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GEBIET
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Die vorliegende Erfindung betrifft die Steuerung pneumatischer Bremsanlagen. Insbesondere betrifft die vorliegende Erfindung pneumatische Bremsanlagen zum Bremsen eines Schienenfahrzeuges mit mindestens zwei mechanischen Bremsen, wobei die mechanischen Bremsen während eines Bremsvorgangs gleichzeitig aber asynchron betrieben werden.
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HINTERGRUND
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Bei pneumatischen Bremsanlagen und insbesondere bei pneumatischen Bremsanlagen, die darauf ausgelegt sind, vordefinierte Bremsdruckstufen zu erzeugen, kann es, insbesondere bei geringer Bremskraft, zu unerwünschter Geräuschentwicklung kommen. Beispielsweise kann bei einem Fahrzeug mit pneumatischen Scheibenbremsen beim Bremsen bei langsamer Fahrt ein Bremsenquietschen auftreten.
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Zur Verhinderung des Bremsenquietschens ist es bekannt, konstruktive Maßnahmen hinsichtlich des Bremsbelags zu unternehmen. Diese haben jedoch oftmals den Nachteil, dass dadurch die Herstellung der Bremsbeläge aufwändiger wird, wodurch das Austauschen der Bremsbeläge während der gesamten Betriebsdauer des Fahrzeugs zusätzliche Kosten erzeugt.
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine pneumatische Bremsanlage bereitzustellen, bei der das Auftreten von Bremsenquietschen mit möglichst geringem Aufwand reduziert bzw. verhindert wird.
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ZUSAMMENFASSUNG
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Die vorliegende Erfindung löst diese Aufgabe insbesondere durch Bereitstellen einer pneumatischen Bremsanlage mit mindestens zwei mechanischen Bremsen, wobei zur Reduzierung der Bremsengeräusche eine (um einen vorbestimmten Phasenwinkel) phasenverschobene Oszillation des Bremsdrucks der mechanischen Bremsen erzeugt wird. Durch die phasenverschobene Oszillation des Bremsdrucks der mechanischen Bremsen wird das Aufkeimen resonanter Schwingungen in den mechanischen Bremsen unterbunden, wenngleich die Summe der durch die mechanischen Bremsen erzeugten Bremskräfte gar nicht oder nur unwesentlich, d. h. mit hinreichend kleiner Amplitude, oszilliert. Anders ausgedrückt werden auf miteinander starr verbundene Bereiche (bspw. auf Bereiche einer Radscheibe, eines Rades, einer Achse, eines Radsatzes oder eines Rahmens) eines (Schienen-)Fahrzeugs oszillierende Bremskräfte ausgeübt, die so zueinander phasenverschoben sind, dass die resultierende Gesamtbremskraft keine oder (möglichst) geringe Schwankungen aufweist. Geringe Schwankungen der Gesamtbremskraft sind im Bereich der Schienenfahrzeuge bspw. Schwankungen, die kleiner als die Hälfte einer nominellen Maximalverzögerung eines Schienenfahrzeugs sind, z. B. Schwankungen der Gesamtbremskraft kleiner als 0,5 m/s2, kleiner als 0,25 m/s2 oder kleiner als 0,1 m/s2.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren zur Steuerung einer pneumatischen Bremsanlage umfasst ein Beaufschlagen einer ersten mechanischen Bremse der pneumatischen Bremsanlage mit einem ersten Bremsdruck, ein Beaufschlagen einer zweiten mechanischen Bremse der pneumatischen Bremsanlage mit einem zweiten Bremsdruck, ein Erzeugen einer Oszillation des ersten Bremsdrucks um einen ersten Mittelwert und ein Erzeugen einer Oszillation des zweiten Bremsdrucks um einen zweiten Mittelwert, wobei die Oszillation des ersten Bremsdrucks und die Oszillation des zweiten Bremsdrucks zueinander phasenverschoben sind.
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In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass unter dem Begriff „pneumatische Bremsanlage“, wie er in der Beschreibung und den Ansprüchen verwendet wird, insbesondere eine Anlage zu verstehen ist, bei der ein Bremsdruck mittels komprimierter Gase (bsp. Luft) gesteuert wird. Ferner wird darauf hingewiesen, dass unter dem Begriff „mechanische Bremse“, wie er in der Beschreibung und den Ansprüchen verwendet wird, insbesondere eine Reibbremse wie bspw. eine Scheibenbremse oder eine Klotzbremse zu verstehen ist. Des Weiteren wird darauf hingewiesen, dass unter dem Begriff „Oszillation“, wie er in der Beschreibung und den Ansprüchen verwendet wird, insbesondere eine periodische Schwankung um einen konstanten Mittelwert wie bspw. eine Sinusschwingung zu verstehen ist. Zudem wird darauf hingewiesen, dass unter dem Begriff „phasenverschoben“, wie er in der Beschreibung und den Ansprüchen verwendet wird, ein Phasenversatz verstanden wird, der größer als Null ist, bspw. ein Phasenversatz, der zwischen 0,01 π und 1,99 π, zwischen 0,1 π und 1,9 π, zwischen 0,25 π und 1,75 π, zwischen 0,5 π und 1,5 π, oder zwischen 0,75 π und 1,25 π liegt, wobei der Phasenversatz nicht notwendigerweise während einer vorbestimmten Zeitdauer konstant sein muss. Somit kann die Amplitude der Oszillation des ersten Bremsdrucks und die Amplitude der Oszillation des zweiten Bremsdrucks groß genug gewählt werden, um das Aufkeimen resonanter Schwingungen der mechanischen Bremsen zu verhindern, ohne eine wesentliche Schwankung der Gesamtbremskraft in Kauf nehmen zu müssen.
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Vorzugsweise erzeugt der erste Bremsdruck eine erste Bremskraft und der zweite Bremsdruck eine zweite Bremskraft und die erste Bremskraft und die zweite Bremskraft wirken additiv auf eine Radscheibe, einen Radsatz oder einen Rahmen eines Schienenfahrzeugs.
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Durch die starre Verbindung der Bereiche, auf die die Bremskraft wirkt, kann ein Aufschaukeln von Relativschwingungen zwischen den Bereichen verhindert werden. Zudem sei in diesem Zusammenhang angemerkt, dass auch drei, vier oder mehr Bremsen pro Radscheibe, Radsatz oder Rahmen eines Schienenfahrzeugs vorgesehen sein können und dementsprechend drei, vier oder mehr Bremskräfte additiv auf eine Radscheibe, einen Radsatz oder einen Rahmen eines Schienenfahrzeugs wirken können.
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Vorzugsweise weist eine Summe der ersten Bremskraft und der zweiten Bremskraft keine Oszillationen auf oder weist eine Summe der ersten Bremskraft und der zweiten Bremskraft eine kleinere Oszillationsamplitude auf, als die erste Bremskraft und als die zweite Bremskraft.
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Somit kann durch die phasenversetzte Oszillation der Bremsdrücke eine im Wesentlichen schwankungsfreie Gesamtbremskraft erzielt werden. Dies gilt entsprechend für drei, vier oder mehr Bremskräfte, die additiv auf eine Radscheibe, einen Radsatz oder einen Rahmen eines Schienenfahrzeugs wirken.
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Vorzugsweise erfolgt das Erzeugen der Oszillation des ersten Bremsdrucks und das Erzeugen der Oszillation des zweiten Bremsdrucks beim Bremsen des Schienenfahrzeugs nur dann, wenn eine Geschwindigkeit des Schienenfahrzeugs unter einem vorbestimmten Wert liegt.
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Somit kann ein Bremsenquietschen, welches insbesondere bei geringen Fahrzeuggeschwindigkeiten auftritt, effektiv vermieden werden, ohne bei höheren Geschwindigkeiten, bei denen oftmals kein Bremsenquietschen auftritt, den Aufwand des Erzeugens einer Oszillation des ersten Bremsdrucks und des Erzeugens einer Oszillation des zweiten Bremsdrucks in Kauf nehmen zu müssen.
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Vorzugsweise weist die Oszillation des ersten Bremsdrucks und die Oszillation des zweiten Bremsdrucks eine gleiche Frequenz auf, die vorzugsweise in einem Bereich von 0,1 Hz bis 100 Hz und besonders vorzugsweise in einem Bereich von 1 Hz bis 10 Hz liegt.
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Durch eine gleiche Frequenz der Oszillation des ersten Bremsdrucks und der Oszillation des zweiten Bremsdrucks können Schwebungen vermieden werden. Ferner können zur Erzeugung von Oszillationen in einem Bereich von 0,1 Hz bis 100 Hz und vorzugsweise in einem Bereich von 1 Hz bis 10 Hz Ventile verwendet werden, die an einer Gaszuführungsleitung angeschlossen sind und die Zuführung von Gas aus der Gaszuführungsleitung modulieren.
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Vorzugsweise sind eine Amplitude der Oszillation des ersten Bremsdrucks und eine Amplitude der Oszillation des zweiten Bremsdrucks gleich groß.
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Durch gleich große Amplituden der Oszillationen kann bei entsprechender Phasenverschiebung eine maximale Abweichung des ersten Bremsdrucks vom ersten Mittelwert durch eine gleichzeitig auftretende und entgegen gerichtete maximale Abweichung des zweiten Bremsdrucks vom zweiten Mittelwert kompensiert werden.
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Vorzugsweise erfolgt das Erzeugen der Oszillation des ersten Bremsdrucks und das Erzeugen der Oszillation des zweiten Bremsdrucks durch steuerbare Ventile, die mit derselben Gaszuführungsleitung verbunden sind, wobei der erste Mittelwert gleich dem zweiten Mittelwert ist.
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Durch das Verbinden der steuerbaren Ventile mit derselben Gaszuführungsleitung kann der Aufwand des Vorsehens separater Gaszuführungsleitungen (bzw. Druckluftleitungen) vermeiden werden.
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Eine erfindungsgemäße Bremsanlage für ein Schienenfahrzeug umfasst eine erste pneumatische Bremse und eine zweite pneumatische Bremse, eingerichtet zum Bremsen des Schienenfahrzeuges, eine erste Gasleitung, eingerichtet zum Anschluss an eine Gasversorgung des Schienenfahrzugs, zur Versorgung der ersten pneumatischen Bremse mit Gas, eine zweite Gasleitung, eingerichtet zum Anschluss an die Gasversorgung des Schienenfahrzugs, zur Versorgung der zweiten pneumatischen Bremse mit Gas, ein erstes steuerbares Ventil, angeordnet zwischen der Gasversorgung des Schienenfahrzugs und der ersten pneumatischen Bremse, ein zweites steuerbares Ventil, angeordnet zwischen der Gasversorgung des Schienenfahrzugs und der zweiten pneumatischen Bremse und eine Steuerung, eingerichtet zum Steuern des ersten steuerbaren Ventils und des zweiten steuerbaren Ventils, wobei die Steuerung ferner dazu eingerichtet ist, beim Bremsen des Schienenfahrzeugs eine Oszillation einer durch die erste pneumatische Bremse erzeugten ersten Bremskraft und eine zur Oszillation der ersten Bremskraft phasenverschobene Oszillation einer durch die zweite pneumatische Bremse erzeugten zweiten Bremskraft zu erzeugen.
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In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass unter dem Begriff „pneumatische Bremse“, wie er in der Beschreibung und den Ansprüchen verwendet wird, insbesondere eine Bremse zu verstehen ist, bei der ein Bremsdruck mittels komprimierten Gases aufgebaut und/oder abgebaut wird. Das durch die Gasversorgung bereitgestellte Gas wird somit den pneumatischen Bremsen über die steuerbaren Ventile zugeführt. Ein steuerbares Ventil kann ferner einen durch das zugeführte Gas in der pneumatischen Bremse erzeugten Bremsdruck absenken, bspw. indem ein Teil des einer pneumatischen Bremse zugeführten Gases an die Umgebung abgegeben wird oder wieder erhöhen, indem der pneumatischen Bremse erneut von der Gasversorgung bereitgestelltes Gas zugeführt wird.
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Vorzugsweise wirken die erste Bremskraft und die zweite Bremskraft additiv auf eine Radscheibe, einen Radsatz oder einen Rahmen eines Schienenfahrzeugs.
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Durch die additive Wirkung der ersten Bremskraft und der zweiten Bremskraft auf ein starres Bauteil des Schienenfahrzeugs werden sich möglicherweise aufschaukelnde Relativbewegungen von mit unterschiedlicher Bremskraft gebremsten Bauteilen vermieden und ein gleichmäßigerer Bremsprozess erzielt.
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Vorzugsweise ist die Steuerung dazu eingerichtet, die Oszillation der ersten Bremskraft und die Oszillation der zweiten Bremskraft nur dann zu erzeugen, wenn eine Geschwindigkeit des Schienenfahrzeugs unter einem vorbestimmten Wert liegt.
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Dadurch kann erreicht werden, dass die Bremskraft-Oszillationen insbesondere dann erzeugt werden, wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit für Bremsenquietschen besteht, während bei einer geringen Wahrscheinlichkeit für Bremsenquietschen kein zusätzlicher Aufwand für das Erzeugen der Oszillationen betrieben werden muss.
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Vorzugsweise ist die Steuerung dazu eingerichtet, eine Frequenz der Oszillation der ersten Bremskraft und eine Frequenz der Oszillation der zweiten Bremskraft auf einen gemeinsamen Frequenzwert zu regeln, der vorzugsweise in einem Bereich von 0,1 Hz bis 100 Hz und besonders vorzugsweise in einem Bereich von 1 Hz bis 10 Hz liegt.
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Durch das Regeln der Bremskraft-Oszillationen auf einen gleichen Frequenzwert können, wie oben angemerkt, Schwebungen der Gesamtbremskraft vermieden werden. Zudem erzeugt das Erzeugen von Bremskraft-Oszillationen in dem bevorzugten relativ niedrigen Frequenzbereich bei pneumatischen Bremsen einen geringeren Aufwand als das Erzeugen von Bremskraft-Oszillationen in einem deutlich höheren Frequenzbereich.
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Vorzugsweise sind das erste steuerbare Ventil und das zweite steuerbare Ventil als Proportionalventile ausgebildet.
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Durch die Verwendung von Proportionalventilen, d. h., von Ventilen, die eine stufenlose Öffnung einer Durchflussbegrenzung erlauben, können Oszillationen von fast beliebiger Form erzeugt werden.
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Figurenliste
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Die Erfindung wird nachfolgend in der detaillierten Beschreibung anhand von Ausführungsbeispielen erläutert, wobei auf Zeichnungen Bezug genommen wird, in denen:
- 1 eine schematische Ansicht einer Bremsanlage mit einer pneumatischen Bremse gemäß einer ersten bevorzugten Ausführungsform;
- 2 eine schematische Ansicht eines ersten beispielhaften Verlaufs des Bremsleitungsdrucks in der pneumatischen Bremse gemäß der ersten bevorzugten Ausführungsform;
- 3 eine schematische Ansicht eines zweiten beispielhaften Verlaufs des Bremsleitungsdrucks in der pneumatischen Bremse gemäß der ersten bevorzugten Ausführungsform;
- 4 eine schematische Ansicht eines Fahrzeugs, in dem pneumatische Bremsen gemäß der ersten bevorzugten Ausführungsform angeordnet sind;
- 5 eine schematische Ansicht eines beispielhaften Verlaufs des Bremsleitungsdrucks in zwei koordiniert betriebenen pneumatischen Bremsen gemäß der ersten bevorzugten Ausführungsform;
- 6 eine schematische Ansicht eines Fahrzeugs, in dem pneumatische Bremsen gemäß der ersten bevorzugten Ausführungsform angeordnet sind;
- 7 eine schematische Ansicht eines beispielhaften Verlaufs des Bremsleitungsdrucks in zwei koordiniert betriebenen pneumatischen Bremsen gemäß der ersten bevorzugten Ausführungsform;
- 8 eine schematische Ansicht eines beispielhaften Verlaufs des Bremsleitungsdrucks in zwei koordiniert betriebenen pneumatischen Bremsen gemäß der ersten bevorzugten Ausführungsform;
- 9 eine schematische Ansicht einer Bremsanlage mit einer pneumatischen Bremse gemäß einer zweiten bevorzugten Ausführungsform; und
- 10 ein Flussdiagramm eines Bremsprozesses zeigt.
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Dabei sind in den Zeichnungen gleiche Elemente durch identische Bezugszeichen gekennzeichnet.
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DETAILLIERTE BESCHREIBUNG
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1 zeigt eine schematische Ansicht einer Bremsanlage 10. Die Bremsanlage 10 umfasst eine Gasversorgung (Druckluftversorgung) 12 und eine oder mehrere an die Gasversorgung 12 angeschlossene pneumatische Bremseneinheiten 14 (nur eine gezeigt). Die Gasversorgung 12 umfasst einen Kompressor 16, der im Betrieb einem Hauptluftbehälter 18 komprimierte Luft zuführt. Der Hauptluftbehälter 18 ist über ein Führerbremsventil 20 mit einer Hauptluftleitung 22 verbunden. Die Gasversorgung 12 umfasst ferner einen Vorratsluftbehälter 24, der über ein Steuerventil 26 mit der Hauptluftleitung 22 und einer Bremsleitung 28 verbindbar ist.
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Die pneumatische Bremseneinheit 14 ist an die Bremsleitung 28 angeschlossen und wird beim Bremsen durch die Bremsleitung 28 mit Druckluft gespeist. Die Bremseneinheit 14 umfasst ein Modulationsventil 30, das an die Bremsleistung 28 angeschlossen ist, und eine pneumatisch betätigbare (mechanische) Bremse 32 (bspw. eine Scheibenbremse), die an das Modulationsventil 30 angeschlossen ist. Ferner sei angemerkt, dass das Modulationsventil 30 in das Steuerventil 26 integriert sein kann bzw. das Steuerventil 26 um die Funktionalität des Modulationsventils 30 ergänzt sein kann.
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2 zeigt für einen Bremsvorgang beispielhafte Kurven des Drucks in der Hauptluftleitung 22 und am bremsenseitigen Ausgang des Modulationsventils 30. Wie in 2 gezeigt, wird der mittlere Druck 34 am Ausgang des Modulationsventils 30 durch Druckstufen 36 in der Hauptluftleitung 22 gesteuert. Die Druckstufen 36 in der Hauptluftleitung 22 werden durch das Führerbremsventil 20 eingestellt. Ist der Druck in der Hauptluftleitung 22 gleich der anfänglichen (höchsten) Druckstufe 36, verbindet das Steuerventil 26 den Vorratsluftbehälter 24 mit der Hauptluftleitung 22. Dadurch kann der Vorratsluftbehälter 24 über die Hauptluftleitung 22 mit Luft befüllt werden, bis der Druck in dem Vorratsluftbehälter 24 dem Druck in der Hauptluftleitung 22 (bzw. einem Druck auf der Vorratsluftbehälter-Seite des Steuerventils 26) entspricht.
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Bei Absenken des Drucks in der Hauptluftleitung 22 durch Betätigen des Führerbremsventils 20 kann eine Verbindung des Vorratsluftbehälters 24 mit der Hauptluftleitung 22 unterbrochen werden. Ferner kann das Steuerventil 26 die Bremsleitung 28 mit dem Vorratsluftbehälter 24 verbinden. Aus dem Vorratsluftbehälter 24 ausströmende Druckluft wird über die Bremsleitung 28 durch das Modulationsventil 30 zur pneumatischen Bremse 32 geleitet. Im Falle einer Realisierung der pneumatischen Bremse 32 als Scheibenbremse werden die Bremsbeläge der Bremszange (nicht gezeigt) der Scheibenbremse durch den Druck, der auf Grund der zugeführten Druckluft ansteigt, gegen die Bremsscheibe (nicht gezeigt) gedrückt. Dadurch wird beim Bremsen eines sich bewegenden Fahrzeugs eine auf das Fahrzeug wirkende Bremskraft erzeugt.
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Wie in 2 gezeigt, wird der Bremsdruck 38, d. h. der Druck, mit dem bspw. die Bremsbeläge der Bremszange (nicht gezeigt) einer Scheibenbremse gegen die Bremsscheibe (nicht gezeigt) gedrückt werden, durch das Modulationsventil 30 moduliert. D. h., das Modulationsventil 30 variiert (erhöht und reduziert) kontinuierlich den Bremsdruck 38 (bspw. mit einer Amplitude von weniger als 20 % des Gesamtdrucks, weniger als 10 % des Gesamtdrucks oder weniger als 5 % des Gesamtdrucks). Das kontinuierliche Variieren des Bremsdrucks 38 kann bspw. durch periodisches Zuführen von Druckluft und (Teil-)Entlüften der pneumatischen Bremse 32 realisiert werden.
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Dadurch oszilliert der Bremsdruck 38 um einen konstanten Druck-Mittelwert 34 (bspw. mit einer Frequenz in einem Bereich von 0,1 Hz bis 100 Hz oder in einem Bereich von 1 Hz bis 10 Hz). Ist das Modulationsventil 30 als Proportionalventil ausgebildet, können Oszillationen unterschiedlichen Charakters (hinsichtlich Amplitude, Verlauf, etc.) erzielt werden. Ferner können neben Oszillationen des Bremsdrucks 38 um einen konstanten Druck-Mittelwert 34 auch Oszillationen um eine steigende oder fallende Druckkurve erzeugt werden.
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Wie in 2 gezeigt, kann das Modulationsventil 30 den Bremsdruck 38 während eines gesamten Bremsvorgangs modulieren. Ferner kann, wie in 3 gezeigt, das Modulationsventil 30 situationsabhängig deaktiviert oder überbrückt werden. Bspw. kann das Modulationsventil 30 deaktiviert oder überbrückt werden, wenn eine Geschwindigkeit eines mit der Bremsanlage 10 versehenen Fahrzeugs einen vorbestimmten Wert überschreitet (bspw. einen Wert größer als 25 km/h, größer als 50 km/h, größer als 75 km/h, größer als 100 km/h, größer als 125 km/h, etc.). Ferner kann das Modulationsventil 30 deaktiviert oder überbrückt werden, wenn der Bremsdruck 36 einen vorbestimmten Wert überschreitet (bspw. einen Wert kleiner als 4 bar, kleiner als 3 bar, kleiner als 2 bar oder kleiner als 1 bar).
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Des Weiteren können beide Bedingungen verknüpft sein. So kann, wie in 3 gezeigt, beim Einleiten eines Bremsvorgangs das Modulationsventil 30 deaktiviert oder überbrückt werden, nachdem der Bremsdruck 38a einen vorbestimmten ersten Wert überschreitet (bspw. einen Wert größer als 1 bar, größer als 2 bar, größer als 3 bar, etc.). Nachdem die Geschwindigkeit des Fahrzeugs ausreichend reduziert ist (bspw. auf einen Wert kleiner als 100 km/h, kleiner als 75 km/h, kleiner als 50km/h oder kleiner als 25km/h), kann der nicht modulierte Bremsdruck 38b reduziert werden, wobei das Modulationsventil 30 aktiviert oder nicht länger überbrückt wird, wenn der nicht modulierte Bremsdruck 38b einen vorbestimmten zweiten Wert unterschreitet.
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Der vorbestimmte zweite Wert kann größer sein, als der vorbestimmte erste Wert, wenn sich die Schwelle, ab der das Modulationsventil 30 aktiviert oder nicht länger überbrückt wird, geschwindigkeitsabhängig erhöht. D. h., dass ein relativ hoher Bremsdruck 38c bei einer relativ kleinen (zweiten) Fahrzeuggeschwindigkeit moduliert wird, bei einer höheren (ersten) Fahrzeuggeschwindigkeit aber nicht, da Bremsenquietschen oftmals bei relativ kleinen Geschwindigkeiten auftritt.
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Wie in 4 gezeigt, kann die Bremsanlage 10 in einem Schienenfahrzeug 40 angeordnet sein. Das Schienenfahrzeug 40 umfasst einen Rahmen 42, in dem ein erster Radsatz 44-1 und ein zweiter Radsatz 44-2 drehbar gelagert sind, parallel zu einer Schienenerstreckungsrichtung aber starr mit dem Rahmen 40 verbunden sind. Der erste Radsatz 44-1 wird im Betrieb durch eine erste pneumatische Bremseneinheit 14-1 und der zweite erste Radsatz 44-2 wird im Betrieb durch eine zweite pneumatische Bremseneinheit 14-2 gebremst.
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Wie in 5 gezeigt, erfolgen die Modulationen des ersten Bremsdrucks 38-1 der ersten Bremseneinheit 14-1 und des zweiten Bremsdrucks 38-2 der zweiten Bremseneinheit 14-2 koordiniert. Dazu umfasst das Schienenfahrzeug 40 eine Steuerung 46, die über die Signalleitungen 48-1 und 48-2 mit den Modulationsventilen 30 verbunden ist (siehe auch 1). Die Modulationsventile 30, die bspw. als elektropneumatische Ventile ausgebildet sein können, werden durch die Steuerung 46 phasenversetzt angesteuert. Der Phasenversatz entspricht dem Doppelten der Kreiszahl geteilt durch die Anzahl an Modulationsventilen 30, d. h. der Kreiszahl.
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Wie des Weiteren in 5 gezeigt, unterliegt die Summe 50 der Bremsdrücke 38-1 und 38-2 keinen Schwankungen, da sich die Oszillationen der Bremsdrücke 38-1 und 38-2 um ihren jeweiligen Mittelwert gegenseitig aufheben. Eine durch die Bremsdrücke 38-1 und 38-2 erzeugte Bremskraft unterliegt somit ebenso keinen oder allenfalls geringen Schwankungen. Es versteht sich für den Fachmann, dass neben sich gegenseitig vollständig aufhebenden Oszillationen der Bremsdrücke 38, auch sich im Wesentlichen aufhebende Oszillationen der Bremsdrücke 38 den Anforderungen auf eine im Wesentlichen schwankungsfreie Gesamtbremskraft genügen würden, wie bspw. bei einem Schienenfahrzeug 40 mit drei Radsätzen 44, die jeweils durch eine pneumatische Bremseneinheit 14 gebremst werden.
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Zudem versteht es sich, dass die koordinierten Modulationen des ersten Bremsdrucks 38-1 der ersten Bremseneinheit 14-1 und des zweiten Bremsdrucks 38-2 der zweiten Bremseneinheit 14-2 einer synergistischen Verwendung der pneumatischen Bremseneinheit 14 als Teil eines Gleitschutzsystems, das ein Blockieren eines Radsatzes 44 verhindert, grundsätzlich nicht im Wege steht.
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Wie in 6 gezeigt, kann das Schienenfahrzeug 40a anstatt einer pneumatischen Bremseneinheiten 14 pro Radsatz 44 auch mehrere pneumatische Bremseneinheiten 14 pro Radsatz 44 umfassen. Bei einer geraden Anzahl an pneumatischen Bremseneinheiten 14 pro Radsatz 44 können diese analog zu dem oben Beschriebenen und, wie in 7 und 8 gezeigt, für jeden Radsatz 44 koordiniert betrieben werden, wobei sich die Oszillationen des Bremsdrucks 38 der auf einen Radsatz 44 wirkenden Bremseneinheiten 14 gegenseitig aufheben können. In diesem Fall ist keine Koordination der Bremseneinheiten 14 nötig, die auf unterschiedliche Radsätze 44 wirken.
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Jedoch kann, insbesondere bei einer ungeraden Anzahl an pneumatischen Bremseneinheiten 14 pro Radsatz 44, eine Koordination der Bremseneinheiten 14, die auf unterschiedliche Radsätze 44 wirken, trotzdem vorteilhaft sein. Ferner sei angemerkt, dass der Einsatz der koordiniert betriebenen pneumatischen Bremseneinheiten 14 nicht auf Schienenfahrzeuge 40 beschränkt ist, sondern, dass die koordiniert betriebenen pneumatischen Bremseneinheiten 14 auch bei anderen Fahrzeugen eingesetzt werden können, wobei durch mindestens zwei koordiniert betriebene Bremseneinheiten 14 erzeugte oszillierende Bremskräfte phasenverschoben auf den Rahmen, eine oder mehrere Radachsen oder ein Rad des Fahrzeugs wirken.
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9 zeigt eine Abwandlung der in 1 gezeigten Bremsanlage 10. Die abgewandelte Bremsanlage 10a umfasst zusätzlich eine Druckluftleitung 52, die das Modulationsventil 30 mit der Hauptluftleitung 22 verbindet. Dadurch ist es möglich, bestehende Bremseinrichtungen nachzurüsten, ohne eine Reduktion des mittleren Bremsdrucks 34 im Vergleich zu einem nicht modulierten Bremsdruck in Kauf nehmen zu müssen. Denn durch ein periodisches Zuführen von Druckluft aus der Hauptluftleitung 22 kann der mittlere Druck am Ausgang des Modulationsventils 30 bspw. so gesteuert werden, dass er dem Druck am bremsenseitigen Ausgang des Steuerventils 26 entspricht.
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10 zeigt einen Prozess zur Steuerung der Bremsanlagen 10 und 10a. Der Prozess startet bei 54 mit dem Beaufschlagen einer ersten mechanischen Bremse 32 einer ersten pneumatischen Bremsanlage 10 oder 10a mit einem ersten Bremsdruck 38-1. Der Prozess wird bei 56 fortgeführt mit dem Beaufschlagen einer zweiten mechanischen Bremse 32 einer zweiten pneumatischen Bremsanlage 10 oder 10a mit einem zweiten Bremsdruck 38-2. Dabei können die pneumatischen Bremsanlagen 10 oder 10a getrennte pneumatische Bremsanlagen 10 oder 10a sein oder eine pneumatischen Bremsanlage 10 oder 10a mit einer Gasversorgung 12, an die zwei oder mehr pneumatische Bremseneinheiten 14 angeschlossen sind. Der Prozess wird bei 58 fortgeführt mit einem Erzeugen einer Oszillation des ersten Bremsdrucks 38-1 um einen ersten Mittelwert 34 und ein Erzeugen einer Oszillation des zweiten Bremsdrucks 38-2 um einen zweiten Mittelwert 34, wobei die Oszillation des ersten Bremsdrucks 38-1 und die Oszillation des zweiten Bremsdrucks 38-2 zueinander phasenverschoben sind.
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Bezugszeichenliste
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- 10, 10a
- Bremsanlage
- 12
- Gasversorgung
- 14
- Bremseneinheit
- 16
- Kompressor
- 18
- Hauptluftbehälter
- 20
- Führerbremsventil
- 22
- Hauptluftleitung
- 24
- Vorratsluftbehälter
- 26
- Steuerventil
- 28
- Bremsleitung
- 30
- Modulationsventil
- 32
- Bremse
- 34
- Bremsdruck-Mittelwert
- 36
- Druckstufe
- 38
- Bremsdruck
- 40
- Schienenfahrzeug
- 42
- Rahmen
- 44
- Radsatz
- 46
- Steuerung
- 48
- Signalleitung
- 50
- Bremsdrucksumme
- 52
- Druckluftleitung
- 54-60
- Prozessschritte