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Die Erfindung betrifft ein Walzwerk und ein Walzverfahren zur Warmfertigung nahtloser Stahlrohre, bei denen das rohrförmige Walzgut in mehreren in Walzrichtung hintereinander angeordneter Längswalzgerüste im Durchmesser reduziert und in der Länge gestreckt wird.
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Derartige Walzwerke werden zum Teil mit und zum Teil ohne Innenwerkzeug betrieben.
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In beiden Arten von Walzwerken wird die Umformung üblicherweise mittels Anpassung der Drehzahlen der Antriebsmotoren beeinflusst, die wiederum die Walzendrehzahlen in den einzelnen Walzgerüsten bestimmen. Diese Beeinflussung bezieht sich in erster Linie auf die Wanddicke des Umformgutes. Durch Erhöhung/Verminderung der Drehzahlverhältnisse von Walzgerüst zu Walzgerüst wird die erzeugte Wanddicke verkleinert/vergrößert. Diese Beeinflussung kann statisch, d. h. konstant für die gesamte Walzgutlänge sein, oder dynamisch über der Länge des Walzgutes unterschiedlich oder sie kann auch nur bereichsweise, in bestimmten Längenabschnitten erfolgen.
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In allen drei Fällen können auf Längenbereiche begrenzte Änderungen der Wanddicke des Walzgutes auftreten.
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Bei konstanter Drehzahleinstellung können bereichsweise Änderungen der Wanddicke infolge von über der Walzgutlänge veränderlichen Größen, wie Wanddicke, Längszug oder Temperatur, auftreten. Bekannte Phänomene dieser Art sind die Verkleinerung der Wanddicke und Reißer am vorderen Ende streckreduzierter Rohre oder lokale Wandverdünnungen und Löcher an Vorrohren, die auf kontinuierlichen Rohrwalzanlagen mit Innenwerkzeug gewalzt wurden.
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Bei dynamischen Drehzahländerungen treten bereichsweise Wanddickenänderungen infolge der Änderung von Drehzahlverhältnissen auf.
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Bereichsweise Wanddickenänderungen sind in mehrerer Hinsicht von Bedeutung:
- – Sie können auf die Entstehung von Fehlern hinweisen.
- – Sie können zu Materialausschuß führen, wenn Toleranzgrenzen unter- oder überschritten werden.
- – Sie können die Wirkung einer Drehzahlsteuerung anzeigen und einschätzen helfen.
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Zur Erfassung der Wanddicke von rohrförmigem Walzgut in heißem Zustand werden verschiedene Verfahren angewandt. Die bekanntesten sind die radiometrische Durchstrahlung, die lasergekoppelte Ultraschallmessung und die Wirbelstrommessung. Allen Verfahren ist gemeinsam, dass die Messsignale erheblich von verschiedenen Parametern abhängig sind, die zum Teil schwer in ihrer Größe und ihrem Einfluss zu erfassen sind. Einige dieser Einflussgrößen sind: die Temperatur des Walzgutes, der Werkstoffeigenschaften des Walzgutes, die Temperatur der Messeinrichtung, die relative Position von Walzgut und Messeinrichtung, die Geometrie des Walzgutes.
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Wanddickenmessungen werden ausschließlich verwendet, um die Qualität des Walzgutes, bezogen auf die Abweichung von Ist-Wert zu Soll-Wert der Wanddicke zu erfassen. Von den auf das Walzprodukt anzuwendenden Normen ist ein Toleranzbereich vorgegeben, innerhalb dessen die Ist-Wanddicke des Rohres so zu liegen hat, dass die Produktionskosten und ggf. die Weiterbearbeitungskosten minimal sind. Dafür muss die gemessene Wanddicke sehr genau mit der Ist-Wanddicke übereinstimmen. Dementsprechend müssen die Einflussgrößen sehr genau erfasst und die Messsignale korrigiert und justiert werden. Das erfordert einen erheblichen Aufwand und daher sind Systeme zur Messung der Wanddicke an heißen Rohren sehr kostspielig. Das ist der Grund, warum sehr viele Rohrwerke noch nicht mit Wanddickenmesssystemen ausgestattet sind. Stattdessen wird dann die Wanddicke nur stichprobenartig manuell an den warmfertigen Rohren am Kühlbett gemessen. Unter diesen Bedingungen ist dann auch der Einsatz von Drehzahlsteuerungssystemen kritisch und diese erreichen nicht die optimaler Effizienz.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine kostengünstige Methode zu schaffen, Drehzahleinstellungen an Walzwerken mit mehreren in Walzlinie hintereinander angeordneter Walzgerüste zu kontrollieren und zu optimieren.
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Dazu wird das Walzwerk an geeigneter Stelle mit einer Messeinrichtung versehen, dessen Messsignal lediglich proportional der Wanddicke des durch die Messstelle durchlaufenden Rohres ist. Eine Messung des Wanddickenwertes findet nicht statt bzw. eine solche Messung ist nicht erforderlich.
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Die Nutzung des Messsignals erfolgt in drei Schritten:
- 1. Detektion von typischen Signaländerungen. Diese können in bestimmten, vordefinierten Rohrlängenbereichen auftreten, eine charakteristische Länge haben und z. B. einen charakteristischen Verlauf.
- 2. Ermittlung der maximalen prozentualen Signaländerung. Dieser Wert wird als Maß für die bereichsweise auftretende Wanddickenänderung genommen.
- 3. Die Drehzahleinstellung des Walzwerkes wird in Abhängigkeit von dem in 2. ermittelten Wert geändert.
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Bei der vorgeschlagenen Methode wird auf eine genaue Ermittlung der Rohrwanddicke verzichtet. Dementsprechend sind Messsysteme zur Erfassung der Einflussgrößen nicht erforderlich. Auf aufwändige Datenauswertungen, Korrekturen und Justierungen kann verzichtet werden.
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Es wird davon ausgegangen, dass Einflussgrößen über den Längenbereichen, in denen Signaländerungen erfasst werden, nahezu konstant sind. So wird sich beispielsweise die Temperatur des Walzgutes über der Länge nur allmählich ändern oder sie ändert sich deutlich in den Bereichen, die nicht untersucht werden, z. B. an den äußersten Rohrenden. Das gleiche gilt für alle anderen Einflussgrößen.
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Unter diesen Bedingungen ist die prozentuale Signaländerung gleich der prozentualen Wanddickenänderung. Der Absolutwert der Wanddicke kann unter den genannten Bedingungen nicht ermittelt werden, da die Einflussgrößen nicht erfasst werden, aber die örtliche Änderung der Wanddicke wird ermittelt.
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Dazu wird die typische Wanddickenänderung, die detektiert und bewertet werden soll, definiert. Das kann zum Beispiel eine bereichsweise Verringerung der Wanddicke in Form einer Sinuskurve sein. Meist sind auch eine typische Länge der Wanddickenänderung und ein typischer Längenabschnitt bekannt, in dem die Wanddickenänderung auftritt.
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Dementsprechend wird der Signalverlauf in einem ersten Schritt in den Längenabschnitten, die für die Untersuchung vorgesehen sind, nach typischen Signaländerungen gesucht, die in ihrem Verlauf und in ihrer Längenausdehnung definiert wurden.
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Wird eine entsprechende Änderung detektiert, wird im zweiten Schritt die prozentuale Signaländerung ermittelt. Das ist die Differenz aus dem Minimalwert bzw. Maximalwert und dem Bezugswert, der außerhalb der Änderung vorhanden ist, bezogen auf den Bezugswert.
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Im dritten Schritt wird dann in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert der prozentualen Signaländerung die Drehzahleinstellung am Walzwerk geändert. Hierzu werden im Folgenden zwei Beispiele gegeben.
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Bei einem kontinuierlichen 2- oder 3-Walzen-Längswalzwerk mit Walzstange als Innenwerkzeug können je nach aktuellen Umformbedingungen lokale Verkleinerungen der Wanddicke des Walzgutes auftreten, die entweder im Fertigprodukt als unzulässige Unterschreitung von Toleranzgrenzen zu finden sind oder sogar zu Löchern in den erzeugten Rohren und damit zu Materialausschuß führen können. Die Entstehungsmechanismen dieses beschriebenen Defektes sowie seine Position im Umfang des Walzgutes sind bekannt. Ein an der betreffenden Stelle im Umfang angeordneter Sensor, dessen Signal abhängig von der Wanddicke ist, ist in der Lage, die lokale Änderung der Wanddicke als zeitlich begrenzte Änderung des Signales zu erfassen. Ein geeignetes Signal wäre beispielsweise die Induktivitätsänderung bei einem Wirbelstrommesssystem. Auf eine Erfassung von Temperatur, Leitfähigkeit und Rohrposition etc kann nach dem erfindungsgemäßen Verfahren verzichtet werden. Es wird nur die Größe kurzzeitiger Signaländerungen erfasst. Treten vordefinierte kurzzeitige Signaländerungen von bestimmter Größe auf, wird das Verhältnis der Walzendrehzahlen von Gerüst zu Gerüst verkleinert, um die Entstehung von Defekten zu vermeiden.
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Bei einem Streckreduzierwalzwerk wird in der Regel eine dynamische Drehzahländerung durchgeführt, um die Bereiche mit vergrößerter Wanddicke an den Rohrenden so klein wie möglich zu halten. In Abhängigkeit von der Intensität dieser Drehzahländerungen ergeben sich lokale Änderungen der Wanddicke am Walzgut. Auch in diesem Fall kann ein Sensor eingesetzt werden, um diese Wanddickenänderung als relative Signaländerung zu erfassen. Auf Basis der Erfahrungswerte über die typischen Wanddickenabweichungen der Rohrwalzanlage kann in der Regel ein sicherer Wert für eine zulässige Wanddickenänderung als Ergebnis einer dynamischen Drehzahländerung festgelegt werden. Wenn der festgelegte Wert nicht überschritten wird, kann man sicher sein, dass die vorgegebenen Wanddickentoleranzen eingehalten werden. Die Intensität der Drehzahländerung kann so optimiert und die Verkürzung der verdickten Enden maximiert werden.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist in 1 schematisch erläutert., in der ein Signal A über Zeit der Messung oder Länge des Walzgutes B dargestellt ist. Die maximale Signaländerung ist mit C und der Mittelwert des Signals A außerhalb der Signaländerung mit D bezeichnet. D ist in diesem Fall der Bezugswert zur Bestimmung der relativen Signaländerung. Die relative Signaländerung ist C/D oder (1 – C/D)·100%.
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Der wirtschaftliche Nutzen des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt in der kostengünstigen Erfassung von Produktmerkmalen, die entscheidend dazu beitragen, dass Produktfehler vermieden und dynamische Drehzahleinstellungen optimiert werden können. Im Ergebnis ergibt sich eine Kostenersparnis aufgrund der Vermeidung von Produkten mit Fehlern oder Materialausschuß.
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Bezugszeichenliste
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- A
- Signal, das abhängig von der Wanddicke des Walzgutes ist
- B
- Zeit der Messung oder Walzgutlängenkoordinate
- C
- Maximalwert der bereichsweisen Signaländerung
- D
- Bezugswert, zum Beispiel der Mittelwert des Signals A in der Nachbarschaft aber außerhalb der bereichsweisen Signaländerung