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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Verbrennungsmotors und insbesondere ein Verfahren zur Bereitstellung einer Bremsunterstützung sowie eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens.
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Stand der Technik
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Zur Erhöhung der Bremskraft in Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor, insbesondere in Lastkraftwagen, ist es bekannt, eine Bremsunterstützung bereitzustellen. Bei einigen dieser Verfahren wird die sogenannte Motorbremse genutzt. Unter der Motorbremse ist der mechanische Widerstand zu verstehen, den ein Verbrennungsmotor einem von außen aufgezwungenen Drehmoment entgegensetzt.
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Es ist weiterhin ein als Jake-Brake benanntes Verfahren bekannt, das vornehmlich im kommerziellen Dieselbereich eingesetzt wird. Bei diesem wird nahe dem Zünd-OT (ZOT; OT: oberer Totpunkt) der Zylinderdruck über einen bedarfsweise betätigten Auslassnocken, der ein Auslassventil zu einem ansonsten unüblichen Zeitpunkt öffnet und schließt, abgelassen. Unterstützt durch die Aufladung bei geöffneter Drosselklappe und dem erhöhten Abgasgegendruck bei geschlossener Abgasklappe wird die Pumpverlustarbeit im Zylinder erhöht, um damit eine zusätzliche Bremswirkung zu erzielen.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund werden ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und eine Anordnung gemäß Anspruch 12 vorgestellt.
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Ausführungsformen ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen und aus der Beschreibung.
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Das vorliegende Verfahren wird im Schubbetrieb durchgeführt. Als Schubbetrieb wird bei einem Kraftfahrzeug der Fahrbetrieb bezeichnet, in dem bei nicht getrenntem Kraftschluss, wie bspw. bei nicht getretener Kupplung, der Motor durch das Kraftfahrzeug geschleppt und damit die Kurbelwelle in Drehbewegung gehalten wird. Das Verfahren erfolgt bei einem Verbrennungsmotor mit mindestens einem Zylinder, wobei die nachfolgend erläuterten Schritte in wenigstens einem von dem mindestens einen Zylinder durchgeführt wird.
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Bei dem Verfahren wird zu einem ersten Zeitpunkt nahe dem Zünd-OT ein Auslassventil geöffnet. Weiterhin wird eine als Piloteinspritzung bzw. Voreinspritzung bezeichnete Technik eingesetzt. Dieses wird bislang ausschließlich zur Minderung des typischen Dieselgeräuschs und zur Vorkonditionierung der Zylinderladung eingesetzt. Die Einspritzung wird in einer Verdichtungsphase zu mindestens einem zweiten früheren Zeitpunkt vorgenommen und ist drehmomentbeeinflussend bzw. drehmomentreduzierend, d. h. dass diese sich auf das vom Verbrennungsmotor aufgezehrte Drehmoment auswirkt.
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Der zweite Zeitpunkt sollte möglichst früh sein, da dies zu einer hohen Effizienz führt. In einer Ausführung liegt der zweite Zeitpunkt etwa auf der Hälfte des Kolbenwegs in der Verdichtungsphase. Dieser kann aber auch früher, bspw. auf dem ersten Drittel oder Viertel des Kolbenwegs liegen.
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Mit dem vorliegenden Verfahren kann zum einen die Bremswirkung deutlich gesteigert werden, um damit eine höhere Betriebssicherheit zu erbringen und die Betriebsbremse zu entlasten. Zum anderen kann das Verfahren zur Unterstützung eines Reinigungsprozesses eines Partikelfilters durchgeführt werden. Mit dieser Maßnahme kann auch die Temperatur im gesamten Abgastrakt bei Schubphasen hoch gehalten werden. Dies steigert die Katalysatorwirkungsgrade.
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Das Verfahren ermöglicht es, eine Piloteinspritzung mit akkurat gesteuerten Voreinspritzungen in Verbindung mit Schubphasen zur Bremsunterstützung einzusetzen. Bei Bremsbedarf wird durch Steigerung der Verlustleistung eine Bremsunterstützung bereitgestellt. Dies kann durchgeführt werden, ohne den Bauaufwand zu erhöhen, insbesondere dann, wenn bereits eine Einrichtung zur Durchführung der sogenannten Jake-Brake vorhanden ist. Die Kombination zweier Techniken erlaubt einen Sicherheitsgewinn.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beigefügten Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Kurze Beschreibung der Zeichnungen
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1 zeigt ein pV-Diagramm.
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2 zeigt in schematischer Darstellung einen Verbrennungsmotor.
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Ausführungsformen der Erfindung
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsformen in den Zeichnungen schematisch dargestellt und wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen ausführlich beschrieben.
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1 zeigt in einem pV-Diagramm 100 einen möglichen Ablauf des Verfahrens. Ein pV-Diagramm ist ein Diagramm eines thermodynamischen Prozesses, bei dem der Druck p eines Systems, in diesem Fall eines Gases in einem Zylinder, gegen das Volumen V aufgetragen wird. Es wird verwendet, um einen Prozessablauf, in diesem Fall die Gaszustände und die Bewegung des Kolbens in einem Zylinder, zu veranschaulichen.
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In dem pV-Diagramm 100 ist an einer Abszisse 102 das Zylindervolumen V unter Berücksichtigung von Kurbelwinkel und Zeit aufgetragen. An einer Ordinate 104 ist der Zylindergasdruck p aufgetragen. Unterschiedliche Zustände im Rahmen des vorgestellten Verfahrens sind mit 1 bis 5 bezeichnet. Weiterhin sind ein Grenzdruck 116, ein Abgasgegendruck 118 und ein Ansaugdruck 120 gekennzeichnet. Weiterhin zeigt die Darstellung ein Kompressionsvolumen Vc 130, ein Brennende 24, einen Brennbeginn 26, einen Einspritzbeginn 28 und ein Volumen 132, das das Kompressionsvolumen Vc 130 und ein Hubvolumen Vh umfasst. Zudem zeigt ein Doppelpfeil die Brenndauer 32.
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Zustandswechsel sind folgende:
1 -> 2 isentrope Kompression in der normalen Schubphase (zu Vergleichszwecken aufgeführt)
1a -> 2a isentrope Kompression im aufgeladenen Schubbetrieb wie im Jake-Brake-Verfahren angewendet (auch zum Vergleich aufgeführt)
1a -> 1b Kompression unter Einfluss des Glühens
1b -> 1c wie zuvor, jedoch unter Verdampfung des voreingespritzten Dieselkraftstoffs (Zündverzugszeit mit leichter Abkühlung des Gases)
1c -> 1d Verbrennung der Piloteinspritzung bis kurz vor ZOT
1d -> 2c isentrope Restkompression bis ZOT
2c -> 3 isochorer Auslassvorgang ab dem Öffnen des Auslassventils gemäß dem Jake-Brake-Verfahren (stark vereinfachtes Modell)
3 -> 4 isobarer Auslassanteil bis Schließen des Auslassventils gemäß dem Jake-Brake-Verfahren (stark vereinfachtes Modell)
4 -> 5 isentrope Expansion unterhalb des Ansaugdrucks gemäß dem Jake-Brake-Verfahren
4 -> 5a isentrope Expansion unterhalb des Ansaugdrucks unter Einfluss des Glühens, das zum frühen Überschreiten der Grenztemperatur 30 für Selbstentzündung des Dieselkraftstoffs unterstützend einzusetzen ist (siehe 1a -> 1b)
5a -> 1a stark vereinfachter Gaswechsel
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Der hier vorgeschlagene Kreisprozess umfasst also den folgenden Kurvenzug:
1a -> 1b -> 1c -> 1d -> 2c -> 3 -> 4 -> 5a -> 1a
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Der hier weniger bedeutende Punkt 2b markiert den Endpunkt der Verdichtung ohne Verbrennung, aber unter Einfluss des Glühens. Ein reines Jake-Brake-Verfahren ist ebenfalls dem Diagramm 100 zu entnehmen und umfasst die Zustände 1a, 2a, 3, 4, 5 und zurück nach 1a in dieser Reihenfolge.
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Um eine Steigerung der Bremswirkung des Kraftfahrzeugs, insbesondere eines Lastkraftwagens, zu erzielen, wird somit der motorische Prozess mit einbezogen. Von Bedeutung dabei ist es, einen sogenannten linksdrehenden Hochdruckprozess, verdeutlicht durch einen Pfeil 140 im pV-Diagramm 100 zu bewirken. Dies ist im Ansatz bereits bei dem Jake-Brake-Verfahren umgesetzt, das den Hochdruck nach der Verdichtungsphase in den Auspufftrakt entlässt. Zweckmäßigerweise sind dabei die Klappenstellungen von Drossel und Auspuff sowie die Aufladung optimiert. Die Linie 116 markiert den oberen Grenzdruck, der aus Bauteilschutzgründen nicht überschritten werden darf. Das vorgestellte Verfahren nutzt das Jake-Brake-Verfahren.
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Es zeigt sich, dass sich die Wirkung dieses Jake-Brake-Verfahrens noch steigern lässt, wenn man in der Verdichtungsphase eine frühe Voreinspritzung nutzt und diese in eine rasche und vollständige Verbrennung vor Erreichen des ZOT überführt. Auf diese Weise wird der Zylinderdruckgradient stark erhöht und das negative Integral des Kreisprozesses im Sinn einer großen Verlustarbeit erhöht. Die Erhöhung der Verlustarbeit im vorgestellten Verfahren besteht in der Fläche, die von den Punkten 1a, 1b, 1c, 1d, 2c und 2a umschlossen wird, leicht vermindert um den Betrag der Fläche umschlossen von den Punkten 4, 5, 5a.
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Im Gegensatz zu bekannten Piloteinspritzungen wird dabei eine größere Kraftstoffmenge in einem Vorgang früher eingespritzt, wobei zweckmäßigerweise von einem erhöhten Kraftstoffdruckniveau ausgegangen wird. Die Frühlimitierung des Einspritzbeginns ist gegeben durch das erforderliche Erreichen der Selbstentzündungstemperatur des Dieselkraftstoffs, die wiederum in den Phasen von Bremsunterstützungsbedarf durch Aktivierung von Glüheinrichtung, bspw. von Glühkerzen, in Richtung "früh" verschoben werden kann, wodurch sich die Bremswirkung erhöht.
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Die eingespritzte Kraftstoffmenge sollte einerseits möglichst groß sein, andererseits muss die Verbrennung vor Auslassbeginn nahe ZOT hinreichend abgeschlossen sein. Weiterhin ist der Zylinderdruck- und der Temperaturanstieg während der Verdichtungsphase stärker als die entsprechenden Bauteilbeanspruchungen bei Verbrennung in der Expansionsphase, so dass thermische und mechanische Bauteilgrenzen bei der Optimierung der Steuergrößen besonders zu beachten sind. Innerhalb dieser Grenzen kann die bremsende Wirkung des Frühverbrennungsprozesses optimiert werden. Der geringe Kraftstoffmehrverbrauch fällt gegenüber dem Sicherheitsgewinn kaum ins Gewicht.
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Der folgende Gasausstoß und die als nachfolgende isentrope Expansion zu bezeichnende Zustandsänderungen verlaufen druckmäßig weit unterhalb der Verdichtungslinie und erzeugen damit ein mehr oder minder fülliges Verlust-Arbeitsintegral, dessen Betrag von den vorstehend genannten Steuergrößen hochdruckseitig von der Motorsteuerung bestimmt wird. Der untere Zweig wird von den Steuerzeiten der Jake-Brake festgelegt, die normalerweise nur wenig variabel sind, es sei denn, man wendet auch hier Techniken zur Variation an.
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In einer Ausführung kann bei raschem Auslassschließen sogar unter die atmosphärische Linie expandiert werden. Damit wird beim Gaswechsel-UT (UT: unterer Totpunkt entsprechend Punkt 132) zunächst sogar eine Abgasrückströmung zum Zylinder zwecks Druckausgleich eintreten, die im folgenden Ausschiebeprozess revidiert wird. Die reale, hier nicht explizit dargestellte Gaswechselschleife sorgt beim aufgeladenen Dieselmotor für eine generell erwünschte Hochverlagerung des Anfangsdrucks der Verdichtungsphase. Das pV-Diagramm nimmt mit diesen Maßnahmen eine ungewöhnliche, aber vorteilhafte Form an.
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Unter den genannten Aspekten ergibt sich der momentane und der maximal mögliche Bremsunterstützungsbeitrag zur Entlastung der Betriebsbremse.
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Eine mathematische Modellierung der Wirkung von bremsenden Piloteinspritzungen sollte zweckmäßigerweise in das Motormomentmodell mit einbezogen werden. Dies ermöglicht u. a, die motorischen Stellgrößen in derartigen Betriebszuständen zu optimieren, um bspw. eine angemessene oder maximale motorische Bremswirkung im Bedarfsfall zu erzielen. Es können zudem bauartbedingte Limitierungen ständig überwacht und eingehalten werden.
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Das vorgestellte Verfahren bietet sich bei Lastkraftwagen an, dort aber ausschließlich bei Fahrzeugen, bei denen bereits das Jake-Brake-Verfahren eingesetzt wird. Gerade bei hohen Fahrzeugmassen, wie sie im kommerziellen Bereich üblich sind, ist eine zusätzliche Bremsunterstützung ein Erfordernis, auf das bspw. bei Bergabfahrten kaum verzichtet werden kann. Das vorgestellte Verfahren ist bei entsprechend ausgestatteten Personenkraftwagen anwendbar.
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2 zeigt zur Verdeutlichung des Verfahrens stark vereinfacht einen Verbrennungsmotor, der insgesamt mit der Bezugsziffer 150 bezeichnet ist und von einem Steuergerät 152, typischerweise dem Motorsteuergerät, angesteuert wird. In dem Steuergerät 152 ist eine Recheneinheit 154 vorgesehen, mit der bspw. eine asynchrone Ansteuerung der Auslassventile, eine quantitative und qualitative Bestimmung der Zusatzeinspritzmenge und des Kraftstoffhochdrucks vorgenommen werden können.
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In dem Verbrennungsmotor 150 sind ein erster Zylinder 160, ein zweiter Zylinder 162, ein dritter Zylinder 164 und ein vierter Zylinder 166 vorgesehen. Das vorgestellte Verfahren ist jedoch bei Verbrennungsmotoren mit einer beliebigen Anzahl an Zylindern, bspw. 2, 3, 4, 5, 6, 8, 12, durchführbar.
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Jeder Zylinder 160 bis 166 verfügt über einen Kolben 170, 172, 174 bzw. 176 und mindestens ein Auslassventil 180, 182, 184 bzw. 186. Das Verfahren ist insbesondere bei Verbrennungsmotoren anwendbar, die bereits über die technischen Voraussetzungen für den Betrieb einer Jake-Brake verfügen. Hierzu müssen entweder gesonderte Auslassventile vorhanden sein, die asynchron angesteuert werden können oder die konventionellen Auslassventile müssen über eine separate Betätigungseinrichtung zusätzlich geöffnet werden können. Grundsätzlich kann das Verfahren bei einem der Zylinder 160, 162, 164 bzw. 166, bei allen Zylindern 160, 162, 164 und 166 oder bei einer beliebigen Teilmenge durchgeführt werden. Üblich ist jedoch die gemeinsame Ansteuerung.
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Zu beachten ist der Druck und die Temperatur in dem betreffenden Zylinder 160, 162, 164 bzw. 166, da sichergestellt werden muss, dass die Einspritzung nicht zu unzulässig hohen Bauteilbeanspruchungen führt.
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Die maximal zulässigen Zustandsgrößen können entweder über geeignete Brennraumsignale messtechnisch erfasst oder aber modelliert werden und permanent mit Grenzwerten verglichen werden. Werden im Motorbetrieb kritische Werte erreicht, dann müssen Gegenmaßnahmen zum Schutz des Motors ergriffen werden. Diese umfassen in erster Linie eine Reduktion der Piloteinspritzmenge auf ein noch zulässiges Maß.
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Es kann weiterhin eine Kraftstoffzumessung in einem Punkt vorgenommen werden, bevor das Auslassventil geöffnet wird. Dabei kann eine Einspritzdauer, ein Einspritzdruck, ein Einspritzbeginn oder ein Einspritzende als Stellgröße für die Kraftstoffzumessung verwendet werden. Ein spätestes Einspritzende sollte sichergestellt werden, um Bauteilbeschädigungen zu verhindern.
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Das Maß der Bremsunterstützung kann in Abhängigkeit einer Betätigung eines Bremspedals erfolgen. So wird sichergestellt, dass bei leichtem bis mittlerem Betätigen das Verfahren nicht zur Anwendung kommt, da es dadurch zu hohen motorischen Bauteilbeanspruchungen und lauten Geräuschen kommen kann. Bei einer starken Betätigung steht hingegen der Sicherheitsgedanke im Vordergrund.