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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeug-Bremssystems. Ferner betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zur Durchführung und eine Verwendung des genannten Verfahrens. Zum Stand der Technik wird beispielshalber auf die
DE 10 2013 211 856 A1 , die
DE 38 39 957 A1 und insbesondere auf die
EP 1 369 326 B1 verwiesen.
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Allgemein ist es bekannt, dass Fahrzeug-Bremssysteme aufgrund von bestimmten Fahr- und Umweltsituationen Geräusche verursachen. Derartige Geräusche sind gegebenenfalls von den Fahrzeuginsassen, als auch von Außenstehenden als störend und unangenehm wahrnehmbar.
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So beschreibt die oben genannte
DE 10 2013 211 856 A1 ein Verfahren zum Verhindern von Bremsgeräuschen, insbesondere Bremsenquietschen. Um einen das Geräusch verursachenden Bremsdruckbereich zu vermeiden, wird das Fahrzeug automatisch gezielt abgebremst.
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Außerdem ist es aus der oben genannten
EP 1 369 326 B1 bekannt, einen bestimmten Zustand zu erfassen und abhängig von diesem Zustand einen vom Fahrer nicht bemerkbaren Bremsvorgang automatisch einzuleiten. Genauer wird dabei eine Salzwasserfilm-Schichtdicke an den Bremsscheiben erfasst und in Abhängigkeit dieser ein vom Fahrer praktisch nicht wahrnehmbarer Bremsvorgang zur Reinigung der Bremsscheiben eingeleitet.
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Zwischen den sogenannten Bremsbeläge und einer Halterung der Bremsbeläge bzw. einem Schacht in einem Bremssattel, in welchem die Bremsbeläge gehalten werden, herrscht tangential zur Bremsscheibe ein ausgeprägtes Spiel, welches den Bremsbeläge einen gewissen Freiheitsgrad auch in Vertikalrichtung bzgl. des Fahrzeugs einräumt, jedenfalls dann, wenn wie üblich sich der Bremssattel bezogen auf eine Uhr in der Umgebung der Dreiuhrstellung bzw. Neunuhrstellung befindet. Hinzu kommt ein in Radialrichtung der Bremsscheibe ausgeprägtes Spiel zwischen einer Bremsbelagsrückenplatte und einer oberen und unteren Abstützung der Bremsbeläge im Bremssattel. Die beiden genannten Spiele werden gemeinsam auch als Schachtspiel bezeichnet. Außerdem wird dieses bereits bestehende Schachtspiel oftmals durch Werkzeugtoleranzen bei der Herstellung der Bremsbeläge erweitert. Das Schachtspiel ist insbesondere deswegen notwendig, da es Restbremsmomente gering hält und somit ein reibungsloseres Lösen der Bremsbeläge von der Bremsscheibe nach einem durchgeführten Bremsvorgangs gewährleistet.
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Überfährt das Fahrzeug nun eine unebene Fahrbahnoberfläche, wie beispielsweise ein Kopfsteinpflaster oder Schlaglöcher, so kommt es des Öfteren zu einem für den Fahrer als unangenehm empfundenem Geräusch, insbesondere einem Klappergeräusch. Dabei werden bei der Überfahrt des Fahrzeuges über unebene Fahrbahnoberflächen die Bremsbeläge innerhalb des tangentialen und/oder radialen Schachtspiels zwischen den oberen und unteren Abstützungen im Bremssattel beschleunigt. Diese Beschleunigung der Bremsbeläge innerhalb des Schachtspieles führt während der Überfahrt über die unebene Fahrbahn zu einem dauerhaften Anschlagen der Bremsbeläge an dem oberen oder unteren Teil der Halterung der Bremsbeläge im Bremssattel bzw. an den oberen oder unteren Abstützungen der Bremsbeläge im Bremssattel. Das besagte Anschlagen der Bremsbeläge innerhalb des Schachtspiels an den Abstützungen der Bremsbeläge im Bremssattel bewirkt ein für den Fahrer als störend wahrnehmbares Klappergeräusch. Zur Vermeidung der genannten Klappergeräusche kommen in der Regel bestimmte Federn, wie beispielsweise Gehäusehaltefedern oder Spreizfedern zum Einsatz, welche das Klappergeräusch bis zu einer definierten Höhe der Beschleunigung vermeiden. Jedoch kann die sich ergebene Beschleunigung der Bremsbeläge bei einer Fahrt auf einer unebenen Fahrbahn, wie beispielsweise auf Kopfsteinpflaster oder auf Schlaglöchern diese definierte Höhe der Beschleunigung übertreffen und es kommt trotzdem zu unerwünschten Klappergeräuschen.
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Aufgabe der Erfindung ist aufzuzeigen, wie die vorstehende Geräuschproblematik vermieden werden kann.
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Die Lösung dieser Aufgabe ergibt sich mit den Merkmalen des Anspruchs 1. Neben dem beanspruchtem Verfahren zur Vermeidung des genannten Klappergeräusches bei Überfahrt auf unebenen Fahrbahnen wird ferner eine Vorrichtung zur Durchführung und eine Verwendung des genannten Verfahrens beansprucht.
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Das Verfahren zum Vermeiden von Klappergeräuschen bei Überfahrt auf unebenen Fahrbahnen wird an einer im Wesentlichen üblichen Fahrzeug-Bremsanlage durchgeführt, welche mindestens einen Bremsbelag und eine Bremsscheibe als Reibpartner aufweist, wobei eine elektronische Steuereinheit einen Zustand am Fahrzeug oder in dessen Umgebung erfasst und zustandsabhängig ein derartiges Andrücken zwischen Bremsbelag und Reibpartner (im Weiteren auch „leichter Bremsvorgang” genannt) veranlasst, dass eine im Wesentlichen nicht vom Fahrer wahrnehmbare Fahrzeugverzögerung eintritt.
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Erfindungsgemäß wird dabei eine Vertikalbewegung und/oder eine zukünftig mögliche Vertikalbewegung des Fahrzeugrads und/oder des Fahrzeugaufbaus erfasst.
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Die Erfassung einer Vertikalbewegung des Fahrzeugrads und/oder des Fahrzeugaufbaus kann eine genannte Vertikalbewegung mittels eines Höhenstandsensors am Fahrzeug oder mittels eines Beschleunigungssensors wie beispielsweise eines Sensors zur Erfassung von Vibrationen an der Fahrzeugkarosserie oder mittels eines Mikrophons erkannt werden.
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Die Erfassung einer Quelle einer zukünftig möglichen Vertikalbewegung des Fahrzeugrads und/oder des Fahrzeugaufbaus kann durch geeignete Messtechnik bzw. Sensorik am Fahrzeug erfolgen. Eine Quelle wird in diesem Sinne als ein Auslöser für das Auftreten eines Klappergeräusches verstanden, was beispielsweise ein Schlagloch oder eine Fahrbahn mit Kopfsteinpflaster sein kann.
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In einer vorteilhaften Ausführung der Erfindung kann eine genannte Quelle einer zukünftig möglichen Vertikalbewegung des Fahrzeugrads und/oder des Fahrzeugaufbaus über mindestens eine Kamera zur Überwachung der Fahrbahn und der Umgebung erfasst werden. Hierbei kann beispielsweise eine Fahrzeugaußenkamera ein bevorstehendes Schlagloch auf der Fahrbahn erfassen, diese Information mittels eines Signals an die elektronische Steuereinheit weiterleiten, welche daraufhin ein vom Fahrer im Wesentlichen nicht wahrnehmbaren leichten Bremsvorgang einleitet. Somit kann die Einleitung dem vom Fahrer im Wesentlichen nicht wahrnehmbaren leichten Bremsvorgang bereits präventiv eingesteuert werden und eine zukünftige Situation mit Klapperräuschen vermieden werden.
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Nach dem Erfassen einer Vertikalbewegung und/oder einer zukünftig möglichen Vertikalbewegung des Bremsbelags und/oder des Reibpartners wird ein vom Fahrzeugführer und von den Fahrzeuginsassen im Wesentlichen nicht wahrzunehmender leichter Bremsvorgang von der elektronischen Steuereinheit eingeleitet. Der dabei entstehende Bremsdruck führt nur zu einer minimalen Fahrzeugverzögerung und bewirkt ein Festdrücken bzw. ein Halten der Bremsbeläge in ihrer jeweiligen Position ohne hörbare Geräuschentwicklung. Ein störendes Klappergeräusch bei Überfahrt des Fahrzeuges über unebene Fahrbahnen wird dadurch vermieden.
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Der Bremsdruck des automatisch eingeleiteten leichten Bremsvorgangs, welcher von der elektronischen Steuereinheit eingeleitet wird, ist dabei derart eingestellt, dass er vom Fahrzeugführer und von Fahrzeuginsassen im Wesentlichen nicht wahrnehmbar ist. Als nicht wahrnehmbar gelten Bremsdruckbereiche, welche nur minimal größer als der Anlegedruck der Bremsbeläge an die Bremsscheiben sind, welcher bei ca. 1–2 bar liegt. Dieser nicht wahrnehmbare Bremsdruckbereich befindet sich in der Regel bei einem herkömmlichen Personenkraftwagen bei ca. 3–5 bar, kann jedoch je nach Fahrzeugklasse auch niedriger oder wie zum Beispiel bei einem Lastkraftwagen mit einem höheren Fahrzeuggewicht auch höher liegen. Vorzugsweise wird der von der elektronischen Steuereinheit eingeleitete Bremsdruck auf einen geeigneten maximalen Bremsdruck voreingestellt. Das Einleiten des leichten Bremsvorgangs kann anschließend entweder gemäß einer Sprungfunktion durch Anlegen des voreingestellten Bremsdrucks erfolgen und/oder auch durch ein zeit-, weg- oder geschwindigkeitsabhängiges Kennfeld aufbauend bis zur Erreichung des maximalen Bremsdrucks erfolgen. Ebenso kann wie das Einleiten des leichten Bremsvorgangs auch das Beenden des leichten Bremsvorgangs entweder gemäß einer Sprungfunktion durch Abbauen des voreingestellten Bremsdrucks erfolgen und/oder auch durch ein zeit-, weg- oder geschwindigkeitsabhängiges Kennfeld abgebaut werden, bis kein Bremsdruck mehr eingeleitet wird.
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Vorzugsweise erfolgt der automatisch eingeleitete leichte Bremsvorgang bereits bei der Erfassung einer zukünftig möglichen Vertikalbewegung des Bremsbelags und/oder des Reibpartners. Alternativ kann der automatisch eingeleitete leichte Bremsvorgang direkt im Anschluss oder sogar während der Erfassung einer Vertikalbewegung und/oder des Reibpartners erfolgen. Damit kann sichergestellt werden, dass keine oder keine weitere Geräuschentwicklung bei der Überfahrt des Fahrzeuges auf unebenen Fahrbahnen erfolgt.
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Im Sinne einer vorteilhaften Weiterbildung kann der für den Fahrer im Wesentlichen nicht wahrnehmbare eingeleitete Bremsdruckaufbau geschwindigkeitsgesteuert sein. So kann beispielsweise der automatisch eingeleitete Bremsdruck bei einem höheren Geschwindigkeitsbereich nicht mehr eingeleitet werden, da das Reversierklacken aufgrund übertönender, anderer Fahrzeug- und/oder Umgebungsgeräusche auch ohne automatisch eingeleiteten leichten Bremsvorgang nicht mehr vom Fahrer hörbar ist.
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Weiterhin kann der Bremsdruck des automatisch eingeleiteten, leichten Bremsvorgangs auch zeitgesteuert sein. So kann beispielsweise nach dem Erfassen einer zukünftig möglichen Vertikalbewegung des Bremsbelags und/oder des Reibpartners eine bestimmte Zeit vorgegeben werden, in welcher der Bremsdruck eingeleitet wird. Zudem kann bei einer sehr langen Überfahrt über unebene Fahrbahnen zur Vermeidung eines zu hohen Kraftstoffverbrauchs die Dauer des eingeleiteten leichten Bremsvorgangs begrenzt werden.
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Des Weiteren kann der automatisch eingeleitete Bremsdruck weggesteuert sein. So kann beispielsweise der Bremsdruck des automatisch eingeleiteten leichten Bremsvorgangs nach oder vor einer bestimmten zurückgelegten Strecke des Fahrzeuges eingeleitet werden.
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Die Erfindung kann eine elektrohydraulische Scheibenbremse betreffen, bei welcher der automatisch eingeleitete leichte Bremsvorgang vom Fahrer in Form einer Rückmeldung am Bremspedal durch eine Entkoppelung des Bremspedals von einer hydraulischen Stelleinheit an der Fahrzeugbremse im Wesentlichen nicht wahrnehmbar ist.
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Die Vorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens umfasst vorzugsweise eine hydraulisch oder elektrohydraulisch betätigte Scheibenbremse an einem vorzugsweise zweispurigem Kraftfahrzeug, welche unter anderem eine Bremsscheibe, einen die Bremsscheibe umgreifenden Bremssattel, einen Bremsträger, mindestens einen Bremsbelag und mindestens einen vom elektronischen Steuergerät verlagerbaren Bremskolben aufweist. Die elektronische Steuereinheit ist dabei in der Lage in Abhängigkeit der messtechnisch oder sensorisch erfassten Zustände, einen automatischen leichten Bremsvorgang einzuleiten.
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Im folgendem wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispiels weiter erläutert.
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1 zeigt eine schematische Ansicht eines Bremsbelags innerhalb eines Bremssattels, welcher eine nicht dargestellte Bremsscheibe umgreift. Dabei wird eine schematische Ansicht eines Bremsbelags mit der Bezugsziffer 10 im Schenkel 20 eines Bremssattels dargestellt. Die gewählte Ansicht zeigt eine Draufsicht auf den im Bremssattelschenkel 20 gehaltenem Bremsbelag 10, der mit seiner sichtbaren Fläche von einem hinter der Zeichenebene liegenden Kolben gegen eine vor der Zeichenebene (und somit dem Betrachter zugewandte) liegende Bremsscheibe, welche um einer zur Zeichenebene senkrechte Achse drehbar ist, gepresst werden kann.
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Im Ausführungsbeispiel aus 1 wird der Bremsbelag 10 von dem Bremssattelschenkel 20 in einem Schacht 30 zwischen einer oberen Abstützung 21 und einer unteren Abstützung 22 im Bremssattelschenkel 20 gehalten. Innerhalb dieser Halterung besteht ein in Vertikalrichtung sowohl der Zeichenebene, als auch im Einbauzustand des Fahrzeugbremssattels zu erkennendes Schachtspiel 40 (= Freiraum) zwischen den beiden Abstützungen 21 und 22 und dem Bremsbelag 10.
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Bei Fahrt des Fahrzeuges auf unebener Fahrbahn kann der Bremsbelag 10 innerhalb des genannten Schachtspiels 40 derart beschleunigt werden, dass der Bremsbelag 10 immer wiederkehrend gegen die obere und untere Abstützung 21 und 22 anstößt, wobei ein lautes Klappergeräusch entsteht. Durch die erfindungsgemäße Maßnahme, also einem in und/oder vor Auftreten einer potentiellen Klappersituation automatisch eingeleitetem Bremsdruck, wird der Bremsbelag 10 derart gegen die nicht abgebildete und sich vor der Zeichenebene befindliche Bremsscheibe gedrückt, dass eine Beschleunigung des Bremsbelages 10 und damit ein Klappergeräusch vermieden wird.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102013211856 A1 [0001, 0003]
- DE 3839957 A1 [0001]
- EP 1369326 B1 [0001, 0004]