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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Bauteil aus einem kohlenstoffhaltigen Stahl, das mindestens in einem Randbereich eine bainitische Gefügestruktur aufweist, sowie Verfahren zur Herstellung eines solchen Bauteils.
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Stand der Technik
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Ein Stahl ist ein metallischer Werkstoff, dessen Massenanteil an Eisen größer als der jeden anderen Elements ist und der bis zu 2 Massenprozent Kohlenstoff enthält. Die meisten Stähle enthalten neben Kohlenstoff mindestens ein weiteres, metallisches Legierungselement, das ihnen vorteilhafte Eigenschaften verleiht, wie beispielsweise Temperaturbeständigkeit oder Festigkeit gegenüber bestimmten mechanischen Beanspruchungen.
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Die Härte eines Stahls kann deutlich gesteigert werden, indem dessen Gefügestruktur ganz oder teilweise in eine bainitische Gefügestruktur umgewandelt wird. Bauteile aus bainitischen Stählen und zugehörige Herstellungsverfahren sind beispielsweise aus der
DE 10 2004 034 077 A1 sowie aus der
WO 2001/049 888 A1 bekannt. Besagte Umwandlung der Gefügestruktur wird „Bainitisieren“ genannt. Dabei wird der Stahl durch Aufheizen auf eine erste Temperatur zumindest teilweise in eine austenitische Phase überführt und anschließend durch Halten bei einer zweiten Temperatur, die zwischen der ersten Temperatur und der Martensit-Starttemperatur des Stahls liegt, gehalten.
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Je höher der Kohlenstoffanteil des Stahls ist, desto größer ist die Steigerung der Härte, die durch das Bainitisieren erzielt werden kann. Allerdings dauert es mit steigendem Kohlenstoffgehalt auch wesentlich länger, bis die Umwandlung in eine bainitische Gefügestruktur einsetzt, und diese Umwandlung schreitet auch deutlich langsamer voran. Der hohe Zeitbedarf macht bainitische Stähle und aus ihnen hergestellte Bauteile teurer.
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Offenbarung der Erfindung
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Im Rahmen der Erfindung wurde ein Bauteil aus einem metallischen Werkstoff entwickelt, welcher neben Eisen als Basismetall mindestens ein weiteres metallisches Legierungselement sowie Kohlenstoff enthält. Mindestens ein Randbereich dieses Bauteils weist eine bainitische Gefügestruktur auf. Der metallische Werkstoff kann insbesondere ein Stahl sein.
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Erfindungsgemäß enthält der Randbereich Ausscheidungen eines aus dem weiteren metallischen Legierungselement und Stickstoff gebildeten Sondernitrids. Dieses Sondernitrid kann zusätzlich auch Kohlenstoff enthalten, also ein Carbonitrid sein. Dieser Randbereich kann vorteilhaft mehrere Zehntel Millimeter, beispielsweise zwischen 0,1 und 1,2 mm, dick sein. Er kann aber auch mehrere Millimeter dick sein und insbesondere ähnlich dick sein wie gehärtete Bereiche, die beim Einsatzhärten gebildet werden.
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Überraschenderweise hat die Bildung von Ausscheidungen aus dem Sondernitrid die Wirkung, dass die Umwandlung des Randbereichs in die bainitische Gefügestruktur sowohl schneller startet als auch schneller voranschreitet. Dadurch kann bei der Herstellung des Bauteils sehr viel Zeit eingespart werden. Die Erfinder haben erkannt, worauf dies zurückzuführen ist: Nicht nur der Kohlenstoff, sondern auch das weitere metallische Legierungselement verzögert sowohl den Start als auch den Fortschritt der Bainitbildung. Ist das weitere metallische Legierungselement hingegen in einem Sondernitrid gebunden und nicht mehr in der Eisenmatrix gelöst, hat es diese Wirkung nicht. Dieser Effekt ist so groß, dass die Umwandlung auch dann noch schneller startet und voranschreitet, wenn zugleich der Gehalt an Kohlenstoff deutlich erhöht wird. Er ist besonders ausgeprägt, wenn der metallische Werkstoff beispielsweise zwischen 0,3 und 0,9 Massenprozent Kohlenstoff enthält und/oder wenn der metallische Werkstoff beispielsweise zwischen 0,5 und 5 Massenprozent Chrom als weiteres metallisches Legierungselement enthält.
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Die Verzögerung der Bainitbildung durch das weitere metallische Legierungselement ließe sich theoretisch auch durch einen Verzicht auf dieses Legierungselement eliminieren. Dann aber würde der Werkstoff die vorteilhaften Eigenschaften, die ihm dieses Legierungselement verleiht, verlieren. Die Erfinder haben erkannt, dass mindestens in einem weiter im Inneren des Bauteils angeordneten Kernbereich, an den der Randbereich angrenzt, die durch das weitere metallische Legierungselement hervorgerufenen vorteilhaften Eigenschaften erhalten bleiben. Zugleich ist im Randbereich durch die Bindung dieses weiteren metallischen Legierungselements in einem Sondernitrid selektiv die verzögernde Wirkung dieses Legierungselements auf die Bainitbildung ausgeschaltet.
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Die Erfinder haben weiterhin erkannt, dass es sich vorteilhaft sehr genau steuern lässt, bis in welche Tiefe im Inneren des Bauteils das Sondernitrid gebildet wird. Beispielsweise kann Stickstoff nur bis in eine bestimmte Tiefe im Inneren des Bauteils eingebracht werden. Die erfindungsgemäße Lehre, das weitere metallische Legierungselement im Randbereich des Bauteils in einem Sondernitrid zu binden, beschleunigt also nicht nur die Herstellung des Bauteils. Vielmehr wird eine zusätzliche Stellgröße geschaffen, über die der Randbereich definiert und vom restlichen Volumen des Bauteils abgegrenzt werden kann. Bei einem herkömmlichen, schmelzmetallurgisch hergestellten Bauteil hingegen lässt sich kein Randbereich festlegen, der eine andere Gefügestruktur aufweist als das restliche Volumen des Bauteils.
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In einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung grenzt der Randbereich an einen weiter im Inneren des Bauteils angeordneten Kernbereich an, der einen ferritischen, perlitischen und/oder martensitischen Gefügeanteil enthält. Typischerweise wird das Bauteil von außen her mechanisch beansprucht, so dass die Härtung des Randbereichs durch Bainitisieren am wichtigsten ist. Der Zeitaufwand, der für die Umwandlung des kompletten Volumens des Bauteils notwendig wäre, kann eingespart werden. Der Kernbereich kann auch einen bainitischen Gefügeanteil enthalten.
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Darüber hinaus kann der Randbereich in einer besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung über seine Grenzfläche zum Kernbereich mit einer Druckeigenspannung beaufschlagt sein. Durch diesen Synergieeffekt zwischen dem Randbereich und dem Kernbereich ist die Schwingfestigkeit des Bauteils höher als sie wäre, wenn das komplette Volumen des Bauteils bainitisch wäre.
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Vorteilhaft weist der Kernbereich einen geringeren Gehalt an Kohlenstoff auf als der Randbereich. Der Kernbereich kann beispielsweise einen 3- bis 4-fach geringeren Kohlenstoffgehalt aufweisen als der Randbereich. Der vergleichsweise hohe Kohlenstoffgehalt im Randbereich kann dann optimal genutzt werden, um die bainitische Gefügestruktur zu bilden, während im Kernbereich mit einer anderen Gefügestruktur mögliche Nachteile durch einen zu hohen Kohlenstoffgehalt, wie z.B. eine Versprödung, vermieden werden.
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Vorteilhaft umfasst das weitere metallische Legierungselement mindestens ein Element aus der Gruppe, die durch Molybdän, Chrom, Vanadium, Niob und Aluminium gebildet ist. Diese Legierungselemente vergüten den Werkstoff in besonderem Maße. Molybdän verbessert die Festigkeit des Werkstoffs bei Schnellarbeitsbelastung, etwa bei Bauteilen, die in Motoren zum Einsatz kommen. Chrom erhöht die Festigkeit und Härte des Werkstoffs. Vanadium erhöht die Zähigkeit des Werkstoffs, insbesondere in Verbindung mit Chrom. Zugleich lassen sich gerade Molybdän, Chrom, Vanadium, Niob und Aluminium gut in Sondernitride umwandeln, so dass die genannten vorteilhaften Eigenschaften dieser Legierungselemente genutzt werden können, ohne dass dies mit einer Verzögerung der Bainitbildung erkauft werden muss. Gegenüber einem Bauteil nach bisherigem Stand der Technik, das auf Grund der gestellten mechanischen und/oder thermischen Anforderungen einen bestimmten Gehalt an Molybdän, Chrom, Vanadium, Niob und/oder Aluminium enthält, lässt sich ein erfindungsgemäßes Bauteil mit dem gleichen Gehalt an diesen Legierungselementen wesentlich schneller herstellen, weil die bisher unvermeidliche Verzögerung der Bainitbildung durch die Bindung dieser Legierungselemente in einem Sondernitrid ausgeschaltet ist.
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Hat das Bauteil einen Randbereich mit einer bainitischen Gefügestruktur, so hat dies generell den Vorteil, dass der metallische Werkstoff niedriger mit weiteren metallischen Legierungselementen legiert sein kann: Denjenigen Anteil der Werkstoffhärte, den bereits die bainitische Gefügestruktur liefert, muss das weitere metallische Legierungselement kein zweites Mal liefern. Zugleich ist die Bandbreite an nutzbaren Kohlenstoffgehalten vorteilhaft erhöht. Beispielsweise kann der Gehalt des metallischen Werkstoffs an Kohlenstoff von 0,15 bis 0,3 Massenprozent auf 0,6 bis 0,8 Massenprozent angehoben sein. Dabei können beispielsweise Härten zwischen 650 und 750 Härtevickers (HV) erreicht werden. Bei vergleichbaren mechanischen Leistungsdaten kann das Bauteil also aus einem preiswerteren metallischem Werkstoff gefertigt werden, als wenn es keinen bainitischen Randbereich hätte.
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Das Sondernitrid lässt sich am fertigen Bauteil beispielsweise durch Diffraktometrie in Verbindung mit einer Gefügebeurteilung nachweisen. Alternativ lässt sich, beispielsweise durch Glimmentladungsspektroskopie, Stickstoff im Randbereich nachweisen. Dieser kann überwiegenderweise nur aus dem Sondernitrid stammen.
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Im Rahmen der Erfindung wurde ein Verfahren zur Herstellung eines erfindungsgemäßen Bauteils entwickelt. Bei diesem Verfahren wird die Gefügestruktur des Bauteils zunächst durch Aufheizen auf eine Temperatur T1 zumindest teilweise in eine austenitische Phase überführt. Durch Halten bei einer Temperatur T2, die zwischen der Martensit-Starttemperatur T4 des metallischen Werkstoffs des Bauteils und der Temperatur T1 liegt, wird die bainitische Gefügestruktur im Randbereich gebildet. Dabei erfolgt das Halten bei der Temperatur T2 vorzugsweise nach dem Aufheizen auf die Temperatur T1, damit die austenitische Phase als Ausgangsmaterial für die Ausbildung der bainitischen Gefügestruktur im Randbereich zur Verfügung steht.
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Erfindungsgemäß wird am Randbereich des Bauteils ein Stickstoff enthaltendes Gas vorgelegt, und aus dem Stickstoff wird in Verbindung mit dem weiteren metallischen Legierungselement mindestens ein Sondernitrid gebildet.
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Analog zum Nitrieren dringt der vorgelegte Stickstoff im Wege der Diffusion in den Randbereich des Bauteils ein. Mit den Stellgrößen, die diese Diffusion kontrollieren, kann die Tiefe, bis in die sich ein Sondernitrid bildet, genau eingestellt werden. Damit kann durch die Prozessführung der Randbereich vom Rest des Bauteils, insbesondere von einem Kernbereich mit anderer Gefügestruktur, abgegrenzt werden. Als Stellgrößen für die Diffusion sind insbesondere das Stickstoffangebot, die Temperatur sowie die Zeitdauer, für die der Stickstoff angeboten wird, zu nennen.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird das Stickstoff enthaltende Gas vorgelegt, bevor das Bauteil die Temperatur T1 erreicht hat. Insbesondere kann das Bauteil bereits vor dem Aufheizen auf die Temperatur T1 nitriert werden. Es kann beispielsweise ein auf herkömmliche Weise nitriertes Bauteil im Nachhinein durch Bainitisieren weiter veredelt werden. Ein Bauteil durch eine erste Wärmebehandlung zu nitrieren und anschließend durch eine zweite, separate Wärmebehandlung zu bainitisieren hat den Vorteil, dass hierfür getrennte, auf die jeweilige Wärmebehandlung maßgeschneiderte Anlagen verwendet werden können. Beispielsweise kann eine Anlage für das Bainitisieren dahingehend optimiert werden, dass sie das Bauteil besonders schnell und stark abschrecken kann, ohne dass an der hiervon separaten Anlage für das Nitrieren etwas geändert werden und möglicherweise ein Kompromiss in Bezug auf die Eigenschaften des Nitrierergebnisses eingegangen werden muss.
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Bauteile, die durch Bainitisieren veredelt werden, sind typischerweise niedriger legiert als Bauteile, die durch Nitrieren veredelt werden. Außerdem kann beispielsweise ein Stickstoffgehalt des Randbereichs zwischen 0,3 und 0,5 Massenprozent bereits ausreichen, um die Bildung der bainitischen Gefügestruktur zu beschleunigen, während Nitrierschichten nitrierter Bauteile typischerweise einen Stickstoffgehalt von mehreren Massenprozent aufweisen. Trotz dieser Unterschiede beschleunigt das im Rahmen des Nitrierens gebildete Sondernitrid die bainitische Umwandlung des Randbereichs wie vorstehend beschrieben; es macht in dieser Hinsicht nur einen geringen Unterschied, ob das Sondernitrid bereits vor dem Aufheizen auf die Temperatur T1 vorhanden ist oder erst nach dem Aufheizen auf diese Temperatur T1 gebildet wird.
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Auch wenn das Bauteil zu Beginn des Verfahrens noch keinen Stickstoff enthält, kann es sinnvoll sein, das Stickstoff enthaltende Gas bereits vorzulegen, bevor das Bauteil die Temperatur T1 erreicht hat. Dies kann eine Zeitersparnis bewirken, insbesondere bei der prototypischen Behandlung einzelner Bauteile, bei der die Vergleichmäßigung der Temperatur T1 innerhalb einer aus mehreren Bauteilen bestehenden Charge eine untergeordnete Rolle spielt.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird das Stickstoff enthaltende Gas vorgelegt, nachdem das Bauteil die Temperatur T1 erreicht hat. Sofern es darauf ankommt, eine Charge mit einer Vielzahl von Bauteilen in identischer Weise zu behandeln, kann dann insbesondere die Temperatur T1 über alle Bauteile der Charge vergleichmäßigt werden, bevor das Stickstoff enthaltende Gas vorgelegt wird.
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Die Diffusion des Stickstoffs in das Bauteil ist bei der Temperatur T1 am schnellsten. Sie ist prinzipiell auch während des Abschreckens auf die Temperatur T2 oder bei der Temperatur T2 möglich, läuft dann jedoch deutlich langsamer ab. Auch die Freisetzung des Stickstoffs aus dem Stickstoff enthaltenden Gas ist bei der tieferen Temperatur T2 verlangsamt.
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Das Stickstoff enthaltende Gas kann reinen Stickstoff umfassen. Der Stickstoff kann jedoch auch beispielsweise in Ammoniak oder einem Amin gebunden sein. Derartige Verbindungen dissoziieren thermisch, und der freiwerdende Stickstoff diffundiert anschließend in den Randbereich. Dieser Zwischenschritt der Dissoziation führt weitere Freiheitsgrade für die Steuerung des Prozesses ein. Insbesondere können die genannten Verbindungen bei geringeren Temperaturen dissoziieren als reiner molekularer Stickstoff.
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In einer weiteren besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird am Randbereich ein Kohlenstoff enthaltenes Gas vorgelegt, und es wird Kohlenstoff aus diesem Gas in den Randbereich des Bauteils überführt. Der Stahl kann also gerade in dem Randbereich, in dem das bainitische Gefüge gebildet werden soll, weiter aufgekohlt werden. Der Kernbereich im Inneren des Bauteils kann sich dann insbesondere dadurch vom Randbereich abheben, dass er deutlich weniger Kohlenstoff enthält. Damit kann insbesondere erreicht werden, dass die Gefügestruktur des Kernbereichs sich vollständig von Austenit in eine Mischung aus Ferrit, Perlit und/oder Martensit umwandelt, bevor die Umwandlung des Randbereichs beginnt. Wie eingangs erwähnt, verzögert ein hoher Kohlenstoffgehalt sowohl den Beginn als auch den Fortschritt der Umwandlung; ein geringerer Kohlenstoffgehalt im Kernbereich führt also zu einer früheren und schnelleren Umwandlung des Kernbereichs im Vergleich zum Randbereich. Ist der Kernbereich bereits vollständig umgewandelt, bevor die Umwandlung des Randbereichs startet, so werden die für die Schwingfestigkeit vorteilhaften Druckeigenspannungen im Randbereich vorteilhaft maximiert.
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Das kohlenstoffhaltige Gas umfasst vorteilhaft eines oder mehrere Gase aus der Gruppe, die durch Acetylen, Ethylen, Kohlenmonoxid, Erdgas, Propan, Propen, Methan, Methanol, Cyclohexan und Cyclopenthan gebildet ist. Derartige Kohlenstoffspendergase können insbesondere in einer weiteren besonders vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung eingesetzt werden, in der der Randbereich des Bauteils zur Bildung des Sondernitrids bei gleichzeitiger Überführung von Kohlenstoff in den Randbereich des Bauteils carbonitriert wird.
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Beispielsweise eignen sich Acetylen, Ethylen, Propan, Propen, Methan, Cyclohexan, Cyclopenthan und Mischungen davon besonders gut zum Aufkohlen bei der Niederdruck-Carbonitrierung des Randbereichs des Bauteils, die ausgehend von einem Hochvakuum als Basisdruck mit Prozessgasdrücken von einigen zehn mbar arbeitet. Kohlenmonoxid, Erdgas, Propan, Propen, Methan, Methanol und Mischungen davon eignen sich besonders zum Aufkohlen bei der Gas-Carbonitrierung des Randbereichs des Bauteils, die von Atmosphärendruck als Basisdruck ausgeht.
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Insbesondere kann auch ein Gas vorgelegt werden, das sowohl Kohlenstoff als auch Stickstoff enthält. Es können aber auch ein Stickstoff enthaltendes Gas und ein Kohlenstoff enthaltendes Gas in separaten Aufstick- und Aufkohlphasen nacheinander vorgelegt werden.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird die Temperatur des Bauteils vor dem Halten bei der Temperatur T2 unter die Martensit-Starttemperatur T4 des metallischen Werkstoffs des Bauteils abgesenkt. Dadurch werden Kristallisationskeime für die Bildung der bainitischen Gefügestruktur geschaffen.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird die Bildung der bainitischen Gefügestruktur nach dem Halten bei der Temperatur T2 bei einer Temperatur T3, die zwischen T2 und der Temperatur liegt, ab der der metallische Werkstoff des Bauteils zumindest teilweise in eine austenitische Phase überführt wird, fortgesetzt. Dabei kann insbesondere ein Großteil des Randbereichs bei der Temperatur T2 stabil umgewandelt werden, bevor der Rest des Randbereichs bei der Temperatur T3 umgewandelt wird.
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Der Übergang von der Temperatur T1 zur Haltetemperatur T2 kann insbesondere durch Abschrecken erfolgen. Im Zeit-Temperatur-Umwandlungsdiagramm, in dem die Temperatur über der Zeit aufgetragen ist, gibt es oberhalb der für die bainitische Umwandlung verwendbaren Temperaturen auch Temperaturbereiche, in denen eine austenitische Gefügestruktur in eine ferritische oder perlitische Gefügestruktur umgewandelt wird. Die Temperatur des Randbereichs sollte unterhalb der Bereiche abgesunken sein, in denen eine ferritische oder perlitische Gefügestruktur gebildet wird, bevor diese unerwünschte Umwandlung begonnen hat.
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Zur besseren Kontrollierbarkeit des Verfahrens ist es vorteilhaft, wenn die Dicke des Bauteils so gewählt wird, dass sich überall im Bauteil in praktikabler Zeit eine möglichst homogene Temperatur einstellt.
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Weitere, die Erfindung verbessernde Maßnahmen werden nachstehend gemeinsam mit der Beschreibung der bevorzugten Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand von Figuren näher dargestellt.
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Ausführungsbeispiele
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Es zeigt:
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1 schematische Darstellung der Legierungszusammensetzung von Randbereich 3 und Kernbereich 5 eines erfindungsgemäßen Bauteils 1.
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2 Bildung der Randschicht mit bainitischem Gefüge ohne (2a) und mit (2b) Sondernitrid 4 im Randbereich 3.
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3 Verlauf von Temperatur T und Druck p des Gases 6 als Funktionen der Zeit t bei einem weiteren Ausführungsbeispiel des Verfahrens.
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1 verdeutlicht schematisch die Legierungszusammensetzung eines erfindungsgemäßen Bauteils 1 und insbesondere die Änderung dieser Zusammensetzung beim Übergang von Kernbereich 5 in den Randbereich 3 des Bauteils 1. Der metallische Werkstoff 2 des Bauteils 1 umfasst Eisen als Basismetall 2a, das am metallischen Werkstoff 2 einen größeren Massenanteil hat als jedes andere Element. Der metallische Werkstoff 2 enthält zusätzlich ein weiteres metallisches Legierungselement 2b sowie Kohlenstoff 2c.
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Zur Bildung des bainitischen Randbereichs 3 des Bauteils 1 wird in einer Behandlungskammer bei erhöhter Temperatur ein Gas 6 vorgelegt, das sowohl weiteren Kohlenstoff 2c als auch Stickstoff 2d enthält. Dies kann insbesondere geschehen, während sich der metallische Werkstoff 2 in der austenitischen Phase befindet, also bevorzugt bei der Temperatur T1. Das Gas 6 kann auch noch während des Abschreckens auf die Temperatur T2 vorgelegt werden, jedoch nimmt die Diffusionsrate sowohl von Kohlenstoff 2c als auch von Stickstoff 2d in den Randbereich 3 des Bauteils 1 mit sinkender Temperatur T überproportional ab. Die Diffusion von Stickstoff 2d an den Randbereich 3 des Bauteils 1 ist mit dem Bezugszeichen 7 bezeichnet. Die Diffusion weiteren Kohlenstoffs 2c in den Randbereich 3 des Bauteils 1 ist mit dem Bezugszeichen 8 bezeichnet. Das weitere metallische Legierungselement 2b und der Stickstoff 2d verbinden sich innerhalb des Randbereichs 3 des Bauteils 1 zum Sondernitrid 4. Der Randbereich 3 des Bauteils 1 wird somit durch das Gas 6 carbonitriert.
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Wird das Bauteil 1 bei der Temperatur T2 gehalten, so hat das Sondernitrid 4 die Wirkung, dass die Umwandlung des Randbereichs 3 des Bauteils 1 zu einer bainitischen Gefügestruktur früher beginnt und schneller voranschreitet, als wenn die gleiche Menge des zusätzlichen Legierungselements 2b frei im Randbereich 3 des Bauteils 1 gelöst wäre.
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Der Kernbereich 5 des Bauteils 1, der nicht durch das Gas 6 carbonitriert worden ist, ist bereits in eine Mischung aus Ferrit, Perlit, Bainit und Martensit umgewandelt, bevor die bainitische Umwandlung des Randbereichs 3 des Bauteils 1 beginnt. Ausgehend von der Grenzfläche 31 zwischen dem Randbereich 3 und dem Kernbereich 5 des Bauteils 1 bilden sich somit im Randbereich 3 des Bauteils 1 Druckeigenspannungen 32, die die Schwingfestigkeit des Randbereichs 3 des Bauteils 1 weiter erhöhen.
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2a ist ein Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubild für den nicht carbonitrierten metallischen Werkstoff 2, der unter der Bezeichnung 18CrNiMo7-6 bekannt ist. Dieser metallische Werkstoff 2, der beim Erstellen des Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubilds verwendet wurde, enthielt 0,16 Massenprozent Kohlenstoff, 0,32 Massenprozent Silizium, 0,48 Massenprozent Mangan, 0,015 Massenprozent Phosphor, 0,01 Massenprozent Schwefel, 1,65 Massenprozent Chrom, 0,29 Massenprozent Molybdän und 1,5 Massenprozent Nickel. Von Verunreinigungen abgesehen, entfällt der restliche Massenanteil auf Eisen als Basismetall 2a. In 2a ist die Temperatur T über einer von links nach rechts logarithmisch fortschreitenden Skala der Zeit t aufgetragen. In der durch Temperatur T und Zeit t aufgespannten Ebene sind verschiedene Bereiche mit gestrichpunkteten Linien voneinander abgegrenzt. Es ist jeweils mit eingekreisten Buchstaben bezeichnet, welche Phase bei der jeweiligen Temperatur T zu der jeweiligen Zeit t gebildet wird. Der Nullpunkt der Zeitskala liegt bei dem Zeitpunkt, zu dem das Abschrecken von der Temperatur T1 beginnt. A bezeichnet Austenit, M bezeichnet Martensit, F bezeichnet Ferrit, P bezeichnet Perlit, und B bezeichnet Bainit.
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Die durchgezogene Kurve gibt das Zeit-Temperatur-Profil an, dem das Bauteil 1 unterzogen wird. Das Bauteil 1 wird zunächst von der Temperatur T1, bei der die austenitische Phase gebildet wurde, auf die Haltetemperatur T2 abgeschreckt, um den Bereichen im Schaubild aus dem Wege zu gehen, in denen sich Ferrit und Perlit im Randbereich 3 des Bauteils 1 bilden würden. Die Temperatur T1 beträgt 870 °C, die Martensit-Starttemperatur T4 beträgt 395 °C. Erst nach etwa 10000 Sekunden verlässt die Kurve das mit B bezeichnete Gebiet, was anzeigt, dass praktisch das gesamte Bauteil 1 in eine bainitische Gefügestruktur umgewandelt worden ist. Da der Randbereich 3 des Bauteils 1 nicht mit Stickstoff 2d oder Kohlenstoff 2c angereichert wurde, unterscheidet sich die Legierungszusammensetzung des Kernbereichs 5 des Bauteils 1 nicht von der des Randbereichs 3 dieses Bauteils 1, so dass der Kernbereich 5 nicht vor dem Randbereich 3 des Bauteils 1 umwandeln kann.
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2b beschreit in erster Näherung das Zeit-Temperatur-Umwandlungsschaubild für den in 2a studierten Werkstoff, nachdem dieser in der austenitischen Phase bei der Temperatur T1 carbonitriert wurde unter Bildung von Ausscheidungen aus dem Sondernitrid 4. Die Temperatur T1 für die Überführung in die austenitische Phase ist hier geringfügig auf 860 °C gesunken. Die Martensit-Starttemperatur T4 ist deutlich auf 290 °C gesunken. Bei einer niedrigeren Haltetemperatur T2 als in 2a, die jedoch zugleich noch höher ist als die Martensit-Starttemperatur T4, beginnt die bainitische Umwandlung des Randbereichs 3 des Bauteils 1 zwar noch etwas später als in 2a, nämlich nach etwa 80 Sekunden statt nach 6 Sekunden. Dafür läuft die bainitische Umwandlung des Randbereichs 3 des Bauteils 1 deutlich schneller ab als in 2a. Der komplette Randbereich 3 ist bereits nach weniger als 5000 Sekunden, statt erst nach über 10000 Sekunden, bainitisch umgewandelt. Somit ergibt sich dadurch, dass gemäß der Erfindung vor dem Bainitisieren die Ausscheidungen aus dem Sondernitrid 4 gebildet wurden, per saldo eine deutliche Zeitersparnis.
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Gegenüber 2a ist in 2b der Gehalt an Kohlenstoff 2c im metallischen Werkstoff 2 von 0,16 Massenprozent auf 0,5 Massenprozent gesteigert. Dies betrifft jedoch nur den Randbereich 3 des Bauteils 1. Allein durch diesen Unterschied im Gehalt an Kohlenstoff 2c wird der Kernbereich 5 des Bauteils 1 dahingehend vom Randbereich 3 dieses Bauteils 1 unterschieden, dass er zu Beginn der bainitischen Umwandlung des Randbereichs 3 des Bauteils 1 bereits vollständig umgewandelt ist.
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3 verdeutlicht die Prozessführung in einem weiteren Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens. Aufgetragen sind jeweils der Druck p des Gases 6 (linke Skala) sowie die Temperatur T (rechte Skala) in einer Behandlungskammer, in der eine Charge identischer Bauteile 1 aus einem metallischen Werkstoff 2 behandelt wird, über der Zeit t. Bei dem metallischen Werkstoff 2 handelt es sich um 18CrNiMo7-6.
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Zu Beginn des Verfahrens werden die Bauteile 1 zunächst unter Hochvakuum als Basisdruck auf die Temperatur T1, hier 870 °C, aufgeheizt, und die Temperatur innerhalb der Charge wird vergleichmäßigt (Phase a). Anschließend werden die Bauteile 1 bei der Temperatur T1 carbonitriert (Phase b)
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Das Niederdruck-Carbonitrieren (Phase b) umfasst drei Aufstickphasen c1, c2 und c3 und drei Aufkohlphasen e1, e2 und e3. Dabei wechseln sich die Aufstickphasen c1, c2 und c3 jeweils mit Aufkohlphasen e1, e2 bzw. e3 ab. In jeder Aufstickphase c1, c2 und c3 wird Ammoniak als Stickstoffspendergas mit einem Prozessgasdruck von 20 mbar vorgelegt. In jeder Aufkohlphase e1, e2 und e3 wird Acetylen als Kohlenstoffspendergas mit einem Prozessgasdruck von 10 mbar vorgelegt. Unmittelbar nach jeder Aufstickphase c1, c2 und c3 sowie unmittelbar nach jeder Aufkohlphase e1, e2 und e3 findet eine Diffusionsphase d1, d2, d3, d4, d5 bzw. d6 statt, in der die Behandlungskammer evakuiert und/oder mit einem Inertgas, wie Stickstoff 2d oder Argon, gespült wird.
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Stickstoff 2d verhält sich in diesem Zusammenhang als Inertgas, da molekularer Stickstoff 2d selbst bei der höchsten Temperatur T1 nicht reaktiv ist; erst ab ca. 1040 °C zerfällt molekularer Stickstoff 2d auf einer Stahloberfläche in signifikantem Umfang.
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In den Diffusionsphasen d1–d6 dringt jeweils der in der unmittelbar vorangegangen Aufstickphase c1, c2, c3 in den Randbereich 3 des Bauteils 1 eingebrachte Stickstoff, bzw. der in der unmittelbar vorangegangenen Aufkohlphase e1, e2, e3 in den Randbereich 3 des Bauteils 1 eingebrachte Kohlenstoff, tiefer in diesen Randbereich 3 ein.
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Die Bauteile 1 verbleiben für insgesamt etwa 6 Stunden auf der Temperatur T1. Nach der letzten Diffusionsphase d6 werden die Bauteile 1 bis auf eine erste Haltetemperatur T2 von 230 °C abgeschreckt (Phase f). Hierfür stellen ein Salzbad einerseits und die Hochdruckgasabschreckung mit beispielsweise Stickstoff 2d oder Helium gleichwertige Alternativen dar. Stickstoff 2d verhält sich hier wiederum inert, weil die Haltetemperatur T2 weit unterhalb der Temperatur von ca. 1040 °C liegt, ab der molekularer Stickstoff 2d in nennenswertem Umfang zerfällt.
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Die Temperatur T2 ist in diesem Ausführungsbeispiel niedriger als die in den 2a und 2b für den gleichen metallischen Werkstoff 2 eingezeichneten Martensit-Starttemperaturen T4: Da der Randbereich 3 der Bauteile 1 jeweils auf etwa 0,8 Massenprozent Kohlenstoff aufgekohlt wird, ist die Martensit-Starttemperatur T4 gegenüber den 2a und 2b deutlich erniedrigt.
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Die Bauteile 1 werden für die Dauer einer ersten Bainitisierungsphase g1 bei der Temperatur T2 gehalten. Anschließend werden die Bauteile 1 auf eine zweite Haltetemperatur T3 von 280 °C aufgeheizt. Für die Dauer einer zweiten Bainitisierungsphase g2 werden die Bauteile 1 bei dieser Temperatur T3 gehalten. Beide Bainitisierungsphasen g1 und g2 dauern zusammen etwa 3 Stunden.
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Nach der zweiten Bainitisierungsphase g2 werden die Bauteile 1 auf Raumtemperatur abgekühlt und der Behandlungskammer 1 entnommen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102004034077 A1 [0003]
- WO 2001/049888 A1 [0003]