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Die Erfindung bezieht sich auf ein Prozessleitsystem der Automatisierungstechnik mit mindestens einem Feldgerät.
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In der Prozessautomatisierungstechnik werden vielfach Feldgeräte eingesetzt, die zur Erfassung und/oder Beeinflussung von Prozessvariablen dienen. Zur Erfassung von Prozessvariablen werden insbesondere Sensoren, wie beispielsweise Füllstandsmessgeräte, Durchflussmessgeräte, Druck- und Temperaturmessgeräte, pH-Redoxpotential-Messgeräte, Leitfähigkeitsmessgeräte, etc., welche die entsprechenden Prozessvariablen Füllstand, Durchfluss, Druck, Temperatur, pH-Wert bzw. Leitfähigkeit erfassen, verwendet. Zur Beeinflussung von Prozessvariablen dienen Aktoren, wie zum Beispiel Ventile oder Pumpen, über die der Durchfluss einer Flüssigkeit in einem Rohrleitungsabschnitt bzw. der Füllstand in einem Behälter geändert werden kann. Als Feldgeräte werden im Prinzip alle Geräte bezeichnet, die prozessnah eingesetzt werden und die prozessrelevante Informationen liefern oder verarbeiten. Eine Vielzahl solcher Feldgeräte wird von der Firma Endress + Hauser hergestellt und vertrieben.
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In der Prozessautomatisierung müssen die einzelnen Instrumente anhand zahlreicher Parameter (wie z.B. Messintervall, Reinigungsintervall, Kalibrierintervall etc.) konfiguriert werden. Für die Kommunikation der Feldgeräte untereinander müssen das Kommunikationsprotokoll, der Kommunikationskanal, die Zuordnung einzelner Relais etc. festgelegt werden. Die Kommunikation mit dem Leitsystem erfordert wiederum die Zuordnung der einzelnen Geräte, z.B. mittels IP Adresse zu den einzelnen Messstellen. Während der Inbetriebnahme müssen verschiedene Instrumente wie z.B. Sensoren und Analysatoren justiert und entsprechende Kalibrierfaktoren gespeichert und zugeordnet werden. Die verschiedenen Parameter und Ebenen der Prozesssteuerung erschweren es dem Benutzer die Konfiguration der einzelnen Komponenten zu überblicken und den Zustand einzelner Geräte oder der gesamten Anlage zu erfassen.
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Aktuell erfolgt die Zuordnung einzelner Sensoren über klassische Bedienmenüs oder über gespeicherte Informationen im Sensor selbst. Die Zuordnung einzelner Relais erfolgt üblicherweise über klassische Bedienmenüs. Der aktuelle Zustand der Konfiguration und Kommunikation wird ebenfalls im Menübaum oder mit Hilfe von Diagnosemeldungen angezeigt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein alternative Benutzerschnittstelle der Automatisierungstechnik zum Steuern von Feldgeräten bereitzustellen.
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Die Aufgabe wird durch den Gegenstand der Erfindung gelöst. Gegenstand der Erfindung ist ein Prozessleitsystem der Automatisierungstechnik zum Steuern von mindestens einem Feldgerät mit einer Mess- und/oder Betriebselektronik, umfassend eine Benutzerschnittstelle zum Bedienen der Mess- und/oder Betriebselektronik des mindestens einen Feldgeräts, dadurch gekennzeichnet, dass die mindestens eine Benutzerschnittstelle als eine anfassbare Benutzerschnittstelle (TUI) ausgestaltet ist.
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Die Anwendung einer anfassbaren Benutzerschnittstelle (Tangible User Interface) vereinfacht in der Prozessautomation die Parametrisierung und Inbetriebnahme einzelner Messstellen und ganzer Prozessanlagen deutlich. Eine Integration von sensitiven Bedienoberflächen ist beispielsweise für online-Analysatoren, Transmitter und Prozessleitsysteme denkbar.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung umfasst die anfassbare Benutzerschnittstelle (TUI) eine sensitive Bedienoberfläche.
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Gemäß einer vorteilhaften Variante umfasst das Prozessleitsystem ein auf der Bedienoberfläche beweglich angeordnetes Bedienelement, welches dem mindestens einen Feldgerät zugeordnet ist, wobei das mindestens eine Bedienelement eine Miniaturisierung des mindestens einen Feldgeräts ist.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform ist die Benutzerschnittstelle so ausgestaltet, dass die Benutzerschnittstelle mit den Kenndaten und/oder der Konfiguration des Prozessleitsystems und/oder mindestens eines Feldgerätes variierbar ist. So könnte beispielsweise eine Drehung des Bedienelements im Uhrzeigersinn eine Erhöhung eines Offset-Wertes nach sich ziehen und eine Drehung entgegen des Uhrzeigersinns eine Verringerung des Offset-Wertes bewirken.
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Gemäß einer vorteilhaften Ausgestaltung sind die Kenndaten und/oder Konfigurationen des Prozessleitsystems in der Benutzerschnittstelle visuell, magnetisch oder in der Oberflächenbeschaffenheit codiert und von der Bedienoberfläche automatisch erkennbar.
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Gemäß einer günstigen Weiterbildung ist das mindestens eine Bedienelement ein von der Bedienoberfläche separater Gegenstand, wobei das Bedienelement auf der Bedienoberfläche anordenbar ist.
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Gemäß einer günstigen Variante weist die Benutzerschnittstelle Leuchtmittel zum Anzeigen eines aktuellen Status des mindestens einen Feldgerätes auf.
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Die Leuchtmittel können eine bestimmte Farbe wie zum Beispiel Rot für Fehler, Grün für OK oder Gelb für Wartung erforderlich aufweisen. In einer besonders vorteilhaften Ausführungsform kann die Benutzerschnittstelle aus einem transparenten Material beschaffen und indirekt beleuchtet (hinterleuchtet) sein. Das Anzeigen des aktuellen Status des mindestens einen Feldgeräts kann kodiert oder nicht kodiert sein. Die Leuchtmittel können den aktuellen Status auch in Form von Graphiken, Texte oder Cockpit-Darstellungen von Zustandsparametern des Feldgeräts anzeigen. Der aktuelle Status eines Feldgeräts wird an einer bestimmten Position auf der Benutzerschnittstelle angezeigt. Die Position kann jedoch je nach Status variiert werden. Wird die Position der Benutzerschnittstelle verändert, verändert sich gleichzeitig die Position der Graphiken auf dem Display.
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Gemäß einer günstigen Ausführungsform umfasst das Prozessleitsystem mindestens zwei Bedienelemente mit jeweils einer Kontrolleinheit, welche ein Zusammenwirken der beiden dazugehörigen Feldgeräte kontrolliert, wobei die Kontrolleinheit dermaßen ausgestaltet ist, dass falls die beiden Feldgeräte nicht zusammenwirken, die beiden Feldgeräte durch die zwei Bedienelemente nicht bedienbar sind.
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Erst wenn zwei oder mehrere Bedienelemente in der korrekten Weise zusammengefügt sind, wird die Funktion der Feldgeräte freigegeben. Beispiel: Eine Hochdruckeinrichtung, die mittels eines Kompressors unter Druck gesetzt wird, benötigt aus Sicherheitsgründen einen funktionierenden Drucksensor, der mit dem Kompressor zusammenwirkt. Die Kontrolleinheit lässt den Kompressor erst anlaufen, nach dem das Bedienelement des Kompressors und das Bedienelement des der Überwachung dienenden Drucksensors korrekt zusammengefügt wurden und die Kommunikation mit dem Drucksensor und dessen einwandfreie Funktion überprüft wurden.
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Gemäß einer günstigen Ausgestaltung umfasst das Prozessleitsystem mindestens zwei Bedienelemente mit jeweils einer Kontrolleinheit, welche ein Zusammenwirken der beiden dazugehörigen Feldgeräte kontrolliert, wobei die Kontrolleinheit dermaßen ausgestaltet ist, dass falls die beiden Feldgeräte nicht zusammen betreibbar sind, die beiden Feldgeräte durch die zwei Bedienelemente nicht gleichzeitig bedienbar sind.
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Beispielsweise dürfen die Pumpen A und B einzeln laufen, aber nie beide gleichzeitig. Daher gibt es nur einen gemeinsames Bedienelement, der je nach Lage oder Position entweder Pumpe A oder Pumpe B aktiviert. Eine Fehlbedienung ist auf diese Weise ausgeschlossen.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung umfasst das Prozessleitsystem mindestens ein Sperrelement zum Blockieren oder Sperren eines Bedienelements für einen Benutzer, wobei das mindestens eine Sperrelement über das mindestens eine Bedienelement überstülpbar ist, und auf diese der Zustand des Feldgeräts nicht mehr veränderbar ist.
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Diese spezielle Benutzerschnittstelle steht für einen bestimmten Zustand des Feldgerätes, z.B. Wartungsmodus und besitzt eine höhere funktionale Priorität als die Benutzerschnittstellen der Feldgeräte.
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So können Stellungen des Bedienelements durch Magnete fixiert werden und eine Zustandsänderung z.B. die Drehung des Elementes ausgeschlossen werden. Der Benutzer erhält einen haptischen Feedback, in Form eines beispielsweise magnetischen Widerstands, dass eine Zustandsänderung nicht erlaubt ist.
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Gemäß einer vorteilhaften Variante umfasst das Prozessleitsystem ein Abstandsmessgerät zum Messen des Abstands zwischen der Benutzerschnittstelle und dem mindestens einen Bedienelement ermittelt, und ab einem vorbestimmten Abstand das dazugehörige Feldgerät und/oder die Bedienung des Feldgeräts deaktiviert. Das Feldgerät wird dann in einen definierten, sicheren Zustand überführt.
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Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Zeichnungen näher erläutert. Es zeigt:
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1: eine Draufsicht auf eine Benutzerschnittstelle mit einem Bedienerelement, und
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2: eine Draufsicht auf eine Benutzerschnittstelle mit zwei Bedienerelementen.
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1 zeigt eine Draufsicht auf eine Benutzerschnittstelle 1 eines Prozessleitsystems der Automatisierungstechnik zum Steuern von Feldgeräten mit einer Mess- und/oder Betriebselektronik.
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Die Benutzerschnittstelle 1 dient der Bedienung der Mess- und/oder Betriebselektronik des Feldgeräts und ist als eine anfassbare Benutzerschnittstelle (TUI) ausgestaltet. Ferner umfasst die Benutzerschnittstelle eine sensitive Bedienoberfläche 2, die ein zweidimensionales Muster aufweist. Ein oberes, quadratisches Feld ist für ein kuboides Bedienelement 3 ausgewiesen. Ein unteres Feld auf der Bedienoberfläche 3 dient als GUI-Element der betrachteten Augmented Reality (AR).
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Das Bedienelement 3 kann zwei mögliche Stellungen im oberen Feld annehmen: Pfeil nach rechts oben oder nach links oben. Beide Stellungen können als Muster von der AR-Software erkannt werden.
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Wird eine Stellung des Bedienelements 3 im oberen Feld erkannt, werden das untere Feld sowie die obere Fläche des Buttons selbst zu „tappable“ Flächen, denen abhängig von der Stellung des Bedienelements 3 verschiedene Funktionen zugeordnet werden kann. Sowohl das Bedienelement 3 als auch die Bedienoberfläche 2 sind aus Papier zusammenfaltet.
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Das Bedienelement 3 ist einem Feldgerät zugeordnet, und als eine Miniaturisierung des Feldgeräts ausgestaltet. Auf der Benutzerschnittstelle 1 und dem Bedienelement 3 sind farbliche Markierungen, mittels denen die Stellung des Bedienelements 3 relativ zur Bedienoberfläche 2 klarer wird.
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Die Kenndaten und die Konfiguration des Prozessleitsystems und des Feldgerätes sind in der Benutzerschnittstelle 1 gespeichert und werden visuell auf einer Bedienoberfläche 2 der Benutzerschnittstelle 1 kodiert dargestellt. Ferner weist die Benutzerschnittstelle 1 Leuchtmittel zum Anzeigen eines aktuellen Status des mindestens einen Feldgerätes auf. Der aktuelle Status wird ebenfalls auf der Bedienoberfläche 2 dargestellt.
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Jede Seite des würfelförmigen Bedienelements 3 steht für einen Messbereich, alternativ kann jede Seite ein auswählbares Messintervall symbolisieren. Die Auswahl des Messbereiches oder des Messintervalls wäre auf diese Weise sehr viel einfacher, schneller und intuitiver als über herkömmliche Benutzerschnittstellen.
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Ergänzend zu den genannten Bedienelementen können weitere Bedienelemente wie beispielsweise geometrische Formen auf einem Kreis oder einem Rechteck um das Bedienelement 3 herum eingeblendet werden.
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Eine Beleuchtung des Bedienelements 3 in einer bestimmten Farbe kann zusätzliche Informationen codieren. In einer besonders vorteilhaften Ausführung sind die Bedienelemente 3 transparent oder teilweise transparent und leuchten in der jeweiligen Farbe.
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Die Benutzerschnittstelle 1 können auf dem Display mit einem graphischen Schema der Prozessanlage kombiniert werden. Das graphische Anlagenschema mit Tanks, Gebäuden, Rohren kann vorgesehene Positionen für Bedienelemente 3 einzelner Messstellen enthalten. D.h. der Tank ist fest eingezeichnet, alle Prozessinstrumente wie Füllstanddetektoren, Transmitter für pH und Leitfähigkeit und online-Analysatoren werden über Bedienelemente 3 konfiguriert und visualisiert.
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2 zeigt eine Draufsicht auf eine Benutzerschnittstelle mit einem ersten und zweiten Bedienelement 3, 4. Das erste Bedienelement 3 ist über dem zweiten Bedienelement 4 angeordnet, wobei das zweite Bedienelement 4 auf der auf dem oberen Feld der Bedienoberfläche 2 angeordnet ist. Auf diese Weise können das erste und zweite Bedienelement 3, 4 unabhängig voneinander bedient werden.
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Das erste Bedienelement 3 weist eine ähnliche mathematische Gestalt auf, wie das zweite Bedienelement 4. Das zweite Bedienelement 4 ist jedoch größer als das erste Bedienelement 3. Eine Grundfläche des zweiten Bedienelements 4 ist quadratisch und bündig mit dem oberen Feld der Bedienfläche 2.
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Das zweite Bedienelement 4 kann zwei Stellungen einnehmen: „left“ und „right“, die beide von der AR-Software erkannt werden. Anders als bei dem ersten Bedienelement 3 wird beim zweiten Bedienelement 4 auch ein Wechsel der Schalterstellung erkannt, wenn gleichzeitig noch das mit dem Dreieck versehene Feld abgedeckt wird.
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Damit ist eine Benutzerinteraktion auch via Berühren der (physischen) Fläche möglich. Ein Berühren einer physischen Fläche kann erkannt werden, wenn dadurch ein getriggertes Muster soweit verdeckt wird, dass die verbleibenden Charakteristika nicht zur Mustererkennung ausreichen. In diesem Konzept liegt das Prinzip dieser erweiterungsunterstützten TUI. Der große (mittlere) Button dient also auch dazu, einen Teil des getriggerten Muster zu verdecken. Das Muster ist so designt, dass dies allein allerdings nicht ausreicht, sondern noch die gelbe Fläche verdeckt werden muss. Dieses Design ist modular erweiterbar und es sind „Türme“ denkbar mit komplexerem Verhalten.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Benutzerschnittstelle
- 2
- Bedienoberfläche
- 3
- Erstes Bedienelement
- 4
- Zweites Bedienelement
- TUI
- anfassbare Benutzerschnittstelle (Tangible User Interface)