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Die Erfindung betrifft eine Messvorrichtung zur Kontur- und/oder Formmessung an einem Werkstück.
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Derartige Messvorrichtungen sind beispielsweise in Form von Konturmessgeräten, mit denen die Kontur eines Werkstücks vermessen wird, oder Formmessgeräten, mit denen beispielsweise Parameter wie Rundheit, Koaxialität, Rechtwinkligkeit, Parallelität, etc., gemessen werden können, allgemein bekannt.
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Die bekannten Messvorrichtungen weisen einen Taster zur Abtastung der Oberfläche des Werkstücks auf, bei dem es sich um einen taktilen oder berührungslos arbeitenden Taster handeln kann und der mit einer nachgeordneten Auswertungseinrichtung in Messdatenübertragungsverbindung steht. Zum Abtasten der Oberfläche des Werkstücks weisen die bekannten Messvorrichtungen eine Vorschubeinrichtung zum Bewegen des Tasters in einer Vorschubrichtung auf. Während der Abtastung wird der Taster entsprechend dem Profil des Werkstücks ausgelenkt. Um sicherzustellen, dass der Taster während der Abtastung nicht so stark ausgelenkt wird, dass er seinen Linearitäts- oder sogar Messbereich verlässt, ist eine Nachführeinrichtung zum Nachführen des Tasters entsprechend der Kontur des Werkstücks vorgesehen. Auf diese Weise kann beispielsweise bewirkt werden, dass der Taster während der Abtastung möglichst nahe der Nulllage seiner Auslenkung gehalten wird. Bei den bekannten Messvorrichtungen erfolgt die Messung beispielsweise in einem sogenannten Vollscanningbetrieb, bei dem der Taster während der Abtastung der Kontur des Werkstücks so nachgeführt wird, dass seine Auslenkung sich im Bereich der Nulllage bewegt. Nachteilig hierbei ist, dass die Kontur des abzutastenden Werkstücks häufig nicht bekannt ist. Dadurch, dass die Steuerungseinrichtung zur Absteuerung der Nachführeinrichtung die Tasterposition beispielsweise nicht entsprechend der Vorschubgeschwindigkeit und den Profiländerungen des Werkstücks nachregeln kann, können beispielsweise Schwingungen des Tasters auftreten, die die Messgenauigkeit negativ beeinträchtigen.
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Zur Vermeidung diesen Nachteils ist es bei einer Messvorrichtung der betreffenden Art bekannt, mit einer sogenannten Bahnsteuerung zu arbeiten, bei der die Steuerungseinrichtung die Nachführeinrichtung anhand von Nachführsteuerungsdaten ansteuert. Die Nachführsteuerungsdaten werden hierbei aus synthetischen Geometriedaten des zu vermessenden Werkstücks, beispielsweise dessen CAD-Daten, gewonnen. Nachteilig ist hierbei, dass die Geometriedaten in einem geeigneten Format vorliegen müsen. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass diese Daten in der Regel wesentlich umfangreichere Informationen enthalten, als zur Gewinnung der Nachführsteuerungsdaten erforderlich. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass in der konkreten Messaufgabe häufig auch zunächst die Lage des Werkstücks unbekannt ist und eine Nachführung anhand der aus Geometriedaten gewonnenen Nachführsteuerungsdaten eine exakte Ausrichtung des Werkstücks erfordert, bevor die Messung unter Heranziehung der Bahnsteuerung durchgeführt werden kann.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Messvorrichtung der im Oberbegriff des Anspruchs 1 genannten Art anzugeben, die die Nachteile der bekannten Messvorrichtungen vermeidet.
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Diese Aufgabe wird durch die im Anspruch 1 angegebene Erfindung gelöst.
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Die Erfindung geht aus von einer Messvorrichtung, bei der eine Steuerungseinrichtung zur Ansteuerung der Nachführeinrichtung anhand von Nachführsteuerungsdaten vorgesehen ist. Sie kombiniert auf geschickte Weise die Vorteile eines Vollscanningbetriebs mit den Vorteilen einer Bahnsteuerung. Der Grundgedanke der Erfindung besteht darin, die Nachführsteuerungsdaten während der Messung selbst zu gewinnen, und zwar in einem ersten Messdurchgang, in dem die Grobkontur des Werkstücks repräsentierende Grobkonturdaten ermittelt werden. Nach Ermittlung der Grobkonturdaten während des ersten Messdurchganges gewinnt die Steuerungseinrichtung die Nachführsteuerungsdaten aus den Grobkonturdaten. Hierbei können beispielsweise Signalartefakte entfernt werden, die von Schwingungen des Tasters herrühren, die ihrerseits von einer nicht sauberen Regelung der Tasterposition herrühren. Daran anschließend kann ein zweiter Messdurchgang zur Ermittlung von Feinmesswerten durchgeführt werden, wobei mit einer Bahnsteuerung gearbeitet werden kann, die jedoch im Gegensatz zu dem bekannten Verfahren nicht aus synthetischen Geometriedaten des Werkstücks abgeleitet worden ist, sondern aus der in dem ersten Messdurchgang ermittelten Grobkontur des Werkstücks.
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Damit ermöglicht es die Erfindung, die Vorteile der Bahnsteurung auch bei einer unbekannten Geometrie und/oder Lage des Werkstücks beizubehalten. Vorteilhaft in diesem Sinne ist insbesondere, dass der Messhub des Messsystems um den Hub der Verfahrachsen, entlang derer die Nachführeinrichtung den Taster nachführt, erweitert werden kann. Damit kann in der Praxis das messbare Messvolumen um ein Vielfaches vergrößert werden. Ein weiterer Vorteil der Erfindung besteht darin, dass aufgrund der Gewinnung der Nachführsteuerungsdaten in einem ersten Messdurchgang eine Speicherung, Bearbeitung und Aktualisierung umfangreicher synthetischer Geometriedaten, beispielsweise CAD-Daten, des Werkstücks für eine Gewinnung der Nachführsteuerungsdaten nicht mehr erforderlich ist.
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Bei der erfindungsgemäßen Messvorrichtung kann es sich um eine beliebige Vorrichtung der dimensionellen Messtechnik handeln, insbesondere um eine Kontur- und/oder Formmessvorrichtung.
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Eine vorteilhafte Weiterbildung der erfindungsgemäßen Vorrichtung sieht vor, dass die Steuerungseinrichtung die Nachführeinrichtung zur Minimierung der Tasterauslenkung ansteuert. Auf diese Weise ist erreicht, dass der Taster um seine Nulllage herum geringstmöglich ausgelenkt wird. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass der Taster auch bei starken Änderungen des Profils des Werkstücks in seinem idealen Auslenkungsbereich verbleibt.
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Entsprechend den jeweiligen Anforderungen kann ein beliebiger geeigneter Taster verwendet werden. Eine vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht insoweit vor, dass der Taster ein taktiler Taster ist.
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Es ist erfindungsgemäß jedoch auch möglich, dass der Taster eine berührungslos arbeitender Taster ist, wie dies eine andere Weiterbildung der Erfindung vorsieht.
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Andere Weiterbildungen der erfindungsgemäßen Messvorrichtung sehen vor, dass diese eine Konturmessvorrichtung oder eine Formmessvorrichutng ist.
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Bei der Vorschubachse, entlang derer die Vorschubeinrichtung den Taster bewegt, kann es sich um eine beliebige geeignete Achse handeln, beispielsweise um eine Drehachse. Insoweit sieht eine vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung vor, dass die Vorschubachse eine lineare Achse ist.
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Die Gewinnung der Nachführsteuerungsdaten aus den Grobkonturdaten kann auf beliebige Art und Weise erfolgen. Eine vorteilhafte Weiterbildung der Erfindung sieht insoweit vor, dass die Auswertungseinrichtung die Grobkonturdaten zur Gewinnung der Nachführsteuerungsdaten einer Tiefpassfilterung unterzieht. Auf diese Weise werden hochfrequente Signalanteile, die nicht das Profil des Werkstücks repräsentieren, sondern von Schwingungen des Tasters herrühren, herausgefiltert.
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Ein erfindungsgemäßes Verfahren ist im Anspruch 9 angegeben. Vorteilhafte und zweckmäßige Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den Unteransprüchen 10 bis 13 angegeben.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kombiniert die Vorteile eines Vollscanningbetriebs mit denen einer Bahnsteuerung, so dass sich sinngemäß die gleichen Vorteile ergeben, wie bei der erfindungsgemäßen Messvorrichtung.
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Bei dem erfindungsgemäßen Messverfahren können der erste und der zweite Messdurchgang an dem selben Werkstück durchgeführt werden. Auf diese Weise werden die Grobkonturdaten, aus denen dann die Nachführsteuerungsdaten ermittelt werden, bei jedem Messvorgang, also für jedes Werkstück separat, ermittelt werden.
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Wenn eine Mehrzahl gleichartiger Werkstücke hintereinander vermessen werden soll, ist es vorteilhaft, dass der erste Messdurchgang an dem ersten Werkstück und der zweite Messdurchgang an wenigstens einem zweiten Werkstück durchgeführt werden. Bei dieser Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens werden die Grobkonturdaten in einem ersten Messdurchgang an einem ersten Werkstück ermittelt. Die aus den Grobkonturdaten gewonnenen Nachführsteuerungsdaten werden bei einer Mehrzahl von zweiten Messdurchgängen herangezogen, die an gleichartigen Werkstücken durchgeführt werden. Diese Ausführungsform hat den Vorteil, dass der Zeitaufwand des ersten Messdurchganges zur Gewinnung der Grobkonturdaten bei dem zweiten und jedem weiteren gleichartigen Werkstück entfällt.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand der beigefügten, stark schematisierten Zeichnung an einem Ausführungsbeispiel näher erläutert. Dabei bilden alle beschriebenen, in der Zeichnung dargestellten und in den Patentansprüchen beanspruchten Merkmale für sich genommen sowie in beliebiger geeigneter Kombination miteinander den Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Patentansprüchen und deren Rückbeziehung sowie unabhängig von ihrer Beschreibung bzw. Darstellung in der Zeichnung.
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Es zeigt:
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1 ein Blockschaltbild einer erfindungsgemäßen Messvorrichtung und
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2 eine schematische Anordnung eines Tasters einer erfindungsgemäßen Messvorrichtung.
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Zur Erläuterung der Erfindung wird nachfolgend auf die 1 und 2 Bezug genommen.
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In 1 ist stark schematisiert und blockschaltbildartig der Aufbau einer erfindungsgemäßen Messvorrichtung 2 zur Kontur- und/oder Formmessung an einem Werkstück dargestellt. Die Messvorrichtung 2 weist einen Taster 4 mit einem Tastkörper 6 (vgl. 2) zur Abtastung der Oberfläche 8 eines Werkstücks 10 auf. Bei der Abtastung der Oberfläche wird der Taster 4 entsprechend dem Profil der Oberfläche 8 des Werkstücks 10 ausgelenkt, so dass Messwerte gewonnen werden, die zu einer dem Taster 4 nachgeordneten Auswertungseinrichtung 12 übertragen werden, mit der der Taster 4 in Messdatenübertragungsverbindung steht. Die Auswertungseinrichtung 12 weist einen Speicher 14 auf, in dem die gewonnenen Messwerte abgespeichert werden.
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Die Messvorrichtung 2 weist ferner eine Vorschubeinrichtung 16 vom Bewegen des Tasters entlang einer Vorschubachse auf. Bei der Vorschubachse handelt es sich bei dem aus dem dargestellten Ausführungsbeispiel um eine lineare Achse, und die Vorschubrichtung ist in 2 durch einen Pfeil 18 symbolisiert. Die Vorschubachse entspricht bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel der x-Achse.
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Die Messvorrichtung 2 weist ferner eine Nachführeinrichtung 20 zum Nachführen des Tasters 4 entsprechend der Kontur des Werkstücks 10 auf. Bei dem dargestellten Ausführungsbeispiel ist die Nachführrichtung senkrecht zur Vorschubrichtung 18, wie durch einen Doppelpfeil 22 in 2 angedeutet, und entspricht der z-Achse. Entsprechend der jeweiligen Messaufgabe kann die Nachführung des Tasters 4 entlang beliebiger Achsen, insbesondere auch zwei- oder mehrachsig, erfolgen.
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Die Messvorrichtung 2 weist ferner eine Steuerungseinrichtung 24 zur Ansteuerung der Nachführeinrichtung 20 anhand von Nachführsteuerungsdaten sowie der Vorschubeinrichtung 16 auf.
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Nachfolgend wird die Funktionsweise des Ausführungsbeispiels der erfindungsgemäßen Messvorrichtung 2 und damit gleichzeitig ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Messverfahrens erläutert:
Erfindungsgemäß werden während der Abtastung des Werkstücks 10 in einem ersten Messdurchgang die Grobkontur des Werkstücks 10 repräsentierende Grobkonturdaten ermittelt, wobei die Kontur des Werkstücks 10 vor Beginn der Messung nicht bekannt ist. Während des ersten Messdurchganges wird die Oberfläche 8 des Werkstücks 10 mittels des Tasters 4 abgetastet, wobei der Taster 4 in der Vorschubrichtung 18 entlang der Oberfläche des Werkstücks 10 bewegt wird. Hierbei wird der Taster 4 ausgelenkt, und die jeweilige Auslenkung des Tasters 4 wird entlang der Vorschubachse räumlich aufgelöst in dem Speicher 14 abgespeichert. Mittels der Nachführeinrichtung 20 wird der Taster 4 entsprechend der Kontur des Werkstücks 10 nachgeführt, wobei die Nachführeinrichtung durch die Steuerungseinrichtung angesteuert wird und eine Regelung der Steuerungseinrichtung so programmiert ist, dass die Tasterauslenkung minimiert wird.
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Da die Kontur des Werkstücks 10 vor der Messung nicht bekannt ist, können im Ausgangssignal des Tasters 4 Signalartefakte auftreten, die beispielsweise von Schwingungen des Tasters 4 herrühren, insbesondere dann, wenn es der Regelung der Nachführeinrichtung insbesondere an stark ansteigenden oder stark abfallenden Flanken nicht gelingt, die Nachführung in der gewünschten Weise auszuführen.
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Die während des ersten Messdurchganges durch den Taster 4 ermittelten Messdaten werden als Grobkonturdaten in einem Speicher der Auswertungseinrichtung 12 abgespeichert.
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Nach Abschluss des ersten Messdurchganges werden aus diesen Grobkonturdaten in der Steuerungseinrichtung 24 Nachführsteuerungsdaten ermittelt, indem die Grobkonturdaten beispielsweise einer Tiefpassfilterung unterzogen werden, um von Schwingungen des Tasters herrührende, nicht die Kontur des Werkstücks 10 repräsentierende Signalartefakte zu eliminieren. Im Übrigen kann die Bearbeitung der Grobkonturdaten zur Gewinnung der Nachführsteuerungsdaten in der Auswertungseinrichtung 12 in beliebiger geeigneter Weise entsprechend den jeweiligen Messaufgaben und den jeweiligen Gegebenheiten erfolgen.
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Die so gewonnenen Nachführsteuerungsdaten werden in einem Speicher 26 abgespeichert.
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In einem zweiten Messdurchgang wird die Abtastung der Oberfläche 8 des Werkstücks 10 zur Ermittlung von Feinmesswerten wiederholt. Hierbei steuert die Steuerungseinrichtung 24 die Vorschubeinrichtung 16 und die Nachführeinrichtung 20 an, wobei die Steuerungseinrichtung 24 bei der Ansteuerung der Nachführeinrichtung 20 auf die in dem Speicher 26 abgespeicherten Nachführsteuerungsdaten zurückgreift. Da anhand der Nachführsteuerungsdaten die Grobkontur des Werkstücks bereits bekannt ist, kann die Regelung der Nachführeinrichtung während der Vorschubbewegung unter Heranziehung der Grobkonturdaten ”vorausschauend” arbeiten. Die entsprechenden Regelvorgänge können also in Kenntnis der Grobkontur des Werkstücks vorgenommen werden, so dass die Nachführung des Tasters entsprechend einer Bahnsteuerung vorgenommen werden kann, wobei Artefakte durch Tasterschwingungen, die durch Unzulänglichkeiten in der Regelung verursacht werden, zuverlässig vermieden sind. Die Ergebnisse des zweiten Messdurchganges werden als Feinmesswerte der Auswertungseinrichtung 12 übermittelt und in deren Speicher 14 abgespeichert.
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Erfindungsgemäß werden also die für eine Bahnsteuerung erforderlichen Daten in dem ersten Messdurchgang gewonnen, so dass eine Heranziehung von synthetischen Geometriedaten, beispielsweise CAD-Daten oder dergleichen, nicht erforderlich ist.
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Die Erfindung verbindet damit die Vorteile eines Vollscanningbetriebs mit den Vorteilen einer Bahnsteuerung.
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Die Art und Weise, wie aus den Grobkonturdaten die Nachführsteuerungsdaten gewonnen werden, richtet sich nach der jeweiligen Messaufgabe. Es ist erfindungsgemäß auch möglich, die Grobkonturdaten unmittelbar, d. h. ohne weitere Bearbeitung, als Nachführsteuerungsdaten zu verwenden.