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Die vorliegende Erfindung betrifft einen bildbasierten Biomarker zur Charakterisierung der Struktur oder Funktion von menschlichem oder tierischem Hirngewebe gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1, verschiedene Verwendungen dieses Biomarkers gemäß den Oberbegriffen der Ansprüche 5 bis 7, zwei Verfahren zur Charakterisierung der Struktur oder Funktion von menschlichem oder tierischem Hirngewebe durch Verwendung eines solchen Biomarkers gemäß den Oberbegriffen der Ansprüche 8 bzw. 13 und ein Computerprogrammprodukt gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 15.
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Biomarker, insbesondere Biomarker aus Magnetresonanz (MR), Positronen-Emissions-Tomographie (PET) oder Bildgebung auf der Basis von magnetischen Partikeln (Magnetic Particle Imaging – MPI), erlauben die Detektion und quantitative Charakterisierung struktureller oder funktioneller Veränderungen des menschlichen oder tierischen Gehirns, die in Verbindung mit verschiedenen Krankheiten auftreten können, unter Einbeziehung von und nicht beschränkt auf zerebrovaskuläre, neurodegenerative und entzündliche Erkrankungen. Dadurch können Biomarker, die auf diesen bildgebenden Modalitäten basieren, die Diagnose, Therapieplanung und Therapieüberwachung in der routinemäßigen Patientenversorgung unterstützen. Solche Biomarker können auch eine wichtige Rolle bei der Entwicklung neuer Behandlungen, neuer Medikamente und nicht-pharmakologischer Behandlungsmöglichkeiten spielen, nicht nur durch die Unterstützung der Einbeziehung entsprechender Patienten in klinische Studien, sondern auch durch die Bereitstellung von objektiven resultierenden Ergenissen für die Bewertung von Therapieeffekten.
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Biomarker tragen zu einer verbesserten Genauigkeit einer Diagnose im Vergleich zur konventionellen klinischen Diagnostik mit nur symptombasierten Kriterien bei. Dies wird durch den Nachweis von pathophysiologischen Veränderungen im Gehirn, die für die zugrundeliegende Erkrankung charakteristisch sind, erreicht.
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"Zerebrovaskuläre Krankheiten" ist der Begriff für Krankheiten, die die Gehirn versorgenden Blutgefäße beeinflussen. Zerebrovaskuläre Erkrankungen können kleine und / oder große Gefäße beeinträchtigen. Zerebrovaskuläre Erkrankungen können in MR-Bildern des Gehirns nachgewiesen werden, auf denen sie sich in einer Vielzahl verschiedener Strukturveränderungen, einschließlich (aber nicht beschränkt auf) große Infarkte, akute subkortikale Infarkte, Lakunen, subkortikale Hyperintensitäten, perivaskuläre Räume, Mikroblutungen und Hirnatrophie, manifestieren [1].
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Die MR-Bildgebung ermöglicht allgemein die Detektion und quantitative Charakterisierung von strukturellen Läsionen im menschlichen oder tierischen Gehirn, einschließlich (aber nicht beschränkt auf) struktureller Läsionen, die mit einer zerebrovaskulärer Erkrankung in Verbindung stehen.
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Beispielsweise sind subkortikale Hyperintensitäten per Definition als Hyperintensitäten in T2-gewichteten MR-Bildern vorhanden und befinden sich innerhalb der weißen Substanz des Gehirns oder in subkortikaler grauer Substanz oder im Hirnstamm. Somit sind subkortikale Hyperintensitäten Läsionen (innerhalb der spezifizierten Hirnregionen), die in T2-gewichteten MR-Bildern heller erscheinen als normal. Sie können leicht durch visuelle Begutachtung von T2-gewichteten MR-Bildern detektiert werden (siehe 1A).
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Strukturelle Läsionen im Gehirn treten sehr häufig im Alter auf, so dass praktisch alle älteren Menschen strukturelle Hirnläsionen zeigen, wobei sie stark variieren können. Strukturelle Hirnläsionen können mit dem gesamten Spektrum der kognitiven Abnahme / Dysfunktion assoziiert werden, angefangen von einem subjektiv empfundenen Rückgang der kognitiven Leistungsfähigkeit (subjective cognitive decline) über eine leichte kognitive Beeinträchtigung (mild cognitive impairment) bis hin zur Demenz, die die Aktivitäten des täglichen Lebens beeinflusst. Allerdings können strukturelle Hirnläsionen auch ohne Symptome auftreten. Daher besteht eine wichtige diagnostische Fragestellung darin, ob die strukturellen Hirnläsionen, die bei einem gegebenen Patienten festgestellt werden, die Ursache seines kognitiven Abfalls sind oder nicht. Im letzteren Fall sollte der Patient auf weitere diagnostische Tests hingewiesen werden, um die zugrundeliegende Erkrankung, beispielsweise die Alzheimer-Krankheit, zu identifizieren.
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Die zuverlässige Erkennung der Ursache des Rückgangs der kognitiven Leistungsfähigkeit, beispielsweise der Differenzierung zwischen vaskulär-bedingtem kognitiven Abfall und der Alzheimer-Krankheit, hat unmittelbare therapeutische Konsequenzen: Verringerung der Risikofaktoren, um das Fortschreiten des vaskulär-bedingten Rückgangs der kognitiven Leistungsfähigkeit zu vermeiden, gegenüber der Gabe von Cholinesterasehemmern bei der Alzheimer-Krankheit. Ein weiteres, klinisch hoch relevantes diagnostisches Problem ist die Schätzung des Risikos, das mit erkannten strukturellen Hirnläsionen einhergeht, zum Beispiel das Risiko eines kognitiven Abfalls oder das Risiko eines Schlaganfalls in der Zukunft.
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Es gibt zunehmend Hinweise in der wissenschaftlichen Literatur, dass das Muster der Hirnläsionsbelastung Informationen liefert, die für Differentialdiagnose und Risikostratifizierung relevant sind.
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Dennoch wird in der Patientenversorgung die Hirnläsionslast meist nur qualitativ oder mit einem visuellen Scoring-System beurteilt [2]. Allerdings haben diese visuellen Scores gezeigt, dass sie nicht nur zwischen verschiedenen Ratern sehr variabel sind (niedrige Inter-Rater-Stabilität), sondern auch dann, wenn der gleiche Rater wiederholt die Bewertung des gleichen Bildes durchführt (niedrige Intra-Rater Stabilität). Dies schränkt die Nützlichkeit dieser visuellen Scores eindeutig ein.
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Die quantitative Beurteilung struktureller Hirnläsionen erfolgte durch manuelle Läsionsabgrenzung, durch automatische Läsionssegmentierungsalgorithmen oder durch eine Kombination beider [3–8]. Die meisten der beschriebenen halbautomatischen Software-Tools bieten die Möglichkeit, erkannte Läsionen zu lokalisieren, sowohl auf der Basis von Hirnregionen, die in einem anatomischen Standardraum (Atlasraum) vordefiniert sind, als auch unter Verwendung von Parzellierungstechniken.
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Aus dem Stand der Technik ist ferner bekannt, eine "Asphärizität" eines Tumors in der Ganzkörper-Positronen-Emissionstomographie (PET) mit dem Glukose-Analogon [F-18]-Fluorodeoxyglucose (FDG) [9–11] zu definieren. Die Asphärizität in der FDG-PET ist ein Maß für die Formunregelmäßigkeit des metabolisch aktiven Teils des Tumors und wurde vorgeschlagen, um die Überlebenszeit von Tumorpatienten vorherzusagen. Die Asphärizität wird auf eine einzige Tumorläsion angewendet. Sie wurde nicht auf mehrere Läsionen oder Läsionsmuster angewendet. Infolgedessen ist die Asphärizität eines Tumors in keiner Weise gewichtet worden.
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Die Positronen-Emissions-Tomographie des Gehirns mit dem Glukose-Analogon F-18-Fluorodeoxyglucose (FDG-PET) liefert Biomarker für veränderte (synaptische) Hirnfunktionen. Veränderungen der Hirnfunktion können durch Verlust / Dysfunktion von Neuronen verursacht werden, die eine neurodegenerative Erkrankung anzeigen, z.B. die Alzheimer-Krankheit (AD).
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US 6,366,797 B1 beschreibt ein Verfahren zur Analyse von Magnetresonanzbildern eines Gehirns, um die Schwere eines medizinischen Zustands zu bestimmen, indem ein Verhältnis zwischen dem Hirnvolumen und dem Volumen eines spezifischen Bereichs innerhalb des Gehirns berechnet wird.
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US 7,995,825 B2 beschreibt ein Verfahren zur Klassifizierung von Gewebe in einem Magnetresonanzbild durch Konstruieren eines Pixelintensitätshistogramms eines zuvor aufgenommenen Magnetresonanzbildes und Anwenden einer statistischen Regressionsanalyse auf das Histogramm, um einen Pixelintensitätsschwellenwert zu bestimmen, der das Histogramm in mindestens zwei Regionen segmentiert.
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US 2003/0088177 A1 beschreibt ein Verfahren zur Beurteilung eines neurologischen Zustands eines Patienten durch Identifizierung eines Biomarkers des Nervensystems des Patienten in einem dreidimensionalen Bild und durch Speichern einer Identifizierung des Biomarkers und einer quantitativen Messung davon in einem Speichermedium. Der Biomarker kann eine Form, Topologie und Morphologie von Hirnläsionen, von Gehirn-Plaques, von Gehirn-Ischämie oder von Hirntumoren sein, eine räumliche Häufigkeitsverteilung von Sulci und Gyri, eine Kompaktheit von grauer Substanz und weißer Substanz, Gesamthirncharakteristiken, graue Hirngewebeeigenschaften, weiße Hirngewebeeigenschaften, Eigenschaften der Hirnflüssigkeit, Hippocampus-Charakteristiken, Gehirn-Unterstruktur-Charakteristiken, ein Verhältnis des Volumens der Hirnflüssigkeit zur grauen Substanz und zur weißen Substanz, und Anzahl und Volumen von Hirnläsionen.
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US 8,112,144 B2 beschreibt eine Vorrichtung zum Beurteilen einer zerebralen Atrophie, die so ausgelegt ist, dass sie einen numerischen Wert berechnet, der ein Volumen eines konvexen Rumpfes der grauen Substanz oder der weißen Substanz eines Gehirns darstellt, und einen Wert, der ein erstes Verhältnis zwischen diesem numerischen Wert und einem numerischen Wert, der das Gehirnvolumen repräsentiert, berechnet. Danach wird eine zerebrale Atrophie aus dem Wert des ersten Verhältnisses bestimmt.
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US 8,423,118 B2 beschreibt ein System zur automatisierten Differentialdiagnose einer Demenz, einschließlich einer Wissensbasis, die eine Vielzahl von Hirnscanbildern umfasst, die Muster einer Vielzahl von Demenzformen und Demenz-Schweregraden und eines oder mehrerer gesunder Hirnscanbildern aufweisen. Das System kann Diagnoseinformationen ausgeben, die Bilder des Patienten mit hervorgehobenen hypometabolischen Bereichen umfasst, wobei die Hervorhebung farbkodiert ist, um eine Art von Demenz anzuzeigen, wobei verschiedenen Farben verschiedene Demenzformen entsprechen.
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Die Auswirkungen von strukturellen Hirnläsionen, einschließlich der Hyperintensitäten der weißen Substanz (white matter hypointensities – WMHs), auf den zerebralen Glukosestoffwechsel sind in der Literatur gut dokumentiert. Kochunov et al (2009) [12] dokumentierten die Assoziation zwischen der WMH-Belastung und dem global reduzierten zerebralen Glukosestoffwechsel. Tullberg et al. (2004) [13] und Reed et al. (2004) [14] fanden eine starke Assoziation zwischen WMHs und einem regionalen Rückgang des zerebralen Glukosestoffwechsels, der am stärksten im Frontallappen ausgeprägt ist. Eine neuere Arbeit von Glodzik et al. (2014) [15] zeigte, dass eine Unterbrechung der weißen Substanzfasern, die graue Hirngewebebereiche miteinander verbinden, durch strukturelle Hirnläsionen verursacht, zu einem Rückgang des Glukosestoffwechsels in den verbundenen grauen Hirnsubstanzbereichen führt.
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Es ist eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, neue bildbasierte Biomarker bereitzustellen, die zuverlässigere Ergebnisse liefern als Biomarker, die aus dem Stand der Technik bekannt sind und die Struktur oder Funktion von menschlichem oder tierischem Hirngewebe charakterisieren. Es ist eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung, geeignete Anwendungen dieser Biomarker und Verfahren, die die Anwendung dieser Biomarker umsetzen, zur Verfügung zu stellen.
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Diese Aufgabe wird durch einen bildbasierten Biomarker mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Ein solcher Biomarker ist zur Charakterisierung der Struktur oder Funktion von menschlichem oder tierischem Hirngewebe, insbesondere von menschlichem oder tierischem Gehirn oder Teilen davon, geeignet. Dadurch ist er besonders geeignet, abnormes Hirngewebe, d.h. Hirngewebe, das ungewöhnliche (verändert im Vergleich zu einer gesunden Standardpopulation) oder erkrankte Zellen enthält, zu charakterisieren.
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Der bildbasierte Biomarker basiert auf einem Bild des Gehirngewebes (z.B. eines Gehirns oder eines Teils eines Gehirns in seiner nativen Umgebung, d.h. im Kopf eines lebenden Subjekts), wobei das Bild mindestens eine Hirnläsion zeigt und Informationen über Oberfläche und Volumen der Hirnläsion (insbesondere wenn ein dreidimensionales Bild betrachtet wird) oder Umfang und Fläche der Hirnläsion (insbesondere wenn ein zweidimensionales Bild betrachtet wird) enthält. Eine Vielzahl von Hirnläsionen stellt eine Läsionskarte dar, die ein geeignetes Bild im Rahmen der vorliegenden Offenlegungsschrift ist.
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Der Biomarker wird aus der Gruppe ausgewählt, die aus einem gewichteten Konfluenz-Summen-Score (weighted confluency sum score – WCSS) und einer prozentualen Abschirmung einer Hirnregion durch Hirnläsionen (shielding by brain lesions – SbBL) besteht. Dabei ist der WCSS die gewichtete Summe eines Maßes, das eine Beziehung zwischen einer Oberfläche und einem Volumen von Hirnläsionen (wenn ein dreidimensionales Bild vorliegt) oder zwischen einem Umfang und einer Fläche von Hirnläsionen (wenn ein zweidimensionales Bild vorliegt) über mindestens eine erkannte Hirnläsion herstellt. Insbesondere ist der WCSS die Summe der gewichteten Konfluenzen über mindestens zwei oder mehr Hirnläsionen eines Bildes.
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Dabei ist die Konfluenz einer Hirnläsion ein Maß für die Beziehung zwischen einer Oberfläche der Hirnläsion und einem Volumen der Hirnläsion oder zwischen einem Umfang der Hirnläsion und einer Fläche der Hirnläsion.
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Zusätzlich ist die prozentuale Abschirmung einer Hirnregion durch Hirnläsionen (SbBL) ein Maß für den Anteil einer Umgebung der betrachteten Hirnregion, der zu einer Hirnläsion gehört. Die Hirnläsionen können auf dem Bild als einzelne Voxel oder einzelne Pixel oder als Cluster von zusammenhängenden Voxeln oder Pixeln dargestellt werden.
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Die prozentuale Abschirmung durch Hirnläsionen ist ein geeigneter Marker, um Fernwirkungen von Hirnläsionen zu bewerten. Es zeigte sich, dass je höher die Abschirmung eines ausgewählten Gehirnbereichs durch Hirnläsionen ist, desto höher ist die (beeinträchtigende) Wirkung dieser Hirnläsionen auf Fernhirnarealen, die nicht Teil von Hirnläsionen sind. Dies kann durch einen Verlust der Kommunikationsmöglichkeiten zwischen entfernten (und nicht betroffenen) Gehirnbereichen und dem Gehirnbereich erklärt werden, der durch Hirnläsionen (hoch) abgeschirmt ist. Die Hirnläsionen unterbrechen sonst existierende Kommunikationskanäle zwischen den entfernten Gehirnbereichen und dem Gehirnbereich, der durch Hirnläsionen abgeschirmt ist.
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Allgemein kann die Hirnläsion z.B. eine kortikale Läsion, eine subkortikale Läsion, eine Hyperintensitätsläsion, wie z.B. eine kortikale und/oder subkortikale Hyperintensitätsläsion, und/oder eine Hypointensitätsläsion wie z.B. eine kortikale und/oder subkortikale Hypointensitätsläsion, sein.
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In einer Ausführungsform ist der gewichtete Konfluenz-Summen-Score (WCSS) proportional zur (kubischen) Wurzel des Verhältnisses zwischen der gegebenenfalls exponentiell wachsenden Oberfläche der Hirnläsion und dem gegebenenfalls exponentiell wachsenden Volumen der Hirnläsion, z. B:
wobei x gleich 1, 2, 3 oder 4,
y gleich 1, 2, 3 oder 4 und
z gleich 2, 3 oder 4 ist.
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Geeignete Beispiele für Formeln zur Berechnung des gewichteten Konfluenz-Summen-Scores sind:
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In einer Ausführungsform ist der gewichtete Konfluenz-Summen-Score (WCSS) proportional zur Wurzel des Verhältnisses zwischen dem gegebenenfalls exponentiell wachsenden Umfang der Hirnläsion und der gegebenenfalls exponentiell wachsenden Fläche der Hirnläsion, z. B.
wobei x gleich 1, 2, 3 oder 4,
y gleich 1, 2, 3 oder 4 und
z gleich 2, 3 oder 4 ist.
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Geeignete Beispiele für Formeln zur Berechnung des gewichteten Konfluenz-Summen-Scores sind:
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In einer Ausführungsform wird der gewichtete Konfluenz-Summen-Score gemäß Formel (I) berechnet:
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Die sogenannte Konfluenz (confluency
i), auf die in Formel (I) verwiesen wird, ist ein Maß für die Sphärizität einzelner Hirnläsionen. Sie wird in einer Ausführungsform gemäß Formel (II) oder Formel (III) berechnet:
wobei
- WCSS
- für den gewichteten Konfluenz-Summen-Score steht,
- i
- ein Summationsindex ist, der über alle oder eine Untergruppe der Hirnläsionen läuft, die auf dem Bild des Hirngewebes abgebildet sind,
- wi
- ein Gewichtungsfaktor ist, der die Relevanz der i-ten Hirnläsion für eine betrachtete Anwendung quantifiziert,
- surfi
- eine Schätzung der Oberfläche der i-ten Hirnläsion darstellt,
- voli
- eine Schätzung des Volumens der i-ten Hirnläsion darstellt,
- circfi
- eine Schätzung des Umfangs der i-ten Hirnläsion darstellt und
- areai
- eine Schätzung der Fläche der i-ten Hirnläsion darstellt.
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In einer Ausführungsform wird die prozentuale Abschirmung einer Hirnregion (mit A bezeichnet) durch Hirnläsionen als der Prozentsatz von Bildvoxeln (insbesondere im Falle eines dreidimensionalen Bildes) oder Bildpixeln (insbesondere im Falle eines zweidimensionalen Bildes) in einem vorbestimmten, die betrachtete Hirnregion umgebenden Volumen oder einer die betrachtete Hirnregion umgebenden Fläche (mit B bezeichnet), die zu einer Hirnläsion gehören, berechnet.
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In einer Ausführungsform ist die prozentuale Abschirmung durch Hirnläsionen eine prozentuale Abschirmung durch Hyperintensitäten der weißen Substanz (WMHs). In einer Ausführungsform wird dies gemäß folgender Formel (IV) berechnet:
wobei
- SbWMHA
- für die prozentuale Abschirmung der betrachteten Hirnregion A durch Hyperintensitäten der weißen Substanz (WMHs) steht und
- VB
- für die Gesamtzahl der Voxel oder Pixel in einem Volumen oder einer Fläche B steht, die die betrachtete Hirnregion A umgibt
- VB(WMH)
- für die Anzahl der Voxel oder Pixel in einem Volumen oder einer Fläche B steht, die zu einer WMH gehören.
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Im Gegensatz zum Stand der Technik verwendet der gewichtete Konfluenz-Summen-Score (WCSS) eine Gewichtung von einzelnen erkannten Hirnläsionen, die ihrer Bedeutung entsprechen. Aus dem Stand der Technik ist keine solche Gewichtung von einzelnen erkannten Hirnläsionen beschrieben worden. Zusätzlich gibt der Stand der Technik keinen Vorschlag, einen Summenwert einer Konfluenz von mehreren einzelnen erkannten Hirnläsionen zu berechnen, um einen Biomarker zu erhalten. Tatsächlich wurde im Stand der Technik kein Biomarker beschrieben, der das Muster eines Konfluenzgrads von Hirnläsionen im Gehirn, wie sie z. B. auf Magnetresonanzbildern nachweisbar sind, beschreibt.
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Die hier beschriebenen neuartigen Biomarker erlauben eine quantitative und Rater-unabhängige Charakterisierung der Struktur des untersuchten Gehirns, insbesondere der Hirnläsionen und damit der Hirnläsionsbelastung im untersuchten Gehirn. Sie ermöglichen auch die quantitative und Rater-unabhängige Charakterisierung der Auswirkungen der Hirnläsionsbelastung auf die Funktion des untersuchten Gehirns.
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Nach dem Stand der Technik wird das Gesamtvolumen (in ml) von Hirnläsionen im gesamten Gehirn als besonders relevant angesehen. Im Rahmen dieser Erfindung wurde jedoch herausgefunden, dass die Form von Hirnläsionen und ihre Position innerhalb des Gehirns zusätzliche nützliche Informationen liefern.
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Die neuen Biomarker liefern Informationen, die unabhängig vom Gesamtvolumen der Hirnläsionen sind und daher in Kombination mit dem Gesamtvolumen der Hirnläsionen (multivariates Modell) besonders nützlich sein können.
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Das verwendete Bild kann ein zweidimensionales oder dreidimensionales Bild sein. Im Falle eines zweidimensionalen Bildes, beispielsweise eines (virtuellen) Schnittes durch ein Gehirn, ist häufig bekannt, welcher Tiefe dieser Schnitt zugeordnet werden kann. Mit dieser Tiefeninformation kann das zweidimensionale Bild auch als dreidimensionales Bild betrachtet werden. Zusätzlich kann ein Stapel aus mehreren zweidimensionalen Bildern zusammengelegt werden, um ein (virtuelles) dreidimensionales Bild des Gehirns oder eines Teils des Gehirns zu erzeugen. Alle diese Techniken sind einem Fachmann gut bekannt.
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Stand der Technik, insbesondere Referenzen [12] bis [15], deuten nicht darauf hin, dass die Abschirmung von kortikaler grauer Substanz durch Hirnläsionen, wie Hyperintensitäten der weißen Substanz (WMHs), als Biomarker verwendet werden könnte. Es ist jedoch aus der vorliegenden Erfindung ersichtlich, dass eine prozentuale Abschirmung durch Hirnläsionen, z. B. WMHs, ein sehr gut geeigneter Biomarker ist, um z. B. den Einfluss einer zerebrovaskulären Erkrankung der weißen Substanz auf den kortikalen Glukosestoffwechsel zu charakterisieren.
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In einer Ausführungsform basiert der Biomarker SbBL auf dem Nachweis von Hirnläsionen in der sogenannten „fluid-attenuated inversion recovery“ Magnetresonanz-Bildgebung (FLAIR-MRI) als Marker der Beeinträchtigung von axonalen Verbindungen (connectivity). Die Abschirmung, die durch den Biomarker SbBL ausgedrückt wird, kann z. B. zur quantitativen Charakterisierung des Einflusses von beeinträchtigten axonalen Verbindungen auf die kortikale Hirnaktivität, gemessen durch FDG-PET, verwendet werden.
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In einer Ausführungsform ist das Tiergehirn das Gehirn eines Säugers, insbesondere eines Nagetiers. Somit können die Biomarker auch zur Charakterisierung der Struktur oder Funktion des Gehirns in der präklinischen Forschung (Tierbildgebung) verwendet werden.
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In einer Ausführungsform wird die Konfluenz, wie sie gemäß Formel (II) definiert ist, so skaliert, dass der Konfluenzwert 0 für eine Sphäre und größer als 0 für alle anderen Formen steht. In der Praxis ist die Berechnung der Konfluenz durch die Tatsache begrenzt, dass Bilder aus Voxeln mit einer gegebenen Voxelgröße bestehen. So gibt es keine perfekte Sphäre in Bildern mit einer endlichen Voxelgröße, sondern nur "kantige" Approximationen einer Sphäre aus kubischen Voxeln. Computersimulationen, die im Folgenden mit Bezug auf die Figuren näher erläutert werden, zeigten, dass der resultierende Fehler in der Konfluenz für Sphären vernachlässigt werden kann, die aus mindestens 100 Voxeln zusammengesetzt sind. In einer Ausführungsform umfassen die Hirnläsionen daher mindestens 100 Voxel oder Pixel, insbesondere mindestens 150 Voxel oder Pixel, insbesondere mindestens 200 Voxel oder Pixel, insbesondere mindestens 250 Voxel oder Pixel, insbesondere mindestens 300 Voxel oder Insbesondere mindestens 400 Voxel oder Pixel, insbesondere mindestens 400 Voxel oder Pixel, insbesondere mindestens 450 Voxel oder Pixel und ganz besonders mindestens 500 Voxel oder Pixel auf dem Bild.
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Da Hirnläsionen durch ihr Auftreten und ihre Nachweisbarkeit in der Regel auf Bildern definiert sind, die durch Magnetresonanztomographie entstanden sind, ist das analysierte Bild in einer Ausführungsform ein Magnetresonanzbild. Eine geeignete Möglichkeit zum Aufzeichnen eines solchen Magnetresonanzbildes ist die Magnetresonanz-Bildgebung auf Basis einer „fluid-attenuated inversion recovery“ (FLAIR) Sequenz. Alternativ kann das Bild durch Magnetic Particle Imaging (MPI) oder durch Positronen-Emissions-Tomographie entstanden sein.
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Während verschiedene Arten von Magnetresonanzbildern im Allgemeinen zum Nachweis von Hirnläsionen verwendet werden können, sind T1-gewichtete und/oder T2(einschließlich FLAIR)-gewichtete und/oder T2*-gewichtete Magnetresonanzbilder besonders zur Erkennung von Hirnläsionen geeignet.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung die Verwendung eines bildbasierten Biomarkers gemäß den vorhergehenden Erläuterungen zur Charakterisierung der Struktur oder Funktion eines menschlichen oder tierischen Gehirns auf der Grundlage einer Analyse eines Bildes des Hirngewebes. Wobei das Bild geeignet ist, darauf Hirnläsionen zu erkennen. Diese Hirnläsionen können z. B. Hyperintensitäten der weißen Substanz oder Hypo- oder Hyperintensitäten der grauen Substanz sein.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung auch ein Verfahren zur Charakterisierung der Struktur oder Funktion von menschlichem oder tierischem Hirngewebe auf der Grundlage einer Analyse eines Bildes des Hirngewebes unter Verwendung eines bildbasierten Biomarkers gemäß den vorhergehenden Erläuterungen. Wobei das Bild geeignet ist, darauf Hirnläsionen zu erkennen.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung die Verwendung eines bildbasierten Biomarkers gemäß den vorhergehenden Erläuterungen zur Charakterisierung einer Hirnläsionslast im menschlichen oder tierischen Hirngewebe auf der Grundlage einer Analyse eines Bildes des Hirngewebes. Wobei das Bild geeignet ist, darauf Hirnläsionen zu erkennen.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung auch ein Verfahren zur Charakterisierung einer Hirnläsionslast im menschlichen oder tierischen Hirngewebe auf der Grundlage einer Analyse eines Bildes des Hirngewebes unter Verwendung eines bildbasierten Biomarkers gemäß den vorhergehenden Erläuterungen. Wobei das Bild geeignet ist, darauf Hirnläsionen zu erkennen.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung die Verwendung eines bildbasierten Biomarkers gemäß den vorhergehenden Erläuterungen zur Diagnose einer Erkrankung, zur Differenzierung zwischen verschiedenen Erkrankungen (Differentialdiagnose), insbesondere zur Unterscheidung zwischen einer neurodegenerativen Erkrankung und einer zerebrovaskulären Erkrankung oder zur Überwachung des zeitlichen Verlaufs einer Veränderung der Hirnstruktur oder -funktion mit oder ohne Behandlung auf der Grundlage einer Analyse eines Bildes des Gehirngewebes, wie des Gehirns. Wobei das Bild geeignet ist, darauf Hirnläsionen zu erkennen.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung auch ein Verfahren zur Diagnose einer Erkrankung, zur Differenzierung zwischen verschiedenen Erkrankungen (Differentialdiagnose), insbesondere zur Unterscheidung zwischen einer neurodegenerativen Erkrankung und einer zerebrovaskulären Erkrankung oder zur Überwachung des zeitlichen Verlaufs einer Veränderung der Hirnstruktur oder -funktion mit oder ohne Behandlung auf der Grundlage einer Analyse eines Bildes des Hirngewebes, wie des Gehirns, das einen bildbasierten Biomarkers gemäß den vorhergehenden Erläuterungen verwendet. Wobei das Bild geeignet ist, darauf Hirnläsionen zu erkennen.
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Weitere Verwendungen des Biomarkers oder Methoden, die den Biomarker verwenden, beziehen sich auf den Nachweis der Ursache für den kognitiven Abfall eines Subjekts, das unter kognitiven Einschränkungen leidet. Weitere Verwendungen des Biomarkers oder Methoden, die den Biomarker verwenden, betreffen die Differenzierung zwischen einem Krankheitszustand, der durch Verlust/Dysfunktion von Neuronen und einem Krankheitszustand verursacht wird, der durch Veränderungen des Blutflusses im Hirngewebe eines Patienten verursacht wird.
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In einer Ausführungsform ist die neurodegenerative Erkrankung die Alzheimer-Krankheit.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung die Verwendung eines bildbasierten Biomarkers gemäß den vorhergehenden Erläuterungen zur Beurteilung oder Stratifizierung des Risikos, das mit detektierten subkortikalen Hyperintensitäten in Bezug auf die Entwicklung zukünftiger Hirnstörungen oder hirngebundener Erkrankungen, wie z.B. das Risiko des kognitiven Abfalls oder der Gefahr eines Schlaganfalls innerhalb eines definierten Zeitraums, verbunden ist. Diese definierte Zeitspanne kann z.B. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 Jahre betragen. Diese Risikobewertung bzw. Risikostratifizierung wird wiederum auf der Grundlage einer Analyse eines Bildes des Hirngewebes durchgeführt. Wobei das Bild geeignet ist, darauf Hirnläsionen zu erkennen.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung auch ein entsprechendes Verfahren zur Bewertung oder Stratifizierung des Risikos, das mit erkannten subkortikalen Hyperintensitäten in Bezug auf die Entwicklung zukünftiger Hirnstörungen oder hirngebundener Krankheiten auf der Grundlage einer Analyse eines Bildes des Hirngewebes verbunden ist, indem der bildbasierte Biomarker gemäß den vorhergehenden Erläuterungen verwendet wird. Wobei das Bild geeignet ist, darauf Hirnläsionen zu erkennen.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung ein erstes Verfahren zur Charakterisierung der Struktur oder Funktion von menschlichem oder tierischem Hirngewebe. Dabei umfasst das Verfahren die nachfolgend erläuterten Schritte.
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In einem ersten Verfahrensschritt wird ein Bild von menschlichem oder tierischem Hirngewebe bereitgestellt. Wobei das Bild geeignet ist, darauf Hirnläsionen zu erkennen.
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In einem anderen Verfahrensschritt werden eine oder mehrere Hirnläsionen – insbesondere automatisch – auf dem Bild erkannt und deren Außenkontur – insbesondere automatisch – eingezeichnet.
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In einem anderen Verfahrensschritt wird für jede eingezeichnete Hirnläsion eine Konfluenz berechnet, wobei die Konfluenz ein Maß für die Beziehung zwischen einer Oberfläche der Hirnläsion und einem Volumen der Hirnläsion oder zwischen einem Umfang der Hirnläsion und einer Fläche der Hirnläsion ist.
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In einem anderen Verfahrensschritt wird ein gewichteter Konfluenz-Summen-Score als eine Summe gewichteter Konfluenzen über alle eingezeichneten Hirnläsion berechnet.
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In einem anderen Verfahrensschritt wird ein gewichteter Konfluenz-Summen-Score verwendet, um die Struktur oder Funktion des menschlichen oder tierischen Hirngewebes zu charakterisieren, dessen Bild analysiert worden ist.
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In einer Ausführungsform wird jeder eingezeichneten Hirnläsion automatisch ein Gewichtungsfaktor wi zugeordnet. Der Gewichtungsfaktor wi quantifiziert die Relevanz der i-ten Läsion für die interessierende diagnostische Fragestellung. Je größer der Gewichtungsfaktor, desto größer die Relevanz der jeweiligen Läsion. Der Gewichtungsfaktor kann z.B. entweder kontinuierliche (reelle Zahl) oder diskrete (ganzzahlige oder rationale Zahlen) Werte annehmen.
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Der gewichtete Konfluenz-Summen-Score (WCSS) liefert nicht nur Informationen über die Konfluenz der detektierten Hirnläsionen, sondern auch nach Signifikanz gewichtete Informationen über die Relevanz der jeweiligen Hirnläsionen. Damit werden viel mehr signifikante, zuverlässige und relevante Informationen von den in einem Bild des Gehirns erkannten Hirnläsionen extrahiert als es mit nach dem Stand der Technik bekannten Verfahren möglich ist.
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Die Verfahrensschritte können, müssen aber nicht in der oben angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden. Hiermit wird auch jede andere geeignete Abfolge von Verfahrensschritten offengelegt, die angewendet werden kann, um den gewichteten Konfluenz-Summen-Score (WCSS) zu berechnen.
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In einer Ausführungsform wird der gewichtete Konfluenz-Summen-Score (WCSS) gemäß Formel (I) berechnet:
wobei
- WCSS
- für den gewichteten Konfluenz-Summen-Score steht und
- i
- ein Summationsindex ist, der über alle oder eine beliebige Untergruppe von Hirnläsionen läuft, die auf dem Bild des Gehirns abgrenzbar sind,
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In einer Ausführungsform wird die Konfluenz gemäß Formel (II) oder Formel (III) berechnet:
wobei
- wi
- ein Gewichtungsfaktor ist, der die Relevanz der i-ten Hirnläsion für eine betrachtete Anwendung quantifiziert,
- surfi
- eine Schätzung der Oberfläche der i-ten Hirnläsion darstellt,
- voli
- eine Schätzung des Volumens der i-ten Hirnläsion darstellt,
- circfi
- eine Schätzung des Umfangs der i-ten Hirnläsion darstellt und
- areai
- eine Schätzung der Fläche der i-ten Hirnläsion darstellt.
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In einer Ausführungsform ist der Gewichtungsfaktor für Hirnläsionen unterschiedlich, die sich innerhalb verschiedener Hirnregionen befinden. Dabei wird die Relevanz der Lage der Hirnläsion für das zu lösende Problem adäquat berücksichtigt.
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In einer Ausführungsform ist der Gewichtungsfaktor für Hirnläsionen unterschiedlich, die innerhalb der kortikalen grauen Substanz, innerhalb der periventrikulären weißen Substanz, innerhalb der tiefen weißen / grauen Substanz, innerhalb der subkortikalen weißen Substanz oder innerhalb des Hirnstamms liegen. Dabei sind Hirnläsionen, die sich innerhalb des Hirnstamms befinden, als die relevantesten Hirnläsionen zu betrachten. Der höchste Gewichtungsfaktor sollte diesen Hirnläsionen zugeordnet werden. Hirnläsionen mit der zweithöchsten Relevanz sind jene, die sich innerhalb der subkortikalen weißen Substanz befinden. Der zweithöchste Gewichtungsfaktor sollte diesen Hirnläsionen zugeordnet werden. Hirnläsionen mit der dritthöchsten Relevanz befinden sich in der tiefen weißen / grauen Substanz. Der dritthöchste Gewichtungsfaktor sollte diesen Hirnläsionen zugeordnet werden. Hirnläsionen mit der vierthöchsten Relevanz befinden sich innerhalb der periventrikulären weißen Substanz. Der vierthöchste Gewichtungsfaktor sollte diesen Hirnläsionen zugeordnet werden.
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Die den einzelnen Hirnläsionen zugeordneten Gewichtungsfaktoren können willkürlich gewählt werden. In einer Ausführungsform wird der Gewichtungsfaktor auf 1 gesetzt, wenn sich die Hirnläsion innerhalb der periventrikulären weißen Substanz befindet. Er wird auf 2 gesetzt, wenn die Hirnläsion innerhalb der tiefen weißen / grauen Substanz liegt. Er wird auf 3 gesetzt, wenn sich die Hirnläsion innerhalb der subkortikalen weißen Substanz befindet. Schließlich wird er auf 4 gesetzt, wenn die Hirnläsion innerhalb des Hirnstamms liegt. Die numerischen Unterschiede zwischen diesen Gewichtungsfaktoren sind ausreichend, um die einzelnen Hirnläsionen so zu gewichten, dass dadurch ein signifikanter Biomarker, nämlich der gewichtete Konfluenz-Summen-Score (WCSS), entsteht.
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Es könnte der Fall sein, dass sich eine erkannte Hirnläsion über mehr als eine Hirnregion erstreckt. In einem solchen Fall wird der Hirnläsion in einer Ausführungsform der höchste Gewichtungsfaktor der jeweiligen Hirnregion zugeordnet.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung ein zweites Verfahren zur Charakterisierung der Struktur oder Funktion von menschlichem oder tierischem Hirngewebe. Dabei umfasst das Verfahren die nachfolgend erläuterten Schritte.
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In einem ersten Verfahrensschritt wird ein Bild von menschlichem oder tierischem Hirngewebe bereitgestellt, das geeignet ist, Hirnläsionen darauf zu erkennen.
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In einem anderen Verfahrensschritt wird mindestens eine Hirnläsion auf dem Bild – insbesondere automatisch – erkannt und deren äußere Kontur – insbesondere automatisch – eingezeichnet, wodurch eine Hirnläsionskarte entsteht.
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In einem anderen Verfahrensschritt wird eine prozentuale Abschirmung durch Hirnläsionen für mindestens einen ausgewählten Hirnbereich berechnet, wobei die prozentuale Abschirmung durch Hirnläsionen eines ausgewählten Hirnbereichs ein Maß für den Anteil einer Umgebung des ausgewählten Hirnbereichs ist, der zu Hirnläsionen gehört.
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In einem anderen Verfahrensschritt wird die prozentuale Abschirmung durch Hirnläsionen des mindestens einen ausgewählten Hirnbereichs verwendet, um die Struktur oder Funktion des menschlichen oder tierischen Hirngewebes zu charakterisieren, dessen Bild analysiert worden ist.
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Der ausgewählte Hirnbereich kann ein Voxel oder ein Pixel sein oder er kann eine Fläche oder ein Volumen von z. B. 10 ml oder mehr, 20 ml oder mehr, 30 ml oder mehr, 40 ml oder mehr, 50 ml oder mehr, 60 ml oder mehr, 70 ml oder mehr, 80 ml oder mehr, 90 ml oder mehr oder 100 ml oder mehr umfassen. Das oben genannte Umgebungsvolumen kann dieselben Werte haben.
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In einer Ausführungsform werden die ausgewählten Hirnbereiche zur Berechnung ihrer prozentualen Abschirmung durch Hirnläsionen nach den folgenden Verfahrensschritten ausgewählt.
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In einem ersten Verfahrensschritt wird ein zweites Bild des gleichen menschlichen oder tierischen Hirngewebes bereitgestellt, wobei das zweite Bild dazu geeignet ist, andere Informationen über die Hirnstruktur oder -funktion als das erste Bild zu liefern. Um ein Beispiel zu geben, könnte das zweite Bild geeignet sein, Informationen über (synaptische) Funktion und Dysfunktion des Hirngewebes bereitzustellen. Normalerweise wird das zweite Bild durch eine andere bildgebende Technik als das erste Bild erzeugt.
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In einem anderen Verfahrensschritt wird die Läsionskarte mit dem zweiten Bild anatomisch in Übereinstimmung gebracht (koregistriert).
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In einem anderen Verfahrensschritt werden die in Übereinstimmung gebrachte (koregistrierte) Läsionskarte und das zweite Bild in einen anatomischen Standardraum stereotaktisch normalisiert. Dieser anatomische Standardraum kann auch als Template oder Atlasraum bezeichnet werden. Es wird ein normalisiertes zweites Bild erzeugt.
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In einem anderen Verfahrensschritt wird das normalisierte zweite Bild mit mindestens einem äquivalenten Referenzbild von mindestens einem Referenzsubjekt verglichen, um eine Effektkarte zu erzeugen, die Hirnbereiche anzeigt, in denen sich eine Eigenschaft (wie die Intensität) des zweiten Bildes vom Referenzbild unterscheidet. Die Effektkarte kann z. B. eine Karte des Hypometabolismus sein, die hypometabolische Bereiche oder Voxel im Gehirn anzeigt. Dieser Vergleich kann in einer Ausführungsform Voxel- oder Pixel-basiert erfolgen.
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In einer Ausführungsform ist der Vergleich ein statistischer Vergleich, der z. B. eine statistisch-parametrische Karte des Hypometabolismus für das jeweilige Gehirn erzeugt. Auch andere Vergleichsverfahren sind möglich. Anstelle des einzelnen gesunden Subjekts als Referenzsubjekt kann eine Gruppe von gesunden Kontrollpersonen (gesunde Kontrolldatenbank) zum Vergleich herangezogen werden.
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In einem anderen Verfahrensschritt wird die prozentuale Abschirmung durch Hirnläsionen für jeden Hirnbereich auf der Effektkarte berechnet.
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Um ein Beispiel zu geben, kann für jedes hypometabolische Voxel eine prozentuale Abschirmung von Hyperintensitäten der weißen Substanz (in einem vordefinierten Volumen) als Anteil der benachbarten Voxeln der weißen Substanz berechnet werden, die von Hyperintensitäten der weißen Substanz betroffen sind.
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Die strukturelle oder funktionelle Charakterisierung des Hirngewebes kann dann verwendet werden, um zwischen einer zerebrovaskulären Erkrankung und einer neurodegenerativen Erkrankung zu unterscheiden. Insbesondere wird durch die Anwendung des Biomarkers SbWMH (als Beispiel für den Biomarker SbBL) das Risiko einer Fehlinterpretation der WMH-assoziierten Veränderung in FDG-PET als Indikation für eine neurodegenerative Erkrankung signifikant reduziert.
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Die Verfahrensschritte können, müssen aber nicht in der oben angegebenen Reihenfolge durchgeführt werden. Hiermit wird auch jede andere geeignete Folge von Verfahrensschritten offengelegt, die angewendet werden kann, um den Biomarker SbBL zu erhalten.
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In einer Ausführungsform wird das erste Bild mittels struktureller MRT-Bildgebung erstellt, wie FLAIR-MRT oder T1-gewichtete MRT.
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In einer Ausführungsform wird das zweite Bild durch Positronen-Emissions-Tomographie mit F-18-Fluorodeoxyglucose (FDG-PET) erstellt.
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In einer Ausführungsform wird die prozentuale Abschirmung durch Hirnläsionen (SbBL) für jedes Pixel oder Voxel in der Effektkarte berechnet und dann auf das zweite Bild überlagert, um so eine prozentuale Abschirmung besser zu visualisieren. Das resultierende Bild kann mit einem Bild verglichen werden, bei dem die Effektkarte dem zweiten Bild überlagert ist. Die visuelle Beurteilung dieser beiden Überlagerungen vereinfacht die Interpretation der SbBL.
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Die oben erläuterten Verfahren werden üblicherweise durchgeführt, um zuvor erhaltene Bilder zu bewerten. So können sie auch als in-vitro Methoden bezeichnet werden. In einem Aspekt der vorliegenden Erfindung können die oben erläuterten Verfahren alternativ oder zusätzlich während der Aufzeichnung der zu analysierenden Bilder durchgeführt werden. In diesem Aspekt können die Verfahren auch als in-vivo- oder in-situ-Verfahren bezeichnet werden.
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Die oben erläuterten Verfahren werden üblicherweise durchgeführt, um Daten bereitzustellen, die später verwendet werden können, um einem Arzt bei der Diagnose einer bestimmten Störung oder Krankheit zu helfen. In einem Aspekt umfassen die beanspruchten Verfahren den Schritt der Herstellung einer solchen Diagnose.
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Die oben erläuterten Verfahren zur Bestimmung der beschriebenen Biomarker unter Verwendung von Bildern, wie MR-Bildern des menschlichen oder tierischen Gehirns, können mit Hilfe eines (Computer-)Systems vollautomatisch durchgeführt werden. Ein solches System zur Durchführung des Verfahrens umfasst verschiedene Verfahren, um die einzelnen Aufgaben bewerkstelligen zu können.
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In einem Aspekt betrifft die Erfindung ein Softwareprogramm, das in der Lage ist, mindestens ein Verfahren gemäß einer der vorstehenden Erläuterungen auszuführen, wenn es auf einem Computer ausgeführt wird.
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In einem anderen Aspekt betrifft die Erfindung ein nicht-transitorisches computerlesbares Medium, auf dem ein Hirnstruktur-Beurteilungsprogramm gespeichert ist, das eine Informationsverarbeitungsvorrichtung (wie etwa einen Computer) veranlasst, mindestens ein Verfahren gemäß einer der vorstehenden Erläuterungen auszuführen.
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Die oben beschriebenen Ausführungsformen können beliebig kombiniert werden. Zusätzlich können mit Bezug auf einen der beschriebenen Biomarker erläuterte Ausführungsformen, die beschriebenen Verwendungen, die beschriebenen Verfahren und das beschriebene Computerprogramm auf alle anderen der beschriebenen Biomarker, die beschriebenen Verwendungen, die beschriebenen Verfahren und das beschriebene Computerprogramm in beliebiger Weise übertragen werden.
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Aspekte der Erfindung werden anhand von Figuren und Ausführungsbeispielen näher erläutert.
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Figuren
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1A zeigt eine transversale Schicht eines FLAIR-MR-Bildes ohne Abgrenzung subkortikaler Hyperintensitäten;
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1B zeigt eine transversale Schicht eines FLAIR-MR-Bildes mit der Abgrenzung subkortikaler Hyperintensitäten;
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2A zeigt transversale Schichten einer anatomischen Karte eines Gehirns;
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2B zeigt Schichten eines T1-gewichteten MR-Bildes, die dieselbe anatomische Orientierung wie die Schichten von 2A aufweisen;
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3 zeigt die Ergebnisse einer Computersimulation auf der Basis von Sphären, die aus einer variierenden Anzahl von kubischen Voxeln zusammengesetzt sind;
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4A zeigt die Ergebnisse einer Computersimulation des gewichteten Konfluenz-Summen-Scores (WCSS) von unterschiedlich geformten Läsionen in transversaler Ansicht;
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4B zeigt die Ergebnisse einer Computersimulation des gewichteten Konfluenz-Summen-Scores (WCSS) von unterschiedlich geformten Läsionen in koronarer Ansicht;
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5 zeigt die Konfluenz von Quadern mit unterschiedlicher Länge;
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6 zeigt eine ROC-Kurve des WCSS zur Differenzierung zwischen Patienten mit vaskulär bedingtem kognitiven Abfall und Patienten ohne relevante zerebrovaskuläre Erkrankung;
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7A zeigt FDG-PET-Bilder des Gehirns eines Patienten mit Alzheimer-Krankheit;
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7B zeigt FDG-PET-Bilder des Gehirns eines gesunden Subjekts;
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8A zeigt FDG-PET-Bilder des Gehirns eines Patienten, bei dem vermutet wird, dass er eine Alzheimer-Krankheit aufweist;
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8B zeigt T1-MR-Bilder des gleichen Patienten wie 8A
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9A zeigt eine parametrische Karte des Hypometabolismus eines Patienten, die auf FDG-PET-Bilder des Gehirns des gleichen Patienten überlagert wurde; und
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9B zeigt eine parametrische SbWMH-Karte und eine WMH-Läsionskarte, die mit FDG-PET-Bildern des Gehirns des gleichen Patienten wie in 9A überlagert wurde.
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10 zeigt schematisch eine Hirnregion (als A bezeichnet), die durch eine Hirnläsion (als BL bezeichnet) abgeschirmt wird, die sich in einer Umgebung (als B bezeichnet) um die betrachtete Hirnregion (A) befindet.
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1A zeigt eine transversale Schicht eines FLAIR-MR-Bildes ohne Abgrenzung subkortikaler Hyperintensitäten. Derartige transversale Schichten sind aus dem Stand der Technik bekannt. 1B zeigt eine transversale Schicht eines FLAIR-MR-Bildes mit eingezeichneten subkortikalen Hyperintensitäten. In dieser Figur kann eine große konfluierende Läsion gut von einer kleinen sphärischen Läsion unterschieden werden.
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Eine Abgrenzung, wie in 1B gezeigt, wird in einem Verfahren verwendet, das im folgenden ersten Ausführungsbeispiel beschrieben wird. Die 2A bis 6 werden mit Bezug auf dieses erste Ausführungsbeispiel erläutert. Die 7A bis 10 werden mit Bezug auf ein zweites Ausführungsbeispiel erläutert.
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Erstes Ausführungsbeispiel:
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Berechnung eines gewichteten Konfluenz-Summen-Scores (WCSS)
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Das Ausführungsbeispiel betrifft ein (Computer-)System zur vollautomatischen Bestimmung eines gewichteten Konfluenz-Summen-Scores (WCSS). Dieses System verwendet Magnetresonanz-(MR-)Bilddaten des menschlichen Gehirns. Es beginnt mit der automatischen Erkennung aller Hirnläsionen im MR-Bild und der genauen Abgrenzung ihrer äußeren Kontur. Ein beispielhaftes Ergebnis ist in 1B gezeigt. Das System implementiert einen Algorithmus zur automatischen Erkennung von FLAIR-hyperintensiven Läsionen der weißen Substanz, die von Schmidt et al. zur Anwendung bei Multipler Sklerose vorgeschlagen wurde [3].
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Dieser Schmidt-Algorithmus erzeugt eine dreidimensionale Hyperintensitätskarte, die dann binarisiert wird. Die binarisierte Hyperintensitätskarte wird dann unter Verwendung der Routine spm_bwlabel aus dem Softwarepaket
"Statistical Parametric Mapping" (Version SPM8, http://www.fil.ion.ucl.ac.uk/spm/) in separate Hyperintensitätsläsionen geclustert. Diese Routine identifiziert verbundene Komponenten auf der Grundlage eines zu definierenden Konnektivitätskriteriums. Sechs benachbarte Voxel (auf der Oberfläche) wurden hier als Konnektivitätskriterium definiert.
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Dann berechnet das System die Konfluenz für jede Hirnläsion gemäß Formel (II)
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Oberfläche und Volumen der Hyperintensitätsläsion werden durch Zählen von Voxeln, wie in der geclusterten Hyperintensitätskarte definiert, berechnet. Dies ist rechnerisch sehr effizient.
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Der Gewichtungsfaktor wi für eine gegebene Hyperintensitätsläsion wird nach seiner Lokalisation im Gehirn definiert: wi = 1, 2, 3, 4, wenn sich die Läsion innerhalb der periventrikulären weißen Substanz, innerhalb der tiefen weißen / grauen Substanz, innerhalb der subkortikalen weißen Substanz oder innerhalb des Hirnstamms befindet. Die Zuordnung der Läsion zu diesen vier verschiedenen Regionen basiert auf einer anatomischen Karte, die zuvor aus den von SPM8 bereitgestellten Gewebewahrscheinlichkeiten erstellt wurde. Diese anatomische Karte ist in 2A dargestellt, wobei die subkortikale weiße Substanz in dunkelrot, tiefweiße / graue Substanz in grün, periventrikuläre weiße Substanz in orange und der Hirnstamm in blau dargestellt ist. Für eine bessere anatomische Orientierung zeigt 2B entsprechende Schichten eines T1-gewichteten MR-Bildes. Überdeckt eine Hyperintensitätsläsion mehr als eine Region, wird ihr der höchste Gewichtungsfaktor dieser Läsionen zugewiesen.
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Schließlich wird der gewichtete Konfluenz-Summen-Score (WCSS) gemäß Formel (V) berechnet,
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Die einzelnen Parameter haben die gleiche Bedeutung wie im Fall der Formel (I). Der einzige Unterschied zwischen Formel (I) und (V) ist, dass im Fall der Formel (V) m als Anzahl der analysierten Hirnläsionen verwendet wird. Dabei bezieht sich m auf die Gesamtzahl der Hyperintensitätsläsionen in der Hyperintensitätskarte, die aus mindestens 100 Voxeln bestehen.
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Das soeben beschriebene System wurde durch die folgenden Experimente erfolgreich validiert:
- • Der von Schmidt und Mitarbeitern vorgeschlagene Algorithmus für FLAIR-Hyperintensitätsläsionen bei Multipler Sklerose wurde bei 44 geriatrischen Patienten (mittleres Alter 80 Jahre) mit unklarer kognitiver Beeinträchtigung erfolgreich validiert.
- • Wie oben bereits ausgeführt, gibt es keine perfekte Sphäre in MR-Bildern, sondern nur "kantige" Approximationen einer Sphäre aus kubischen Voxeln. Computersimulationen von Sphären, die sich aus einer variierenden Anzahl von kubischen Voxeln zusammensetzten, zeigten, dass der resultierende Fehler in der Konfluenz für Sphären aus mindestens 100 Voxeln vernachlässigt werden kann. Die entsprechenden Ergebnisse sind in 3 gezeigt. Für Sphären, die aus mindestens 100 Voxeln zusammengesetzt sind, nähert sich die Konfluenz Null, d.h. dem Wert einer idealen Sphäre.
- • Computer-Simulationen wurden durchgeführt, um zu zeigen, dass die Konfluenz gemäß Formel (II) tatsächlich ein nützliches Maß für die Konfluenz von Hirnläsionen ist. Insbesondere wurden 6 sphärische Läsionen mit jeweils 10 mm Radius und ein Quader, der die Verschmelzung der 6 Sphären zu einer einzigen zusammenhängenden Läsion simuliert, analysiert. Die Ergebnisse sind in den 4A und 4B dargestellt. Der berechnete WCSS war für das Muster, das aus den 6 sphärischen Läsionen bestand, fast Null, während er für den Quader 0,74 betrug (alle Gewichtungsfaktoren wurden auf 1 gesetzt).
Wenn die Zahl der sphärischen Läsionen, die zu einem Quader zusammenfielen, erhöht wurde, zeigte der WCSS des Quaders eine kontinuierliche Zunahme. Die entsprechenden Ergebnisse sind in 5 zu sehen. Die Figur zeigt, dass die Konfluenz eines Quaders kontinuierlich mit seiner Länge zunimmt, d.h. mit der Anzahl der sphärischen Läsionen, aus denen der Quader zusammengesetzt wurde. Der WCSS des Musters der sphärischen Läsionen blieb nahezu null, unabhängig von der Anzahl der sphärischen Läsionen (alle Gewichtungsfaktoren wurden auf 1 gesetzt).
- • In einer klinischen Evaluation betrug die Fläche unter einer Receiver-Operating Characteristic (ROC) Kurve für die Differenzierung zwischen Patienten mit einem vaskulär-bedingtem kognitiven Abfall und Patienten ohne relevante zerebrovaskuläre Erkrankung in Bezug auf den WCSS 0,830. Dies ist in 6 gezeigt. Dies zeigt deutlich, dass der WCSS klinisch nützlich ist.
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Zweites Ausführungsbeispiel:
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Berechnung einer prozentualen Abschirmung durch Hyperintensitäten der weißen Substanz (SbWMH)
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Pathophysiologische Veränderungen im Gehirn, die durch neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimer-Krankheit verursacht werden, betreffen Veränderungen der Hirnaktivität (synaptische Dysfunktion). Die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) des Gehirns mit dem Glukose-Analogon F-18-Fluorodeoxyglucose (FDG PET) liefert Biomarker für (synaptische) Funktion und Dysfunktion, wie in den 7A und 7B dargestellt.
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7A zeigt FDG-PET-Bilder des Gehirns eines Patienten mit der Alzheimer-Krankheit. Diese Bilder zeigen eine Verringerung der Hirnaktivität in den meisten Hirnregionen mit Ausnahme des visuellen und motorischen Kortex, der subkortikalen Hirnstrukturen und des Kleinhirns im Vergleich zu einem gesunden Probanden (siehe 7B). Am deutlichsten ist die Reduktion im hinteren Cingulum / Preuneus-Bereich und am parietotemporalen Kortex (durch Pfeile angedeutet). Dieses Muster ist typisch für die Alzheimer-Krankheit. Die Reduktion der Hirnaktivität wird hauptsächlich durch reduzierte synaptische Aktivität verursacht. Obwohl es einen Verlust von Hirngewebe (Atrophie) bei der Alzheimer-Krankheit gibt, ist seine Auswirkung auf das Gehirn FDG-PET eher klein, zumindest im frühen Stadium der Krankheit. Bei starker Atrophie kann die Wirkung auf die FDG-PET durch partielle Volumenkorrektur berücksichtigt werden.
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Bei älteren Patienten wird jedoch der Nachweis von synaptischer Dysfunktion, die mit neurodegenerativer Erkrankung assoziiert ist, durch eine hohe Rate von vaskulärer Komorbidität kompliziert, beispielsweise durch Infarkte des Gehirns unterschiedlicher Größe. Dies ist in den 8A und 8B dargestellt. 8A zeigt Gehirn-FDG-PET-Bilder eines Patienten, der vermutlich die Alzheimer-Krankheit hat. Das Muster der Reduktion im PET ähnelt tatsächlich dem typischen Muster einer Alzheimer-Krankheit (siehe 7A). Jedoch zeigt eine Betrachtung des MRTs des gleichen Patienten (in 8B dargestellt) mehrere Infarkte und eine starke Erkrankung der weißen Substanz (angezeigt durch Pfeile). Diese vaskuläre Pathologie erklärt vollständig die abnormen Befunde in der FDG PET. Daher gibt es keine Anzeichen einer Alzheimer-Krankheit bei diesem Patienten. Der Patient leidet unter einem vaskulär-bedingten kognitiven Rückgang.
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Es ist offensichtlich, dass es keine FDG-Aufnahme in Infarktgewebe (Narbe) gibt. Ob eine Verringerung der FDG-Aufnahme die direkte Folge eines Infarkts ist, lässt sich sehr leicht durch Koregistrierung von T1- und/oder T2-gewichteten MRTs (bei denen die meisten Infarkte deutlich sichtbar sind) mit einem FDG-PET testen. Jedoch können nicht nur Infarkte, sondern auch eine Beeinträchtigung der axonalen Verbindungen aufgrund einer Unterbrechung von Axonbahnen eine verminderte synaptische Aktivität, sowohl in den benachbarten, als auch in den entfernten grauen Substanzbereichen verursachen.
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Da Hyperintensitäten der weißen Substanz als spezifische Hirnläsionen zu betrachten sind, ist der neue Biomarker SbWMH eine Ausführungsform des Biomarkers SbBL (Abschirmung durch Hirnläsionen). Es ist ein Marker der Beeinträchtigung der axonalen Verbindungen in Form einer prozentualen Abschirmung der kortikalen Hirnregionen durch Hyperintensitäten der weißen Substanz.
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Eine Verarbeitungskette zur vollautomatischen Berechnung und Anzeige von SbWMH wurde als MATLAB-Skript implementiert. Für einige Verarbeitungsschritte werden Werkzeuge aus dem „Statistical Parametric Mapping“-Softwarepaket verwendet (Version SPM8). Die Verarbeitungskette umfasst die folgenden Schritte.
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Extraktion der Hyperintensitäten der weißen Substanz aus strukturellen MRT-Bildern
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Die "Lesion Segmentation Toolbox", ein frei verfügbares Add-on zu SPM8, wird verwendet, um WMHs aus den strukturellen MRT-Bildern des Patienten zu extrahieren. Die Toolbox benötigt eine hochaufgelöste T1-gewichtete MRT und eine FLAIR-MRT als Eingangsgrößen. Die Toolbox liefert eine binäre Läsionskarte zur Abgrenzung der WMHs im nativen Raum des Patienten.
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Koregistrierung und räumliche Normalisierung der Läsionskarte und der FDG PET-Bilder
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Eine Standard-SPM-Koregisterung wird verwendet, um die Läsionskarte mit den FDG-PET-Bildern zu registrieren. Der SPM-Normalisierungsalgorithmus dient der Umwandlung von koregistrierten Bildern in den anatomischen Raum des Montreal Neurological Institute (MNI).
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Erzeugung der Hypometabolismuskarte
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Ein (homoskedastischer) t-Test für zwei unabhängige Proben wird verwendet, um das normalisierte FDG-PET des Patienten mit den normalisierten FDG-PETs einer Datenbank von altersentsprechenden gesunden Kontrollen zu vergleichen. Die globale FDG-Aufnahme wird als Referenzwert für die Intensitätsskalierung vor dem statistischen Test verwendet. Eine reduzierte skalierte FDG-Aufnahme ist definiert als "Hypometabolismus", wenn p ≤ 0,001. Dies führt zu einer parametrischen Karte des Hypometabolismus. Eine derartige Hypometabolismuskarte ist in 9A gezeigt, die eine parametrische Hypometabolismuskarte (blaue Kleckse) darstellt, die dem FDG-PET des Patienten überlagert ist.
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Voxel-weise Berechnung der SbWMH
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Die SbWMH wird für jedes hypometabolische Voxel als Anteil der benachbarten Voxeln der weißen Substanz, die von WMH betroffen sind, berechnet (10). Die Voxel der weißen Substanz, die zusammen ein Volumen von 50 ml ergeben und am nächsten zu den hypometabolischen Voxeln liegen, werden als "Nachbarschaft" verwendet. Weiße Substanz wird durch eine binäre Maske definiert, die aus den a priori Gewebewahrscheinlichkeiten, die für die WMH-Läsionssegmentierung verwendet werden, erzeugt wurde. Die SbWMH-Werte werden in einer dreidimensionalen parametrischen Karte gespeichert.
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Darstellung
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Das in SPM8 implementierte Slover-Tool wird verwendet, um die SbWMH-Karte (als Kleckse mit der Farbkarte „jet“) zusammen mit der WMH-Läsionsmaske (als Kontur) und dem FDG-PET-Bild des Patienten im MNI-Raum zu überlagern. Eine entsprechende Karte ist in 9B gezeigt, die eine parametrische SbWMH-Karte („jet“-farbige Kleckse) und eine WMH-Läsionskarte (rote Konturen) darstellt, die dem FDG-PET überlagert sind. Die SbWMH-Werte sind quantitativ: SbWMH = 50 bedeutet, dass bis zu 50% der am nächsten gelegenen Voxel der weißen Substanz, die zusammen ein Volumen von 50 ml ergeben, von WMHs betroffen sind. Als Folge davon wird der Hypometabolismus in diesem Voxel höchstwahrscheinlich durch benachbarte WMHs verursacht, d.h. der Hypometabolismus ist auf eine zerebrovaskuläre Erkrankung zurückzuführen und sehr wahrscheinlich kein Anzeichen einer neurodegenerativen Erkrankung.
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In dem in den 9A und 9B dargestellten Beispiel kann der Hypometabolismus im linken seitlichen frontalen Kortex, der linke parietotemporale Kortex und im Preuneus durch WMHs (grüne Pfeile) erklärt werden. Der Hypometabolismus im medialen frontalen Kortex wird wahrscheinlich nicht durch WMHs verursacht, er könnte vielmehr eine unspezifische Wirkung des Alters sein (roter Pfeil). Der Patient leidet wahrscheinlich nicht an der Alzheimer-Krankheit (AD), obwohl das Muster des Hypometabolismus dem typischen AD-Muster ähnlich ist. Somit vermindert in diesem Fall die SbWMH-Karte das Risiko einer Fehlinterpretation der Strukturveränderungen des Gehirns im Sinne einer AD.
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Die grundlegende Idee, die der prozentualen Abschirmung durch Hirnläsionen zugrunde liegt, ist in 10 dargestellt. Die prozentuale Abschirmung einer Gehirnregion A durch Hirnläsionen wird als der Prozentsatz der Bildvoxel oder Bildpixel berechnet, die zu einer Hirnläsion BL in einem vorbestimmten Volumen oder einer vorbestimmten Fläche gehören (B), die die betrachtete Gehirnregion A umgeben. Es können mehr als eine Hirnläsion BL in dem vorbestimmten Volumen oder der vorbestimmten Fläche B vorhanden sein, die alle zur prozentualen Abschirmung von A beitragen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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