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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur situativen Neuromodulation eines Insassen, insbesondere eines Fahrers, eines Kraftfahrzeugs. Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur situativen Neuromodulation eines Insassen, insbesondere eines Fahrers, eines Kraftfahrzeugs sowie ein Kraftfahrzeug.
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Unter einem Kraftfahrzeug im Sinne der Erfindung können Straßenfahrzeuge wie beispielsweise Personenkraftwagen, Lastkraftwagen und Motorräder, schienengebundene Fahrzeuge, Luftfahrzeuge wie beispielsweise Flugzeuge und Hubschrauber sowie Wasserfahrzeuge wie beispielsweise Schiffe verstanden werden.
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Unter dem Begriff Neuromodulation ist im Kontext der vorliegenden Erfindung die gezielte Beeinflussung elektrischer Gehirnströme durch äußere Einwirkung zu verstehen, beispielsweise durch elektrische Ströme, elektrische und / oder magnetische Felder und / oder durch gerichteten Ultraschall. Häufig wird hierfür auch der Begriff Neurostimulation verwendet. Dabei können Gehirnströme verstärkt, abgeschwächt oder anderweitig verändert werden. Die Beeinflussung der Gehirnströme kann sich auf bestimmte Gehirnregionen beschränken. Durch Neuromodulation ist es möglich, die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu beeinflussen. Beispielsweise ist es möglich, analytische und / oder kognitive Fähigkeiten des Gehirns zu verändern. Solche Fähigkeiten können mittels Neuromodulation sowohl verbessert und / oder beschleunigt als auch verschlechtert und / oder verlangsamt werden. Beispiele für Fähigkeiten, die sich mittels Neuromodulation beeinflussen lassen, umfassen
- – analytische Fähigkeiten,
- – motorische Fähigkeiten,
- – sensorische Fähigkeiten (Sinneswahrnehmungen) und
- – Konzentrationsfähigkeit.
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Ferner kann mittels Neuromodulation das emotionale Empfinden beeinflusst werden. Es kann somit beispielsweise ein Gefühl der Entspannung oder des Wohlbefindens vermittelt werden.
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WO 2013/192582 A1 beschreibt eine Vorrichtung zur Neuromodulation mittels gerichteter transkranieller Elektrostimulation. Die Veröffentlichung gibt ferner einen Überblick über den Stand der Technik auf dem Gebiet der Neuromodulation.
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DE 10 2011 108 305 A1 beschreibt ein Verfahren zur Ermittlung von Müdigkeit oder Unachtsamkeit eines Fahrers eines Fahrzeugs. Dabei ist vorgesehen, dass bei erfasster Müdigkeit oder Unachtsamkeit ein Konditionszustand des Fahrers ermittelt und in Abhängigkeit des ermittelten Konditionszustands eine Handlungsanweisung an den Fahrer ausgegeben wird, beispielsweise eine Pausenempfehlung.
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Die nicht vorveröffentlichte
deutsche Patentanmeldung 10 2015 200 775.8 beschreibt ein Verfahren zur unabhängigen Beurteilung eines emotionalen Zustands und einer kognitiven Belastung eines Fahrers. Mit Hilfe der darin vorgeschlagenen Beurteilung kann sichergestellt werden, dass der Fahrer mit der Ausführung einer Fahraufgabe nicht über seine Leistungsgrenze hinaus belastet wird.
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Die im Stand der Technik bekannten Verfahren beschränken sich darauf, den Fahrer zu beobachten und ihn ggf. durch Handlungshinweise oder durch die Aktivierung von Fahrerassistenzsystemen zu unterstützen. Es besteht jedoch weiterhin ein Bedarf, die Sicherheit und das Komfortgefühl von Fahrzeuginsassen, insbesondere des Fahrers, zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird gelöst bei einer Vorrichtung und einem Verfahren mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstände der abhängigen Ansprüche.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur situativen Neuromodulation eines Insassen, insbesondere eines Fahrers, eines Kraftfahrzeugs umfasst ein Zustandsbestimmungsmodul und ein Neuromodulationsmodul. Das Zustandsbestimmungsmodul ist zur Bestimmung eines physiologischen Zustands des Insassen und / oder zur Bewertung einer Verkehrssituation eingerichtet.
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Die Bestimmung des physiologischen Zustands des Insassen kann jede Bestimmung einer Information umfassen, die die körperliche und / oder geistige Verfassung des Insassen betrifft. Insbesondere kann die Bestimmung des physiologischen Zustands des Insassen die Bestimmung solcher Informationen umfassen, die für das Fahren mit dem Kraftfahrzeug und insbesondere für das Führen des Kraftfahrzeugs relevant sein können. Beispielsweise kann die Bestimmung des physiologischen Zustands des Insassen die Bestimmung einer Aufmerksamkeit, Konzentration, Müdigkeit, körperlichen Belastbarkeit und / oder eines Stressniveaus des Insassen umfassen.
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Die Bewertung einer Verkehrssituation kann eine Bewertung einer gegenwärtigen und / oder einer zu erwartenden zukünftigen Verkehrssituation umfassen. Unter einer Verkehrssituation ist jegliches Geschehen zu verstehen, das für das Kraftfahrzeug relevant sein kann. Bei der Bewertung der Verkehrssituation können daher insbesondere Informationen über in der Nähe des Kraftfahrzeugs befindliche Verkehrsteilnehmer betrachtet werden. Weiterhin können Umgebungsinformationen (z.B. topografische Informationen und Karteninformationen) und / oder Umweltinformationen (z.B. Wetterinformationen) berücksichtigt werden.
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Bei einer besonders vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen, dass das Zustandsbestimmungsmodul sowohl zur Bestimmung des physiologischen Zustands des Insassen als auch zur Bewertung der Verkehrssituation eingerichtet ist. Indem sowohl der physiologische Zustand des Insassen bestimmt als auch die Verkehrssituation bewertet wird, kann ein besonders umfassendes Bild der Situation, in welcher sich der Insasse befindet, gewonnen werden.
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Ferner umfasst die Vorrichtung ein Neuromodulationsmodul zur Beeinflussung der neuronalen Aktivität zumindest einer Gehirnregion des Insassen, wobei das Neuromodulationsmodul eingerichtet ist, die neuronale Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Insassen in Abhängigkeit des physiologischen Zustands des Insassen und / oder der Verkehrssituation zu beeinflussen.
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Indem erfindungsgemäß die Beeinflussung der neuronalen Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Insassen in Abhängigkeit des physiologischen Zustands des Insassen und / oder der Verkehrssituation erfolgt, ist es vorteilhafterweise möglich, jede Kenntnis über den physiologischen Zustand des Insassen und über die Verkehrssituation, in der sich das Kraftfahrzeug befindet, zu nutzen, um für den Insassen ein verbessertes Komfortgefühl zu erzeugen. Überdies kann auf diese Weise insbesondere dann, wenn es sich bei dem Insassen um den Fahrer handelt, die Fahrsicherheit erhöht werden.
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Mit besonderem Vorteil kann das Neuromodulationsmodul so eingerichtet sein, dass einem als unerwünscht erkannten Zustand des Insassen entgegengewirkt wird. Ist beispielsweise der Fahrer müde, so kann das Neuromodulationsmodul eine anregende Neuromodulation durchführen. Ist beispielsweise der Fahrer gestresst, so kann das Neuromodulationsmodul eine beruhigende Neuromodulation durchführen. Alternativ oder zusätzlich kann das Neuromodulationsmodul auch so eingerichtet sein, dass ein erwünschter und / oder benötigter Zustand des Insassen hergestellt wird. Befindet sich der Fahrer beispielsweise in einer gefährlichen oder anstrengenden Fahrsituation, so kann das Neuromodulationsmodul eine Neuromodulation durchführen, die die kognitiven Fähigkeiten des Fahrers kurzfristig verbessert.
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Bei einer vorteilhafte Ausführungsform der Erfindung kann vorgesehen sein, dass die Vorrichtung vollständig automatisiert arbeitet. Die von dem Neuromodulationsmodul durchgeführte Beeinflussung der neuronalen Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Insassen erfolgt dann ohne Zutun des Insassen.
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Bei einer alternativen vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung kann vorgesehen sein, dass die von dem Neuromodulationsmodul durchgeführte Beeinflussung der neuronalen Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Insassen im Ansprechen auf eine Bedienhandlung des Insassen erfolgt. Mit anderen Worten erfolgt die Neuromodulation also erst dann und nur dann, wenn eine auslösende Bedienhandlung des Insassen erfolgt ist. Hierzu kann die Vorrichtung beispielsweise ein Bedienelement umfassen. Es kann aber auch vorgesehen sein, dass die Neuromodulation mittels Sprach- und / oder Gestensteuerung ausgelöst werden kann. Besonders vorteilhaft ist es, wenn die Vorrichtung eingerichtet ist, dem Insassen einen Vorschlag für eine situative Neuromodulation zu unterbreiten. Hierzu kann beispielsweise ein Anzeigemodul vorgesehen sein. Stellt das Neuromodulationsmodul fest, dass eine Beeinflussung der neuronalen Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Insassen in Abhängigkeit des physiologischen Zustands des Insassen und / oder der Verkehrssituation empfehlenswert ist, so kann eine entsprechende Information auf dem Anzeigemodul ausgegeben werden. Der Insasse kann die Neuromodulation dann durch die Bedienhandlung auslösen.
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In weiterer Ausgestaltung umfasst die Vorrichtung zumindest einen zur Erfassung mindestens einer physiologischen Kenngröße des Insassen eingerichteten Sensor, wobei das Zustandsbestimmungsmodul eingerichtet ist, den physiologischen Zustand des Insassen in Abhängigkeit eines von dem Sensor übermittelten Messsignals zu bestimmen.
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Bei der physiologischen Kenngröße kann es sich beispielsweise um eine oder mehrere der folgenden Kenngrößen oder eine von einer oder mehreren der folgenden Kenngrößen abgeleitete Kenngröße handeln:
- – Hautleitwert;
- – Herzfrequenz;
- – Lidschlag;
- – Pupillenweitung;
- – Blickrichtung;
- – Mimik;
- – Gestik;
- – elektrische Gehirnaktivität.
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Der Sensor kann jeden Sensor umfassen, der zur Erfassung der genannten Kenngrößen geeignet ist. Beispielsweise kann der Sensor eine Innenraumkamera des Kraftfahrzeugs umfassen. Beispielsweise kann der Sensor an Bedienelementen des Kraftfahrzeugs, beispielsweise an einem Lenkrad, angeordnete Elektroden umfassen. Beispielsweise kann der Sensor an einem Sitz und / oder einem Sitzgurt des Insassen angeordnete Elektroden umfassen. Insbesondere dann, wenn das Kraftfahrzeug ein Motorrad ist, kann der Sensor in einem Motorradhelm angeordnete Elektroden und / oder andere Sensorelemente umfassen.
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Mit besonderem Vorteil kann vorgesehen sein, die Elemente des Neuromodulationsmoduls, welche zur Beeinflussung der neuronalen Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Insassen dienen, zusätzlich als Sensor oder Sensoren zu nutzen.
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Das von dem zumindest einen Sensor übermittelte Messsignal kann von dem Zustandsbestimmungsmodul weiterverarbeitet und ausgewertet werden, um den physiologischen Zustand des Insassen zu bestimmen.
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In weiterer Ausgestaltung umfasst der physiologische Zustand des Insassen einen emotionalen und / oder einen kognitiven Zustand. Mit anderen Worten ist also bei dieser Ausführungsform das Zustandsbestimmungsmodul zur Bestimmung eines emotionalen und / oder kognitiven Zustands des Insassen eingerichtet.
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Der emotionale Zustand des Insassen kann unter anderem dessen Valenz (positive oder negative Stimmung) und Erregung (Angeregtheit, Aufgeregtheit) umfassen. Für Erregung wird häufig der englischsprachige Begriff „Arousal“ benutzt. Der emotionale Zustand kann Gefühle wie Angst, Stress, Erschöpfung, Aufgeregtheit und Euphorie umfassen.
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Der kognitive Zustand des Insassen kann unter anderem dessen Fähigkeiten in Bezug auf Reaktionsbereitschaft, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Konzentration, Orientierung, Denkvermögen und Problemlösung umfassen. Der kognitive Zustand des Insassen kann auch die kognitive Belastung des Insassen umfassen, welche häufig mit dem englischsprachen Terminus „workload“ bezeichnet wird.
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Häufig können der emotionale und der kognitive Zustand des Insassen nicht klar voneinander abgegrenzt werden. So kann beispielsweise die Wachheit oder Vigilanz des Insassen sowohl dessen emotionalen als auch dessen kognitiven Zustand betreffen.
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Der kognitive und / oder emotionale Zustand können auf mannigfaltige Art bestimmt werden. Geeignete Möglichkeiten zur Bestimmung sind in der nicht vorveröffentlichten
deutschen Patentanmeldung 10 2015 200 775.8 beschrieben, deren Inhalt hierin durch Bezugnahme aufgenommen wird.
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Die genannte Ausführungsform bietet insbesondere dann große Vorteile, wenn es sich bei dem Insassen um den Fahrer des Kraftfahrzeugs handelt. Für die Fähigkeit, ein Kraftfahrzeug sicher zu führen, sind nämlich insbesondere der kognitive Zustand und der emotionale Zustand entscheidend. Besonders vorteilhaft ist es, beide Zustände zu bestimmen und die Neuromodulation in Abhängigkeit beider Zustände durchzuführen. Auf diese Weise können die Möglichkeiten zur Verbesserung des Wohlbefindens und der Sicherheit des Fahrers bestmöglich genutzt werden.
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Mit weiterem Vorteil umfasst eine Bewertung einer Verkehrssituation durch das Zustandsbestimmungsmodul eine Bewertung einer Komplexität und / oder einer Gefährlichkeit der Verkehrssituation. Indem Verkehrssituationen insbesondere im Hinblick auf ihre Komplexität und / oder ihre Gefährlichkeit ausgewertet werden, kann die Erfindung in besonders vorteilhafter Weise zur Verbesserung des Wohlbefindens und der Sicherheit des Fahrers genutzt werden. Im Hinblick auf das Wohlbefinden des Fahrers gilt, dass der Fahrer sich dann wohlfühlt, wenn er sich der Verkehrssituation gewachsen fühlt. Dies kann einerseits der Fall sein, wenn der Fahrer das Gefühl hat, dass er die Komplexität der Verkehrssituation beherrscht, dass er also nicht durch die Komplexität der Verkehrssituation überfordert ist. Es kann in diesem Zusammenhang von einer subjektiven Beherrschbarkeit der Verkehrssituation gesprochen werden. Andererseits kann sich der Fahrer auch dann wohlfühlen, weil er der Verkehrssituation gewachsen ist, wenn diese nicht gefährlich ist. Es kann dann von einer objektiven Beherrschbarkeit der Verkehrssituation gesprochen werden. Die Sicherheit des Fahrers bzw. des Kraftfahrzeugs ist insbesondere dann gewährleistet, wenn die Verkehrssituation objektiv beherrschbar ist.
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Die Komplexität der Verkehrssituation kann gemäß einer Vielzahl von Parametern bewertet werden. In die Bewertung der Komplexität können beispielsweise eingehen:
- – Wetterparameter (Temperatur, Niederschlag),
- – Geschwindigkeit,
- – Straßentyp (Autobahn, Landstraße, Ortsstraße; Anzahl der Fahrstreifen),
- – Verkehrsdichte, d.h. Anzahl der in der Umgebung des eigenen Fahrzeugs befindlichen Verkehrsteilnehmer,
- – besondere Verkehrssituationen (z.B. auf der Strecke befindliche Unfallstelle, Pannenfahrzeuge, etc.),
- – Uhrzeit bzw. Sonnenstand und / oder Außenlichtverhältnisse (Tag / Nacht).
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In die Bewertung der Komplexität können auch persönliche Informationen über den Fahrer eingehen. Beispielsweise kann bekannt sein, dass ein bestimmter Fahrer eine Autobahn-Fahrt mit hoher Geschwindigkeit nicht als komplexe Fahraufgabe empfindet, wohingegen er sich bei Dunkelheit unsicher fühlt und die Fahraufgabe als komplex empfindet. Bei einem anderen Fahrer könnte es sich genau umgekehrt verhalten. Die Bewertung der Komplexität der Verkehrssituation kann somit zwar rein objektiv sein und ausschließlich anhand vorbestimmter Kriterien vorgenommen werden. Jedoch ist es besonders vorteilhaft, wenn die Bewertung zumindest anteilig subjektiv ist und sich auch an den Empfindungen des Fahrers orientiert. Es kann dann nämlich mittels der erfindungsgemäßen Vorrichtung eine besonders zielgerichtete Neuromodulation durchgeführt werden.
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Die Gefährlichkeit der Verkehrssituation kann bevorzugt anhand objektiver Kriterien bewertet werden. Im Vordergrund steht hierbei der Gedanke, die Erfindung einzusetzen, um das Vermögen des Fahrers zur Beherrschung der Verkehrssituation zu erhöhen, wenn dies erforderlich ist. Mit anderen Worten ermöglicht es die Erfindung, die zur Beherrschung einer als gefährlich bewerteten Verkehrssituation benötigten Fähigkeiten des Fahrers gezielt mittels Neuromodulation herzustellen oder zu verbessern. Zur Bewertung der Gefährlichkeit der Verkehrssituation können zahlreiche Kriterien und Parameter herangezogen werden. Es kann vorteilhafterweise vorgesehen sein, mittels Umfeldsensoren des Kraftfahrzeugs und / oder mittels Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation (engl. car-to-car communication) gewonnene Informationen zur Bewertung der Gefährlichkeit heranzuziehen. Die Bewertung der Gefährlichkeit der Verkehrssituation umfasst bevorzugt eine Bewertung der Wahrscheinlichkeit eines Unfalls sowie besonders bevorzugt eine Bewertung der Unfallschwere des Unfalls.
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Wird beispielsweise durch das Bewertungsmodul festgestellt, dass die Gefahr eines Unfalls droht, so kann durch das Neuromodulationsmodul die Gehirnaktivität derart beeinflusst werden, dass die kognitiven und motorischen Fähigkeiten des Fahrers kurzfristig möglichst stark erhöht werden, so dass der Fahrer zur Durchführung eines zur Unfallvermeidung geeigneten Fahrmanövers befähigt wird.
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Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung können vorsehen, dass das Neuromodulationsmodul zur Beeinflussung der neuronalen Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Insassen mittels transkranieller Magnetstimulation und / oder mittels transkranieller Ultraschallstimulation und / oder mittels transkranieller Elektrostimulation eingerichtet ist.
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Bei der transkraniellen Magnetstimulation (TMS) erfolgt die Beeinflussung der neuronalen Aktivität mit Hilfe starker Magnetfelder. Hierzu können in unmittelbarer Nähe des Schädels des Insassen Magnetspulen angeordnet werden, welche durch elektromagnetische Induktion elektrische Felder im Gehirn erzeugen können. Ein Vorteil der transkraniellen Magnetstimulation besteht darin, dass kein unmittelbarer Kontakt zum Schädel des Insassen benötigt wird.
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Bei der transkraniellen Ultraschallstimulation erfolgt die Beeinflussung der neuronalen Aktivität mit Hilfe von Ultraschallwellen. Auch hier besteht ein Vorteil darin, dass kein unmittelbarer Kontakt zum Schädel des Insassen benötigt wird.
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Bei der transkraniellen Elektrostimulation wird dem Gehirn über mindestens zwei Elektroden über die Kopfhaut oder über die Ohrmuscheln ein geringer elektrischer Strom zugeführt. Dabei kann es sich sowohl um einen Wechselstrom als auch um einen Gleichstrom handeln. Die transkranielle Elektrostimulation mit Gleichstrom wird auch mit dem englischsprachigen Begriff „transcranial direct-current stimulation“ (TDCS) bezeichnet. Zwar erfordert die transkranielle Elektrostimulation direkten Kontakt der Elektroden zum Schädel des Insassen. Ein Vorteil der transkranielle Elektrostimulation besteht jedoch darin, dass sie mit vergleichsweise geringem Aufwand umsetzbar ist, da keine Magnetspulen bzw. Ultraschallsonden benötigt werden.
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In vorteilhafter Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass das Neuromodulationsmodul in einem Helm, insbesondere einem Motorradhelm, des Insassen angeordnet ist. Jede Art der Neuromodulation kann dann besonders wirksam durchgeführt werden, wenn die die Beeinflussung der neuronalen Aktivität des Gehirns auslösenden Elemente (z.B. Magnetspulen, Ultraschallsonden oder Elektroden) möglichst nahe am Schädel angebracht sind. Manche Arten der Neuromodulation, beispielsweise die transkranielle Elektrostimulation, erfordern ohnehin einen direkten Kontakt der Elektroden zum Schädel. Trägt der Insasse ohnehin einen Helm, wie dies bei Fahrern und anderen Insassen eines Motorrads der Fall ist, so kann das Neuromodulationsmodul darin angeordnet werden, ohne dass der Insasse dies als störend empfinden wird. Es kann auch vorgesehen sein, dass in dem Helm nur die die Beeinflussung der neuronalen Aktivität des Gehirns auslösenden Elemente (z.B. Magnetspulen, Ultraschallsonden oder Elektroden) angeordnet sind, wohingegen weitere Elemente des Neuromodulationsmoduls außerhalb des Helms angeordnet sein können.
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Es kann auch vorgesehen sein, dass das Neuromodulationsmodul in einer Kopfstütze des Kraftfahrzeugs angeordnet ist. Auf diese Art sind die die Beeinflussung der neuronalen Aktivität des Gehirns auslösenden Elemente (z.B. Magnetspulen, Ultraschallsonden) ebenfalls nahe am Schädel des Insassen angeordnet. Diese Ausgestaltung eignet sich insbesondere für solche Arten der Neuromodulation, bei denen kein direkter Kontakt zum Schädel erforderlich ist (z.B. transkranielle Magnetstimulation, transkranielle Ultraschallstimulation).
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Mit weiterem Vorteil ist das Neuromodulationsmodul zur Erfassung einer elektrischen Gehirnaktivität des Insassen, insbesondere zur Erfassung einer Elektroenzephalografie, eingerichtet. Auf diese Weise kann die neuronale Aktivität des Gehirns des Insassen und insbesondere die neuronale Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Insassen gemessen und überprüft werden. Hierdurch wird unter anderem ermöglicht zu prüfen, ob und in welchem Ausmaß die Neuromodulation den gewünschten oder vorhergesehenen Effekt erzielt hat. Mit besonderem Vorteil können zur Erfassung der elektrischen Gehirnaktivität des Insassen, insbesondere zur Erfassung der Elektroenzephalografie, dieselben Elektroden des Neuromodulationsmoduls verwendet werden, welche zur transkraniellen Elektrostimulation genutzt werden. Somit werden keinen zusätzlichen Elektroden benötigt.
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Besonders vorteilhaft ist es darüber hinaus, wenn das Neuromodulationsmodul eingerichtet ist, die neuronale Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Insassen in Abhängigkeit der erfassten elektrischen Gehirnaktivität zu beeinflussen. Mit anderen Worten kann vorgesehen werden, zunächst die elektrische Gehirnaktivität zu bestimmen und die Neuromodulation somit präziser zur Modulation dieser elektrischen Gehirnaktivität zu nutzen.
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In diesem Zusammenhang kann besonders vorteilhaft eine Regelschleife vorgesehen werden. Es kann also die elektrische Gehirnaktivität fortlaufend moduliert und bestimmt werden, so dass sich die gewünschte Gehirnaktivität einstellen lässt.
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Weitere Ausführungsformen der Erfindung werden nachfolgend anhand einer beispielhaften Darstellung erläutert. Dabei zeigt
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1 ein Kraftfahrzeug mit einer Vorrichtung zur situativen Neuromodulation gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
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Es wird darauf hingewiesen, dass es sich bei der dargestellten Figur sowie der zugehörigen Beschreibung lediglich um Ausführungsbeispiele der Erfindung handelt. Insbesondere sind Darstellungen von Merkmalskombinationen in der Figur und / oder der Figurenbeschreibung nicht dahingehend auszulegen, dass die Erfindung zwingend die Verwirklichung aller genannten Merkmale erfordert. Andere Ausführungsformen der Erfindung können weniger, mehr und / oder andere Merkmale enthalten. Der Schutzbereich und die Offenbarung der Erfindung ergeben sich aus den beiliegenden Patentansprüchen und der vollständigen Beschreibung. Es wird zudem darauf hingewiesen, dass es sich bei der Darstellung um eine Prinzipdarstellung einer Ausführungsform der Erfindung handelt. Die Anordnung der einzelnen dargestellten Elemente zueinander ist nur beispielhaft gewählt und kann bei anderen Ausführungsformen der Erfindung anders gewählt werden. Weiterhin ist die Darstellung nicht unbedingt maßstabsgetreu. Einzelne dargestellte Merkmale können zu Zwecken der besseren Veranschaulichung vergrößert oder verkleinert dargestellt sein.
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In 1 sind schematisch einzelne Elemente eines Kraftfahrzeugs 1, beispielsweise eines Personenkraftwagens 1, dargestellt. In dem Kraftfahrzeug 1 ist eine Vorrichtung zur situativen Neuromodulation eines Fahrers gemäß einer Ausführungsform der Erfindung angeordnet. Die Vorrichtung umfasst ein Zustandsbestimmungsmodul 5 und ein Neuromodulationsmodul 3, welches in einer Kopfstütze 3 des Kraftfahrzeugs 1 angeordnet ist. Das Neuromodulationsmodul 3 ist zur Beeinflussung der neuronalen Aktivität der zumindest einen Gehirnregion des Fahrers mittels transkranieller Magnetstimulation eingerichtet. Dazu umfasst das Neuromodulationsmodul 3 mehrere Magnetspulen, von denen symbolisch eine Magnetspule 4 in 1 dargestellt ist. Vor der Kopfstütze 3 (in der Darstellung der 1 aufgrund der seitlichen Perspektive rechts von der Kopfstütze 3) befindet sich der Kopf bzw. Schädel 2 des Fahrers. Die von den Magnetspulen 4 erzeugten magnetischen Felder dringen zum Schädel 2 vor und können so die neuronale Aktivität zumindest einer Gehirnregion des Insassen beeinflussen.
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Das Kraftfahrzeug 1 verfügt über ein Lenkrad 6, in welchem Sensorelektroden 7 zur Erfassung physiologischer Kenngrößen des Fahrers wie beispielsweise Puls oder Hautleitwert angeordnet sind. Ferner ist in 1 eine auf den Kopf 2 des Fahrers gerichtete Innenraumkamera 8 angeordnet. Mittels der Kamera 8 können weitere physiologische Kenngrößen des Fahrers erfasst werden. Hierzu kann beispielsweise der Lidschlag, die Augenöffnung, die Gesichtsfarbe (als Anzeichen der Hautdurchblutung), die Mimik und weitere zählen.
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Das Kraftfahrzeug verfügt ferner über ein Kommunikationsmodul 9 zur drahtlosen Datenkommunikation. Mittels des Kommunikationsmoduls 9 kann das Kraftfahrzeug 1 beispielsweise Informationen zum Verkehrsgeschehen mit anderen Verkehrsteilnehmern austauschen (Car-to-X, z.B. Fahrzeug-zu-Fahrzeug-Kommunikation oder Fahrzeug-zu-Infrastruktur-Kommunikation). Das Kraftfahrzeug verfügt ferner über eine Umfeldkamera 10 zur visuellen Erfassung der Fahrzeugumgebung sowie über einen oder mehrere Umfeldsensoren 11. Bei den Umfeldsensoren 11 kann es sich beispielsweise um Radar-, Lidar- und / oder Ultraschallsensoren handeln.
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Die Sensoren bzw. sensorartigen Elemente 7, 8 dienen zur Erfassung physiologischer Kenngrößen des Fahrers. Hingegen dienen die Sensoren bzw. sensorartigen Elemente 9, 10, 11 zur Erfassung von Verkehrsinformationen. Alle von den Sensoren bzw. sensorartigen Elementen 7, 8, 9, 10, 11 erfassten Informationen und / oder Messgrößen werden auf einem Datenbus 12 des Kraftfahrzeugs 1 bereitgestellt und stehen somit dem Zustandsbestimmungsmodul 5 zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung. Das Zustandsbestimmungsmodul 5 hat somit Zugriff auf alle Informationen und / oder Messgrößen, die es zur Bestimmung des physiologischen Zustands des Fahrers und / oder zur Bewertung der Verkehrssituation benötigt.
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Ferner sind das Zustandsbestimmungsmodul 5 und das Neuromodulationsmodul 3 über den Datenbus 12 miteinander verbunden, so dass zwischen diesen beiden Modulen 3, 5 Daten ausgetauscht werden können. Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nicht erfindungswesentlich ist, welches der Module 3, 5 die Art und Stärke der Neuromodulation in Abhängigkeit des physiologischen Zustands des Insassen und / oder der Verkehrssituation bestimmt. Diese Aufgabe könnte beispielsweise von dem Zustandsbestimmungsmodul 5 übernommen werden, welches das Ergebnis dann über den Datenbus 5 an das Neuromodulationsmodul 3 übermitteln könnte. Alternativ könnte das Zustandsbestimmungsmodul 5 über den Datenbus 12 lediglich das Ergebnis der Bestimmung des physiologischen Zustands des Insassen und / oder der Bewertung der Verkehrssituation an das Neuromodulationsmodul 3 übermitteln, woraufhin das Neuromodulationsmodul 3 Art und Stärke der Neuromodulation in Abhängigkeit des physiologischen Zustands des Insassen und / oder der Verkehrssituation bestimmt.
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Es soll nun eine erste beispielhafte Situation beschrieben werden, in der die in 1 dargestellte Vorrichtung zum Einsatz kommt. Mittels der Innenraumkamera 8 und der Sensorelektroden 7 des Lenkrads 6 werden fortlaufend Messsignale erfasst, welche über den Datenbus 12 dem Zustandsbestimmungsmodul 5 zugeleitet werden. Das Zustandsbestimmungsmodul 5 bestimmt aus diesen Messsignalen den physiologischen Zustand des Fahrers. Beispielsweise bestimmt das Zustandsbestimmungsmodul 5 einen Stresspegel und eine Vigilanz (Wachheit) des Fahrers und vergleicht diese mit vorbestimmten Schwellenwerten. Alternativ kann dieser Vergleich auch durch das Neuromodulationsmodul 3 durchgeführt werden. Überschreitet der Stresspegel den vorbestimmten Schwellenwert des Stresspegels bzw. unterschreitet die Vigilanz den vorbestimmten Schwellenwert der Vigilanz, so führt das Neuromodulationsmodul 3 eine situative Neuromodulation durch. Hierzu steuert das Neuromodulationsmodul 3 die Magnetspulen 4 derart an, dass Magnetfelder emittiert werden, welche den Schädel 2 des Fahrers durchdringen und im Gehirn des Fahrers die neuronale Aktivität derart beeinflussen, dass der Fahrer entspannter bzw. wacher wird. Es kann vorgesehen sein, dass die Neuromodulation nicht unmittelbar durchgeführt wird, sondern dem Fahrer erst mittels einer (in 1 nicht dargestellten) Anzeigevorrichtung der Vorschlag für eine Neuromodulation angezeigt wird. Erst durch Betätigung eines Bedienelements durch den Fahrer wird die Neuromodulation dann ausgelöst.
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Es soll nun eine zweite beispielhafte Situation beschrieben werden, in der die in 1 dargestellte Vorrichtung zum Einsatz kommt. Das Kraftfahrzeug 1 überwacht mittels des Kommunikationsmoduls 9, der Umfeldkamera 10 und der Umfeldsensoren 11 die Verkehrssituation im Umfeld des Kraftfahrzeugs 1. Die Auswertung der von den Sensoren bzw. sensorartigen Elementen 9, 10, 11 erfassten und über den Datenbus 12 bereitgestellten Daten erfolgt durch das Zustandsbestimmungsmodul 5. Das Zustandsbestimmungsmodul 5 führt eine Bewertung der Verkehrssituation durch. In der vorliegenden beispielhaften Situation liegt in Fahrtrichtung vor dem Kraftfahrzeug 1 eine Unfallstelle. Diese Unfallstelle könnte sich hinter einer Kurve befinden, so dass sie von der aktuellen Position des Kraftfahrzeugs 1 nicht einsehbar und somit für den Fahrer nicht wahrnehmbar ist. Das Zustandsbestimmungsmodul 5 erkennt diese Verkehrssituation als eine kritische Verkehrssituation, die eine größtmögliche Aufmerksamkeit und Reaktionsbereitschaft des Fahrers erfordert. Über den Datenbus 12 übermittelt das Zustandsbestimmungsmodul 5 an das Neuromodulationsmodul 3 die Information darüber, dass eine kritische Verkehrssituation vorliegt. Das Neuromodulationsmodul 3 steuert daraufhin die Magnetspulen 4 derart an, dass Magnetfelder emittiert werden, welche den Schädel 2 des Fahrers durchdringen und im Gehirn des Fahrers die neuronale Aktivität derart beeinflussen, dass der Fahrer konzentriert, wachsam und möglichst reaktionsstark ist.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kraftfahrzeug
- 2
- Schädel
- 3
- Neuromodulationsmodul / Kopfstütze
- 4
- Magnetspule
- 5
- Zustandsbestimmungsmodul
- 6
- Lenkrad
- 7
- Sensorelektroden (Lenkrad)
- 8
- Innenraumkamera
- 9
- Kommunikationsmodul
- 10
- Umfeldkamera
- 11
- Umfeldsensoren (Radar, Lidar, Ultraschall)
- 12
- Datenbus
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2013/192582 A1 [0005]
- DE 102011108305 A1 [0006]
- DE 102015200775 [0007, 0028]