenelement VE wird hierbei als gestützt aufgefasst, wenn es durch ein anderes materialbehaftetes Volumenelement oder durch ein äußeres Auflageelement, z.B. eine Grundfläche oder eine andere Auflagefläche des Objekts OBJ mechanisch derart gestützt wird, dass es bei der additiven Fertigung, z.B. beim 3D-Druck keiner separaten Stützungsstrukturen bedarf.
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Im vorliegenden Ausführungsbeispiel wird im obigen Sinne für jedes Volumenelement VE des volumetrischen Modells VM zunächst geprüft, ob das betrachtete Volumenelement VE materialbehaftet ist, z.B. indem geprüft wird, ob die Materialdichte im betrachteten Volumenelement VE oberhalb eines vorgegebenen Schwellenwerts liegt. Falls sich das betrachtete Volumenelement VE als materialbehaftet erweist, wird weiterhin geprüft, ob ein von diesem materialbehafteten Volumenelement VE nach unten gerichteter Kegel mit einem vorgegebenen Öffnungswinkel auf ein anderes materialbehaftetes Volumenelement oder auf ein Auflageelement trifft. Vorzugsweise wird dabei das andere Volumenelement bevorzugt in einer Schicht des volumetrischen Modells VM gesucht, die unmittelbar vor der Schicht des betrachteten Volumenelements VE auszudrucken ist. Die Prüfung, ob das andere Volumenelement materialbehaftet ist, kann ebenfalls durch Vergleich mit dem vorerwähnten Schwellenwert erfolgen. Falls der Kegel ein anderes materialbehaftetes Volumenelement trifft, kann das betrachtete Volumenelement als gestützt aufgefasst werden. Falls das betrachtete Volumenelement VE gestützt wird, wird der lokale Gradient GRD für dieses Volumenelement vergrößert, andernfalls verkleinert, um so einen modifizierten lokalen Gradienten GRDMOD zu erhalten. Durch diese Modifikation nähert sich die lokale Zieleigenschaft bei Stützung dem Optimierungsziel an und entfernt sich bei Nichtstützung vom Optimierungsziel. Dies bedeutet, dass gestützte Strukturen im nachfolgenden, auf das Optimierungsziel hin gerichteten Optimierungsschritt gegenüber nicht gestützten Strukturen bevorzugt werden.
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Vorteilhafterweise kann bei der Stützungsprüfung SUPP zusätzlich geprüft werden, ob ein betrachtetes materialbehaftetes Volumenelement VE ein anderes materialbehaftetes Volumenelement hinsichtlich der additiven Fertigung stützt. Zu diesem Zweck kann geprüft werden, ob ein vom betrachteten Volumenelement VE nach oben gerichteter Kegel mit vorgegebenem Öffnungswinkel auf ein anderes materialbehaftetes Volumenelement trifft. Falls dies der Fall ist kann das betrachtete Volumenelement VE als stützendes Volumenelement aufgefasst werden. Vorzugsweise kann dabei das andere Volumenelement bevorzugt in einer Schicht des volumetrischen Modells VM gesucht werden, die unmittelbar nach der Schicht des betrachteten Volumenelements VE auszudrucken ist. Falls sich das betrachtete Volumenelement VE als stützend erweist, wird der lokale Gradient GRD des betrachteten Volumenelements VE vergrößert, andernfalls verkleinert. Auf diese Weise nähert sich eine lokale Zieleigenschaft eines stützenden Volumenelements dem Optimierungsziel an, während sich die lokale Zieleigenschaft eines nichtstützenden Volumenelements vom Optimierungsziel entfernt. Damit werden stützende Volumenelemente gegenüber nichtstützenden Volumenelementen beim nachfolgenden Optimierungsschritt bevorzugt.
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Vorzugsweise werden für die nach oben gerichteten Kegel und für die nach unten gerichteten Kegel die gleichen Öffnungswinkel vorgegeben, z.B. ein Öffnungswinkel von ≤ 60° oder ≤ 45°. Durch die Bevorzugung von gestützten und/oder stützenden materialbehafteten Volumenelementen gegenüber nichtgestützten und/oder nichtstützenden Volumenelementen werden im Laufe des Optimierungsprozesses größere Überhangwinkel gewissermaßen „wegoptimiert“. Tatsächlich ist in der Regel festzustellen, dass die durch einen konvergenten Optimierungsprozess entstehenden Objektstrukturen nahezu überall nur solche Überhangwinkel aufweisen, die kleiner gleich dem Öffnungswinkel der obigen Kegel sind. Durch geeignete Wahl dieser Öffnungswinkel kann das Objekt OBJ durch den Optimierungsprozess automatisch so entworfen werden, dass keine zusätzlichen Objektstrukturen vor dem Ausdruck anzubringen und nach dem Ausdruck zu entfernen sind.
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Die auf obige Weise modifizierten lokalen Gradienten werden als modifizierte Zieleigenschaften GRDMOD vom Filtermodul F zum Optimierungsmodul OPT übermittelt. In diesem Sinne wirkt das Filtermodul F als Filter für die lokalen Zieleigenschaften GRD.
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Das Optimierungsmodul OPT führt im vorliegenden Ausführungsbeispiel einen iterativen Optimierungsprozess aus, um die Materialverteilung D derart zu modifizieren, dass ein Wert der Zielfunktion CF minimiert oder verringert wird. Zur Implementierung dieses Optimierungsprozesses stehen eine Vielzahl von Standardoptimierungsverfahren zur Verfügung, z.B. sogenannte Steepest-Descent-Verfahren oder Simplex-Verfahren. Der Optimierungsprozess wird iterativ ausgeführt, bis das Optimierungskriterium CR erfüllt ist, z.B. bis der Abstand einer ermittelten Materialverteilung zum Optimierungsziel hinreichend klein ist oder andere Optimierungsvorgaben erreicht sind. Zu diesem Zweck wird das Optimierungskriterium CR vom Eingabeterminal IN zum Optimierungsmodul OPT übermittelt.
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Durch das Optimierungsmodul OPT wird die Materialverteilung D des volumetrischen Modells VM anhand der modifizierten Zieleigenschaften GRDMOD derart modifiziert, dass sich die modifizierte Materialverteilung DMOD dem Optimierungsziel im Rahmen eines Optimierungsschritts, d.h. eines Iterationsschritts, annähert. Auf die modifizierte Materialverteilung DMOD des volumetrischen Modells VM wird das Optimierungskriterium CR angewandt, um festzustellen, ob die modifizierte Materialverteilung DMOD einer Optimierungsvorgabe entspricht. Sofern das Optimierungskriterium CR noch nicht erfüllt ist, wird das volumetrische Modell VM mit der modifizierten Materialverteilung DMOD vom Optimierungsmodul OPT zum Simulationsmodul SIM übermittelt und so ein weiterer Iterationsschritt bzw. eine Ausführung einer Schleife für das volumetrische Modell VM mit der modifizierten Materialverteilung DMOD veranlasst. Ein jeweiliger Iterationsschritt dieser Schleife wird, wie oben bereits beschrieben, durch das Simulationsmodul SIM, das Filtermodul F sowie durch das Optimierungsmodul OPT ausgeführt.
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Sofern das Optimierungskriterium CR für die modifizierte Materialverteilung DMOD erfüllt ist, wird die Iteration beendet bzw. die Schleife verlassen. In diesem Fall wird das volumetrische Modell VM mit der modifizierten Materialverteilung DMOD über das Ausgabeterminal OUT als Entwurf des Objekts OBJ ausgegeben.
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Wie oben bereits erwähnt, weist der auf diese Weise optimierte Entwurf in der Regel fast keine Überhangwinkel auf, die größer als die Öffnungswinkel der verwendeten Kegel sind, so dass dieser Entwurf ohne zusätzlich anzubringende Stützstrukturen ausgedruckt werden kann. Das erfindungsgemäße Verfahren benötigt zur Optimierung des Entwurfs erheblich geringere Rechenressourcen als wenn ein Stützungserfordernis als direkte Nebenbedingung für jedes Volumenelement im Optimierungsprozess gefordert würde. Diese ressourcenschonende Optimierung erlaubt in vielen Fällen eine interaktive Änderung der Entwurfsdaten ED während des laufenden Optimierungsprozesses. D.h. die Entwurfsdaten ED können abhängig vom optimierten Entwurf interaktiv geändert werden und ein neuer Optimierungszyklus veranlasst werden, um so einen neuen optimierten Entwurf zu generieren. Der Entwurf für das letztlich auszudruckende Objekt OBJ wird in Form des volumetrischen Modells VM mit der optimierten Materialverteilung DMOD vom Ausgabeterminal OUT an den 3D-Drucker 3D übermittelt. Letzterer druckt dann das optimiert entworfene Objekt OBJ anhand der optimierten Materialverteilung DMOD aus. Da am optimierten Entwurf keine zusätzlichen Stützstrukturen anzubringen sind, müssen diese auch beim ausgedruckten Objekt nicht entfernt werden.
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3A zeigt eine aufgeschnittene Ansicht eines gemäß dem Stand der Technik optimierten Modells für ein auszudruckendes kegelförmiges Objekt. Wie in 3A ersichtlich ist, weist dieser Entwurf mehrere Stellen mit großem Überhangwinkel auf, von denen eine Strebe S1 durch einen Kreis hervorgehoben ist. Die Strebe S1 und die anderen stark überhängenden Stellen müssten vor einem 3D-Ausdruck mit geeigneten Stützstrukturen versehen werden, die nach dem Ausdruck in einem zusätzlichen Arbeitsgang entfernt werden müssten.
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Im Unterschied zu 3A zeigt 3B eine aufgeschnittene Ansicht eines erfindungsgemäß optimierten Modells des kegelförmigen Objekts. Wie leicht erkennbar ist, wurden in 3B stark überhängende Streben, wie z.B. die Strebe S1 in 3A, gewissermaßen „wegoptimiert“. Tatsächlich sind in 3B nur Streben S2 mit einem kleinen, für einen 3D-Ausdruck zulässigen Überhangwinkel vorhanden. Insgesamt wird in dem in 3B dargestellten Modell ein zulässiger Überhangwinkel im Wesentlichen nicht überschritten. Somit ist das in 3B dargestellte Modell ohne zusätzlich anzubringende Stützstrukturen ausdruckbar und das ausgedruckte Objekt erfordert entsprechend keine diesbezügliche Nachbearbeitung.