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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Servolenksystems, das zum Verstellen eines Lenkwinkels zumindest eines lenkbaren Rades eines Fahrzeugs eine Lenkhandhabe und wenigstens einen Elektromotor aufweist, wobei dem Elektromotor in Abhängigkeit von einem auf die Lenkhandhabe aufgebrachten Handlenkmoment ein Motordrehmoment vorgegeben wird, wobei ein Rotorwinkel des Elektromotors zur Prüfung der Funktionsfähigkeit überwacht wird, und wobei bei Erfassen einer Fehlfunktion der Elektromotor deaktiviert wird.
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Weiterhin betrifft die Erfindung eine Vorrichtung zum Betreiben eines derartigen Servolenksystems, die ein Steuergerät zur Durchführung des oben beschriebenen Verfahrens aufweist.
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Weiterhin betrifft die Erfindung ein Servolenksystem mit einer derartigen Vorrichtung.
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Stand der Technik
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Verfahren, Vorrichtungen und Servolenksysteme der eingangs genannten Art sind aus dem Stand der Technik bereits bekannt. Im Automobilbau setzten sich elektromotorische Servolenksysteme durch, die den Fahrer eines Fahrzeugs bei der Lenkung des Fahrzeugs unterstützen. Ein elektromotorisches Servolenksystem weist dazu wenigstens einen Elektromotor auf, der durch Erzeugen eines Motordrehmoments eine elektromotorische Lenkkraft beziehungsweise ein elektromotorisches Lenkmoment erzeugt, das auf das zu lenkende Rad wirkt. Üblicherweise wird durch den Elektromotor ein zusätzliches Lenkmoment erzeugt, das das von dem Fahrer auf die Lenkhandhabe, insbesondere Lenkrad, aufgebrachte Handlenkmoment unterstützt beziehungsweise überlagert, sodass sich das auf das lenkbare Rad wirkende Lenkmoment aus dem Handlenkmoment und dem Motordrehmoment ergibt. Um die Betriebssicherheit eines derartigen Servolenksystems zu gewährleisten, und/oder um eine optimale Ansteuerung des Elektromotors zu ermöglichen, ist es darüber hinaus bekannt, den Rotorwinkel des Elektromotors zu überwachen. In Kenntnis des Rotorwinkels lässt sich beispielsweise der Elektromotor vorteilhaft ansteuern. Außerdem ist es bekannt, den Rotorwinkel zur Prüfung der Funktionsfähigkeit zu überwachen. Durch die Überwachung des Rotorwinkels lässt sich beispielsweise eine Drehzahl des Elektromotors erfassen. Ergibt die Prüfung, dass trotz Ansteuerung des Elektromotors keine Drehzahl beziehungsweise eine Drehzahl von Null oder nahezu Null erfasst wird, kann dies elektrische oder mechanische Gründe haben. Wird eine derartige Fehlfunktion erfasst, wird bekanntermaßen der Elektromotor deaktiviert, um ein Fehlverhalten des Servolenksystems zu vermeiden. Nach der Deaktivierung des Elektromotors kann der Fahrer durch Aufbringen eines erhöhten Handlenkmoments auch weiterhin das Fahrzeug lenken, sofern die Lenkhandhabe mechanisch mit dem Rad verbunden ist, sodass ein Notbetrieb des Fahrzeugs auch bei deaktiviertem Elektromotor weiterhin gewährleistet ist.
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Liegt der Fehler, der zum Erkennen einer Fehlfunktion führt, jedoch in dem elektrischen Signalpfad vom dem Rotorwinkelsensor zu dem Steuergerät, würde gegebenenfalls der Elektromotor deaktiviert werden, obwohl er ordnungsgemäß funktioniert. Darüber hinaus können Fahrsituationen entstehen, wie das Lenken des Rades gegen einen Bordstein oder das Lenken in einer schnellen Kurvenfahrt, die trotz ordnungsgemäßer Ansteuerung und Funktion des Servolenksystems dazu führen können, dass sich der Rotorwinkel nicht oder kaum verändert. Um eine unnötige Abschaltung des Elektromotors zu vermeiden, ist es bekannt, ein redundantes Sensorsystem aufzubauen, das jedoch zu einem erhöhten Bauraumbedarf und zur erhöhten Kosten führt.
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Bezüglich eines prinzipiellen Verfahrens zur Überwachung der Rotorlage eines Elektromotors eines Lenksystems wird beispielsweise auf die
DE 10 2005 016 514 A1 verwiesen.
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Aufgabe der Erfindung
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Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren, eine Vorrichtung und ein Servolenksystem zu schaffen, die auf einfache und bauraumsparende Art und Weise eine erfasste Fehlfunktion verifizieren, sodass der Elektromotor tatsächlich nur dann deaktiviert wird, wenn die Fehlfunktion an einer relevanten Stelle des Servolenksystems auftritt.
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Offenbarung der Erfindung
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Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1, durch eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 9 sowie durch ein Servolenksystem mit den Merkmalen des Anspruchs 10 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Das Verfahren weist den Vorteil auf, dass kein zusätzliches Sensorsystem beziehungsweise ein vorhandenes Sensorsystem redundant aufgebaut werden muss. Vielmehr wird durch eine vorteilhafte Ansteuerung des Servolenksystems die zunächst ermittelte Fehlfunktion bestätigt, beziehungsweise plausibilisiert oder verifiziert, sodass insbesondere ausgeschlossen wird, dass die Fehlfunktion sich nicht aus einer aktuellen Fahrsituation heraus ergibt.
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Das Verfahren zeichnet sich dadurch aus, dass dann, wenn trotz des aufgebrachten Handlenkmoments der überwachte Rotorwinkel gleich oder nahezu gleich bleibt oder sich um weniger als einen vorgebbaren Grenzwert verändert, das vorgegebene Motordrehmoment verändert wird, um eine Rotorwinkeländerung herbeizuführen, und dass in Abhängigkeit von der herbeigeführten Rotorwinkeländerung die Fehlfunktion plausibilisiert wird. Die Erfindung sieht also vor, dass das Motordrehmoment verändert wird, wenn sich trotz des aufgebrachten Handlenkmoments der Rotorwinkel nicht oder nicht ausreichend verändert. Weil der Elektromotor in Abhängigkeit von dem aufgebrachten Handlenkmoment angesteuert wird, kann davon ausgegangen werden, dass im Normalfall das Aufbringen eines Handlenkmoments dazu führt, dass sich der Rotorwinkel des Elektromotors verändert, insbesondere dass eine Drehzahl des Elektromotors erfassbar ist. Wird das Rad jedoch gegen einen Bordstein gedreht oder befindet sich das Fahrzeug in einer schnellen Kurvenfahrt, so können aufgrund der von außen auf das Rad wirkenden Kräfte trotz Erhöhung des Handlenkmoments die Ausrichtung des Rades und damit der Rotorwinkel des Elektromotors gleich bleiben. Wird in einem derartigen Zustand das Motordrehmoment verändert, bewirken die von außen auf das Rad wirkenden Kräfte eine Veränderung des Lenkwinkels des Rads, die wiederum zu einer Rotation des Rotors des Elektromotors führt. Wird somit eine Rotorwinkeländerung in Folge der Motordrehmomentveränderung erfasst, so kann darauf geschlossen werden, dass das Servolenksystem ordnungsgemäß funktioniert und nur einer der Ausnahmefälle vorliegt. Wird hingegen auch bei Veränderung des Motordrehmoments keine Änderung des Rotorwinkels erfasst, beziehungsweise wenn dieser auch weiterhin gleich oder nahezu gleich bleibt, bedeutet dies, dass sich der anfängliche Verdacht der Fehlfunktion bestätigt, und der Elektromotor wird infolge dessen deaktiviert. Vorzugsweise wird dabei auch die Zeit berücksichtigt, innerhalb derer sich der Rotorwinkel verändert. Dies wird beispielsweise dadurch erreicht, dass aus der Veränderung des Rotorwinkels über die Zeit eine Drehzahl ermittelt und mit dem entsprechend gewählten (Drehzahl-) Grenzwert verglichen wird.
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Insbesondere wird dann, wenn trotz der Veränderung des Motordrehmoments der überwachte Rotorwinkel sich um weniger als den vorgebbaren Grenzwert verändert beziehungsweise gleich oder nahezu gleich bleibt, die Fehlfunktion bestätigt. Wird also trotz der Durchführung des Verfahrens keine Veränderung des Rotorwinkels oder zumindest keine wesentliche Veränderung des Rotorwinkels erfasst, so wird die zuerst erkannte Fehlfunktion bestätigt und der Elektromotor zweckmäßigerweise abgeschaltet. Hierdurch wird das Servolenksystem in einen sicheren Zustand überführt, der den zuvor beschriebenen Notlaufbetrieb der Lenkung möglich macht.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass zum Verändern des Motordrehmoments das Motordrehmoment reduziert wird. Insbesondere durch die Reduktion des Motordrehmoments wird erreicht, dass die auf das Rad wirkenden Kräfte das Motordrehmoment überwinden und das gelenkte Rad beeinflussen beziehungsweise in seinem Lenkwinkel verändern können. Damit ist eine sichere Prüfung der Funktionsfähigkeit gewährleistet.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass das Motordrehmoment um 25% bis 100% reduziert wird. Insbesondere in Abhängigkeit von einer aktuellen Fahrsituation kann das Motordrehmoment unterschiedlich weit reduziert werden. Im einfachsten Fall wird das Motordrehmoment zur Verifizierung der Fehlfunktion stets um den gleichen Wert oder den gleichen Anteil reduziert, um die Ansteuerung und Prüfung zu vereinfachen. Durch eine an das Betriebsverhalten angepasste Motordrehmomentreduktion kann darüber hinaus die Fahrsicherheit erhöht werden. Insbesondere wird dadurch vermieden, dass in einer kritischen Fahrsituation der Lenkwinkel aufgrund einer hohen Motordrehmomentreduktion für den Fahrer unerwartet weit verändert wird.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass das Motordrehmoment schrittweise reduziert wird, wobei mit jeder Reduzierung der Rotorwinkel zum Plausibilisieren der Fehlfunktion auf eine Veränderung überwacht wird. Durch das schrittweise Reduzieren des Motordrehmoments wird erreicht, dass sich die Momentenverhältnisse an dem wenigstens einen lenkbaren Rad schrittweise beziehungsweise langsam verändern und dadurch der Fahrer beim Führen des Fahrzeugs nicht überrascht wird. Darüber hinaus kann vermieden werden, dass das Motordrehmoment beispielsweise um 80% reduziert wird, wenn bereits bei einer Reduktion von 20% die Fehlfunktion widerlegt werden kann.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass die Reduzierung des Motordrehmoments in Abhängigkeit von einer aktuellen Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeugs erfolgt. Die Fahrgeschwindigkeit kann insbesondere ein Indiz für die aktuelle Fahrsituation sein. Bei niedrigen Geschwindigkeiten und sich nicht oder kaum veränderndem Rotorwinkel trotz aufgebrachtem Handlenkmoments ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass das Rad gegen einen Bordstein gedreht wird. Bei hohen Geschwindigkeiten und sich nicht oder kaum veränderndem Rotorwinkel ist es dagegen eher wahrscheinlich, dass sich das Fahrzeug in einer schnellen Kurvenfahrt befindet. Während bei der schnellen Kurvenfahrt eine plötzliche und weite Reduktion des Motordrehmoments die Fahrsicherheit beeinträchtigen könnte, ist dies bei einem an einen Bordstein angedrehtem Rad nicht sicherheitsgefährdend. Insofern wird vorzugsweise das Motordrehmoment bei einer hohen Fahrgeschwindigkeit weniger reduziert als bei einer niedrigen Fahrgeschwindigkeit. Bevorzugt wird eine Grenzgeschwindigkeit vorgegebenen, mit welcher die aktuelle Fahrgeschwindigkeit verglichen wird. Liegt die aktuelle Fahrgeschwindigkeit über der Grenzgeschwindigkeit, so wird auf die hohe Fahrgeschwindigkeit erkannt, liegt sie unter der Grenzgeschwindigkeit, wird auf die niedrige Fahrgeschwindigkeit erkannt.
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Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass die Reduzierung des Motordrehmoments in Abhängigkeit des aufgebrachten Handlenkmoments erfolgt. Dadurch wird ebenfalls vermieden, dass der Fahrer von einer plötzlichen Momentenänderung überrascht wird. Insbesondere ist vorgesehen, dass dann, wenn der Fahrer ein hohes Handlenkmoment auf die Lenkhandhabe aufbringt, das Motordrehmoment zumindest zunächst vergleichsweise wenig reduziert wird, während bei einem niedrigen aufgebrachten Handlenkmoment das Motordrehmoment vergleichsweise weit reduziert wird.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass das Verfahren nur dann durchgeführt wird, wenn bei einer Veränderung des Handlenkmoments über einen vorgebbaren Grenzwert hinaus der überwachte Rotorwinkel sich um weniger als den vorgebbaren Grenzwert verändert beziehungsweise gleich oder nahezu gleich bleibt. Insofern wird eine Veränderung des Handlenkmoments mit einer Veränderung des Rotorwinkels verglichen und die Motordrehmomentänderung oder -Reduktion wird dann eingeleitet, wenn trotz einer Veränderung des Handlenkmoments über den vorgebbaren Grenzwert hinaus der Rotorwinkel sich nicht verändert. Dadurch wird vermieden, dass schon bei kleinen aufgebrachten Handlenkmomenten, die aufgrund der von außen auf das Rad wirkenden Kräfte zu keiner Verstellung des Rads führen können, das Motordrehmoment vorzeitig reduziert wird.
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Die Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 9 zeichnet sich durch ein Steuergerät aus, das dazu ausgebildet ist, das Verfahren bei bestimmungsgemäßem Gebrauch durchzuführen. Es ergeben sich hierdurch die bereits genannten Vorteile. Weitere Vorteile und bevorzugte Aspekte ergeben sich insbesondere aus dem zuvor Beschriebenen sowie aus den Ansprüchen.
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Das Servolenksystem mit den Merkmalen des Anspruchs 10 zeichnet sich durch die Vorrichtung aus. Es ergeben sich hierdurch die bereits genannten Vorteile. Weitere Vorteile und bevorzugte Aspekte ergeben sich insbesondere aus dem zuvor Beschriebenen sowie aus den Ansprüchen.
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Im Folgenden sollen die Erfindungen und weitere Vorteile anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert werden. Dazu zeigen
- 1 ein Kraftfahrzeug mit einem elektromotorischen Servolenksystem in einer vereinfachten Darstellung und
- 2 ein Verfahren zum Betreiben des Servolenksystems in einem Flussdiagramm.
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1 zeigt in einer vereinfachten Darstellung ein Servolenksystem 1 für zwei lenkbare Räder 2 einer Radachse eines hier nicht näher dargestellten Kraftfahrzeugs. Die Räder 2 sind durch jeweils eine Radaufhängung 3 verschwenkbar an dem Kraftfahrzeug gelagert. Durch eine jeweilige Gelenkstange 4 ist jedes der Räder außerdem mit einem Lenkgetriebe 5 verbunden. Das Lenkgetriebe 5 weist eine Zahnstange 6 auf, die an ihren beiden Enden mit jeweils einer der Gelenkstangen 4 gekoppelt ist. Mit der Zahnstange 6 steht ein Ritzel 7 in Eingriff, das drehfest mit einer Lenkstange 8 verbunden ist, die außerdem eine Lenkhandhabe 9 in Form eines von einem Fahrer benutzbaren Lenkrads trägt. Sobald der Fahrer ein Handdrehmoment MH auf die Lenkhandhabe 9 ausübt, wie durch einen Doppelpfeil gezeigt, dreht er bei einem ausreichend hohen Handmoment die Lenkstange 8 um einen Winkel α und damit das Ritzel 7, wodurch die Zahnstange 6 des Lenkgetriebes 5 verschoben und die Räder 2 um einen der Übersetzung entsprechenden Lenkwinkel β verschwenkt werden.
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Das Servolenksystem 1 ist als elektromotorisches Servolenksystem 1 ausgebildet und weist dazu einen Elektromotor 10 auf, dessen Rotor mit der Lenkstange 8 wirkverbunden ist. Der Elektromotor 10 weist eine Leistungselektronik 11 auf, die durch ein Steuergerät 12 zum Betreiben des Elektromotors 10 angesteuert wird. Das Steuergerät 12 erfasst dabei außerdem Daten eines Drehmomentsensors 13, der der Lenkwelle 8 zugeordnet ist, um das von dem Fahrer auf das Lenkrad aufgebrachte Handdrehmoment MH zu erfassen. In Abhängigkeit des erfassten Handdrehmoments MH steuert das Steuergerät 12 den Elektromotor 10 durch die Leistungselektronik 11 dazu an, ein Motordrehmoment MM zu erzeugen, das direkt oder über ein Getriebe auf die Lenkstange 8 übertragen und damit dem Handdrehmoment überlagert wird. Das von dem Steuergerät 12 durchgeführte Verfahren erleichtert damit dem Fahrer das Führen des das Servolenksystem 1 aufweisende Kraftfahrzeugs.
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Um sicherzustellen, dass der Elektromotor 10 ordnungsgemäß funktioniert, führt das Steuergerät 12 außerdem eine Prüfung der Funktionsfähigkeit des Servolenksystems 1 und insbesondere des Elektromotors 10 durch. Dazu wird ein ohnehin üblicherweise vorhandener Drehwinkelsensor 14, der dem drehbar gelagerten Rotor des Elektromotors 10 zugeordnet ist, verwendet. Der Drehwinkelsensor 14 überwacht laufend den Rotorwinkel beziehungsweise die Drehwinkelstellung des Rotors des Elektromotors 10. Durch die Kenntnis des aktuellen Rotorwinkels kann beispielsweise auch die Ansteuerung des Elektromotors 10 optimiert werden. Vorliegend wird der Rotorwinkel zur Prüfung der Funktionsfähigkeit überwacht. Dies soll im Folgenden näher erläutert werden.
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Dazu zeigt 2 in einem Flussdiagramm ein vorteilhaftes Verfahren zum Betreiben des elektromotorischen Servolenksystems 1, das insbesondere von dem Steuergerät 12 durchgeführt wird.
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Zunächst wird das Servolenksystem 1 in einem Schritt S1 in Betrieb genommen. Anschließend wird das von dem Benutzer aufgebrachte Handdrehmoment in einem Schritt S2 erfasst und in dem darauffolgenden Schritt S3 das Motordrehmoment, das von dem Elektromotor 10 in Abhängigkeit des Handmoments erbracht werden soll, bestimmt und dem Elektromotor 10 beziehungsweise der Leistungselektronik 11 vorgegeben. Anschließend wird mittels des Drehwinkelsensors 14 der Rotorwinkel des Elektromotors darauf überwacht, ob er sich verändert beziehungsweise ob der Elektromotor 10 eine erwartete Drehzahl erbringt. Dazu wird die auf Basis des Rotorwinkels ermittelte Drehzahl mit einer Grenzdrehzahl von beispielsweise 25 Umdrehungen pro Minute verglichen. Überschreitet die erfasste Drehzahl die Grenzdrehzahl (j), so wird auf den ordnungsgemäßen Betrieb des Elektromotors 10 erkannt und zu dem Schritt S1 zurückverwiesen. Ergibt die Abfrage jedoch, dass die Motordrehzahl unterhalb der Grenzdrehzahl liegt, weil sich der erfasste Rotorwinkel nicht oder nahezu nicht verändert, so wird zu einer Abfrage S5 weiterverwiesen. In der Abfrage S5 wird die aktuelle Fahrgeschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 1 erfasst und mit einer Grenzgeschwindigkeit verglichen. Die Fahrzeuggeschwindigkeit wird dabei insbesondere einem Fahrzeuggeschwindigkeitssignal, das im Kraftfahrzeug ohnehin vorhanden ist, entnommen und zu dem Vergleich herangezogen. Als Grenzgeschwindigkeit wird beispielsweise eine Geschwindigkeit von v=10 km/h vorgegeben. In der Abfrage S5 wird dabei entschieden, ob die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit nahezu oder gleich der Grenzgeschwindigkeit oder größer als diese ist. Zunächst soll der Fall betrachtet werden, dass die Fahrgeschwindigkeit größer als die Grenzgeschwindigkeit ist. In diesem Fall wird zu dem nächsten Schritt S6 verwiesen. Die Grenzgeschwindigkeit wird dabei bevorzugt derart gewählt, dass bei Überschreiten der Grenzgeschwindigkeit davon ausgegangen werden kann, dass sich das Kraftfahrzeug in einem Fahrbetrieb befindet, und dass bei Unterschreiten oder Erreichen der Grenzgeschwindigkeit, das Kraftfahrzeug sich in einem Parkbetrieb beziehungsweise -vorgang befindet.
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In Schritt S6 wird das bereits erfasste Handdrehmoment MH mit einem erlaubten Drehmomentbereich von beispielsweise 6Nm bis 9,5Nm verglichen. Liegt das aktuelle Handdrehmoment MH in diesem Bereich, wird das dem Elektromotor 9 vorgegebene Motordrehmoment reduziert. Dabei wird ebenfalls der Rotorwinkel wie zuvor beschrieben überwacht. In einer Abfrage S7 wird geprüft, ob sich der Rotorwinkel verändert hat und ob eine Drehzahl festgestellt werden kann. Ist dies der Fall und insbesondere dann, wenn die Drehzahl in einem erwartungsgemäßen Rahmen, vorzugsweise oberhalb des Grenzwerts liegt, wird auf den Schritt S1 zurückverwiesen. Wird jedoch erfasst, dass der Rotorwinkel gleich oder nahezu gleich bleibt und insofern wenn auch keine Drehzahl oder keine ausreichende Drehzahl erfasst wird (n), wird zu einem Schritt S8 verwiesen, in welchem das vorgegebenen Motordrehmoment weiter reduziert wird, um eine Rotorwinkelveränderung herbei zu führen. In einer darauffolgenden Abfrage S9 wird erneut dazu das Verhalten des Rotorwinkels durch die Drehmomentreduktion ausgewertet. Wird nun eine Drehzahl in einem oder dem erlaubten beziehungsweise erwarteten Drehzahlbereich erfasst (j) so wird auf den Schritt S1 zurückgewiesen. Andernfalls (n) wird zu einem Schritt S10 weiterverwiesen, in welchem der Elektromotor 10 abgeschaltet wird.
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Dem Verfahren liegt dabei die folgende Überlegung zugrunde: Wenn im Normalbetrieb, also insbeonsdere oberhalb der vorgebbaren Grenzgeschwindigkeit, trotz Vorgabe eines Motordrehmoments durch den Drehwinkelsensor 14 keine Rotorwinkelveränderung beziehungsweise keine Drehzahl erfasst werden kann, wird darauf erkannt, dass möglicherweise ein Fehler im elektrischen oder mechanischen System des Servolenksystems vorliegt. Im Fehlerfall soll der Elektromotor abgeschaltet werden, um eine Fehllenkung zu vermeiden. Der Fahrer kann dann im Notlaufbetrieb durch Aufbringen eines ausreichend hohen Handlenkmoments das Kraftfahrzeug dennoch sicher mechanisch lenken und führen.
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Dass keine Veränderung des Rotorwinkels beziehungsweise keine ausreichende Drehzahl des Elektromotors erfasst wird, kann jedoch im Normalbetrieb auch durch die auf die Räder 2 von der Fahrbahn wirkenden Kräfte begründet sein. So können auf das jeweilige Rad 2 wirkende Querkräfte oder Seitenkräfte dazu führen, dass trotz Aufbringen eines erhöhten Handlenkmoments und eines dadurch erhöhten Motorlenkmoments beziehungsweise -Drehmoments die Räder 2 sich nicht weiter verschwenken lassen. In diesem Fall würde das Abschalten des Elektromotors 10 zu einem Fehlverhalten des Kraftfahrzeugs führen, insbesondere würde der Fahrer des Kraftfahrzeugs davon überrascht werden, dass das unterstützende Drehmoment MM des Elektromotors wegfällt. Durch das zuvor beschriebene Verfahren wird diese Situation dadurch vermieden, dass das dem Elektromotor 10 vorgegebene Motordrehmoment MM um einen vorgebbaren Wert oder einen vorgebbaren Anteil reduziert wird. Aufgrund der Randbedingungen beziehungsweise der aktuellen Fahrsituation sollte dies dazu führen, dass die Räder aufgrund des verringerten Lenkmoments verschwenkt werden, wodurch eine Drehzahl am Elektromotor zu erfassen sein sollte. Wird nun eine entsprechende Drehzahl erfasst, kann darauf geschlossen werden, dass das Nichterfassen der Drehzahl zuvor an den Randbedingungen gelegen hat, nicht jedoch an einem Fehler des Lenksystems 1. Wird jedoch auch weiterhin keine Drehzahl oder eine Veränderung des Rotorwinkels erfasst, so muss davon ausgegangen werden, dass nicht die Randbedingungen beziehungsweise die aktuelle Fahrsituation, sondern die Mechanik und/oder Elektronik des Servolenksystems 1 fehlerhaft sind. Dadurch, dass gemäß dem hier vorgestellten Verfahren die Momentenreduktion in mehreren Schritten erfolgt, wird vermieden, dass gleich bei der ersten Drehmomentreduktion ein für den Fahrer des Kraftfahrzeugs überraschender Lenkwinkel eingestellt wird. Vielmehr wird durch das verringerte Motordrehmoment eine langsame Veränderung des Lenkwinkels herbeigeführt (sofern das Servolenksystem fehlerfrei funktioniert) und der Fahrer damit weniger irritiert wird. Gemäß einem alternativen Ausführungsbeispiel kann jedoch auch vorgesehen sein, dass nur eine einmalige Momentenreduktion erfolgt. Die jeweilige Momentenreduktion kann dabei das vorgegebene Motordrehmoment MM um 25 bis 100 % reduzieren. In dem vorliegenden Ausführungsbeispiel kann beispielsweise vorgesehen sein, dass zunächst in Schritt S6 das Motordrehmoment um 50 % und im Schritt S8 um 100 % reduziert wird. In Abhängigkeit von der Höhe der Momentenreduktion wird der Rotorwinkel über eine bevorzugte Zeitdauer auf eine Veränderung beobachtet. So ist insbesondere vorgesehen, dass bei einer niedrigen Momentenreduktion der Rotorwinkel über eine längere Zeitdauer, und bei einer höheren Momentenreduktion über eine kürzere Zeitdauer überwacht und ausgewertet wird.
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Ergibt jedoch die Überprüfung des Rotorwinkels, dass bei jeder Momentenreduktion keine Drehzahl des Elektromotors 10 erfasst wird, so wird darauf geschlossen, dass aufgrund der vorliegenden Fahrgeschwindigkeit oberhalb der Grenzfahrgeschwindigkeit der Fehler im Servolenksystem 1 selbst zu finden ist, und der Elektromotor 10 sicherheitshalber deaktiviert beziehungsweise abgeschaltet werden soll, wie zuvor bereits beschrieben.
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Ergibt die Abfrage S5, dass die aktuelle Fahrgeschwindigkeit unterhalb der vorgebbaren Grenzgeschwindigkeit liegt, so wird darauf erkannt, dass sich das Kraftfahrzeug nicht in einer Fahrsituation, sondern in einer Parksituation befindet, in welcher der Benutzer das Kraftfahrzeug mit niedrigen Fahrgeschwindigkeiten in oder außerhalb einer Parklücke lenkt. Es wird dabei davon ausgegangen, dass dann, wenn in Schritt S4 keine Veränderung oder nahezu keine Veränderung des Rotorwinkels erfasst wurde, obwohl ein ausreichend hohes Handlenkmoment auf das Lenkrad aufgebracht wird, der Fahrer das eine oder das andere der Räder 2 gegen ein Hindernis, insbesondere gegen eine Bordsteinkante verschwenkt, die ein weiteres Verschwenken des Rads 2 aufgrund der Elastizität des Reifens des jeweiligen Rades nur bis zu einem gewissen Grad zulässt. Bei Erreichen des Maximalschwenkwinkels kann der Benutzer das Handlenkmoment MH erhöhen, ohne dass sich dadurch ein weiteres Verschwenken ergeben kann. Um diesen Fall bei der Fehlerprüfung auszuschließen beziehungsweise zu erkennen, wird daher, wenn die Fahrgeschwindigkeit unterhalb der Grenzgeschwindigkeit liegt, auf einen Schritt S11 verwiesen, in welchem das Motordrehmoment MM beispielsweise um 50 % reduziert wird.
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In einem Schritt S12 wird außerdem ein Vergleich zwischen der Veränderung eines des aufgebrachten Handdrehmoments zu einer Veränderung des Rotorwinkels ins Verhältnis gesetzt beziehungsweise verglichen. So ist beispielsweise vorgesehen, dass geprüft wird, ob bei einer Veränderung des Handlenkmoments von 4Nm auf 8Nm die erfasst Veränderung des Rotorwinkels zwischen 90° und 700° liegt. Der begrenzte Winkelbereich schließt mit ein, dass das Rad aufgrund der Elastizität des Reifens zumindest ein Stück weit verschwenkbar ist. In diesem Fall kann darauf erkannt werden, dass das Rad 2 gegen einen Bordstein gedrückt wird.
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In einer darauffolgenden Abfrage S13 wird geprüft, ob die erfasste Veränderung des Rotorwinkels beziehungsweise die daraus resultierende Drehzahl des Elektromotors 10 oberhalb eines Mindestwertes liegt. Wird das Motordrehmoment reduziert, während das Rad 2 bereits an den Bordstein gedrückt ist, so sorgt die Elastizität des Reifens dafür, dass das Rad 2 aufgrund des reduzierten Lenkmoments zurückgeschwenkt wird, wodurch der Elektromotor 10 in eine Drehung versetzt wird, die durch den Sensor 14 wie zuvor beschrieben erfassbar ist. Insofern kann auch hier durch Reduktion des Motordrehmoments MM ausgeschlossen werden, dass eine zunächst erfasste fehlende Veränderung eines Rotorwinkels auf einer Fehlfunktion des Servolenksystems 1 beruht, sondern vielmehr auf einer aktuellen Fahrbeziehungsweise Parksituation. Wird in der Abfrage S13 also erkannt, dass nunmehr doch eine Veränderung des Rotorwinkels ermittelbar ist (j), so wird auf den Schritt S1 zurückverwiesen. Wird jedoch erkannt, dass auch weiterhin eine Rotation des Elektromotors 10 ausbleibt (n) so wird auf den Schritt S10 verwiesen und der Elektromotor 10 zur Sicherheit deaktiviert.
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Der Vergleich der Veränderung des Handlenkmoments zu einer Veränderung des Rotorwinkels kann auch durchgeführt werden, wenn die Fahrgeschwindigkeit oberhalb der Grenzgeschwindigkeit liegt. Bevorzugt wird dann jedoch der erlaubte Bereich der Rotorwinkelveränderung auf maximal 90° begrenzt, um der höheren Fahrgeschwindigkeit gerecht zu werden.
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Die zuvor beschriebenen Schritte müssen nicht in der vorliegenden Reihenfolge durchgeführt werden. Selbstverständlich können auch anders gewählte Randbedingungen, insbesondere in Bezug auf die Grenzgeschwindigkeit, die Grenzdrehzahl und die aufgebrachten Handlenkmomente vorgesehen werden. Insbesondere werden diese Werte an den jeweiligen Fahrzeugtyp, in welchem das Servolenksystem 1 eingesetzt wird, angepasst, um einen optimalen Betrieb und ein sicheres Feststellen einer Fehlfunktion und das Ausschließen von fälschlicherweise detektierten Fehlfunktionen zu gewährleisten.