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Die Erfindung betrifft ein Verfahren, ein Softwareprogramm und ein System zur Verarbeitung von MRT-Daten des menschlichen Gehirns eines Patienten, wobei in Voxel aufgelöste dreidimensionale MRT-Daten des Patientengehirns und der Gehirne eines Normalkollektivs von mehreren neurologisch gesunden menschlichen Individuen vorliegen.
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Die Untersuchung von Magnetresonanztomographie-Daten (MRT) menschlicher Gehirne mit Degenerationserscheinungen, wie beispielsweise Läsionen, stellt ein wichtiges Werkzeug für die ärztliche Untersuchung menschlicher Gehirne dar. Entsprechende automatische oder halbautomatische Verfahren, die statistische Untersuchungen der dreidimensionalen MRT-Daten erlauben, sind bekannt. Ihre Ergebnisse geben dem diagnostizierenden Arzt Anhaltspunkte für seine Diagnose.
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Bei entsprechenden automatischen oder teilweise automatischen rohdatenbasierten Untersuchungsverfahren werden verschiedene Ansätze verfolgt. Ein erstes bekanntes Verfahren besteht darin, eine voxelbasierte Morphometrie des Gehirns des Patienten durchzuführen. Die voxelbasierte Morphometrie besteht darin, dass die einzelnen Volumenelemente (Voxel) der MRT-Daten des Gehirns mittels eines Segmentierungs- bzw. Kategorisierungsalgorithmus in Anteile von grauer Masse bzw. Substanz (GM), weißer Masse bzw. Substanz (WM) und Gehirnflüssigkeit, auch Liquor oder CSF (cerebrospinal fluid) genannt, aufgeteilt werden. Dabei werden die unterschiedlichen Signale, die diese verschiedenen Substanzen im Gehirn als Reaktion auf den MRT-Scan aussenden, dazu benutzt, die verschiedenen Stoffklassen zu unterscheiden. Typische Voxelgrößen moderner MRT-Scanner sind kubische oder rechteckig-kubische Raumelemente mit ein bis zwei Millimeter Kantenlänge und einem Volumeninhalt von 1 bis 8 mm3.
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In Mehta et al., Neurolmage 20 (2003), Seiten 1438 bis 1454, „Evaluation of voxel-based morphometry for focal lesion detection in individuals”, wird eine entsprechende voxelbasierte Morphometrie für vokale Läsionsdetektion in Individuen vorgestellt, wobei von einem Experten manuell bestimmte Konturen als Vergleichsbasis (auch „ground truth”, Grundwahrheit) verwendet werden. Damit wird ein Verfahren hinsichtlich seiner Fähigkeit, die Konturen der Läsionen automatisch finden zu können, überprüft. Dabei wird nach einem Mangel oder einem Defizit an weißer und grauer Substanz gesucht, da Läsionen immer zu einer Abnahme an detektierter weißer Substanz bzw. grauer Substanz dort führt, wo weiße Substanz bzw. graue Substanz dominant sein sollte.
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In Stamatakis et al., Brain and Language 94 (2005), Seiten 167–177, „Identifying lesions on structural brain images – Validation of the method and application to neuropsychological patients”, wurden verschiedene bekannte Segmentierungs- bzw. Kategorisierungsalgorithmen auf MRT-Daten von geschädigten und läsionsbehafteten Gehirnen angewandt. Dabei wurde gefunden, dass diese bei vorhandenen Läsionen nicht zufriedenstellend funktionieren. Daher wurde vorgeschlagen, stattdessen die geglätteten, unsegmentierten MRT-Daten eines Patientengehirns mit den Daten einer Kontrollgruppe zu vergleichen, um Läsionen zu erkennen und zu markieren.
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Gemäß de Boer et al., Neurolmage 45 (2009) Seiten 1151–1161, „White matter lesion extension to automatic brain tissue segmentation on MRI”, wurde die ungenügende Eignung von bekannten Kategorisierungsalgorithmen in der Anwesenheit von Läsionen dadurch umgangen, dass zusätzlich zur bekannten Segmentierung der T1-gewichteten Scans noch T2-gewichtete oder FLAIR-Scans (fluid attenuated inversion recovery) verwendet werden, in denen Läsionen in der weißen Substanz hyperintensiv erscheinen. Diese werden benutzt, um eine vierte Stoffklasse zu definieren, die „White matter lesions” (WML). Diese WML-Regionen werden nicht mehr der bekannten Segmentation in WM, GM und CSF unterworfen.
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In M. Seghier et al., „Lesion identification using unified segmentation-normalisation models and fuzzy clustering”, Neurolmage 41 (2008), 1253–1266, wird ein automatisiertes Verfahren zur Identifikation von Läsionen in Einzelbildern beschrieben, das auf einer Erkennung von „outlier voxels” mittels eines fuzzy-clustering-Algorithmus beruht. Dazu werden 3D-MRT-Daten zunächst in graue Substanz, weiße Substanz, Hirnflüssigkeit und Läsionsgewebe klassifiziert. Die 3D-Komponentenbilder für die graue und weiße Substanz werden dann auf einen stereotaktischen Raum normalisiert, räumlich geglättet und anschließend mit entsprechenden Daten aus einem Normalkollektiv verglichen.
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In
US 6 366 797 B1 ist ein Verfahren zur Analyse von medizinischen Daten, insbesondere MRT-Scans, offenbart. Ein Gehirnvolumen wird bestimmt, das liquor-gefüllte Regionen ausschließt. Das Gehirnvolumen wird normalisiert bezogen auf ein volles Konturvolumen, so dass eine parenchymale Fraktion des Gehirns generiert wird. Diese dient als Maß einer Gehirnatrophie und hilft bei der Bestimmung der Schwere und des Fortschritts von multipler Sklerose oder anderen Krankheitsbildern, die zu Neurodegeneration oder axonaler Schädigung führen.
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Des Weiteren ist als Stand der Technik die Dissertation Ermer V.: Development and Application of Techniques for Quantitative Voxel-Based Morphometry (2008. URL: http://publications.rwth-aachen.de/record/50512?In=de) zu nennen.
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US 8 112 144 B2 betrifft ein Verfahren zur Sichtbarmachung von cerebralen Atrophien. Dabei werden die Asymmetrien ausgenutzt, die durch cerebrale Atrophien, die einseitig auftreten, entstehen. Hierzu werden Verhältnisse von grauer Substanz und weißer Substanz in der linken und der entsprechenden rechten Gehirnhälfte miteinander verglichen und statistisch signifikante Unterschiede sichtbar gemacht.
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Den vorgenannten Verfahren gelingt es in unterschiedlichem Maße, Läsionen oder Atrophien des Gehirns kenntlich zu machen.
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Demgegenüber ist es Aufgabe der Erfindung, dem diagnostizierenden Arzt aufbereitete Informationen zur Verfügung zu stellen, die ihm die entsprechende Diagnose vereinfachen, wobei ein Verfahren, ein System und ein Softwareprogramm zur Verfügung zu stellen sind, mittels deren MRT-Daten des menschlichen Gehirns eines Patienten so verarbeitet werden können, dass statistisch aussagekräftige und gegebenenfalls quantifizierbare Daten zu Veränderungen im Patientengehirn ermittelt und dargestellt werden.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst.
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Die MRT-Daten sind vorzugsweise T1-gewichtete MRT-Daten. Klassifizierungs- bzw. Segmentierungsalgorithmen sind bekannt. Verschiedene Beispiele hierfür sind in Stamatakis et al., Brain and Language 94 (2005), Seiten 167–177, angeführt. Es kann zur Ausführung der Erfindung aus den bekannten Klassifizierungsalgorithmen ein geeigneter Algorithmus ausgewählt werden.
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Die MRT-Daten des Normalkollektivs sind zur optimalen Vergleichbarkeit vorzugsweise mit demselben Gerät erzeugt worden wie die des Patientengehirns. Es können auch standardisierte andere Daten, beispielsweise veröffentlichte Daten, verwendet werden.
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Unter einer Kennzeichnung von statistisch auffälligen Voxeln ist eine graphische Hervorhebung, eine Umrahmung von Clustern entsprechender Voxel, eine Markierung in einem Datenfeld der Gewebekarte oder Gewebekarten, ein Dateneintrag statistischer Signifikanz der Abweichung oder eine sonstige geeignete Kennzeichnung zu verstehen, mittels der die entsprechenden Voxel identifizierbar sind.
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Dieses erfindungsgemäße Verfahren stellt einen neuartigen Biomarker zur Markierung degenerierter Gehirnbereiche dar, basierend auf der bekannten voxelbasierten Klassifizierung der MRT-Daten in graue Substanz, weiße Substanz und Gehirnflüssigkeit. Es ergeben sich stereotaktisch normalisierte Gewebekarten für die verschiedenen Substanzen. Eine entsprechende Gewebekarte kann auch eine vierdimensionale Matrix sein, bei der drei Dimensionen den x-, y- und z-Koordinaten des Raumes entsprechen und die vierte Dimension drei Einträge für den Anteil an grauer Substanz, an weißer Substanz und an Gehirnflüssigkeit aufweist. Der Ausdruck „Gewebekarte” kann daher sowohl für eine alles umfassende vierdimensionale Matrix oder ein vierdimensionales Datenarray stehen als auch für einzelne dreidimensionale Datenarrays oder Matrizen.
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Die segmentierten Daten, die nach GM, WM und CSF kategorisierten sogenannten Gewebekarten des Patientengehirns, werden statistisch mit entsprechenden Gewebekarten des Normalkollektivs verglichen. Hierbei wird gegebenenfalls aus den Gewebekarten der Vergleichsdaten jeweils eine statische Verteilung mit gegebenenfalls Mittelwert und Standardabweichung für die Anteile von grauer Substanz, weißer Substanz und Gehirnflüssigkeit pro Voxel ermittelt und die ermittelten Anteile im Patientengehirn hiermit verglichen und statistisch signifikante Abweichungen gekennzeichnet.
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Das Kriterium der statistischen Auffälligkeit ist als Signifikanz der Abweichung von dem Normalkollektiv einstellbar. So kann etwa eine Abweichung von 3σ oder mehr, oder 4σ oder mehr als statistisch auffällig definiert werden. Bei Anwendung eines einseitigen t-Tests kann eine Wahrscheinlichkeit von p < 0,05, p < 0,01, p < 0,001 oder noch kleinere Grenzwerte angenommen werden.
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Diese von den zuvor genannten bekannten Verfahren abweichende Vorgehensweise verwendet den Umstand, dass geschädigte Gehirnregionen im MRT-Bild weder der grauen Substanz noch der weißen Substanz eindeutig zuzuordnen sind. Die geschädigte Substanz, insbesondere auch bei Läsionen, erscheint in den MRT-Daten mit Werten, die zwischen der weißen und der grauen Substanz liegen. Anstatt allerdings, wie im Stand der Technik bekannt, einen vierten Gewebetypus zu definieren, dem diese Regionen zuzuordnen sind, oder weitere T2-gewichtete oder FLAIR-Scans zu verwenden, wird erfindungsgemäß auch auf diese Bereiche die klassische Segmentierung in weiße Substanz und graue Substanz und Gehirnflüssigkeit ausgeführt, wobei es zwangsläufig zu Fehlklassifikationen kommt. So wird in den geschädigten Bereichen graue Substanz als weiße Substanz teilweise identifiziert oder umgekehrt, da der Segmentierungsalgorithmus bzw. Klassifizierungsalgorithmus für diesen geschädigten Gewebetyp nicht angepasst ist. Diese Fehlklassifikation wird statistisch verwendet.
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Das Gehirn ist recht deutlich in verschiedene Regionen aufgeteilt, in denen jeweils die weiße Substanz oder die graue Substanz dominiert, also mehr als 70% oder 80% des Anteils der Gehirnmasse in der Region ausmacht, während die jeweils andere Substanz einen kleineren Minoritätsanteil ausmacht. Fehlklassifikationen führen in diesem Fall dazu, die Minoritätssubstanz überzubewerten und die Majoritätssubstanz unterzubewerten. Die Vergleichsbasis ist bei der Minoritätssubstanz kleiner als bei der Majoritätssubstanz, so dass eine bestimmte absolute Überbewertung zu einer großen relativen Verschiebung in der Minoritätskomponente führt. Auf diese Weise wird im Bereich der Dominanz der weißen Substanz oder der grauen Substanz ein statistisch signifikantes Maß für Fehlklassifikationen und damit für Schädigungen zur Verfügung gestellt.
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Dieser Effekt ist unabhängig davon, ob die weiße oder die graue Substanz als Majoritätskomponente betrachtet wird. Erfindungsgemäß wird vorzugsweise der Überschuss der Minoritätssubstanz betrachtet.
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Dabei spielt die Gehirnflüssigkeit keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle, da diese sich in den MRT-Daten deutlich sowohl von der weißen Substanz als auch von der grauen Substanz als auch von geschädigten Gebieten in der weißen und der grauen Substanz unterscheidet und zu Fehlklassifikationen kaum beiträgt.
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Zusätzlich kann vorzugsweise außerdem vorgesehen sein, dass solche statistisch auffälligen Voxel in der Gewebekarte oder den Gewebekarten des Patientengehirns gekennzeichnet werden, die zu einem von der weißen Substanz dominierten Gebiet gehören und bei denen weniger weiße Substanz enthalten ist als durch das Normalkollektiv zu erwarten ist oder die zu einem von der grauen Substanz dominierten Gebiet gehören und bei denen weniger graue Substanz enthalten ist als durch das Normalkollektiv zu erwarten ist.
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Die Tests, die hierzu durchgeführt werden, sind vorzugsweise t-Tests, mit denen die Wahrscheinlichkeit ermittelt wird, dass eine Abweichung eines Wertes von einer Normalverteilung statistisch relevant ist. Dabei handelt es sich insbesondere um einen einseitigen zwei-Stichproben-t-Test.
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Vorzugsweise werden zusammenhängende Cluster von statistisch auffälligen Voxeln bezüglich ihres Volumens vermessen und/oder gezählt und/oder als Histogramm dargestellt. Damit sind eine Quantifizierung und/oder eine visuelle Darstellung des morphometrischen statistischen Untersuchungsergebnisses bereitgestellt.
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Um statistische Fluktuationen zu unterdrücken, ist vorteilhafterweise vorgesehen, dass die segmentierten MRT-Daten zur Erstellung der Gewebekarte oder Gewebekarten geglättet werden. Dies kann beispielsweise durch Anwendung von Gauß-Filtern über eine Mehrzahl von Voxeln geschehen, so dass der Gauß-Filter eine Größe von 6 bis 8 mm aufweist.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird vorzugsweise in dem Gebiet ausgeführt, in dem entweder die weiße Substanz oder die graue Substanz dominant ist, wobei die Dominanz als ein Anteil von 70% oder mehr, insbesondere 80% oder mehr, von weißer bzw. grauer Substanz für das jeweilige Voxel definiert ist.
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Vorzugsweise werden die durch den statistischen Test oder die statistischen Tests entstehenden Muster bildlich dargestellt, insbesondere in einer Überlagerung auf die MRT-Daten oder segmentierten Daten des Patientengehirns.
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Weiter vorteilhafterweise werden die Voxel der Gewebekarte oder Gewebekarten zu regelmäßigen oder unregelmäßigen Gittern interpoliert.
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Das erfindungsgemäße Verfahren wird vorteilhaft vorbereitet, indem die Parameter des Klassifizierungsalgorithmus iterativ justiert werden, um bei den MRT-Daten des Normalkollektivs publizierte Ergebnisse zu reproduzieren und/oder auf einer Grundwahrheit (Vergleichsmenge) von simulierten Daten feinjustiert werden, wobei der Klassifizierungsalgorithmus für die statistischen Tests mit den gleichen Parametern auf die MRT-Daten des Normalkollektivs und des Patientengehirns angewandt wird. Auf diese Weise wird eine einheitliche Verarbeitung und statistische Untersuchung der Kollektivdaten und der Daten des Patientengehirns sichergestellt.
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Ebenfalls vorteilhafterweise werden zusätzlich ein oder mehrere volumetrische Tests durchgeführt, bei denen mittels Masken für zu untersuchende Regionen des Patientengehirns aus den Gewebekarten Volumina für weiße und graue Substanz errechnet werden. Diese volumetrischen Tests treten an die Seite der ebenfalls ausgeführten erfindungsgemäßen statistischen Tests. Entsprechende zu untersuchende Regionen des Patientengehirns sind beispielsweise Hirnstamm, Kleinhirn, Corpus Callosum und/oder die Bereiche des Frontal-, Parietal-, Okzipital- und/oder Temporallappens. Auf diese Weise ergeben sich Überschüsse oder Defizite zu den nach dem Normalkollektiv zu erwartenden Volumina, die ebenfalls miteinander verglichen werden können. Überschüsse in der jeweiligen Minoritätskomponente sind dabei statistisch sehr signifikant.
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Die Volumina werden dabei vorzugsweise hinsichtlich eines Kovariats oder mehrerer Kovariate, insbesondere Kopfgröße, Alter, Erkrankungsdauer und/oder Geschlecht, an die individuellen Daten des Patienten mittels einer Korrektur angepasst und/oder gegen die gesamte Hirnsubstanz, die gesamte weiße oder graue Substanz oder das gesamte intrakranielle Volumen normiert, wobei insbesondere die normierten Volumina alterskorrigiert werden. Damit erhöht sich die Vergleichbarkeit. Insbesondere werden publizierte Ergebnisse über durchschnittliche Volumina in Abhängigkeit der Kovariate verwendet, um verfälschende Effekte zu minimieren, die sich daraus ergeben können, dass die Daten des Normalkollektivs nicht oder nur unzureichend einem tatsächlichen Durchschnitt entsprechen, insbesondere, wenn als Normalkollektiv eine beschränkte Anzahl von Individualdaten zur Verfügung stehen, die auf einem MRT-Gerät produziert worden sind. So stehen in der Literatur Daten zur Verfügung, wie groß die Volumina der verschiedenen Substanzen in verschiedenen Gehirnregionen, bezogen auf Alter, Geschlecht, Kopfgröße etc. im Durchschnitt sind, wobei diese Daten auf einer größeren Anzahl von untersuchten neurologisch gesunden Individuen beruhen.
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Die resultierenden Volumina werden vorzugsweise statistisch gegen das Normalkollektiv verglichen und/oder als Graphen dargestellt.
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Diese volumetrischen Untersuchungen erlauben eine spezifischere Untersuchung einzelner interessierender Gehirnregionen. Sie basieren ebenfalls auf der zuvor ausgeführten voxelbasierten Segmentation, sind jedoch nunmehr durch Masken auf die Gehirnregionen definiert. Sie sind nicht mehr an sich voxelbasiert, da über die in den Masken enthaltenen Voxel jeweils aufsummiert worden ist.
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Erfindungsgemäß wird ein Test zur Bestimmung einer Gewebeschädigung, insbesondere einer Läsionslast, durchgeführt, wobei eine dreidimensionale Maske erstellt wird, in deren Bereich die weiße oder graue Substanz dominiert, für den Bereich der Maske die Werte der Gewebekarten für weiße und graue Substanz des Patienten und der Daten des Normalkollektivs jeweils getrennt aufsummiert werden und damit für den Patienten und das Normalkollektiv jeweils Volumenwerte für die Gesamtmenge der grauen und weißen Substanz innerhalb der Maske erhält, die ins Verhältnis zueinander gesetzt werden. Dies ist im Prinzip wiederum eine volumetrische Untersuchung, wobei jedoch nicht einzelne Gehirnbereiche, sondern die Gesamtbereiche maskiert und untersucht werden, in denen jeweils die weiße Substanz oder die graue Substanz dominiert. Damit ist es möglich, das Ausmaß der Gesamtdegeneration der entsprechenden Bereiche festzustellen. Die Maskierung findet anhand der Gewebekarten des Normalkollektivs statt.
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Dieses Volumenverhältnis korreliert direkt mit der Läsionslast im Patientengehirn. Das basiert auf einem Modell, bei dem GMP das graue Substanzvolumen eines Patienten nach der Anwendung des Klassifizierungsverfahrens bezeichnet, GMN das über das Normalkollektiv gemittelte graue Substanzvolumen nach der Anwendung des Klassifizierungsalgorithmus. WM steht für weiße Substanz, CSF für Liquor. Die Index-Nomenklatur mit P und N ist entsprechend der für GM.
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Die folgenden Formeln gelten für den Fall, dass die weiße Substanz die Majoritätskomponente bildet. Da der Kontrast der Schädigung in den T1-gewichteten MRT-Bildern zwischen der von grauer und weißer Substanz liegt, wird angenommen, dass das Klassifizierungsverfahren die graue Substanz (Minoritätskomponente) überschätzt und entsprechend die weiße Substanz unterschätzt. Der Liquor wird nicht beeinflusst. Die Menge an fehlerhaft klassifizierter weißer Substanz wird mit ε bezeichnet. Dann gelten GMP = GMN + ε WMP = WMN – ε CSFP = CSFN
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Die Läsionslast (LL) sei definiert als
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In erster Näherung gilt dann
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Somit korreliert LL direkt mit dem Volumeneffekt, der durch die Schädigung entsteht.
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Die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird auch durch ein Softwareprogramm mit Programmcodemitteln zur Verarbeitung von MRT-Daten des menschlichen Gehirns eines Patienten gelöst, wobei in Voxel aufgelöste dreidimensionale MRT-Daten des Patientengehirns und der Gehirne eines Normalkollektivs von mehreren gesunden menschlichen Individuen vorliegen, bei dessen Ausführung wenigstens der Schritt des voxelbasierten statistischen Vergleichs der Gewebekarte oder Gewebekarten des Patientengehirns mit den entsprechend normalisierten und segmentierten MRT-Daten des Normalkollektivs des zuvor beschriebenen erfindungsgemäßen Verfahrens durchgeführt wird.
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Dieses Softwareprogramm ist somit dazu ausgebildet, wenigstens die statistischen Analysen der segmentierten Gewebekarten durchzuführen. Vorteilhafterweise ist oder sind zusätzlich der Klassifizierungsalgorithmus, ein Normalisierungsalgorithmus und/oder ein Glättungsalgorithmus implementiert.
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Schließlich wird die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe auch durch ein System zur Verarbeitung von MRT-Daten des menschlichen Gehirns eines Patienten gelöst, wobei in Voxel aufgelöste dreidimensionale MRT-Daten des Patientengehirns und der Gehirne eines Normalkollektivs von mehreren gesunden menschlichen Individuen vorliegen, mit einer Datenverarbeitungsanlage, die einen Speicher für die MRT-Daten des Patientengehirns und des Normalkollektivs und für Gewebekarten aufweist, auf dem ein erfindungsgemäßes zuvor beschriebenes Softwareprogramm geladen ist. Hiermit ist das erfindungsgemäße Verfahren ebenfalls ausführbar.
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Die aufeinander bezogenen Erfindungsgegenstände, also das Verfahren, das Softwareprogramm und das System weisen die gleichen Merkmale, Eigenschaften und Vorteile auf.
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Weitere Merkmale der Erfindung werden aus der Beschreibung erfindungsgemäßer Ausführungsformen zusammen mit den Ansprüchen und den beigefügten Zeichnungen ersichtlich. Erfindungsgemäße Ausführungsformen können einzelne Merkmale oder eine Kombination mehrerer Merkmale erfüllen.
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Die Erfindung wird nachstehend ohne Beschränkung des allgemeinen Erfindungsgedankens anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Zeichnungen beschrieben, wobei bezüglich aller im Text nicht näher erläuterten erfindungsgemäßen Einzelheiten ausdrücklich auf die Zeichnungen verwiesen wird. Es zeigen:
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1 Gewebekarten und statistische histogrammatische Darstellungen für graue Substanz, Gehirnflüssigkeit und weiße Substanz eines gesunden Patienten sowie Vergleiche mit einem Normalkollektiv,
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2 eine komprimierte Darstellung von transversalen Schnitten durch ein Patientengehirn mit gekennzeichneten Clustern von statistisch signifikant veränderten Voxeln,
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3 in Vergrößerung ein beispielhafter transversaler Schnitt bei z = +26 aus 2,
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4 eine Gegenüberstellung von sagittalen Schnitten durch ein Patientengehirn und ein gesundes Gehirn in einer Ausschnittsvergrößerung des Corpus Callosum,
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5 sagittale Schnitte durch ein degeneriertes Corpus Callosum mit überlagerten Voxelclustern von regionalen Schädigungen und Ausdünnungen, mit statistischen Vergleichen bezüglich nicht weißer Substanz und weißer Substanz und
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6 eine histogrammatische Darstellung einer Läsionslast eines Patienten im Vergleich zu einem Normalkollektiv.
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In 1 sind typische Schnittdarstellungen durch ein Gehirn dargestellt, wobei in der linken Spalte visualisierte Darstellungen der Gewebekarten für graue Substanz (Mitte), Gehirnflüssigkeit (unten) und weiße Substanz (oben) dargestellt sind. Zu jeder Gewebekarte sind jeweils ein Frontalschnitt, ein Sagittalschnitt und ein Transversalschnitt dargestellt, entsprechend den durch helle Schnittlinien dargestellten Schnitten durch das Gehirn.
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Es ist erkennbar, dass die graue Substanz in den äußeren Bereichen des Gehirns dominiert, die Gehirnflüssigkeit vor allem in den zentralen Hohlräumen und an der Außenseite in den Falten der Lappenbereiche vorkommt, während die weiße Substanz die Nervenleitungen im Inneren des Gehirns darstellen. Deutlich zu erkennen ist beispielsweise auch in dem Sagittalschnitt der weißen Substanz, 1 oben links, rechte obere Darstellung, das Corpus callosum. Die Anteile von grauer Substanz, weißer Substanz und Gehirnflüssigkeit sind in Graustufen dargestellt, die jeweils mit dem Anteil der entsprechenden Substanz am Gesamtvolumen korrelieren.
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Die Gewebekarten wurden mit dem SPM8-Softwarepaket des Wellcome Trust Centre for Neuroimaging, London, Release April 2009, erstellt, basierend auf einer Publikation von J. Ashburner et al., Neurolmage 26 (2005), Seiten 839 bis 851 „Unified Segmentation”.
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In der rechten Spalte sind zur grauen Substanz, zur Gehirnflüssigkeit und zur weißen Substanz die Volumina im Gesamtgehirn histogrammatisch dargestellt, die durch die jeweiligen Substanzen eingenommen werden. Dabei wird der Datenpunkt, also der Anteil in Prozent des intrakraniellen Volumens der grauen Substanz, der Gehirnflüssigkeit und der weißen Substanz des Patienten durch einen schwarzen Punkt dargestellt, wobei auf der horizontalen Achse das Alter des Patienten dargestellt ist. Weiße Datenpunkte sind die entsprechenden Werte für 27 Individuen des Normalkollektivs, die zwischen 20 und 80 Jahre alt sind. Mit gestrichelten Linien ist der altersabhängige 2σ-Normbereich dargestellt. Dieses bedeutet, dass 95% aller gesunden Individuen bezüglich des Gesamtvolumens der grauen Substanz, der Gehirnflüssigkeit und der weißen Substanz innerhalb der durch die gestrichelten Linien begrenzten Bereiche liegt. Auch der Patient mit dem in der linken Spalte dargestellten Gehirn bzw. Gewebekarten liegt mitten in diesem Bereich. Es ist außerdem erkennbar, dass mit fortschreitendem Alter das Volumen an grauer Substanz abnimmt und durch Gehirnflüssigkeit ersetzt wird.
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In 2 ist eine typische Abfolge von transversalen Schnitten durch ein Gehirn eines Patienten dargestellt. Die Lage der Schnitte ist in dem Bildausschnitt links oben gezeigt. Das Gehirn und die Schnitte des MRT-Scans sind stereotaktisch normalisiert.
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In den einzelnen Schnitten sind Bereiche mit einem Überschuss an grauer Materie in dem Bereich, in dem weiße Materie vorherrscht, bzw. Defizite an weißer Materie in demselbem Bereich gekennzeichnet. Für diese Analyse wurden solche Bereiche untersucht bzw. maskiert, die im Normalkollektiv eine Dominanz an weißer Substanz aufweisen. Die Überschüsse an grauer Materie, die in diesem Bereich kaum vorkommen sollte, resultieren aus Fehlklassifikationen beschädigter weißer Substanz und kennzeichnen eine regionale Schädigung der weißen Substanz. Sie sind durch weiße Linien eingegrenzt. Regionen mit einem Mangel an weißer Substanz, die eine regionale Ausdünnung kennzeichnen, sind durch eine Graustufenskala flächig dargestellt. Helle Graustufen bedeuten dabei eine sehr hohe statistische Wahrscheinlichkeit einer Degeneration, dunklere graue Bereiche sind statistisch weniger signifikant. Diese beiden statistischen Tests sind somit graphisch übereinander dem MRT-Scan überlagert und kennzeichnen regionale Veränderungen der weißen Substanz.
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In der zentralen Hirnregion sowie in der rechten Gehirnhälfte im oberen Bereich zeigen sich ausgedehnte Bereiche, in denen eine Veränderung stattgefunden hat.
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In 3 ist eines dieser Schnittbilder, nämlich bei z = +26, vergrößert dargestellt. Insbesondere ist zu erkennen, dass die MRT-Bilder geglättet sind.
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In 4 sind nebeneinander vergrößerte sagittale Schnitte durch das Corpus Callosum eines Patientengehirns links und eines gesunden Patienten (normal) rechts gezeigt, wobei sich deutlich im Zentrum weiße Substanz, die hell erscheint, von der umgebenden grauen Substanz und der Gehirnflüssigkeit im Zentrum unterscheidet. Bereits mit bloßem Auge ist erkennbar, dass im erkrankten Gehirn die weiße Substanz deutlich gegenüber dem normalen bzw. gesunden Gehirn reduziert ist. Hier hat eine Degeneration stattgefunden.
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In 5 ist in der linken Spalte der gleiche Bereich des Patientengehirns wie in 4 dargestellt, wobei in der oberen Darstellung Cluster markiert sind, in denen ein Überschuss an grauer Substanz gefunden wurde, die durch eine Fehlklassifizierung von erkranktem Gewebe hervorgerufen wurde. In der unteren Darstellung ist der Bereich mit einer schwarzen Linie umrandet, in dem das Corpus Callosum an Verlust an weißer Substanz, die dort lokalisiert sein sollte, verzeichnet. Für diese Analyse wurde das Corpus Callosum anhand der Daten des Normalkollektivs maskiert und somit ausgewählt, während umgebende Bereiche nicht berücksichtigt wurden.
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In der rechten Spalte von 5 ist jeweils mit dem schwarzen Datenpunkt das intrakranielle Volumen nicht-weißer Substanz (oben) und weißer Substanz (unten) im Vergleich mit dem Normalkollektiv gezeigt, einschließlich der durch gestrichelte Linien dargestellten Normbereiche von ±2σ. Es ist aber deutlich erkennbar, dass die nicht-weiße Substanz in diesem Bereich bei dem erkrankten Patienten statistisch sehr signifikant übermäßig vertreten ist. Das Volumen der nicht-weißen Substanz im Corpus Callosum ist dabei in beiden Graphiken auf das gesamte intrakranielle Volumen bezogen. Die nicht-weiße Substanz im Corpus Callosum sollte lediglich 1 bis 2 Promille des intrakraniellen Volumens ausmachen, während die weiße Substanz des Corpus Callosum ca. 12 bis 16 Promille des gesamten intrakraniellen Volumens ausmachten sollte. Die Abnahme der weißen Substanz ist statistisch noch nicht sehr signifikant, sie liegt ca. um ca. 3σ unterhalb des zu erwartenden Mittelwertes. Die Zunahme der nicht-weißen Substanz hingegen ist statistisch deutlich signifikanter, sie liegt bei ca. 8 bis 9σ.
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Diese Angaben, insbesondere der Überschuss an nicht-weißer Substanz in einem Gebiet, in dem eigentlich weiße Substanz dominieren sollte, stellt einen aussagekräftigen Biomarker für Degenerationen des Gehirns dar.
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In 6 ist eine histogrammatische Darstellung eines Vergleichs der Läsionslast (LL) für ein Patientengehirn (schwarzer Datenpunkt) zu den Daten des Normalkollektivs (weiße Datenpunkte) gezeigt. Die Läsionslast ist für Regionen, in denen die weiße Substanz dominiert, als Verhältnis von grauer Substanz zu weißer Substanz in den entsprechend maskierten Patientendaten definiert. Auch hier zeigt sich, dass die Läsionslast des Patienten signifikant über derjenigen des Normalkollektivs für den gleichen Bereich liegt.
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Alle genannten Merkmale, auch die den Zeichnungen allein zu entnehmenden sowie auch einzelne Merkmale, die in Kombination mit anderen Merkmalen offenbart sind, werden allein und in Kombination als erfindungswesentlich angesehen. Erfindungsgemäße Ausführungsformen können durch einzelne Merkmale oder eine Kombination mehrerer Merkmale erfüllt sein.