DE102016103810B3 - Pyrotechnischer Nebelsatz zum Erzeugen eines Tarnnebels - Google Patents

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Abstract

Die Erfindung betrifft einen insensitiven pyrotechnischen Nebelsatz zum Erzeugen eines Tarnnebels der Phosphornitrid, P3N5, als Phosphorquelle enthält.

Description

  • Stand der Technik und Problemstellung
  • Pyrotechnische Sätze zur Erzeugung von im UV-VIS (λ = 300 – 700 nm), im nahen Infrarot (λ = 0.7 – 1.5 μm) und im mittleren Infrarot (λ = 1.5 – 15 μm) durch Streuung und Absorption wirksamen Aerosolen bestehen typischerweise aus Mischungen halophiler Metalle bzw. deren Verbindungen oder Legierungen mit Organohalogenverbindungen. Beim Abbrand dieser Sätze entstehen Metallfluoride und Metallchloride, wobei letztere auch bei niedriger relativer Luftfeuchte diese zu kondensieren vermögen und streufähige Tröpfchen bilden. Im Fall der Erdalkalimetalle Ca und Mg sind die Chloride auch durch eine stark exotherme Lösungsenthalpie gekennzeichnet, die zur Wärmetönung des Aerosols beiträgt. Außerdem liefert die reduktive Eliminierung des Fluors bzw. Chlors durch das halophile Metall hochreaktive Kohlenstoff-Fragmente, die sich zu großen, gut Strahlung absorbierenden und streufähigen Rußteilchen aggregieren. Eine typische Zusammensetzung ist z. B. die nachfolgend dargestellte: [A. Espagnacq, G. D. Sauvestre, US-Patent: US 4697521 A , Pyrotechnical Composition which generates smoke that is opaque to infrared radiance and smoke ammunition as obtained, France, 1988] Beispiel 1
    Magnesium 16,7 Gew.-%
    Polyvinylidenfluorid 8,3 Gew.-%
    Naphthalin 8,3 Gew.-%
    Hexachlorbenzol 66,7 Gew.-%
  • Einen Ersatz für das mittlerweile aus ökotoxikologischer Sicht gänzlich obsolete Hexachlorbenzol wurde hier vorgeschlagen: [J. Schneider, H. Büsel, US-Patent: US 5389308 A , Composition generating an IR-opaque smoke, Germany, 1995] Beispiel 2
    Magnesium 20 Gew.-%
    Polyvinylidenfluorid 27 Gew.-%
    Anthrachinon 48 Gew.-%
    Chlorparaffin 5 Gew.-%
  • Die oben bezeichneten Formulierungen sind durch gute Massenextinktionskoeffizienten im Infraroten und insbesondere im Visuellen gekennzeichnet.
  • Die Nachteile der Tarnnebelsätze auf der Grundlage von Metall-Organohalogenreaktionen bestehen in der Bildung aromatischer Verbindungen mit erheblichem human- und ökotoxikologischen Potential [M. Hemmilä, M. Hihkiö, M. Harkoma, A. Suonurmi-Virtanen, S. Suhonen, M. Hautamäki, A.-L. Pasanen, H. Norppa, J.-P. Kasanen, M. Turunen, Evaluation of the Technical Performance, the Toxicological Effects and the Irritation Potency of four Pyrotechnic Screening Smokes, Defence Forces Technical Research Centre, Publications 20, Ylöjärvi 2010, Finland].
  • Wirkmassen des oben beschriebenen Typs können weiterhin zusätzlich roten Phosphor enthalten wie dies z. B. von Cudziło vorgeschlagen wurde: [S. Cudziło, A. Papliński, PL-Patent: PL 183882 B1 , Mieszaniny aerozolotwórcze oparte na czerwonym fosforze, ich granulat I sposób jego wytwarzania, Polen, 1996] Beispiel 3
    Magnesium 22,50 Gew.-%
    Polytetrafluorethylen 20,25 Gew.-%
    Roter Phosphor 50,00 Gew.-%
    Polyvinylchlorid 3,25 Gew.-%
    Polystyrol 3,25 Gew.-%
  • Schließlich sind Tarnnebelsätze bekannt, die ausschließlich roten Phosphor als Aerosolquelle enthalten. In diesen Sätzen wird der rote Phosphor durch eine stark exotherme Reaktion zwischen einem zusätzlichen Brennstoff (in Beispiel 3 ist dies die Reaktion von Magnesium mit Polytetrafluorethylen Gl. 1a) (Gl. 1) und einem Oxidationsmittel zu gasförmigen P4 sublimiert (Gl. 2). Brennstoff + Oxidationsmittel → Produkte + Wärme (1) 2nMg + (C2F4)n → 2nMgF2 + 2nC + Wärme (1a) P(rot) + Wärme → P4(gas) (2)
  • Der sublimierte Phosphor reagiert sodann mit dem Luftsauerstoff zu Phosphorpentoxid, P4O10 (Gl. 3), welches dann mit der Luftfeuchtigkeit Phosphorsäure bildet (Gl. 4), die dann unter weiterer Wärmefreisetzung hydratisiert (Gl. 5). P4(gas) + 5O2 → P4O10 + Wärme (3) P4O10(s) + 6H2O → 4H3PO4 + Wärme (4) H3PO4 + nH2O(g) → H3PO4·n·H2O + n·Wärme (5)
  • Aufgrund der fortgesetzten Wärmefreisetzung (Gleichungen 3–5) sind die Aerosole auf der Grundlage von rotem Phosphor besonders wirksam im Infrarotbereich.
  • Weiterhin vorteilhafte Eigenschaften des RP für die Anwendung in Nebelsätzen ist die Massenzunahme des Aerosols durch die in den Gln. 3–5 beschriebenen Schritte Oxidation, Hydrolyse und Hydratisierung deren Faktor bei einer Hydratisierungsstufe von n = 4 bei etwa 5,5 liegt.
  • Dieser Wert wird bislang mit keinem anderen pyrotechnischen Tarnnebelsatz erreicht.
  • Beispiel 4 zeigt einen Satz [K. Raupe, W. Brand, H. Lang, W. Kukla, DE-Offenlegungsschrift DE 10065816 A1 , Munition zur Erzeugung eines Nebels, Buck Neue Technologien GmbH, 2000, Deutschland] Beispiel 4
    Magnesium 12,00 Gew.-%
    Roter Phosphor 66,00 Gew.-%
    Kaliumnitrat 16,00 Gew.-%
    Polyvinylalkohol 6,00 Gew.-%
    unter Verwendung von Mg/KNO3 als exothermer Komponente (Gl. 1) um die für die Sublimation (siehe Gl. 2) des Phosphors notwendige Energie zur Verfügung zu stellen.
  • Allerdings entstehen beim Abbrand der Wirkmasse vom Typ 4 als Nebenprodukte auch Magnesiumphosphide vom Typ MgP bzw. Mg3P2 die aufgrund ihres stark ionischen Charakters leicht mit der Luftfeuchte hydrolysieren und dabei das selbstentzündliche und hochtoxische Diphosphan[4], P2H4 bilden (Gleichung 6). 2MgP + 4H2O → P2H4 ↑ + 2Mg(OH)2 (6)
  • Auf Truppenübungsplätzen auf denen mit Magnesium-haltigen Nebelsätzen geschossen wurde kommt es infolge der Reaktion nach Gl. 6 auch nach Wochen und Monaten immer wieder zu Feuern.
  • Alternative Wirkmassensysteme enthalten Bor, Silicium, Titan oder Zirconium bzw. deren Legierungen als Brennstoffe. Die entsprechenden Phosphide dieser Elemente (BP, Si3P4, TiP, ZrP) besitzen alle kovalenten Charakter und hydrolysieren daher nicht einmal bei Kontakt mit verdünnten Säuren und sind daher aus human- und ökotoxikologischer Sicht vorteilhafter als die oben beschriebenen Wirkmassen unter Verwendung von Magnesium (Beispiel 3 und 4).
  • Typische Zusammensetzungen auf dieser Grundlage wurden beschrieben in [E.-C. Koch, Special Materials in Pyrotechnics V., Military Applications of Phosphorus and its Compounds, Propellants Explos. Pyrotech. 2008, 33, 165–176].
  • Im Einsatz befindliche Zusammensetzungen für Schnellnebelwurfkörper sind nachfolgend dargestellt:
    [M. Weber, DE-Patent: DE 3238444 C2 , Pyrotechnische Nebelsätze, Deutschland, 1986], Beispiel 5
    Zirconium 6,20 Gew.-%
    Roter Phosphor 57,30 Gew.-%
    Cäsiumnitrat 28,30 Gew.-%
    Graphit, mikrokristallin 2,80 Gew.-%
    Polychloropren 5,40 Gew.-%
    sowie [E.-C. Koch, A. Dochnahl, DE-Patent: DE 19914097 A1 , Pyrotechnische Wirkmasse zur Erzeugung eines im Infraroten stark emissiven und im Visuellen undurchdringlichen Aerosols, Deutschland, 1999] und [E.-C. Koch DE-Patent: DE 10 2008 060 573 B4 , Pyrotechnische Wirkmasse zur Erzeugung eines Tarnnebels, Deutschland, 2008]. Beispiel 6
    Silicium 5,00 Gew.-%
    Roter Phosphor 72,00 Gew.-%
    Blähgraphit 1,00 Gew.-%
    Kaliumnitrat 20,00 Gew.-%
    Polyacrylat 2,00 Gew.-%
  • Die beim Abbrand der Wirkmassen gemäß den Beispielen 3–5 entstehende Phosphorsäure verdünnt sich durch die hohe Hydratationsenthalpie bedingt sehr rasch und sorgt daher für die generell deutlich bessere human- und ökotoxikologische Verträglichkeit des Aerosols solcher Wirkmassen im Vergleich zu den eingangs beschriebenen Aerosolen die durch Reaktionen von Metall/Organohalogen-Mischungen erhalten werden.
  • Trotz der vielen taktischen und toxikologischen Vorteile der auf RP basierenden Wirkmassen gibt es eine Reihe von Problemen die ursächlich dem verwendeten Roten Phosphor zuzuschreiben sind.
  • Wie röntgenographische Untersuchungen zeigen, ist der rote Phosphor (RP) eine stark strukturgestörte Variante des Hittorfschen Phosphors [E.-C. Koch, Special Materials in Pyrotechnics IV., The Chemistry of Phosphorus and its Compounds, J. Pyrotech. 2005, 21, 39–50]. Wie dieser enthält er im Wesentlichen ein zweidimensionales Netzwerk aus orthogonal übereinandergestapelten Röhren die sich meist aus kondensierten Fünfringen zusammensetzen. Daneben muss der RP, ausweislich seiner extrem hohen Reaktivität mit bestimmten Oxidationsmitteln (Chlorate und Peroxide), stark gespannte Strukturelemente wie z. B. Butterflyeinheiten enthalten. Letztere werden formal durch Kantenöffnung der P4-Tetraeder des weißen Phosphors erhalten. Aufgrund des topologisch offenen Aufbaus dieser Strukturen kommt es an den Enden der Schichten an denen der Phosphor nicht weiter mit anderen Phosphoratomen verbunden ist fortwährend zu Oxidations- und Hydrolyse-Prozessen, die zur Bildung von Phosphan, PH3, Phosphinsäure, H3PO2, Phosphonsäure, H3PO3 und Phosphorsäure, H3PO4 führen.
  • Diese Zersetzungsprodukte sind in handelsüblichem rotem Phosphor vorhanden und beeinträchtigen auf erhebliche Weise die chemische Stabilität sowie die Sicherheitseigenschaften daraus hergestellter pyrotechnischer Sätze.
  • Weiterhin ist pulverförmiger Roter Phosphor (RP) mit Korngrößen < 1 μm sehr empfindlich gegenüber elektrostatischer Entladung und gerät dabei aufgrund seiner niedrigen Zündtemperatur leicht in Brand. In der Konsequenz sind auch pyrotechnische Sätze auf der Basis von RP extrem empfindlich gegenüber elektrostatischen Entladungen.
  • Die oben bereits erwähnte hohe Reaktivität des RP ist auch weiterhin für die generell hohe mechanische Empfindlichkeit auf RP basierender pyrotechnischer Sätze verantwortlich. Daher müssen die gegenüber Reibung, Stoß und Schlag empfindlichen Sätze am besten unter Schutzgas oder zumindest im lösemittelfeuchten Zustand gehandhabt werden. Entstehende Verkrustungen beim Verdampfen des Lösemittels entflammen oftmals bei Berührung oder bei Reinigungsarbeiten und führen zu gefährlichen Bränden.
  • Auch bei der für pyrotechnische Sätze notwendigen Verdichtung kommt es oftmals durch die beim Pressen auftretenden Scherkräfte, Reibung, piezoelektrische Effekte und allgemein durch Ladungstrennung zu Bränden und Explosionen. Schließlich hat die enorme mechanische Empfindlichkeit von Wirkmassen auf der Grundlage des roten Phosphors schon zu Frühzündungen von entsprechender Munition in Rohrwaffen wie Haubitzen und Mörsern geführt und zur Zerstörung der entsprechenden Waffen. Um diese Frühzündung zu unterbinden haben Munitionshersteller extrem aufwändige und daher sehr teure konstruktive Innenaufbauten vorgeschlagen, um die RP-Wirkmasse vor ungünstigen mechanischen Kräften zu schützen. Aufgrund der mit diesem Design verbundenen hohen Kosten können diese zum Schutz von Personen vorgesehenen Tarnnebelmunitionen z. T. nicht in dem erforderlichen Umfang beschafft werden.
  • Es wird daher seit Jahrzehnten versucht, roten Phosphor (RP) und die RP enthaltenden pyrotechnischen Sätze handhabungssicherer zu machen und insbesondere auch die Hydrolyse zu den Säuren und Phosphan, PH3, zu unterbinden. Dazu setzten die Hersteller des RP auf folgende Verfahrensschritte bei der Veredelung des RP. Zunächst wird in einer Dispersion des Roh-RP auf dem Phosphorkorn ein basisches oder amphoteres Metalloxid ausgefällt. Dieses bindet entstandene Säurespuren und inhibiert auch weiterhin bis zu einem gewissen Grad die Neubildung von PH3. (Der Mechanismus ist dabei trotz jahrzehntelanger Bemühungen noch völlig unklar). In einem weiteren Prozess-Schritt wird der RP mit einem Polymer eingekapselt. Dadurch verringert sich der Anteile sehr kleiner Partikeln < 0.1 μm. Weiterhin wird durch die Polymerkapselung der Phosphor vor dem Zutritt von Wasserdampf und Sauerstoff abgeschirmt. Durch beide Maßnahmen, also die Stabilisierung mit Metalloxiden sowie Kapselung konnte in den letzten Jahren die Phosphan-Bildungsgeschwindigkeit (mg g–1d–1) deutlich gesenkt werden. Allerdings besitzen die verwendeten Stabilisatoren nur eine beschränkte Wirksamkeit und außerdem ist die Permeabilität der verwendeten Polymere so hoch, dass weiterhin leider noch zu viel Sauerstoff und Wasserdampf an das Phosphorkorn gelangt, und die Phosphan-Bildung daher nicht vollständig unterdrückt werden kann.
  • Aus diesem Grund müssen gelagerte Munitionen gewartet und zwangsentlüftet werden, bzw. ist auch schon vorgeschlagen worden, RP-haltige Nebelmunitionen mit Aktivkohleabsorbern zusammen einzulagern [G. Manton, R. M. Endsor, M. Hammond, An Effective Mitigation for Phosphine Present in Ammunition Container Assemblies and in Munition Containing Red Phosphorus, Propellants Explos. Pyrotech. 2014, 39, 299–308].
  • Neuerdings werden von den Herstellern des RP Silbersalze zur Stabilisierung gegen die Phosphanbildung eingesetzt, die eine deutlich größere Inhibitionswirkung als die bislang verwendeten Zinnoxidhydrate aufweisen [S. Hörold, J. Laubner, EP-Patent: EP 1211220 B1 , Stabilisierter Roter Phosphor, Deutschland, 2005].
  • Wenngleich die Bemühungen zur Reduktion der Phosphanbildung zu begrüßen sind, ist die Anwendung von mit Silbersalzen stabilisierter RP-Qualitäten in pyrotechnischen Sätzen aus sicherheitstechnischer Sicht gänzlich inakzeptabel.
  • Dies hat seine Ursache in der extremen Empfindlichkeit von Kombinationen aus Silbersalzen und leicht oxidierbaren metallischen Brennstoffen (wie diese in herkömmlichen Nebelsätzen verwendet werden) wie Mg oder Zr die bei Zutritt von Feuchtigkeit spontan entflammen und auch bei Erwärmung explodieren können [Mg/AgO: L. Bretherick, Brethericks Handbook of Reactive Chemical Hazards, Butterworths, 5th ed. 1990, S. 1323].
  • Aufgabenstellung
  • Es besteht nun die Notwendigkeit, einen Ersatz für den roten Phosphor zu finden, der Abhilfe bei den oben beschriebenen Problemen hinsichtlich Toxizität, Empfindlichkeit, Verträglichkeit und chemischer Stabilität schafft.
  • Hinsichtlich der Verbesserung der Stabilität, Empfindlichkeit und auch Leistung wurde vor einiger Zeit bereits vorgeschlagen, schwarzen Phosphor anstelle von rotem Phosphor zu verwenden. Der schwarze Phosphor besitzt eine deutliche höhere Dichte, einen höheren Zündpunkt, ist in geringem Umfang elektrisch leitfähig und damit im Vergleich zu rotem Phosphor auch elektrostatisch nicht empfindlich. Weiterhin sorgt die geordnete Schichtstruktur für eine deutlich geringere mechanische Empfindlichkeit entsprechender Mischungen mit Oxidationsmitteln.
  • Allerdings unterliegt auch schwarzer Phosphor genauso wie Hittorfscher und roter Phosphor als der ständigen Oxidation und Hydrolyse an den Enden der Schichten. Weiterhin ist die Synthese des schwarzen Phosphors kompliziert, so dass trotz des gestiegenen Bedarfs für mikroelektronische Anwendungen eine kommerzielle Verfügbarkeit in den für Munitionen erforderlichen Umfang nicht in Aussicht ist.
  • Phosphornitrid, P3N5, CAS-Nummer: [12136-91-3], ebenso wie die Nitride des Siliciums, Si3N4, Titans, TiN und des Bors, BN wurden als sekundäre Brennstoff in Airbagsätzen zusammen mit den Alkalimetallsalzen des Dicyanamids vorgeschlagen [R. J. Blau, D. A. Flanigan, WO-Patent: WO 9518780 A1 , Non-Azide Gas Generant Compositions Containing Dicyanamide Salts, 1995, USA].
  • Allerdings weisen die Erfinder der bezeichneten Schrift daraufhin, dass sich binäre Mischungen der bezeichneten Nitride mit Oxidationsmitteln (wie z. B. Nitrate) nur schlecht anzünden lassen und auch nicht vollständig abbrennen [R. J. Blau, D. A. Flanigan, WO Patent WO 9518780 A1 , Non-Azide Gas Generant Compositions Containing Dicyanamide Salts, 1995, USA S: 10, Zeile 22–23], weshalb sich die Nitride nur als zusätzliche Brennstoffe zusammen mit den Alkalimetallsalzen des Dicyanamids eigneten. Während in der referenzierten Schrift Angaben zur Zusammensetzung und Leistung von Formulierungen mit und ohne sekundäre Brennstoffe wie Si3N4, TiN und BN gemacht werden [R. J. Blau, D. A. Flanigan, WO-Patent: WO 9518780 A1 , Non-Azide Gas Generant Compositions Containing Dicyanamide Salts, 1995, USA 5: 10–11], fehlen konkrete Ausführungsbeispiele für Phosphornitrid, P3N5, so dass anzunehmen ist, dass die Erwähnung von P3N5 wahrscheinlich aus Gründen der systematischen Vollständigkeit erfolgte und nicht wegen sich aus der Verwendung von P3N5 ergebender spezifischer Vorteile im Sinne der zitierten Erfindung [R. J. Blau, D. A. Flanigan, WO-Patent: WO 9518780 A1 , Non-Azide Gas Generant Compositions Containing Dicyanamide Salts, 1995, USA].
  • Weiterhin wurden verschiedene Phosphornitride als Brennstoffe in gaserzeugenden Sätzen vorgeschlagen [S. Koki, K. Hidetaka, O. Naoto, JP-Patent: JP 2001 213 687 A , Gas Forming Agent, Daicel Chem Ind, 2001, Japan].
  • Beschreibung der Erfindung
  • Es wurde nun überraschenderweise gefunden, dass Phosphor(V)nitrid, P3N5, CAS-Nummer: [12136-91-3], und die mit phosphorreichen Nitrid-Phasen X im Bereich PN ≤ X ≤ P3N5 vermischten technischen Qualitäten von Phosphor(V)nitrid als Phosphorquelle und Brennstoff in pyrotechnischen Nebelsätzen zur Erzeugung von Tarnnebeln verwendet werden kann.
  • Phosphor(V)nitrid, P3N5, ist eine im reinen Zustand farblose Substanz. Technisches P3N5 enthält produktionsbedingt meist Spuren phosphorreicherer Nitrid-Phasen X im Bereich PN ≤ X ≤ P3N5, die dem Material eine blass-rote bis beige Färbung verleihen. Sowohl reines als auch mit phosphorreichen Nitrid-Phasen verunreinigtes P3N5 ist bei Raumtemperatur unempfindlich gegenüber Luft und Sauerstoff und unlöslich in Säuren und Basen sowie organischen Lösemitteln. Es hydrolysiert erst bei T = 180°C unter Druck zu Ammoniumphosphat. Mit Sauerstoff beginnt es bei Temperaturen oberhalb T = 600°C zu reagieren. P3N5 disproportioniert im Vakuum oberhalb T = 800°C gemäß Gl. 7 2P3N5 → 4N2 + 2PN(g) + P4(g) (7)
  • Reines pulverförmiges Phosphor(V)nitrid kann weder mit der Streichholzflamme noch mit der Spitze der nichtleuchtenden Butan-Lötflamme entzündet oder zu einer sichtbaren Reaktion gebracht werden. Auch liefern Hammerschläge, Reibversuche mit Mörser und Pistill sowie elektrostatische Entladungen mit einem Kondensator keinerlei Reaktionen, geschweige denn ein Entflammen.
  • Die erfindungsgemäßen pyrotechnischen Nebelsätze enthalten Mischungen von Phosphor(V)nitrid, P3N5, und seine mit phosphorreichen Nitrid-Phasen X im Bereich PN ≤ X ≤ P3N5 vermischten technischen Qualitäten mit Oxidationsmitteln und einem Bindemittel. Dabei fungiert das Phosphornitrid als Phosphorquelle und reagiert zum Teil wie in Gl 8 dargestellt auch als Brennstoff mit dem Oxidationsmittel, um die für die Disproportionierung (Gl. 7) notwendige Reaktionswärme zu liefern. 4P3N5 + 10NaNO3 → 3P4O10 + 10Na(g) + 15N2 + 3022 kJ (8)
  • Die nach Gl. 7 gebildeten Produkte P4(g) und PN(g) oxidieren dann beim Abbrand des Satzes mit dem Luftsauerstoff unter Feuererscheinung zu Phosphorpentoxid. Die weiteren Reaktionen des Aerosols sind vergleichbar mit den zu Beginn in Gl. 4–5 beschriebenen Prozessen.
  • In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung enthält der pyrotechnische Nebelsatz noch einen zusätzlichen energetischen Brennstoff aus der Gruppe der Elemente Bor, Magnesium, Aluminium, Silicium, Titan, Zirconium, Eisen bzw. deren Carbide, Hydride, Phosphide (ausdrücklich ausgenommen sind hierbei Aluminiumphosphid, AlP, sowie die Magnesiumphosphide, MgP sowie Mg3P2, da diese bei Kontakt mit der Luftfeuchtigkeit bereits giftiges PH3 und zum Teil auch selbstentzündliches P2H4 ergeben) und Legierungen bzw. Mischungen derselben. Ein zusätzlicher energetischen Brennstoff reagiert beim Abbrand mit dem Oxidationsmittel und setzt dabei im Vergleich zur Reaktion von P3N5 mit dem Oxidator (z. B.: Gl. 8) deutlich mehr Wärme frei. Dadurch kann das Phosphornitrid schneller nach Gl. 7 dissoziiert werden, was eine Steigerung der Abbrandgeschwindigkeit zur Folge hat, bzw. es kann mehr Phosphornitrid dissoziiert werden was auch eine Steigerung des Massenanteils an Phosphornitrid als Phosphorquelle gestattet. Ist der zusätzliche Energetische Brennstoff ein Phosphid gelingt auch über diesen Weg eine weitere Erhöhung des Gesamtphosphorgehalts und damit auch die weitere Erhöhung der Tarnleistung.
  • In einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist das Oxidationsmittel ein Alkalimetallnitrat aus der Gruppe der Stoffe Natriumnitrat, NaNO3, Kaliumnitrat, KNO3 oder Caesiumnitrat, CsNO3.
  • In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung ist das Phosphor(V)nitrid, P3N5 oder eine Mischung von Phosphor(V)nitrid, P3N5 mit einer oder mehrerer phosphorreicher Phasen X, im Bereich PN ≤ X ≤ P3N5, in einem Massenanteil von 40–85 Gew.-% enthalten.
  • Die Vorteile der erfindungsgemäßen Nebelsätze bestehen in der im Vergleich zu RP-basierten Sätzen praktischen Reibeunempfindlichkeit mit dem BAM-Reibapparat (Reibkraft > 355 N) und der nur geringen Schlagempfindlichkeit (> 30 J im BAM-Fallhammer) sowie der Unempfindlichkeit gegenüber elektrostatischer Entladung (> 5 J)
  • Die erfindungsgemäßen Nebelsätze eignen sich daher besonders zum Einsatz in mechanisch hochbelasteter Mittelkaliber und Großkalibermunition wie Granatpatronen, Mörsergranaten und Artilleriemunition. Mit den erfindungsgemäßen Nebelsätzen können daher nach AOP-39, Guidance an the Assessment and Development of Insensitive Munitions (MURAT), NATO Standardization Agency (NSA), 3rd Edition, Brüssel, Belgien, 2009, auch als insensitiv zu bezeichnende Munitionen hergestellt werden.
  • Gemäß der Prüfvorschrift, AOP-4679, Energetic Materials Specification for Red Phosphorus, Amorphous, Microencapsulated (For Use in Pyrotechnics), NATO Standardization Agency (NSA), Brüssel, Belgien, 2015, zeigen die erfindungsgemäßen Nebelsätze keine Phosphanbildung. Die erfindungsgemäßen Nebelsätze eignen sich daher auch zur Herstellung besonders langlagerfähiger und wartungsarmer Nebelmunitionen.
  • Die erfindungsgemäßen Sätze zeigen volumetrisch eine vergleichbare und zum Teil sogar größere Tarnleistung wie die oben beschriebenen Sätze vom Stand der Technik und eignen sich daher insbesondere in volumetrisch beschränkten Munitionen wie z. B. Mittelkaliberpatronen sowie Mörsergranaten.
  • Wie spektroradiometrische Untersuchungen im infraroten Wellenlängenbereich λ = 1,5 – 14 μm zeigen, liefern die Flammen der erfindungsgemäßen Sätze beim Abbrand ein günstiges spektrales Intensitätsverhältnis, so dass sich die erfindungsgemäßen Sätze auch zum Einsatz in sogenannten bispektralen IR-Tauschkörpern für Luft- und See-Ziele eignen.
  • Die nachfolgenden Beispiele dienen der Illustration der Erfindung ohne sie einzuschränken. Der Fachmann ist in der Lage weitere vorteilhafte Ausgestaltungen aus den Ansprüchen 1–4 abzuleiten. Zusammensetzung 1
    • 65,0 Gew.-% Phosphornitrid, P3N5 Phosphorquelle und Brennstoff
    • 33,0 Gew.-% Natriumnitrat, NaNO3, Oxidationsmittel
    • 2,0 Gew.-% Polyvinylacetat, (C4H6O2)n Bindemittel
  • Die Mischung kann im verdichteten Zustand mit einem brennenden Benite-Stengel (Ein extrudiertes Anzündmittel auf der Grundlage von Nitrocellulose/3K-Schwarzpulver) entzündet werden und brennt mit einer intensiv gelben Flamme und starker Nebelentwicklung ab. Zusammensetzung 2
    • 70,0 Gew.-% Phosphornitrid, P3N5 Phosphorquelle
    • 22,5 Gew.-% Natriumnitrat, KNO3, Oxidationsmittel
    • 5,0 Gew.-% Borcarbid, B4C Brennstoff
    • 2,5 Gew.-% Polyvinylacetat, (C4H6O2)n Bindemittel
  • Die Mischung kann im verdichteten Zustand mit einem Bengalholz angezündet werden und brennt mit einer gelben Flamme und intensiver Nebelentwicklung ab. Zusammensetzung 3
    • 72,0 Gew.-% Phosphornitrid, P3N5 Phosphorquelle
    • 20,0 Gew.-% Kaliumnitrat, KNO3, Oxidationsmittel
    • 5,5 Gew.-% Zirconium, hydriert, ZrH Brennstoff
    • 2,5 Gew.-% Polychloropren, (C4H3Cl)n Bindemittel
  • Die Mischung kann im verdichteten Zustand mit einem Benite-Stengel angezündet werden und brennt rasch mit einer gelben Flamme und intensiver Nebelentwicklung ab. Zusammensetzung 4
    • 69,0 Gew.-% Phosphornitrid, P3N5 Phosphorquelle
    • 25,5 Gew.-% Caesiumnitrat, CsNO3, Oxidationsmittel
    • 3,0 Gew.-% Bor, amorph, B Brennstoff
    • 2,5 Gew.-% Polyvinylacrylat, (C4H8O2)n Bindemittel
  • Die Mischung kann im verdichteten Zustand mit einem Bengalholz angezündet werden und brennt rasch mit einer gelben Flamme und starker Nebelentwicklung ab.

Claims (4)

  1. Pyrotechnischer Nebelsatz zum Erzeugen eines Tarnnebels dadurch gekennzeichnet, dass Phosphor(V)nitrid, P3N5 oder Mischungen von Phosphor(V)nitrid, P3N5 mit einer oder mehrerer Phasen X, im Stöchiometriebereich: PN ≤ X ≤ P3N5 als Brennstoff und Phosphorquelle, ein Oxidationsmittel und ein Bindemittel enthalten sind.
  2. Pyrotechnischer Nebelsatz nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein zusätzlicher energetischer Brennstoff aus der Gruppe der Elemente Bor, Magnesium, Aluminium, Silicium, Titan, Zirconium, Eisen bzw. deren Carbide, Hydride, Phosphide (ausdrücklich ausgenommen hiervon sind Aluminiumphosphid, AlP, sowie die Magnesiumphosphide, MgP und Mg3P2), Legierungen oder Mischungen derselben enthalten ist.
  3. Pyrotechnischer Nebelsatz nach den vorhergehenden Ansprüchen dadurch gekennzeichnet, dass das Oxidationsmittel aus der Gruppe der Alkalimetallnitrate, Natriumnitrat, NaNO3, Kaliumnitrat, KNO3, oder Caesiumnitrat, CsNO3 stammt.
  4. Pyrotechnischer Nebelsatz nach den vorhergehenden Ansprüchen dadurch gekennzeichnet, dass Phosphor(V)nitrid, P3N5 oder eine Mischung aus Phosphor(V)nitrid, P3N5 und einer oder mehrerer phosphorreicher Phasen X, im Bereich PN ≤ X ≤ P3N5, in einem Massenanteil von 40–85 Gew.-% enthalten ist.
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