-
Die vorliegende Erfindung betrifft einen steuerbaren Energieabsorber für eine Lenksäule eines Kraftfahrzeugs mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
-
Bei einem Unfall oder einem anderen Zerstörungsfall, im Folgenden als „Crashfall” bezeichnet, prallt der Fahrer mit einer bestimmten kinetischen Energie auf das Lenkrad auf. Diese kinetische Energie wird durch die Widerstandskraft, die das Lenkrad, beziehungsweise die mit dem Lenkrad verbundene Lenkspindellagereinheit, der Verschiebung gegenüber der Konsoleneinheit entgegen setzt, abgebaut. Die kinetische Energie, die der Fahrer im Fall des Unfalls, beziehungsweise Crashfalls, über die Lenksäule abbauen muss, hängt von verschiedenen Umständen ab, insbesondere auch vom Gewicht des Fahrers, von der Sitzposition des Fahrers, von der Art und Weise ob und wie der Sicherheitsgurt angelegt ist, Aufprallgeschwindigkeit bzw. Fahrzeuggeschwindigkeit zum Zeitpunkt der Kollision und ähnlichen Faktoren. Um eine Schädigung des Fahrers minimal zu halten, sind steuerbare Energieabsorber, beispielsweise aus
DE 10 2010 020 087 A1 bekannt. Dieser Energieabsorber weist eine Kolben-Zylindereinheit auf, die mit einer magnetorheologischen Flüssigkeit gefüllt ist. Im Crashfall wird der Kolben gegenüber dem Zylinder verschoben, so dass die magnetorheologische Flüssigkeit durch eine Engstelle in einen Austrittskanal gedrückt wird. Die Viskosität der magnetorheologischen Flüssigkeit kann durch ein angelegtes Magnetfeld verändert werden, wodurch sich auch die Verzögerung der bewegten Massen, Fahrer, Lenkrad und verschiebbares Lenksäulenteil verändern lässt.
-
Nachteilig an dieser Lösung ist es, dass die vom Energieabsorber absorbiert Energie temperaturabhängig ist und sich mit der Lebensdauer des Absorbers verändert. Die in der magnetorheologischen Flüssigkeit vorhandenen Metallpartikel sind in einer Trägerflüssigkeit verteilt. Diese Dispersion neigt zur Entmischung und Sedimentbildung. Ist die Flüssigkeit erst einmal sedimentiert, ist es schwer diesen Vorgang wieder umzukehren. Das bedeutet aber auch, dass der Energieabsorber nicht mehr funktionstüchtig ist. Damit ist eine mangelhafte Alterungsbeständigkeit gegeben.
-
Es ist daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen verbesserten steuerbaren Energieabsorber für eine Lenksäule eines Kraftfahrzeugs anzugeben.
-
Demnach ist ein steuerbarer Energieabsorber für eine Lenksäule eines Kraftfahrzeugs aufweisend eine Kolben-Zylindereinheit, die dazu eingerichtet ist, im Crashfall des Kraftfahrzeugs eine magnetorheologische Flüssigkeit durch eine Engstelle zu drücken, wobei die magnetorheologische Flüssigkeit magnetisierbare Partikel und eine Trägerflüssigkeit aufweist, und eine Spule, die derart angeordnet ist, dass die Viskosität der magnetorheologischen Flüssigkeit an der Engstelle durch einen Stromfluss durch die Spule veränderbar ist, wodurch die Dämpfungskraft des Energieabsorbers einstellbar ist, vorgesehen, wobei der Zylinder in einem Normalfall zwei voneinander getrennte Bereiche aufweist, wobei in dem einen Bereich die magnetisierbaren Partikel und in dem anderen Bereich die Trägerflüssigkeit angeordnet sind, und wobei eine Mischvorrichtung vorgesehen ist, die im Crashfall die magnetisierbaren Partikel mit der Trägerflüssigkeit mischt.
-
Dadurch dass die magnetisierbaren Partikel und die Trägerflüssigkeit getrennt gehalten werden, wird eine Sedimentation verhindert. Erst im Crashfall werden die beiden Teile zu einer magnetorheologischen Flüssigkeit zusammen gemischt, die dann durch eine Engstelle mittels des Kolbens gedrückt wird, wodurch der Energieabsorber eine Dämpfungskraft erzeugt. Die Mischvorrichtung kann auf ganz unterschiedliche Weise ausgestaltet werden. Es ist denkbar, dass die Mischvorrichtung die beiden Bereiche unmittelbar miteinander verbindet oder einen Mischraum umfasst, in den die magnetisierbaren Partikel und die Trägerflüssigkeit zum Vermischen, beispielsweise mittels einer Düse, eingebracht werden.
-
Vorzugsweise weist die Mischvorrichtung ein Ventil auf, dass die beiden Bereiche miteinander verbindet. Das Ventil kann druckgesteuert sein. Es kann auch ein Mischventil vorgesehen sein.
-
Es ist vorteilhaft, wenn die beiden Bereiche unteranderem durch eine vom Zylinder umschlossene Trennwand gebildet sind. Dabei ist es bevorzugt, wenn die Trennwand sich in Längsrichtung des Zylinders erstreckt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Mischung in der Nahe der Engstelle, aber vor dieser erfolgt.
-
In einer bevorzugten Ausführungsform weist die magnetorheologische Flüssigkeit Carbonyl-Eisenpulver und Mineralöl auf. Bevorzugt weist das Mineralöl eine Viskositätsklasse zwischen SAE 10 und SAE 80 auf. Ebenfalls ist es denkbar und möglich, ein Mehrbereichsmineralöl zu verwenden, damit der Crash in verschiedenen Temperaturbereichen gleichmässiger erfolgen kann. Weiterhin ist denkbar und möglich, dass es sich um ein teilsynthetisches oder vollsynthetisches Mineralöl handelt.
-
Es ist weiterhin bevorzugt, wenn wenigstens ein Heizelement vorgesehen ist, dass die magnetorheologische Flüssigkeit heizt. Dadurch kann sichergestellt werden, dass die magnetorheologische Flüssigkeit eine vorbestimmte Temperatur und die damit verbundene Viskosität aufweist. Vorzugsweise ist das Heizelement derart ausgestaltet, dass der steuerbare Energieabsorber auf einer annähernd konstanten Temperatur gehalten wird. Dies ist von Vorteil, da Temperaturschwankungen die Dämpfung beeinflussen und die Regelung der Dämpfung stören.
-
Es wird bevorzugt, dass das wenigstens eine Heizelement den Zylinder umgibt oder einen Teil des Zylinders bildet, damit die Anordnung möglichst kompakt und effizient ist. Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn der Energieabsorber eine Isolierung aufweist.
-
Nachfolgend wird die vorliegende Erfindung anhand der Zeichnungen näher beschrieben. Es zeigen:
-
1: eine erfindungsgemäße Lenksäule mit einem steuerbaren Energieabsorber,
-
2: einen Längsschnitt durch den Energieabsorber entsprechend der 1 in einem geschlossenen Zustand eines Ventils,
-
3: den Längsschnitt der 2 in einem offenen Zustand des Ventils,
-
4: einen optimalen zeitlichen Verlauf der Relativgeschwindigkeit von der Aufprallgeschwindigkeit bis zum Stillstand, sowie
-
5: einen zeitlichen Ablauf eines Unfalls mit Frontalaufprall auf ein Hindernis, und zwar beispielhaft die von der variabel steuerbaren Energieabsorptionsvorrichtung aufgebaute Gegenkraft sowie die von der herkömmlichen Mechanik aufgebaute Gegenkraft.
-
Die 1 zeigt eine Lenksäule 1, bei der das verschiebbare Lenksäulenteil 2 mit einem karosseriefesten Lenksäulenteil 3 an der nicht dargestellten Fahrzeugkarosserie gehalten ist. Im Falle eines Aufpralls (Crash) wird durch den Aufprall des Fahrers auf das schematisch dargestellte Lenkrad 4 das verschiebbare Lenksäulenteil 2 gegenüber dem karosseriefesten Lenksäulenteil 3 in seiner Längsrichtung 5 verschoben. Ein Energieabsorber 6 ist mit seinem einen Ende am verschiebbaren Lenksäulenteil 2 und mit seinem anderen Ende am karosseriefesten Lenksäulenteil 3 befestigt.
-
Die 2 und 3 zeigen einen Längsschnitt durch den Energieabsorber 6. In der 2 ist der Normalfall dargestellt. Der Normalfall liegt vor, wenn noch kein Fahrzeugfrontalaufprall stattgefunden hat, d. h. vor einem Crash. Die 3 zeigt hingegen den Crashfall.
-
Der Energieabsorber 6 weist eine Kolben-Zylindereinheit 7 auf. Der Zylinder 8 weist zwei voneinander durch eine Trennwand 9, den Kolben 10 und ein Ventil 11 getrennte Bereich 12, 13 auf. Die Trennwand 9 erstreckt sich in Längsrichtung. In einem Bereich 13 werden die Metallpartikel der magnetorheologischen Flüssigkeit gehalten und in dem anderen Bereich 12 befindet sich die Trägerflüssigkeit der magnetorheologischen Flüssigkeit. Das Ventil 11 ist im Normalfall geschlossen, d. h. es befindet sich in einer geschlossenen Stellung. Die Flüssigkeit und die Metallpartikel werden somit getrennt bereitgestellt. Vorzugsweise ist der Bereich 13 mit den Metallpartikeln kleiner als der Bereich 12 mit der Trägerflüssigkeit ausgestaltet. Das Ventil 11 ist an der kolbenfernen Seite des Zylinders 8 angeordnet.
-
Im Crashfall wird der Kolben 10 in den Zylinder 8 geschoben. Dabei schiebt sich der Kolben 10 über die Trennwand 9 und verkleinert beide Bereich 12, 13 des Zylinders 8. Das Ventil 11 wird geöffnet und die Trägerflüssigkeit und die Metallpartikel werden gemischt. Die gemischte magnetorheologische Flüssigkeit wird durch eine Engstelle 14 in einen Austrittskanal 15 gedrückt. Die Engstelle 14 und/oder der Austrittskanal 15 sind von einer Spule 16 umgeben. Die Viskosität der magnetorheologischen Flüssigkeit 17 kann durch das Magnetfeld der Spule 16 verändert werden, wodurch sich auch die Kraft auf die Kolben-Zylindereinheit 7 und somit die Verzögerung der bewegten Massen Fahrer, Lenkrad 5 und verschiebbares Lenksäulenteil 2 verändern lässt.
-
In diesem Ausführungsbeispiel ist weiterhin wenigstens ein Heizelement 18 in dem Zylinder 8 vorgesehen, dass die magnetorheologische Flüssigkeit auf einer konstant hohen Temperatur (z. B. 50°C) hält. Die von dem Energieabsorber 6 bereitgestellte Energieaufnahme ist somit temperaturunabhängig und es treten keine nennenswerten Veränderungen der Viskosität auf. Ein Verlustwärmestrom, der eine Temperaturerniedrigung mit sich bringen kann, wird bevorzugt durch eine Isolierung 81 minimiert.
-
Wie in 1 schematisch dargestellt ist, wird der Spulenstrom von einer Steuerung 19 bestimmt.
-
Ein Wegsensor 20 misst den Verfahrweg des verschiebbaren Lenksäulenteils 2 gegenüber dem karosseriefesten Lenksäulenteil 3. Über einen Sicherheits-Bus 21 wird die Weginformation zur Steuerung 19 übermittelt. Die Steuerung 19 bestimmt anhand der Weginformation des Wegsensors 20 den notwendigen Strom zur Bestromung der Spule 16 um die gewünschte Verzögerung des Energieabsorbers 6 einzustellen.
-
In der 4 ist als Diagramm auf der Abszisse (x-Achse) die Zeit t aufgetragen, die bei gleichmäßiger Verzögerung für den Verfahrweg benötigt wird. Auf der Ordinate (y-Achse) ist die Geschwindigkeit v aufgetragen. Ziel der Regelung ist es, die Ausgangsgeschwindigkeit vmittel beim Zeitpunkt t3 entlang einer möglichst geraden Linie bis zum Stillstand (v = 0) beim Zeitpunkt t5 zu reduzieren, der am Ende des verfügbaren Verfahrweges s erreicht sein muss. Die Steigung der Linie zeigt die dafür erforderliche Beschleunigung bzw. Verzögerung an. Eine gerade Linie bedeutet eine über den Verfahrweg konstante Verzögerung, die direkte Verbindung zwischen der Ausgangsgeschwindigkeit vmittel und dem Punkt v = 0 definiert die kleinstmögliche Verzögerung, bei der die Geschwindigkeit vmittel über die Strecke s auf 0 verzögert werden kann. Die Verzögerung a ist folglich nur von der Ausgangsgeschwindigkeit und dem Bremsweg s abhängig.
-
Die für eine bestimmte Verzögerung a notwendige Kraft F ist jedoch von der bewegten Masse abhängig (F = m·a). Kennt der Regler die bewegte Masse, kann die Regelung stark vereinfacht und der Verzögerungsverlauf optimiert werden. Der Regler kann aber auch völlig autonom aufgebaut werden, das heißt ihm ist zu Crashbeginn nur der Weg bekannt. Für die Berechnung fehlende Parameter muss sich der Regler aus dem Wegsignal und der prozessorintern vorhandenen Zeit erarbeiten. Dabei gilt: je kleiner der Dynamikbereich (Bereich mögliche Geschwindigkeiten und Massen) des Reglers sein muss, desto besser kann der Regler dem optimalen Kurvenverlauf folgen.
-
Es ist ersichtlich, dass bei hohen Aufprallgeschwindigkeiten über den gesamten Weg eine gleich hohe Verzögerung erforderlich ist, um das Ziel zu erreichen. Wird die Verzögerung begrenzt, so verläuft die Zeit-/Geschwindigkeitskurve flacher und es entsteht am Ende des verfügbaren Crashweges eine Restgeschwindigkeit, die zu einem harten Aufprall führt.
-
Die 5 zeigt in einem Beispiel den zeitlichen Verlauf der auf den Energieabsorber 6 wirkenden Gegenkräfte vom Beginn eines Unfallgeschehens an. In diesem Beispiel ist dem Regler eine Steuerkurve überlagert, was die Kommunikation der Regelung mit anderen Steuergeräten und Sensoren voraussetzt.
-
Auf der Abszisse ist die Zeit t aufgetragen, die Ordinate stellt die Kraft F dar. Der mechanische Kraftverlauf 22 veranschaulicht die durch die Lenksäule aufgebrachten Gegenkräfte gegen die, durch den Aufprall des Fahrers verursachte, Verschiebung des verschiebbaren Teils der Lenksäule. Der Energieabsorber-Kraftverlauf 23 veranschaulicht die durch die Bestromung der Spule des Energieabsorbers bereitgestellte Gegenkraft gegen eine Verschiebung des verschiebbaren Teils der Lenksäule.
-
Zum Zeitpunkt t0, der möglicherweise vor dem tatsächlichen Aufprall liegt, stellen die fahrzeuginternen Sicherheitssysteme fest, dass es einen Unfall gibt. Die ersten Sicherheitsaktoren werden betätigt, beispielsweise die Gurtstraffer, die Sitzverstellung und dergleichen. Der Energieabsorber 6 baut bereits eine höhere Dämpfungskraft auf, um ein Verfahren der Lenksäule 2 durch Trägheit zu verhindern.
-
Bei der Zeit t1 wird der Airbag gezündet. Die Gegenkraft des Energieabsorbers 5 wird zuvor nochmals erhöht, um das Verfahren der Lenksäule durch den entstehenden Impuls der Auslösung des Airbags zu verhindern.
-
Bei der Zeit t2 errechnet die Steuerung 19 den bevorstehenden Aufprall des Fahrers auf das Lenkrad 5, der möglicherweise durch Informationen aus dem Sicherheitsgurtsystem angekündigt wird. Das Lenkrad 5 und die Lenksäule 2 selbst setzen durch ihre Massenträgheit und Reibungskräfte dem Aufprall des Fahrers bereits eine Kraft 22 entgegen, zu der sich die Kraft des Energieabsorbers 23 addiert. Um die Gesamtkraft zu begrenzen, die auf den Fahrer wirkt, wird in diesem Moment die Dämpfungskraft des Energieabsorbers 23 reduziert.
-
Die Steuerung 19 erhöht gleich nach dem Aufprall die Dämpfungskraft des Energieabsorbers 6 auf einen aus den vorliegenden Unfallparametern berechneten Startwert.
-
Bei der Zeit t4 ist der Bereich der gleichförmigen Verzögerung des Fahrers erreicht, der Regler übernimmt die Berechnung der optimalen Verzögerung auf Basis der Daten des Wegsensors 20 bis zum Stillstand. Die Gegenkraft des Energieabsorbers 6 wird permanent kontrolliert und angepasst. Der Übergang von der Steuerung zur Regelung kann fließend sein oder auch abrupt in Abhängigkeit von der Zeit, dem Weg, der Signalqualität und dem Ergebnis der internen Regelalgorithmen erfolgen.
-
Bei der Zeit t5 ist der Stillstand des verfahrbaren Teils der Lenksäule 2 gegenüber dem karosseriefesten Teil 3 erreicht, ohne dass es zu einem Anschlag aufgrund einer verbleibenden Restgeschwindigkeit kommt. Im optimalen Fall wird genau beim Erreichen des Endes der verfügbaren Wegstrecke die Relativgeschwindigkeit zu 0.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102010020087 A1 [0002]