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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems eines Kraftfahrzeugs, wobei das Lenksystem eine Hilfskraftlenkung zur Einbringung eines Unterstützungsmoments in ein Lenkgetriebe und einen Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor umfasst. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein Computerprogramm für ein digitales Rechengerät zum Ausführen eines solchen Verfahrens, ein Steuergerät, das mit einem digitalen Rechengerät versehen ist, auf dem ein solches Computerprogramm lauffähig ist, ein Speichermedium auf dem ein solches Computerprogramm abgespeichert ist sowie ein Lenksystem, das zur Ausführung eines solchen Verfahrens ausgebildet ist.
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Lenksysteme umfassend einer elektrische Hilfskraftlenkung sind allgemein bekannt. Ebenso bekannt ist es, dass eine Rotorlage eines zugeordneten Elektromotors ermittelt wird. Beispielhaft wird auf die
DE 10 2013 110 848 A1 verwiesen.
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Auf der anderen Seite ist der Tunnelmagnetowiderstand-Effekt bekannt.
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In diesem Zusammenhang offenbart beispielsweise die
DE 10 2010 032 061 A1 ein Lenksystem mit einer Hilfskraftlenkung zur Einbringung eines Unterstützungsmoments in ein Lenkgetriebe und mit einer Vorrichtung zur Messung eines Drehmoments und/oder eines Drehwinkels, wobei die Vorrichtung einen Tunnelmagnetowiderstand-Sensor umfassen kann, wobei der Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor einen Roh-Winkel ermittelt, wobei ein Kompensations-Winkel ermittelt wird, und wobei ein korrigierter Winkel in Abhängigkeit von dem Roh-Winkel und dem Kompensations-Winkel ermittelt wird.
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Ferner ist aus der
EP 2 752 645 A2 ein Lenksystem mit einer Hilfskraftlenkung und mit einem Drehwinkelsensor bekannt, welcher einen beispielsweise als Tunnelmagnetowiderstand-Sensor ausgebildeten MR-Sensor umfasst.
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Offenbarung der Erfindung
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Aufgabe der Erfindung ist es somit, die Winkelermittlung mittels eines Winkelsensors in einem Lenksystem zu ermöglichen.
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Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, durch ein Computerprogramm mit den Merkmalen des Anspruchs 5, durch ein Steuergerät mit den Merkmalen des Anspruchs 6, durch ein Speichermedium mit den Merkmalen des Anspruchs 7 sowie durch ein Lenksystem mit den Merkmalen des Anspruchs 8. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Es wird ein Verfahren zum Betreiben eines Lenksystems eines Kraftfahrzeugs vorgeschlagen, wobei das Lenksystem eine Hilfskraftlenkung zur Einbringung eines Unterstützungsmoments in ein Lenkgetriebe umfasst. Die Hilfskraftlenkung umfasst einen Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor. Ein vom Tunnelmagnetowiderstand-Sensor erzeugtes Signal kann vorteilhaft direkt von einem Mikrocontroller eingelesen werden. Der Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor ermittelt einen Roh-Winkel. Ein Kompensations-Winkel wird in Abhängigkeit von dem Roh-Winkel ermittelt. Ein korrigierter Winkel wird in Abhängigkeit von dem Roh-Winkel und dem Kompensations-Winkel ermittelt. Hierdurch wird ein dem Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor immanenter Anisotropiefehler vierter Ordnung beseitigt. Darüber hinaus findet eine Anpassung an eine fertigungstechnisch bedingte und individuell unterschiedliche Distanz zwischen Winkelgeber in Form eines Magneten und dem Messwertaufnehmer in Form des Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensors statt. Der korrigierte Winkel steht somit zur weiteren Verarbeitung zur Verfügung. Vorteilhaft kann auf diese Art und Weise die Aufbereitung des Roh-Winkels auch durch Software durchgeführt werden und teure Hardwareschaltungen können entfallen. Entfällt eine Hardwareschaltung, so wird eine im Vergleich zu anderen Sensortechnologien robustere Lösung geschaffen. Vorteilhaft kann damit die Fehleranzahl reduziert werden.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform umfasst die Hilfskraftlenkung einen Elektromotor, der in Abhängigkeit von dem korrigierten Winkel betrieben wird. Hierdurch erzeugt der Elektromotor keine ungewünschten Geräusche und der Verschleiß der Hilfskraftlenkung wird verringert, da nunmehr eine Ansteuerung der Hilfskraftlenkung ermöglicht wird, bei der ein ermittelter Winkel im Wesentlichen mit dem tatsächlichen Winkel der Rotorlage übereinstimmt.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform wird der Kompensations-Winkel in Abhängigkeit von einer vorab ermittelten Kompensationsphase und in Abhängigkeit von einer vorab ermittelten Kompensationsamplitude ermittelt.
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In einer vorteilhaften Ausführungsform wird am Ende der Fertigung der Hilfskraftlenkung oder eines Teiles der Hilfskraftlenkung ein Verlauf eines Roh-Radius des Roh-Winkels insbesondere aus den Sinus- und Cosinussignalen des Tunnelmagnetowiderstands-Winkelsensors ermittelt. Eine Amplitude vierter Ordnung und eine Phase vierter Ordnung werden ermittelt. Die Kompensationsamplitude wird in Abhängigkeit von der Amplitude vierter Ordnung und damit in Abhängigkeit von einer Radiusvariation vierter Ordnung ermittelt. Die Kompensationsphase wird in Abhängigkeit von der Phase vierter Ordnung und damit in Abhängigkeit von der Radiusvariation vierter Ordnung ermittelt. Die Kompensationsamplitude und die Kompensationsphase werden auf einem Speichermedium eines Steuergeräts der Hilfskraftlenkung abgespeichert. Vorteilhaft können so die fertigungstechnischen Toleranzen individuell für jede einzelne Hilfskraftlenkung am Bandende kompensiert werden. Insbesondere geschieht die Kompensation nicht auf einer Winkelebene sondern auf einer Radiusebene. Vorteilhaft kann so ein konstanter Einfluss, nämlich der der Sensortechnologie immanente und fertigungstechnisch variierende Einfluss des Tunnelmagnetowiderstands-Sensors von variierenden Einflüssen, insbesondere Fehlereinträgen in das System, getrennt werden. Hierdurch können auf Winkelebene generierte Fehler erkannt werden, da die kompensierte Sensor- bzw. Powerpack-Charakteristik unabhängig und rückwirkungsfrei von anderen Störungen ist.
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Weitere Aspekte, Anwendungsmöglichkeiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen der Erfindung, die in den Figuren der Zeichnung dargestellt sind. Es werden für funktionsäquivalente Größen und Aspekte in allen Figuren auch bei unterschiedlichen Ausführungsformen die gleichen Bezugszeichen verwendet. Nachfolgend werden beispielhafte Ausführungsformen der Erfindung unter Bezugnahme auf die Zeichnung erläutert. In der Zeichnung zeigen:
- 1 in schematischer Form ein Lenksystem;
- 2 und 3 in schematischer Form einzelne Signale eines Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensors;
- 4 ein schematisches Radius-Winkel-Diagramm;
- 5 ein schematisches Amplitudenspektrum;
- 6 ein schematisches Phasenspektrum; und
- 7 ein schematisches Blockdiagramm.
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1 zeigt in schematischer Form ein Lenksystem 2 mit einer Hilfskraftlenkung 4. Das Lenksystem 2 kann des Weiteren auch eine Überlagerungslenkung 6 umfassen. Das Lenksystem 2 weist ein Lenkgetriebe 8 auf, das bspw. ein Zahnstangenlenkgetriebe ausgebildet ist. Ebenso kann das Lenkgetriebe 8 auch als Kugellaufgetriebe bzw. Kugelmuttergetriebe ausgebildet sein. In dieser Beschreibung wird überwiegend von einer Zahnstangenlenkung ausgegangen, wobei das Lenkgetriebe 8 ein Ritzel 10 und eine Zahnstange 12 umfasst. Das Lenkgetriebe 8 ist über das Ritzel 10 und die Zahnstange 12 auf jeder Fahrzeugseite mit einem Lenkgestänge 14 verbunden, das jeweils mit einem Rad 16 zusammenwirkt. Grundsätzlich stellt das Lenksystem 2 in 1 eine von einer Vielzahl möglicher Ausführungsformen für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens geeigneter Vorrichtungen dar. Andere Ausführungsformen können bspw. durch andere Lenkgetriebe oder durch andere Anordnungen von Antrieben ausgeführt sein. Ferner können weitere Sensoren in dem Lenksystem angeordnet sein, auf deren Anordnung und Ausführung an dieser Stelle nicht eingegangen wird.
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An einem Drehstab 18 ist ein Lenkmittel 20 bspw. ein Lenkrad angeordnet. Mittels der Überlagerungslenkung 6 kann der vom Fahrzeugführer aufgebrachte Lenkmittelwinkel hin zum Lenkgetriebe 8 vergrößert oder verkleinert werden. Diese Lenkmitteldifferenz, die von der Überlagerungslenkung 6 in das Lenkgetriebe 8 eingebracht wird, wird auch als Zusatzlenkwinkel bezeichnet. Selbstverständlich kann anstatt eines Drehstabes 18 auch eine Lenksäule zwischen dem Lenkmittel 20 und der Überlagerungslenkung 6 angeordnet sein. In dieser Ausführungsform ist der Drehstab 18 zwischen der Überlagerungslenkung 6 und der Hilfskraftlenkung 4 bzw. dem Lenkgetriebe 8 angeordnet.
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Die Hilfskraftlenkung 4 umfasst einen Motor 22, der auch als Antrieb bezeichenbar ist, und ein Getriebe 24. Dem Motor 22 ist ein Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor 30 zugeordnet, der die Winkelposition der Motorwelle des Motors 22 ermittelt. Der Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor umfasst zwei Sensorelemente, die jeweils ein Signal cos und sin erzeugen. Die einzelnen Sensorelemente umfassen jeweils eine Tunnelbarrierenschicht, die von einer Seite mit einer ersten Schicht mit festliegender Magnetisierung und von der gegenüberliegenden Seite mit einer zweiten Schicht mit veränderlicher Magnetisierung umgeben ist. Der Widerstandswert des einzelnen Sensorelements ändert sich in Abhängigkeit von einem Winkel, den die Magnetisierungsrichtung der zweiten Schicht bezüglich der Magnetisierungsrichtung der ersten Schicht mit festliegender Magnetisierung bildet.
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Über Leitungen werden die Signale cos und sin von dem Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor 30 an das Steuergerät 36 übertragen, anhand derer sich die Winkelposition bzw. die Winkelbewegung des Motors 22 im Sinne einer Drehrichtung ermitteln lassen. Diese Signale sind auch gemeinsam als Roh-Winkel aR bezeichenbar. Gemäß einem Signal 44 wird der Motor 22 betrieben, um ein Unterstützungsmoment in das Lenkgetriebe 8 einzubringen. Mithin ist das Signal 44 auch als Unterstützungsmoment bezeichenbar.
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Ein Steuergerät 26 weist eine Prozessoreinheit auf, die über eine Datenleitung mit einem Speicherelement verbunden ist. Die Prozessoreinheit ist auch als digitales Rechengerät bezeichenbar, auf dem die hier beschriebenen Verfahren ausgeführt werden können. Das Speicherelement ist auch als Speichermedium bezeichenbar, auf dem ein auf der Prozessoreinheit auszuführendes Computerprogramm abgespeichert ist.
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2 zeigt in schematischer Form die Signale cos und sin des Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensors 30. Die Signale cos und sin sind über einen Winkel a der Motorwelle des Motors 22 aufgetragen.
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3 zeigt in schematischer Form die einzelnen Signale cos und sin in einer Kreisdarstellung. Das Signal sin ist ein Sinus-Signal und das Signal cos ist ein Cosinus-Signal. Der Sensor 30 ist so aufgebaut, dass aufgrund eines Magnetfeldes eine erste Brückenschaltung das Signal cos erzeugt und eine zweite Brückenschaltung das Signal sin erzeugt, wobei die beiden Brückenschaltungen um 90° zueinander verdreht angeordnet sind. In Abhängigkeit von den Signalen cos und sin lässt sich der Roh-Winkel aR ermitteln.
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In 3 ist das Signal cos über dem Signal sin des Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensors 30 aufgetragen. Es wird ein idealer Kreisverlauf 50 mit einem konstantem Radius Rc erwartet, um zuverlässig den tatsächlichen Winkel a der Motorwelle zu bestimmten. Allerdings weist der Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor 30 einen Anisotropiefehler vierter Ordnung auf der Winkel- und Radiusebene auf. Dieser Anisotropiefehler bewirkt den tatsächlichen Verlauf 52, der von dem Kreis 50 abweicht. Ein Roh-Radius Rr variiert somit über dem Roh-Winkel aR des Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensors 30.
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4 zeigt ein schematisches Radius-Winkel-Diagramm 54. Es ist ein Verlauf 56 des Roh-Radius Rr über dem Winkel a aufgetragen. Des Weiteren ist ein Verlauf 58 des Anisotropiefehlers 60 vierter Ordnung gezeigt, der zu dem Verlauf 52 in 3 führt. Des Weiteren ist ein Verlauf 62 eines Kompensationssignals gezeigt. Addiert man das Kompensationssignal gemäß dem Verlauf 62 mit dem Roh-Winkel aR, so ergibt sich ein korrigierter Winkel. Der Verlauf 58 des Anisotropiefehlers 60 eilt dem Verlauf 56 des Roh-Radius Rr um einen mechanischen Phasenversatz dPh von 22,5 ° voraus.
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5 zeigt ein schematisches Amplitudenspektrum
64 des Verlaufs
56 des Roh-Radius Rr. Aus dem Amplitudenspektrum kann eine Amplitude Amp bei einer Harmonischen vierter Ordnung in Bezug zu einem Referenzwinkel Null sowie eine Amplitude
66 bei einer Harmonischen nullter Ordnung bestimmt werden. Eine Kompensationsamplitude Amp_komp ergibt sich in Abhängigkeit von der Amplitude Amp, die gemäß der folgenden Gleichung 1 mit einem simulierten und messtechnisch ermittelten Faktor F von beispielsweise 51,52 °/V multipliziert wird.
6 zeigt ein schematisches Phasenspektrum
68 des Verlaufs
56 des Roh-Radius Rr. Bei der Frequenz f4 vierter Ordnung ergibt sich eine Phase Ph. Eine Kompensationsphase Ph_komp ergibt sich nach der folgenden Gleichung 2 in Abhängigkeit von der Phase Ph, einem zusätzlichen Winkel von 180° zur Herstellung der Gegenphasigkeit und einem zusätzlichen Phasenwinkel von 90°. Der Phasenwinkel Winkel von 90° ergibt sich dadurch, dass der Anisotropiefehlers
60 dem Roh-Radius Rr mechanisch um den Phasenversatz dPh voreilt. Aufgrund der vierten Ordnung des Anisotropiefehlers
60 multipliziert sich der Phasenversatz dPh mit dem Faktor
4 zu dem zusätzlichen Phasenwinkel von 90°.
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Die Phase Ph und die Amplitude Amp werden am Bandende, also nach Abschluss der Produktion der Hilfskraftlenkung 4, insbesondere einer Elektromotoreinheit, die auch als Powerpack bezeichenbar ist, umfassend das Steuergerät 26, den Elektromotor 22 und den Tunnelmagnetowiderstand-Winkelsensor 30, in Abhängigkeit von dem Verlauf 56 individuell für jedes Powerpack ermittelt. Das Steuergerät 26 steppt hierzu den Elektromotor 22 zumindest um eine Rotordrehung mittels eines pulsweitenmodulierten Signals durch. Hierbei wird zu jedem Steppunkt, dem ein Winkelwert zugeordnet ist, das Radiussignal aufgenommen, das wie voranstehend erläutert, einen nicht gleichmäßigen Verlauf aufweist. Aus der Radiusabweichung wird für jeden Winkelwert bzw. für jeden Steppunkt ein Referenzwinkel errechnet, der abgespeichert wird und zur Korrektur des Roh-Winkels aR an dem jeweiligen Steppunkt dient. Die ebenfalls ermittelte Kompensationsamplitude Amp_komp und die ermittelte Kompensationsphase Ph_komp werden auf einem Speicherelement abgespeichert und stehen zur Kompensation des Anisotropiefehlers zur Verfügung.
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7 zeigt ein schematisches Blockdiagramm
70 zur Ausführung in dem Steuergerät
26 während eines Betriebs der Hilfskraftlenkung
4. Die Signale sin und cos werden einem Block
72 zugeführt, der den Roh-Winkel aR nach der Gleichung 3 ermittelt. Ein Wert offset gibt die Phasenlage zum Motorreferenzsystem an und ist im Steuergerät
26 abgespeichert.
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Der Roh-Winkel aR wird einem Block
74 zugeführt, der gemäß der Gleichung 4 einen Kompensations-Winkel Komp in Abhängigkeit von dem Roh-Winkel aR ermittelt. Die Werte für Amp_komp und Ph_komp wurden zuvor individuell für jeden Sensor
30 ermittelt. Bei den Werten Amp_komp und Ph_komp handelt es sich bevorzugt um Einzelwerte, die für jeden Roh-Winkel aR gleich sind.
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Ein korrigierter Winkel aK ergibt sich aus der Addition des Roh-Winkels aR mit dem Kompensations-Winkel Komp an der Additionsstelle 76.