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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern eines Kurvenfahrtverhaltens eines Fahrzeugs, insbesondere eines Fahrzeugs, das zum Übersteuern neigt, sowie einen entsprechenden Fahrerassistenten, insbesondere einen Untersteuerassistenten.
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In modernen Fahrzeugen unterstützen sogenannte Assistenzsysteme oder Fahrerassistenzsysteme den Fahrer beim Führen des Fahrzeugs. Dadurch kann sich der Fahrer mit erhöhter Aufmerksamkeit auf den Verkehr konzentrieren. Darüber hinaus erhöhen bestimmte Fahrerassistenzsysteme die Sicherheit des Fahrzeugs, in dem sie das Fahrverhalten in kritischen Situationen stabilisieren. Dazu können die Fahrerassistenzsysteme auf die Motorleistung oder das Fahrwerk einwirken.
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Andere Fahrerassistenzsysteme unterstützen das Fahrzeug auch bei Lenkvorgängen. Dazu sind Hinterachslenkungen bekannt, bei denen die beiden Hinterräder der Hinterachse mitlenken können. Zumeist weisen sie eine mechanische Verbindung zwischen den beiden Hinterrädern auf, so dass sich bei jedem Radwinkel auf einer Seite ein bestimmter Winkel für die andere Seite einstellt. Ein Hinterradsteuersystem ist aus der
EP 0 415 450 A2 bekannt.
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Die
DE 39 12 520 A1 beschreibt ein Schwenken eines kurvenäußeren Hinterrades in eine Vorspurstellung, wobei das Schwenken des kurvenäußeren Hinterrades durch ein fliehkräftebedingtes Einfedern der kurvenäußeren Seite des Fahrzeugs bedingt ist.
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Andere Systeme unterstützen den Fahrer bei Lenkvorgängen, in dem sie gezielt ein Untersteuern oder Übersteuern des Fahrzeugs ermöglichen. Aus der
EP 0 512 591 A1 ist ein System bekannt, das bei moderaten bis starken Lenkmanövern einen sogenannten Vorspurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades einstellt. Dabei wird das Hinterrad in Fahrtrichtung des Fahrzeugs nach innen gedreht. Dadurch wird die Stabilität des Fahrzeugs in Kurven bei mittleren bis schnellen Geschwindigkeiten oder bei abrupten Lenkmanövern erhöht. Bei langsamen bis moderaten Lenkmanövern wird der Vorspurwinkel auf dem kurveninneren Hinterrad eingestellt. Dadurch wird eine Gierbewegung des Fahrzeugs unterstützt.
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Die
EP 2 322 412 A1 beschreibt ein Verfahren zum Bestimmen eines Spurwinkels eines Hinterrades, wenn eine Vorrichtung zum individuellen Steuern der Spurwinkel der Hinterräder auf einer Seite einen fehlerhaften Spurwinkel erzeugt.
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Der Spurwinkel ist ein Winkel, den eine Hinterradebene, in der das Hinterrad läuft, und die Längsachse des Fahrzeugs einschließen. Dabei ist der Spurwinkel positiv, wenn sich die Radebene und die Längsachse vor einer Hinterachse schneiden, das Hinterrad also nach innen gedreht ist. Diese Einstellung wird Vorspur genannt. Der Spurwinkel ist negativ, wenn sich die Radebene und die Längsachse hinter der Hinterachse schneiden, das Hinterrad also nach außen gedreht ist. Diese Einstellung wird Nachspur genannt.
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Es sind Systeme bekannt, die gezielt eine Vorspur eines Rades einstellen können. Ein solches System, das nicht an ein starres Lenktrapez gebunden ist, ist aus der
WO 2010/034370 A1 bekannt. Weiterhin sind Systeme bekannt, die aufgrund äußerer Kräfte bestimmte Vorspurveränderungen ermöglichen bzw. erzwingen, wie beispielsweise eine Weissach-Achse.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren und Assistenzsystem bereitzustellen, welche dabei unterstützen, komfortabel, sicher und mit geringer Bremswirkung, eine Übersteuertendenz von einem Fahrzeug abzubauen oder eine Untersteuertendenz zu erzwingen.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1 und durch einen Untersteuerassistenten mit den Merkmalen des Patentanspruchs 9 gelöst.
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Dementsprechend schlägt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Steuern eines Kurvenfahrtverhaltens eines Fahrzeugs vor, bei dem ein Spurwinkel eines kurveninneren Hinterrades unabhängig von einem Spurwinkel eines kurvenäußeren Hinterrades gesteuert wird, wobei zum Verhindern einer Querfahrt des Fahrzeugs der Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert eingestellt wird und/oder der Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert eingestellt wird.
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Dadurch wird ein zusätzliches Moment um einen Fahrzeugschwerpunkt erzeugt, das entgegen einem Sinn wirkt, in dem die Kurve gefahren wird, also bei einer Rechtskurve entgegen dem Uhrzeigersinn und bei einer Linkskurve im Uhrzeigersinn. Durch Steuern der Spurwinkel kann das Moment so eingestellt werden, dass das Heck des Fahrzeugs nicht ausbricht und das Fahrzeug stabil gehalten wird und somit das Fahrzeug optimal bzw. mit einer optimalen Kurvengeschwindigkeit um die Kurve fährt.
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In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine Giermomentenrate gemessen und bei Überschreiten eines ersten Schwellwertes der Giermomentenrate der Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert eingestellt oder der Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert eingestellt, wobei, falls die Giermomentenrate sich nicht verringert oder ein zweiter Schwellwert der Giermomentenrate überschritten wird, zusätzlich der Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert eingestellt wird, falls zuerst der Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert eingestellt wurde, oder der Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert eingestellt wird, falls zuerst der Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert eingestellt wurde.
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In einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird zusätzlich ein kurvenäußeres Vorderrad abgebremst, falls sich nach Einstellen des Spurwinkels des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert und des Spurwinkels des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert die Giermomentenrate nicht verringert oder die Giermomentenrate einen dritten Schwellwert überschreitet.
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In noch einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine Giermomentenrate gemessen und bei Überschreiten eines vierten Schwellwertes der Giermomentenrate gleichzeitig der Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert und der Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert eingestellt, wobei der Spurwinkel des kurveninneren und des kurvenäußeren Hinterrades jeweils auf einen maximalen Wert des jeweiligen Spurwinkels oder auf einen maximalen Wert einer auf das jeweilige Hinterrad wirkenden Seitenkraft eingestellt werden.
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In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird eine Steuereinheit verwendet, die eine optimale Kurvengeschwindigkeit ermittelt und den Spurwinkel des kurveninneren und/oder des kurvenäußeren Hinterrades entsprechend der optimalen Kurvengeschwindigkeit steuert.
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Eine optimale Kurvengeschwindigkeit wird erreicht, wenn sich das Fahrzeug an einer Schwelle zu einer Querfahrt bewegt, das Heck also gerade nicht ausbricht, sondern kurz vor dem Ausbrechen ist.
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In einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die optimale Kurvengeschwindigkeit von der Steuereinheit rechnerisch aus einem Kurvenradius und einem Reibungswert zwischen der Fahrbahn und den Vorderrädern und Hinterrädern des Fahrzeugs ermittelt.
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In noch einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens ermittelt die Steuereinheit den Spurwinkel eines Hinterrades aus einer Mehrzahl von Kennfeldern, wobei die Mehrzahl von Kennfeldern Geschwindigkeitsabhängigkeiten, Radwinkelabhängigkeiten und/oder Seitenkraftabhängigkeiten einschließen.
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In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird von der Steuereinheit mindestens ein weiterer fahrzeugseitig ermittelter Messwert zur Ermittlung des Spurwinkels eines Hinterrades einbezogen.
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Ferner wird ein Untersteuerassistent zum Steuern eines Kurvenfahrtverhaltens eines Fahrzeugs vorgeschlagen, der dazu ausgelegt ist, einen Spurwinkel eines kurveninneren Hinterrades unabhängig von einem Spurwinkel eines kurvenäußeren Hinterrades zu steuern, wobei zum Verhindern einer Querfahrt des Fahrzeugs der Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert einzustellen ist und/oder der Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert einzustellen ist.
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In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Untersteuerassistenten ist eine Giermomentenrate zu messen und der Untersteuerassistent ist dazu ausgelegt, bei Überschreiten eines ersten Schwellwertes der Giermomentenrate den Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert einzustellen oder den Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert einzustellen, wobei, falls die Giermomentenrate sich nicht verringert oder ein zweiter Schwellwert der Giermomentenrate überschritten wird, der Untersteuerassistent dazu ausgelegt ist, zusätzlich den Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert einzustellen, falls zuerst der Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert eingestellt wurde, oder den Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert einzustellen, falls zuerst der Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert eingestellt wurde.
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In einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Untersteuerassistenten ist der Untersteuerassistent dazu ausgelegt, zusätzlich ein kurvenäußeres Vorderrad abzubremsen, falls sich nach Einstellen des Spurwinkels des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert und des Spurwinkels des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert die Giermomentenrate nicht verringert oder die Giermomentenrate einen dritten Schwellwert überschreitet.
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In noch einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Untersteuerassistenten ist eine Giermomentenrate zu messen und der Untersteuerassistent ist dazu ausgelegt, bei Überschreiten eines vierten Schwellwertes der Giermomentenrate gleichzeitig den Spurwinkel des kurveninneren Hinterrades auf einen negativen Wert und den Spurwinkel des kurvenäußeren Hinterrades auf einen positiven Wert einzustellen, wobei der Spurwinkel des kurveninneren und des kurvenäußeren Hinterrades jeweils auf einen maximalen Wert des jeweiligen Spurwinkels oder auf einen maximalen Wert einer auf das jeweilige Hinterrad wirkenden Seitenkraft einzustellen ist.
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In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Untersteuerassistenten ist eine Steuereinheit dazu ausgelegt, eine optimale Kurvengeschwindigkeit zu ermitteln und der Untersteuerassistent ist dazu ausgebildet, den Spurwinkel des kurveninneren und/oder des kurvenäußeren Hinterrades entsprechend der optimalen Kurvengeschwindigkeit einzustellen.
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In einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Untersteuerassistenten ist die Steuereinheit dazu ausgebildet, die optimale Kurvengeschwindigkeit rechnerisch aus einem Kurvenradius und einem Reibungswert zwischen der Fahrbahn und Vorderrädern und Hinterrädern des Fahrzeugs zu ermitteln.
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In noch einer weiteren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Untersteuerassistenten ist die Steuereinheit dazu ausgebildet, den Spurwinkel eines Hinterrades aus einer Mehrzahl von Kennfeldern zu ermitteln, wobei die Mehrzahl von Kennfeldern Geschwindigkeitsabhängigkeiten, Radwinkelabhängigkeiten und/oder Seitenkraftabhängigkeiten einschließen.
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In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Untersteuerassistenten ist die Steuereinheit dazu ausgebildet, mindestens einen weiteren fahrzeugseitig ermittelten Messwert zur Ermittlung des Spurwinkels eines Hinterrades einzubeziehen.
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Darüber hinaus wird ein Fahrzeug mit lenkbaren Vorderrädern, separat und unabhängig voneinander einstellbaren Hinterrädern und einem erfindungsgemäßen Untersteuerassistenten vorgeschlagen, das dazu konfiguriert ist, eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens auszuführen.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und den beiliegenden Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die voranstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegeben Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsformen in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird unter Bezugnahme auf die Zeichnung schematisch und ausführlich beschrieben.
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs während einer Kurvenfahrt mit gesteuertem kurveninneren Hinterrad.
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2 zeigt eine weitere schematische Darstellung eines Fahrzeugs während einer Kurvenfahrt mit gesteuertem kurvenäußerem Hinterrad.
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3 zeigt eine weitere schematische Darstellung eines Fahrzeugs während einer Kurvenfahrt, wobei beide Hinterräder gesteuert sind.
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4a und 4b zeigen jeweils ein Diagramm, in dem eine Abhängigkeit einer Seitenkraft von einem Spurwinkel eines Hinterrades aufgetragen ist.
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Unter Bezugnahme auf die 1 bis 3 soll das erfindungsgemäße Verfahren und der erfindungsgemäße Untersteuerassistent näher beschrieben werden.
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Auf den Figuren ist jeweils ein Fahrzeug 10 dargestellt, das sich in einer Kurvenfahrt befindet. Ein fiktiver Kurvenradius ist mit R bezeichnet, ein fiktiver Kurvenmittelpunkt ist mit P bezeichnet. Das dargestellte Fahrzeug 10 weist eine Front F und ein Heck H auf. Dementsprechend weist das Fahrzeug 10 ein erstes Vorderrad 11 und ein zweites Vorderrad 12 auf. Die Vorderräder 11 und 12 sind lenkbar nach links ausgeschlagen, so dass sich das Fahrzeug 10 dementsprechend auf einer Linkskurve befindet. Ein Geschwindigkeitsvektor V repräsentiert die Geschwindigkeit und die Richtung des Schwerpunkts S des Fahrzeugs 10.
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Neigt das Fahrzeug 10 beispielsweise zum Übersteuern, bricht also bei Kurvenfahrten leicht das Heck H aus, ist vorgesehen, einen Schräglauf einzelner Räder, insbesondere jedoch einen Spurwinkel 22 eines linken Hinterrades 13 (siehe 1) und/oder einen Spurwinkel 23 eines rechten Hinterrades 14 (siehe 2) unabhängig voneinander einzustellen. Dabei soll, wie in 1 gezeigt, unter anderem der Spurwinkel 22 des linken Hinterrades auf einen negativen Wert eingestellt werden. Der Spurwinkel 22 ist negativ, wenn eine Radebene 20 eine Längsachse 18 des Fahrzeugs 10 in Fahrtrichtung gesehen hinter den Hinterrädern 13, 14 schneidet. Diese Einstellung wird Nachspur genannt. In 1 ist der Spurwinkel 22 des linken Hinterrades 13 zwischen der Radebene 20 und einer Parallelen 18' zu der Längsachse 18 des Fahrzeugs 10 eingezeichnet. In der in 1 gezeigten Situation ist das linke Hinterrad 13 das kurveninnere Hinterrad. Das rechte Hinterrad 14 ist in diesem Fall das kurvenäußere Hinterrad. Auf diese Situation, also eine Fahrt des Fahrzeugs 10 durch eine Linkskurve, wird im Folgenden Bezug genommen. Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass in einer Rechtskurve das rechte Hinterrad 14 das kurveninnere Hinterrad und das linke Hinterrad 13 das kurvenäußere Hinterrad ist.
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Das kurveninnere Hinterrad 13 ist also von dem Untersteuerassistenten in Nachspur gestellt worden, wodurch eine zusätzliche Seitenkraft ΔF zu der ohnehin vorhandenen Seitenkraft auf das Hinterrad 13 wirkt. Die zusätzliche Seitenkraft ΔF wirkt nach innen. Aufgrund eines Abstands a der zusätzlichen Seitenkraft ΔF von dem Schwerpunkt S entsteht ein zusätzliches Giermoment ΔMS, das in der 1 im Uhrzeigersinn wirkt, in einer Linkskurve also einem Giermoment, das dabei entgegen dem Uhrzeigersinn wirkt, entgegenwirkt und somit ein Gesamt-Giermoment verringert. Dazu wird eine Giermomentenrate gemessen. Sobald ein erster Schwellwert G1 der Giermomentenrate überschritten wird, wird der Spurwinkel 22 des kurveninneren Hinterrades 13 so eingestellt, dass sich durch das zusätzliche Giermoment ΔMS die Giermomentenrate verringert. Die Giermomentenrate beschreibt dabei eine Änderung des Giermoments. Ein Eingreifen des Untersteuerassistenten kann ebenso erfolgen, wenn ein Schwellwert eines Giermoments überschritten wird. Der einzustellende Spurwinkel 22 kann dabei aus hinterlegten Kennfeldern abgeleitet werden. Die Kennfelder stellen einen Zusammenhang zwischen dem Spurwinkel, der momentan gefahrenen Geschwindigkeit, den auf die Hinterräder 13, 14 wirkenden Seitenkräften, usw. her. Die Steuerung des Spurwinkels 22 kann auch durch Einbeziehung eines zu messenden Gierwinkels und/oder anderer Parameter, die einen Einfluss auf das Fahrwerk und/oder das Fahrverhalten des Fahrzeugs 10 haben, erfolgen. Der Vorteil einer Einstellung einer Nachspur an dem kurveninneren Hinterrad 13, ist, dass an dem kurveninneren Hinterrad 13 eine Normalkraft, die auf das Hinterrad 13 wirkt, geringer ist, und somit weniger Kraft zum Ändern des Spurwinkels 22 erforderlich ist. Durch eine Verringerung des Gesamt-Giermoments und/oder der Giermomentenrate wird verhindert, dass das Fahrzeug 10 übersteuert und/oder das Heck H des Fahrzeugs 10 ausbricht.
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2 zeigt eine Alternative zum Einstellen eines Spurwinkels 22 des kurveninneren Hinterrades 13 aus 1. Eine Übersteuertendenz kann auch durch das Einstellen eines Spurwinkels 23 an einem kurvenäußeren Hinterrad, hier dem rechten Hinterrad 14, auf einen positiven Wert abgebaut werden. Der Spurwinkel 23 ist positiv, wenn eine Radebene 21 eine Längsachse 18 des Fahrzeugs 10 in Fahrtrichtung gesehen vor den Hinterrädern 13, 14 schneidet. Diese Einstellung wird Vorspur genannt. In 2 ist der Spurwinkel 23 des rechten Hinterrades 14 zwischen der Radebene 21 und einer Parallelen 18'' zu einer Längsachse 18 des Fahrzeugs 10 eingezeichnet. Ein Einstellen des kurvenäußeren Hinterrades 14 in Vorspur erzeugt ebenfalls eine zusätzlich nach innen gerichtete Seitenkraft ΔF. Aufgrund des Abstands a der zusätzlichen Seitenkraft ΔF wird ebenfalls ein zusätzliches Giermoment ΔMS um den Schwerpunkt S des Fahrzeugs 10 erzeugt, das gegen das Giermoment wirkt, das auf das Fahrzeug 10 während einer Linkskurve wirkt. Auch bei einem Steuern des kurvenäußeren Hinterrades 14 kann der einzustellende Spurwinkel 23 dabei aus hinterlegten Kennfeldern abgeleitet werden. Die Kennfelder stellen einen Zusammenhang zwischen dem Spurwinkel, der momentan gefahrenen Geschwindigkeit, den auf die Hinterräder 13, 14 wirkenden Seitenkräften, usw. her. Die Steuerung des Spurwinkels 23 kann auch durch Einbeziehung eines zu messenden Gierwinkels und/oder anderer Parameter, die einen Einfluss auf das Fahrwerk und/oder das Fahrverhalten des Fahrzeugs 10 haben, erfolgen.
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Es ist vorgesehen, dass eine der beiden zuvor genannten Alternativen als erstes Mittel des Untersteuerassistenten herangezogen wird, um ein Gesamt-Giermoment oder eine Giermomentenrate zu verringern, um das Ausbrechen des Hecks H zu verhindern oder nach Ausbrechen wieder einzufangen. Reicht eine Einstellung des Spurwinkels 22 des kurveninneren Hinterrades 13 auf einen negativen Wert, also Nachspur, oder eine Einstellung des Spurwinkels 23 des kurvenäußeren Hinterrades 14 auf einen positiven Wert, also Vorspur, nicht aus, ist weiterhin vorgesehen, zusätzlich dazu den Spurwinkel 22, 23 des entsprechenden anderen Hinterrades 13, 14 einzustellen. Dazu ist weiterhin vorgesehen, dass der Untersteuerassistent die Hinterräder 13, 14 unabhängig voneinander steuert, also auch der Spurwinkel 22 unabhängig von dem Spurwinkel 23 eingestellt werden kann. Die Spurwinkel 22, 23 weisen jedoch einen Maximalwert auf, über den hinaus der jeweilige Spurwinkel 22, 23 nicht vergrößert werden kann. Reicht eine Maximalstellung eines der Spurwinkel 22 oder 23 nicht aus, um ein zusätzliches Giermoment ΔMS zu erzeugen, das eine Verringerung der Giermomentenrate oder des Gesamt-Giermoments bewirkt oder falls ein zweiter Schwellwert G2 der Giermomentenrate überschritten wird, steuert der Untersteuerassistent zusätzlich zu dem Spurwinkel 22 oder 23 eines ersten Hinterrades 13 oder 14 auch den Spurwinkel 22 oder 23 des entsprechend anderen Hinterrades 13 oder 14.
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Eine Situation, in der die Spurwinkel 22 und 23 unabhängig voneinander eingestellt sind, ist in 3 dargestellt. Mit anderen Worten wird beispielsweise erst der Spurwinkel 22 des kurveninneren Hinterrades 13 auf einen Maximalwert eingestellt, weil der erste Schwellwert G1 der Giermomentenrate überschritten wurde, um über eine zusätzliche Seitenkraft ΔFL ein zusätzliches Giermoment ΔMS zu erzeugen, das dem wirkenden Giermoment entgegenwirkt. Das zusätzliche Giermoment ΔMS reicht jedoch nicht aus, um das Gesamt-Giermoment oder die Giermomentenrate zu verringern (erkennbar an einem Giermomentenverlauf), damit das Heck H des Fahrzeugs 10 nicht ausbricht, oder wieder eingefangen wird. Ist das der Fall oder wird ein zweiter Schwellwert G2 der Giermomentenrate überschritten, steuert der Untersteuerassistent nun zusätzlich zu dem kurveninneren Hinterrad 13 den Spurwinkel 23 des kurvenäußeren Hinterrades 14, wodurch eine weitere zusätzliche Seitenkraft ΔFR erzeugt wird, die das zusätzliche Giermoment ΔMS erhöht, so dass nun die Schwelle G1 oder G2 der Giermomentenrate unterschritten werden soll und das Heck H des Fahrzeugs 10 nicht ausbricht oder eingefangen wird und das Fahrzeug 10 in eine stabile Kurvenfahrt überführt wird.
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Natürlich ist es auch möglich, dass zuerst der Spurwinkel 23 des kurvenäußeren Hinterrades 14 und danach der Spurwinkel 22 des kurveninneren Hinterrades 13 zum Verringern des Gesamt-Giermoments gesteuert wird. Ein Vorteil, wenn zuerst der Spurwinkel 23 des kurvenäußeren Hinterrades 14 auf einen positiven Wert eingestellt wird und danach der Spurwinkel 22 des kurveninneren Hinterrades 13 auf einen negativen Wert eingestellt wird, ist eine höhere Verringerung des Gesamt-Giermoments oder der Giermomentenrate zu Anfang des Verfahrens.
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Ist eine Einstellung des Spurwinkels 22 des kurveninneren Hinterrades 13 und des Spurwinkels 23 des kurvenäußeren Hinterrades 14 nicht ausreichend, um das Heck H des Fahrzeugs 10 wieder einzufangen bzw. um eine Verringerung des Gesamt-Giermoments bzw. der Giermomentenrate zu bewirken oder wird ein dritter Schwellwert G3 der Giermomentenrate überschritten, wird zusätzlich ein kurvenäußeres Vorderrad, hier also das rechte Vorderrad 12, abgebremst. Die Abbremsung des kurvenäußeren Vorderrades 12 kann auch Bestandteil eines elektronischen Stabilitätsprogramms (ESP), also eines anderen Fahrerassistenzsystems als der erfindungsgemäße Untersteuerassistent, sein. In dem Fall ist der erfindungsgemäße Untersteuerassistent dazu ausgebildet, ein weiteres ein Fahrverhalten beeinflussendes Fahrerassistenzsystem anzuweisen, ein kurvenäußeres Vorderrad 11, 12 abzubremsen.
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Steigt die Giermomentenrate stark an und überschreitet einen vierten Schwellwert G4 der Giermomentenrate, werden gleichzeitig der Spurwinkel 22 des kurveninneren Hinterrads 13 und der Spurwinkel 23 des kurvenäußeren Hinterrades 14 auf einen jeweiligen Maximalwert des Spurwinkels 22, 23 eingestellt. Dabei ist vorgesehen, dass die Einstellung des Spurwinkels 22, 23 auf einen Maximalwert der auf das jeweilige Hinterrad 13, 14 wirkenden Seitenkraft eingestellt wird, falls die Änderung des Spurwinkels 22, 23 sehr groß wäre.
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Durch die gleichzeitige Einstellung des Spurwinkels 22 des kurveninneren Hinterrades 13 auf einen negativen Wert und des Spurwinkels 23 des kurvenäußeren Hinterrades 14 auf einen positiven Wert entstehen, wie erwähnt, Seitenkräfte FL und FR, die auf das jeweilige linke bzw. rechte Hinterrad 13, 14 wirken. Diese Seitenkräfte FL, FR sind abhängig von dem Spurwinkel 22 bzw. 23 und der auf das jeweilige Rad wirkenden Normalkraft. Die Normalkraft wirkt in einem Berührungspunkt des Rades mit der Fahrbahn in Richtung eines Mittelpunkt des Rades. Dementsprechend ist auf einem kurvenäußeren Rad bei gleicher Reibung die Normalkraft größer als auf einem kurveninneren Rad, sie hat ein höheres Potential. Ein Verlauf der Seitenkräfte FL und FR in Abhängigkeit des jeweiligen Spurwinkels 22 bzw. 23 ist in den 4a und 4b dargestellt. Da die Spurwinkel 22, 23 der Hinterräder 13, 14 unabhängig voneinander gesteuert werden, kann die resultierende Seitenkraft, die auf das Fahrzeug wirkt, durch ein Hinterrad 13 oder 14 erhöht werden, falls eines der Hinterräder 13 oder 14 plötzlich keine Reibung und/oder Haftung mit der Fahrbahn hat (z. B. aufgrund einer Pfütze, Laub, Sand, Abkommen von der Fahrbahn, usw.). Sollte also bei einer normalen Kurvenfahrt ein Hinterrad 13, 14 die Haftung verlieren, wird sofort die Seitenkraft durch das jeweilige andere Hinterrad 13, 14 aufgebaut, um das Fahrzeug 10 stabil zu halten.
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Es ist daher vorgehsehen, dass der Spurwinkel 22, 23 in Abhängigkeit von der wirkenden Seitenkraft gesteuert werden kann. Dabei soll der Spurwinkel 22, 23 so eingestellt werden, dass die Seitenkraft maximal wird, um eine schnelle Kurvenfahrt zu ermöglichen. Der Spurwinkel 22, 23 soll so eingestellt werden, dass die Seitenkräfte eine möglichst hohe Laufruhe des Fahrzeugs 10 ermöglichen, wozu eine zusätzliche Schwingungsmessung erforderlich ist. Dies dient einer schnellen, jedoch komfortablen Fahrt des Fahrzeugs 10 und erhöht die Qualität und den Komfort des Fahrens für Fahrzeuginsassen.
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Zusätzlich kann, bei einem Fahrzeug mit angetriebener Hinterachse (Heckantrieb) eine Mindestbeschleunigung gewährleistet werden, falls ein Hinterrad 13, 14 keine ausreichende Haftung aufweist. Dabei wird bei dem Hinterrad 13, 14, das noch ausreichende Haftung besitzt, der Spurwinkel 22 bzw. 23 auf einen positiven Wert eingestellt, also auf Vorspur. Somit wird das Gesamt-Giermoment, das um den Schwerpunkt S wirkt, abgebaut.
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Durch eine Verringerung des Gesamt-Giermoments bzw. der Giermomentenrate während der Kurvenfahrt wird ein stabiler Fahrzustand des Fahrzeugs 10 sichergestellt und ein Ausbrechen des Hecks H verhindert. Der erfindungsgemäße Untersteuerassistent wirkt also einem Übersteuern entgegen. Eine stabile Kurvenfahrt erhöht die Sicherheit bei Spurwechseln mit hoher Geschwindigkeit, lässt jedoch mehr Freiheitsgrade als eine Hinterachslenkung, wie sie aus dem Stand der Technik bekannt ist, zu.
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Erfindungsgemäß kann der Untersteuerassistent dazu verwendet werden, das Fahrzeug 10 mit einer optimalen Geschwindigkeit durch eine Kurve zu bewegen. Eine optimale Geschwindigkeit in der Kurve wird erreicht, wenn sich das Fahrzeug 10 an einer Schwelle zur Querfahrt bewegt, das Heck also kurz vor dem Ausbrechen ist. Die Schwelle kann von einer Steuereinheit anhand von verschiedenen Parametern errechnet werden. Dazu empfängt die Steuereinheit einen Reibwert zwischen den Rädern 11, 12, 13, 14 des Fahrzeugs und einer Fahrbahn. Der Reibwert wird durch Sensoren gemessen oder aus einem in der Steuereinheit hinterlegten Kennfeld abgeschätzt. Mit Hilfe des Kurvenradius und des Reibwerts errechnet die Steuereinheit die optimale Kurvengeschwindigkeit und stellt entsprechend einen Spurwinkel 22, 23 des kurveninneren und/oder des kurvenäußeren Hinterrades 13, 14 ein.
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Die Steuerung des Spurwinkels 22, 23 für eine optimale Kurvengeschwindigkeit kann dabei über eine Mehrzahl von Kennfeldern erfolgen. Die Kennfelder stellen dabei einen Zusammenhang zwischen dem Spurwinkel 22, 23 und einer momentanen Geschwindigkeit des Fahrzeugs 10 und/oder den auftretenden Seitenkräften, die auf die Hinterräder 13, 14 wirken, her. Zusätzlich oder alternativ kann die Steuerung des Spurwinkels auch durch Einbeziehung eines Gierwinkels, der Geschwindigkeit und weiterer Fahrzeugparameter, die Einfluss auf ein Kurvenfahrtverhalten des Fahrzeugs haben, geregelt werden.
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Eine solche Verwendung ist ebenfalls in der der gleichen Anmelderin gehörenden und am gleichen Tag eingereichten Patentanmeldung mit dem Titel „Übersteuerassistent und Verfahren zum Übersteuern eines Fahrzeugs” offenbart.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 0415450 A2 [0003]
- DE 3912520 A1 [0004]
- EP 0512591 A1 [0005]
- EP 2322412 A1 [0006]
- WO 2010/034370 A1 [0008]