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Die vorliegende Erfindung betrifft eine transparente Dichtmasse aus einem strahlungsvernetzten Polyalkylacrylat, insbesondere zur Verwendung an einer Wanddurchdringung von Leitungen oder an einer Spleißstelle eines Kabelsatzes. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Herstellungsverfahren sowie eine Verwendung einer derartigen Dichtmasse zum Abdichten eines gespleißten Kabelsatzes und an einer Wanddurchdringung für Leitungen.
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Langgestreckte Güter, wie z. B. Leitungen oder Schläuche, müssen in Wanddurchdringungen oft gegen an dem Gut entlang laufende Flüssigkeiten oder Gase abgedichtet werden. Bei Einzelleitungen sind dafür flexible Manschetten ausreichend, die einen etwas geringeren Durchmesser als das Gut haben, und die gegebenenfalls noch zusätzlich verklebt werden. Müssen allerdings mehrere gebündelte Leitungen abgedichtet werden, kommt zusätzlich eine Dichtmasse zum Einsatz, welche die Zwickel zwischen den vorzugsweise runden Leitungen ausfüllt und abdichtet.
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In der
DE 10 2013 111 876 A1 sind an einer Flammensensorvorrichtung mehrere Wanddurchdringungen von Leitungen beschrieben. Der Anmeldegegenstand umfasst dabei eine Kabelanordnung, die ein Gehäuse aufweist. Das Gehäuse definiert ein Innenvolumen, und das Gehäuse weist einen ersten Kabelendteil und einen zweiten Kabelendteil auf. Die Kabelanordnung weist auch wenigstens zwei Kabelarmaturen auf, wobei der erste Kabelendteil und der zweite Kabelendteil durch eine erste Dichtung mit einer Kabelarmatur verbunden sind. Jede der Kabelarmaturen definiert eine Kabelarmaturenöffnung. Die Kabelanordnung weist ferner ein elektrisches Kabel auf. Das elektrische Kabel ist durch die Kabelarmaturenöffnung in jeder Kabelarmatur und durch das Innenvolumen des Gehäuses hindurchgeführt. Die Kabelanordnung weist ferner eine zweite Dichtung auf, die in dem ringförmigen Raum zwischen dem elektrischen Kabel und der Kabelarmaturenöffnung am ersten Kabelendteil liegt. Die zweite Dichtung ist derart gestaltet, dass Nässe und Verunreinigungen daran gehindert sind, durch die Kabelarmaturenöffnung hindurch zu gelangen. Die Kabelanordnung weist des Weiteren eine dritte Dichtung und wenigstens eine verformbare Dichtungskomponente auf, die sich an dem zweiten Kabelendteil befinden. Die dritte Dichtung und die wenigstens eine verformbare Dichtungskomponente sind ebenfalls derart gestaltet, dass Nässe und Verunreinigungen daran gehindert sind, durch die Kabelarmaturenöffnung hindurch zu gelangen. Um dies zu erreichen, kann die zweite Dichtung und/oder die dritte Dichtung der Kabelanordnung ein Epoxidmaterial aufweisen, bei dem es sich insbesondere um ein Hochtemperaturepoxid zur Verwendung bis zu Temperaturen von 250 °C oder darüber handeln kann.
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Ein ähnliches Abdichtungsproblem, wie das vorstehend beschriebene, besteht, wenn elektrische Kabel gespleißt und die Spleißstellen gegen Feuchtigkeit oder aggressive Gase abgedichtet werden sollen. Bei Einzeladern werden hierzu häufig Schrumpfschläuche verwendet, jedoch ist an Spleißstellen, von denen mehr als zwei Adern abgehen, eine zusätzliche Dichtmasse erforderlich.
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So ist in dem deutschen Gebrauchsmuster
DE 1 831 658 U eine bekannte Dichtung für Verbindungen von Kabelmänteln und Gehäusen von Endverschlüssen oder Gehäusen von Verbindungsmuffen beschrieben, bei der über einer durch Schweißen, Löten, Kleben oder andere Verfahren hergestellten Verbindungsstelle zur Sicherung gegen mechanische Beanspruchungen sowie gegen entstehende Undichtigkeiten ein Körper aus einer nicht näher spezifizierten Gießharz-Dichtmasse angeordnet ist. Dieser Körper soll verhindern, dass die Verbindungsstellen durch mechanische Beanspruchungen, wie beispielsweise Druck-, Zug- oder Stoßeinwirkungen, die nach der Verlegung eines Kabels auftreten können, undicht werden.
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Die genannten Epoxid-Gießharze sind transparent, woraus sich ergibt, dass transparente Vergussmassen der eingangs genannten Art, die aus Gießharzen auf der Basis von Polyestern oder Epoxidharzen gebildet sind, den bekannten Stand der Technik im Hinblick auf eine erfindungsgemäße Dichtmasse darstellen. Nachteile solcher - in der Regel aus mehreren Komponenten bestehender - reaktiver Massen, wie sie in der
DE 10 2013 111 876 A1 beschrieben werden, sind ihre aufwändige Verarbeitung, eine lange Aushärtezeit sowie eine mangelnde Flexibilität der ausgehärteten Massen. Vorteilhaft ist allerdings bei solchen langsam aushärtenden Massen ihre montagefreundliche Transparenz, und dass die durch sie bewirkte Dichtung in der Regel sehr druckfest und widerstandsfähig gegen mechanische Belastungen ist.
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Sind die Leitungen flexibel, wird vorzugsweise auch eine flexible Dichtmasse eingesetzt, da die Dichtmasse sonst bei Bewegungen brechen und die Dichtwirkung nachlassen kann. Sowohl für die Längsabdichtung von Kabelbündeln als auch für die Spleißabdichtung werden als derartige flexible Dichtmaterialien, die auch zwischen die Leitungen fließen können, seit langem Dichtmassen eingesetzt, die aus Butylkautschuk, Polyisobutylen und Ruß bestehen. Solche Dichtmassen werden z. B. in der
AT 318 043 B beschrieben. Ein Nachteil dieser Butylkautschukmassen besteht darin, dass sie schon bei Raumtemperatur eine hohe Neigung zum Kriechen aufweisen und insbesondere bei Erwärmung sogar wieder aus der Dichtstelle herausfließen können, wodurch die Dichtwirkung nachlässt. Ferner kann es nachteilig sein, dass die Dichtmassen schwarz und somit nicht transparent sind, was bei der Montage eine Kontrolle der richtigen Positionierung über einer Spleißstelle verhindert. Rußhaltige Dichtmassen haben zudem eine, wenn auch geringe, Leitfähigkeit, die insbesondere bei der Abdichtung freiliegender stromführender Kontakte von Nachteil sein kann.
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Das Dokument
DE 20 2015 106 261 U1 beschreibt eine UV-härtbare Dichtungsmasse sowie eine daraus hergestellte Dichtung, die zwingend hauptsächlich, d. h. zu 70 bis 80 %, aus einem Urethanharz besteht. Dieses ist zwar „acryliert“, wird aber dadurch nicht zu einem Polyalkylacrylat, wie es eingangs genannt ist.
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Die Herstellung derartiger Polyurethane ist z. B. auch in der
EP 1 132 414 B1 beschrieben, woraus anhand der dort aufgeführten Reaktionsformeln die strukturellen Unterschiede in der Polymerkette sehr anschaulich werden. Bei Polyurethanen, auch bei Urethanacrylaten, findet sich in der Hauptkette immer die typische N-CO-O-Gruppe, während Polyalkylacrylate eine reine C-C-Hauptkette besitzen und lediglich in der Nebenkette CO-O-Gruppen vorhanden sind.
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Aus dem Stand der Technik geht auch hervor, dass mit derartigen N-CO-O-Gruppen technische Nachteile, wie etwa eine Neigung zum Vergilben und eine Hydrolyseempfindlichkeit, verbunden sind.
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Die
EP 2 868 722 A1 beschreibt eine antimikrobiell wirkende, niedrigviskose Beschichtungs-Zusammensetzung, die zunächst auf ein zu behandelndes Teil, wie auf Hausrat, Betten, Transportwagen, chirurgische Materialien usw. aufgetragen, insbesondere aufgesprüht, und dann mittels UV-Strahlung vernetzt wird, wobei die typischen Dicken einer so hergestellten Schicht zwischen 10 und 50 um liegen. Stofflich gesehen handelt es sich um ein Urethanacrylat, so dass somit die vorstehenden Ausführungen zur
DE 20 2015 106 261 U1 1 auch auf dieses Dokument zutreffen. Insbesondere scheint es sich - aufgrund der Urethan-Präsenz, die Derartiges bekanntermaßen bewirkt - nicht um eine viskoelastische, sondern eher um eine gummielastische Dehnung zu handeln. In der
EP 2 868 722 A1 wird zwar u. a. ein Dehnungswert („elongation rate“) von bis zu mehr als 200 % angegeben, für den jedoch festzustellen ist, dass dazu im Sinne eines Spannungs-Dehnungs-Diagramms kein der Dehnung zugehöriger Belastungswert angegeben ist.
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Die
WO 2014/028203 A1 beschreibt eine unverzichtbar wachshaltige Beschichtungs-Zusammensetzung für Papier- und Pappe, um diese wasserundurchlässig auszurüsten. Das typische Einsatzgebiet dafür sind bekannte Getränkekartons, wie z. B. für Milch oder Saft. Dabei wird insbesondere auf eine geringe Wasserdampfdurchlässigkeit abgezielt. Auch diese Beschichtungs-Zusammensetzung wird dünnflüssig auf das Papier aufgetragen und erst dann zur Bildung einer Barriereschicht vernetzt. Es wird ausgeführt, dass die Barriereschicht in ihrer Effizienz einem 0,75 mil (≈ 19 µm) dicken Standard-Polypropylen-Film entspräche.
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Eine mögliche Verwendung als Dichtmasse zum Abdichten eines gespleißten Kabelsatzes und an einer Wanddurchdringung für Leitungen erscheint aufgrund der dünnflüssigen Auftragung und der typischen im Mikrometerbereich liegenden Schichtdicken der Produkte gemäß der
EP 2 868 722 A1 und der
WO 2014/028203 A1 nicht gegeben.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, unter Aufzeigung eines geeigneten Herstellungsverfahrens eine montagefreundliche transparente Dichtmasse mit hoher Dichtwirkung der eingangs genannten Art, insbesondere zur Verwendung an einer Wanddurchdringung von Leitungen oder an einer Spleißstelle eines Kabelsatzes, einen mit einer derartigen Dichtmasse abgedichteten Kabelsatz sowie eine Wanddurchdringung für Leitungen mit einer derartigen Dichtmasse zu schaffen, wobei bei Wahrung der Vorteile der Transparenz sowie der Bereitstellung einer Dichtung, die druckfest und widerstandsfähig gegen mechanische Belastungen ist, eine höhere Flexibilität vorliegen soll.
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Im Hinblick auf die Herstellung der Dichtmasse wird dies mit einem Verfahren nach dem Anspruch 1 erreicht, also mit einem Verfahren zur Herstellung einer Dichtmasse aus einem strahlungsvernetzten Polyalkylacrylat, dessen Dehnung nach ISO 527-2 /1BA / 300 bei einer Materialdicke von 1,5 mm mehr als 1000 % beträgt und dessen Scherfestigkeit nach DIN EN 1943 - getestet nach Verfahren A, 625 mm2 Kontaktfläche - kleiner als 1000 min ist, wobei
- - 89,0 Masse-% bis 99,9 Masse-% eines oder mehrerer Alkylacrylatmonomeren mit 4 bis 20 Kohlenstoffatomen in der Alkylkette und
- - 0 Masse-% bis 10,0 Masse-% Acrylsäure und/oder Methacrylsäure sowie
- - 0,1 Masse-% bis 1,0 Masse-% eines oder mehrerer Fotoinitiatoren, die im Bereich von 200 nm bis 400 nm UV-Licht absorbieren,
unter Einsatz von UV-Licht und unter Sauerstoffausschluss vernetzend polymerisiert werden, - - wobei die Polymerisation und Vernetzung in einem zweistufigen Verfahren erfolgt, und
- - wobei zumindest in der zweiten Stufe ein Alkyldioldiacrylat und/oder ein Alkyltrioltriacrylatmonomer mit 4 bis 20 Kohlenstoffatomen in der Alkylkette als Monomer(e) in einem Anteil im Bereich von 0,01 Masse- % bis 1,0 Masse-% eingesetzt wird/werden
- - und die Polymerisation und Vernetzung unter Einwirkung von UV-A-Strahlung erfolgt, wobei eine Strahlungsdosis für die Vernetzung im Bereich von 400 mJ/cm2 bis 600 mJ/cm2 liegt.
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Das der Erfindung zugrunde liegende Problem wird also im Hinblick auf die Dichtmasse dadurch gelöst, dass die Dichtmasse aus einem strahlungsvernetztem Polyalkylacrylat besteht, welches - wie vorstehend genannt - derart vernetzt ist, dass seine Dehnung nach ISO 527-2 / 1BA / 300 (Ausgabe Juni 2012) bei einer Materialdicke von 1,5 mm mehr als 1000 %, vorzugsweise mehr als 1500 %, beträgt und seine Scherfestigkeit nach DIN EN 1943 (Ausgabe Januar 2003, getestet nach Verfahren A, 625 mm2 Kontaktfläche) kleiner als 1000 min, vorzugsweise kleiner als 700 min, ist. Eine Untergrenze der Scherfestigkeit kann bei 100 min liegen und eine Obergrenze der Dehnung bei 5000 %. Insbesondere die Letztere stellt jedoch im Hinblick auf die Erfindung keinen kritischen Wert dar. Wenn nachfolgend die vorstehend genannten oder andere Normen erwähnt werden, sind - wenn nicht anders angegeben - immer die zum Anmeldezeitpunkt gültigen Ausgaben gemeint.
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Der Einsatz von verschiedenartigen, strahlungs-, insbesondere UV-polymerisierten und/oder -vernetzten Acrylatmassen wird bekanntermaßen zur Herstellung von Haftklebstoffen praktiziert. Die Verwendung derartiger üblicher Haftklebemassen als Dichtmassen ist jedoch nicht möglich, da sie aufgrund ihrer hohen Kohäsion nicht in der Lage sind, in ausreichendem Maß die Leitungen zu umfließen und abzudichten.
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Im Rahmen der Erfindung wird zur Polymerisation und Strahlungsvernetzung UV-Licht eingesetzt.
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Gemäß DIN 5031, Teil 7 (Januar 1984) umfasst das Spektrum im Ultravioletten (UV) die Wellenlängen von 100 nm bis 380 nm, wobei der obere Wert die Grenze zum sichtbaren Licht darstellt. Die Frequenz der Strahlung reicht damit von 789 THz (380 nm) bis 3 PHz (100 nm). Dieser Bereich wird in die Unterbereiche UV-A, UV-B und UV-C eingeteilt. Der Wellenlängenbereich der UV-C-Strahlung erstreckt sich dabei von 100 nm bis 280 nm, wobei die Photonenergie im Bereich von 4,43 eV bis 12,4 eV liegt.
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Die bevorzugte Vernetzung im Rahmen der Erfindung ist dabei eine solche, bei der UV-A-Strahlung - auch „nahes UV“ oder „Schwarzlicht“ genannt - eingesetzt wird. Der Wellenlängenbereich erstreckt sich dabei von 315 nm bis 380 nm, wobei die Photonenenergie im Bereich von 3,26 eV bis 3,94 eV liegt. Eine ausreichende Vernetzung wird dabei mit einer bevorzugten Strahlungsdosis erreicht, die im Bereich von 400 mJ/cm2 bis 600 mJ/cm2 liegt.
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Im Gegensatz zu Vernetzungstechniken, die bei der Herstellung von AcrylatKlebstoffen zur Anwendung kommen und darauf abzielen, eine hohe Klebrigkeit und hohe Klebstoffkohäsion zu erzielen, wird erfindungsgemäß der Vernetzungsgrad der Polyacrylate kleiner gehalten, so dass diese bereits nach Aufwendung eines geringen manuellen Drucks ihre Dichtfunktion erfüllen. Um jedoch unter den Einsatzbedingungen ein spontanes Fließen der erfindungsgemäßen Dichtmasse zu unterbinden und so das Fließverhalten der erfindungsgemäßen Dichtmasse zu begrenzen, ist es wichtig, in einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens der Dichtmasse geringe Mengen von multifunktionellen Acrylatmonomeren zuzugeben, wobei unter „multifunktionell“ zu verstehen ist, dass das monomere Alkylacrylat mehr als eine Acrylgruppe (CH2=CH-COR) enthält. Dadurch wird zur bzw. bei der Polymerbildung in den Molekülen eine Anzahl von freien Valenzen bereitgestellt, die eine unter gleichzeitiger Vernetzung ablaufende Polymerisation ermöglichen. Dadurch werden nicht nur Polymerketten, sondern ein dreidimensionales Netzwerk gebildet, welches sich mit Vorteil durch das Vorhandensein einer Gummielastizität auszeichnet.
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Erfindungsgemäß enthält das Polyalkylacrylat 89,9 Masse-% bis 99,9 Masse-%, vorzugsweise 98,0 Masse-% bis 99,9 Masse-%, eines oder mehrerer Alkylacrylatmonomeren mit 4 bis 20 Kohlenstoffatomen in der Alkylkette und 0 Masse-% bis 10,0 Masse-%, vorzugsweise 0 Masse-% bis 1,9 Masse-%, Acrylsäure und/oder Methacrylsäure sowie 0,1 Masse-% bis 1,0 Masse-% eines oder mehrerer Fotoinitiatoren, die im Bereich von 200 nm bis 400 nm, vorzugsweise im Bereich von 315 nm bis 380 nm, UV-Licht absorbieren. Dabei wird im Vorzugs-Wellenlängenbereich UV-A-Strahlung zur Vernetzung eingesetzt. Für das Polyalkylacrylat kann dabei insbesondere vorgesehen sein, dass es 0,01 Masse-% bis 1,0 Masse-% eines Alkyldioldiacrylatmonomeren oder eines Alkyltrioltriacrylats mit 4 bis 20 Kohlenstoffatomen in der Alkylkette enthält.
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Die erfindungsgemäße Dichtmasse verbindet eine hohe Transparenz der Dichtung mit einer langzeitlich hocheffektiven Dichtungswirkung, wobei mit Vorteil bei hoher Flexibilität auch eine Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Belastungen, wie Druck, Zug und Stöße, gegeben ist.
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Durch die auf dem Wege einer UV-Vernetzung in der erfindungsgemäßen Dichtmasse eingestellte - im Vergleich mit bekannten Acrylatmassen außerordentlich hohe - Dehnung nach ISO 527-2 /1BA / 300 (Juni 2012) von mehr als 1000 % bei einer Materialdicke von 1,5 mm und die Scherfestigkeit nach DIN EN 1943 (Ausgabe Januar 2003, getestet nach Verfahren A, 625 mm2 Kontaktfläche) von weniger als 1000 min ist erfindungsgemäß ein im Hinblick auf den Verwendungszweck der Dichtmasse ausgewogenes Verhältnis von Adhäsion und Kohäsion zueinander in dem vernetzten Polyalkylacrylat eingestellt.
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Dabei ist erfindungsgemäße Dichtmasse, insbesondere im Vergleich mit herkömmlichen Dichtmassen auf Butylbasis, eine hohe Elastizität gegeben. Das Ausfüllen von abzudichtenden Zwischenräumen wird dabei durch eine äußerst niedrige Verformungsenergie erreicht, die zum Erreichen einer 200 %-igen Dehnung unterhalb von 0,1 N/mm2 liegt.
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Im Vergleich mit der bekannten Butylkautschukmasse ist der für das Kriechen verantwortliche viskose Anteil der erfindungsgemäßen Dichtmasse deutlich reduziert, so dass sie weder bei Raumtemperatur noch bei höheren Temperaturen zu einem spontanen signifikanten Fließen neigt.
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Die Dichtmasse ist jedoch unter geringem, insbesondere manuellem, Druck fließfähig so dass sie - im Gegensatz zu den bekannten Acrylatklebstoffen - unter geringem Druck, insbesondere unter manuellem Druck, in der Lage ist, bei üblicher Anwendung die Zwischenräume zwischen den Leitungen eines Leitungsbündels auszufüllen.
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Dieses vorteilhafte Eigenschaftsbild widerspiegelt sich insbesondere auch in den Parametern Klebkraft auf Stahl (Adhäsion) und Scherfestigkeit (Kohäsion), gemessen bei Raumtemperatur 23 °C und erhöhter Temperatur 70 °C.
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Während sich bei einer Durchdringung die erfindungsgemäße Dichtmasse zwischen dem langgestreckten Gut und einer Wandung des durchdrungenen Körpers befindet und somit von außen nicht zugänglich ist, läge sie, wenn nicht weitere Maßnahmen getroffen würden, bei Splissverbindungen frei. Da freiliegende klebrige Stellen an Montageorten in der Regel nicht akzeptabel und zudem mechanisch wenig belastbar sind, werden sie daher zusätzlich umhüllt. Dies kann beispielsweise mit einem Klebeband oder mit einem Schrumpfschlauch erfolgen.
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Ein Schrumpfschlauch ist ein Kunststoffschlauch, der sich unter Hitzeeinwirkung - meist durch Zuführung von Heißluft - stark zusammenzieht. Hierbei wird das vor dem Erhitzen in den Schlauch eingebrachte Produkt gegen seine Umgebung elektrisch isoliert und vor mechanischen Beschädigungen geschützt.
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Eine durch eine Dichtmasse und eine Umhüllung an einer Spleißstelle erzielte Dichtwirkung kann in normierter Weise dadurch überprüft werden, dass eine, mindestens auf jeder Seite sechs Kabelabgänge aufweisende Spleißstelle mit der Dichtmasse umgeben wird, diese wiederum mit einem Schrumpfschlauch umhüllt wird und nach 24-stündiger Lagerung in einer 5%-igen NaCl-Lösung der Widerstand zwischen der Ader und dem Wasserbecken bei 100 V Gleichspannung gemessen wird. Nach Industrievorgaben müssen im Ergebnis noch Widerstandswerte von mehr als 2 × 108 Ohm vorliegen, damit das an die Dichtmasse gestellte Anforderungsprofil erfüllt wird.
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Zusätzlich kann die Dichtheit über eine Druckluftprüfung geprüft werden, bei der über einen in die Spleißstelle eingeführten, dünnen Schlauch ein Innendruck erzeugt wird. Dabei muss der Spleiß mindestens einem Innendruck von 0,5 bar widerstehen, ohne dass Luftblasen auftreten.
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Mit der erfindungsgemäßen Dichtmasse werden diese Forderungen erfüllt.
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Weitere vorteilhafte Ausführungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen und in den nebengeordneten Ansprüchen sowie in der nachfolgenden speziellen Beschreibung enthalten.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung wird die erfindungsgemäße Dichtmasse dazu verwendet, dass eine Spleißstelle allseitig mit der Dichtmasse umgeben und diese dann mit einem Schrumpfschlauch oder mit einem Klebeband umhüllt wird. Schrumpfschlauch und/oder Klebeband sollten dabei vorzugsweise transparent sein, so dass die Spleißstelle sichtbar ist.
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Die Dichtmasse kann dabei in Tafelform zur Anwendung gebracht werden, wobei sie bevorzugt eine Dicke im Bereich von 1,0 mm bis 5,0 mm haben kann. Länge und Breite der Tafel sind völlig frei wählbar und richten sich insbesondere nach einer montagfreundlichen Handhabbarkeit. Beispielsweise kann eine Dichtmasse-Tafel im A5- oder A4-Format vorliegen oder aus einem 5 cm × 10 cm großen Streifen gebildet sein.
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In einer weiteren Ausführung wird die erfindungsgemäße Dichtmasse auf eine Trägerfolie aufgebracht. Dadurch kann ein zusätzlicher Aufwand, der durch das Umwickeln einer klebrigen Dichtmasse-Stelle mit einem Klebeband oder auch durch das Überschieben eines Schrumpfschlauches über eine solche Stelle entsteht, minimiert werden. Die Trägerfolie kann insbesondere aus einem Polymer, vorzugsweise aus Polyethylen, Polypropylen, Polyester, Polyamid oder Polyurethan oder aus Kopolymerisaten oder Koextrudaten dieser Kunststoffe bestehen. Die Trägerfolie sollte dabei vorzugsweise transparent, durchstoßfest und/oder flexibel sein. Sie kann einerseits dazu dienen, das Überschieben eines Schrumpfschlauches über die aufgrund des Vorhandenseins der Folie nicht mehr klebrige Spleißstelle zu erleichtern, oder aber auch dazu, einen äußeren Schutz der Dichtmasse zu gewährleisten. Unter Umständen kann dabei auf einen zusätzlichen Schrumpfschlauch bzw. ein Klebeband zum Umwickeln auch ganz verzichtet werden. Der Verbund aus der erfindungsgemäßen Dichtmasse und der Trägerfolie wird anmeldungsgemäß als erfindungsgemäßes Dichtband bezeichnet.
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Vorzugsweise wird die Dichtmasse auf die Trägerfolie derart aufgebracht, dass die Trägerfolie auf mindestens einer Seite einen unbeschichteten Rand aufweist. Dadurch kann die Dichtmasse, wenn sie unter einem manuell aufgebrachten Druck zum Umhüllen der Dichtstelle appliziert wird, in den Raum zwischen dem unbeschichteten Rand und dem langestreckten Gut fließen, ohne bereits aus dem umhüllten Bereich der Dichtstelle auszutreten. Die Breite des unbeschichteten Randes der Folie sollte dabei in Abhängigkeit vom Umfang des abzudichtenden Gutes, der Dicke der Dichtmasse auf der Folie und dem bei der Applikation aufzubringenden Druck gewählt werden. Sie liegt bei üblichen, manuell bearbeiteten Splissstellen mit einem Umfang von etwa 3,0 cm und einer 1,5 mm dicken erfindungsgemäßen Dichtmasse im Bereich von 0,5 cm bis 2,0 cm. Für das Trägermaterial kann vorgesehen sein, dass es eine Dicke im Bereich von 20 µm bis 500 µm, vorzugsweise im Bereich von 50 µm bis 200 µm, aufweist.
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Ausführungsbeispiel
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Eine Mischung aus 98,98 Masse-% 2-Ethylhexylacrylat, 1,00 Masse-% Acrylsäure und 0,02% Ciba® Irgacure® 184 wird unter Stickstoffspülung und Rühren (300 U/min mit einem Propellerrührer) mit LED-Licht der Wellenlänge 365 nm vorpolymerisiert, bis sich eine Viskosität von 2,3 Pas (gemessen bei 23 °C mit einem handelsüblichen Viskosimeter der Fa. Brookfield, Modell RV DV-III U EZ, Spindel 3) eingestellt hat. Für eine 200-kg-Mischung wurde dazu mit zwei LED-Lampen des Typs „LED-Spot 100“ der Fa. Hönle mit einer Leistung von 800 mW/cm2 bestrahlt.
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Ciba® Irgacure® 184 ist ein Fotoinitiator, der dazu dient, die Polymerisation und/ oder Vernetzung von chemisch ungesättigten Präpolymeren, beispielsweise von Acrylaten, in Gang zu setzen. Insbesondere handelt es sich dabei um 1-Hydroxycyclohexyl-phenyl-keton, welches eine molare Masse von 204,3 aufweist. Nach Absorption von UV-Licht zerfallen die Moleküle dieses Stoffes und bilden durch diese Fotolysereaktion eine reaktive Spezies, welche den Kettenstart initiiert.
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Die Viskosität einer derart in der ersten Verfahrensstufe vorpolymerisierten Masse kann um ± 30 Prozent schwanken.
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Das Vorpolymerisat wird dann - bezogen auf 100 Masse-% Vorpolymerisat - mit weiteren 0,20 Masse-% Ciba® Irgacure® 184, 0,10 Masse-% Ciba® Irgacure® 651 und 0,05 Masse-% Laromer® HDDA abgemischt, in einer Schichtdicke von 1,5 mm auf einen silikonisierten Papierliner aufgetragen und dann, wiederum unter Sauerstoffausschluss, mit UV-A-Licht polymerisiert und vernetzt. Den Sauerstoffausschluss erreicht man über eine Stickstoffatmosphäre.
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Alternativ kann die Masse zum Sauerstoffausschluss auch mit einem transparenten, silikonisierten Polyesterfolienliner abgedeckt werden. Die silikonisierten Liner werden vor der Verwendung der Masse abgezogen.
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Zur Vernetzung wurde die beschichtete Masse mit 1 m/min durch eine 4 m lange Bestrahlungseinheit gefahren in der 40 UV-A-Lampen des Typs „Narva LT-T8 30 W 009 UV“ installiert waren. Dadurch wird eine UV-Bestrahlungsdosis von 450 mJ/cm2 (gemessen mit einem Radiometer Uvicure Plus II der Fa. Dymax) erreicht.
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Ciba® Irgacure® 651 ist ein Fotoinitiator, der ebenfalls dazu dient, die Polymerisation und/oder Vernetzung von chemisch ungesättigten Präpolymeren, beispielsweise von Acrylaten, in Gang zu setzen. Insbesondere handelt es sich dabei um 2,2 Dimethoxy-1,2-diphenylethan-1-on.
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Laromer® HDDA ist der Name eines von der Firma BASF vertriebenen Acrylsäureesters, der als Reaktand bei einer Polymerherstellung eingesetzt werden kann. Der Ester besitzt zwei reaktive Acrylatgruppen pro Molekül, was ihn - wie andere Verbindungen dieser Art - zur Ko-Polymerisation und/oder Vernetzung befähigt. Insbesondere handelt es sich dabei um Hexan1,6-dioldiacrylat.
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In der nachstehenden Tabelle 1 sind die Eigenschaften der solchermaßen hergestellten erfindungsgemäßen Dichtmasse aufgeführt. Als Vergleichsbeispiele dienten dabei der Klebstoff eines kommerziell erhältlichen Acrylatklebebandes „Coroplast 9015SPT“ der Anmelderin sowie eine ebenfalls kommerziell erhältliche Butyldichtmasse „Deray ColdMelt“ der Fa. DSG Canusa. Tabelle1: Eigenschaften verschiedener Dichtmassen im Vergleich
Parameter | Norm | Einheit | Coroplast 9015SPT | Erfindung | Deray ColdMelt |
Material | | | Polyacrylat | Polyacrylat | Butylkautschuk |
UV-Vernetzung | | | UV-A | UV-A | - |
Dicke | | mm | 1,5 | 1,5 | 1,5 |
Dichte | | g/cm3 | 1,0 | 1,0 | 1,4 |
Farbe | | | transparent | transparent | schwarz |
Temperaturbeständigkeit | | °C | -40 - 220 | -40 - 220 | -35 - 105 |
Klebkraft, Stahl | DIN EN 1939 | N/cm | 30 | 21 | 19 |
Bruchspannung | ISO 527-2 1 BA*/300 | N/mm2 | 1,0 | 0,3 | 0,03 |
Zugspannung 100 % Dehnung | ISO 527-2 1 BA*/300 | N/mm2 | 0,100 | 0,020 | 0,025 |
Zugspannung 200 % Dehnung | ISO 527-2 1 BA*/300 | N/mm2 | 0,120 | 0,025 | 0,020 |
Zugspannung 600 % Dehnung | ISO 527-2 1 BA*/300 | N/mm2 | 0,250 | 0,032 | - |
Bruchdehnung | ISO 527-2 1 BA*/300 | % | 800 | 2000 | 400 |
Scherfestigkeit | DIN EN 1943 Verfahren A (23 °C) 625 mm2 | min | > 10.000 | 665 | < 1 |
Scherfestigkeit | DIN EN 1943 Verfahren A (70 °C) 625 mm2 | min | > 10.000 | 14 | < 1 |
* Materialdicke 1,5 mm
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Hervorzuheben ist dabei insbesondere, dass in der erfindungsgemäßen Dichtmasse - wie dies aus Tabelle 1 hervorgeht - zum Erreichen einer 200 %-igen Dehnung, bestimmt nach ISO 527-2 /1BA / 300 bei einer Materialdicke von 1,5 mm, vorteilhafterweise eine nur sehr geringe Zugspannung von weniger als 0,100 N/mm2, vorzugsweise von weniger als 0,050 N/mm2, aufzubringen ist. Komplementär gilt dies umgekehrt - im Hinblick auf die leichte manuelle Verarbeitbarkeit der erfindungsgemäßen Dichtmasse - in ähnlicher Weise auch für eine Verformung unter Druck.
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Wie bereits erwähnt, sind die Abmessungen von für eine Abdichtung zu verwendenden Dichtmassestreifen abhängig von der Anzahl und Dicke der Leitungen, die im Spleiß zu verbinden sind. Die erfindungsgemäße Dichtmasse des Ausführungsbeispiels sowie die Dichtmassen der beiden Vergleichsbeispiele gemäß der Tabelle 1 wurden in einer Breite von 30 mm und einer Länge von 60 mm um einen Kabelspleiß, bestehend aus je 7 Kabeln mit einem Querschnitt von 2,0 mm2 auf jede Seite gelegt und mit Schrumpfschläuchen der Firma DSG Canusa umhüllt. Die gesamte Spleißstelle hatte einen Durchmesser von etwa 10 mm.
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An dem Verbund der Kabelspleiß-Abdichtungen wurden die in Tabelle 2 aufgeführten Eigenschaften ermittelt. Tabelle 2: Eigenschaften von mit verschiedenen Dichtbändern hergestellten Kabelspleiß-Abdichtungen
| Erfindung Beispiel 1a | Erfindung Beispiel 1b | Vergleichsbeispiel 1 | Vergleichsbeispiel 2 |
Umhüllung | Schrumpfschlauch | Schrumpfschlauch | Schrumpfschlauch | Schrumpfschlauch |
Dichtmasse | s. Erfindung Tabelle 1 | wie Beispiel 1a auf PE-Folie | 9015SPT | Butylkautschuk |
Widerstand in Ohm nach 24 h Salzwassertest bei 100 V | 2 × 1010 | > 2 × 1010 | < 0,1 | > 2 × 1010 |
Luftdruckversuch | >2 | > 2 | 0,1 | > 2 |
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In einer weiteren Ausführung wurde die Dichtmasse zunächst in einer Breite von 30mm mittig auf eine transparente 70 µm PE-Folie einer Breite von 30 mm aufgetragen. Dieses Dichtband wurde dann um den Spleiß gelegt und mit einem Schrumpfschlauch überzogen.
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Die Erfindung ist nicht auf die dargestellten Ausführungsbeispiele beschränkt, sondern umfasst im Rahmen der Ansprüche auch alle im Sinne der Erfindung gleichwirkenden Ausführungen und Verwendungen.