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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines zur wenigstens teilweise, insbesondere vollständig automatischen Führung eines Kraftfahrzeugs in einer Fahrzeugführungsfunktion ausgebildeten Fahrerassistenzsystems eines Kraftfahrzeugs, wobei bei Erfüllung eines das Erreichen einer Systemgrenze für die Fahrzeugführungsfunktion beschreibenden Beendigungskriteriums wenigstens eine Beendigungswarnung, insbesondere eine Fahrübernahmeaufforderung, an den Fahrer ausgegeben wird und, insbesondere nach Fahrübernahme und/oder Bestätigung durch den Fahrer, die Fahrzeugführungsfunktion beendet wird. Daneben betrifft die Erfindung ein Kraftfahrzeug.
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Im Stand der Technik sind inzwischen eine Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen bekannt, die in verschiedenen Automatisierungsstufen dem Fahrer bei der Fahrzeugführung assistieren, indem sie wenigstens teilweise die Fahrzeugführung übernehmen. Dies wurde für Teilaspekte der Fahrzeugführung, beispielsweise die Querführung und/oder die Längsführung, realisiert, wobei auch Fahrerassistenzsysteme mit Fahrzeugführungsfunktionen vorgeschlagen wurden, die die Fahrzeugführung vollständig übernehmen können.
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Bei derartigen Fahrzeugführungsfunktionen von Fahrerassistenzsystemen muss ein Mechanismus vorgesehen werden, der den Fahrer des Kraftfahrzeugs wieder zurück in die Fahrverantwortung holt, mit anderen Worten „in den Loop”, falls eine Systemgrenze für die Fahrzeugführungsfunktion erreicht ist. Derartige Systemgrenzen können anhand verschiedener Betriebsgrößen definiert werden, beispielsweise bei Stauassistenzsystemen mit einer Stauführungsfunktion als Überschreiten einer bestimmten Geschwindigkeit, bei Spurhalteassistenzfunktionen bei Nichterkennbarkeit von Fahrspuren oder beim falschen Straßentyp und dergleichen.
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Um den Fahrer wieder auf die Notwendigkeit der Übernahme der Fahrzeugführung hinzuweisen, ist es bekannt, bei Eintritt eines das Erreichen einer Systemgrenze anzeigenden Beendigungskriteriums eine sogenannte Fahrübernahmeaufforderung ausgegeben, die beispielsweise akustische, optische und/oder haptische Kommunikationskanäle innerhalb des Kraftfahrzeugs nutzen kann, um den Fahrer darauf hinzuweisen, dass er die Fahrzeugführung wieder selbst übernehmen muss. Im Bereich der haptischen Fahrübernahmeaufforderungen wurden dabei Vibrationen des Sitzes und/oder des Lenkrads vorgeschlagen. Es wurde auch angedacht, Brems- bzw. Lenkrucke zu verwenden, um die Aufmerksamkeit des Fahrers auf die Fahrzeugführungsaufgabe zurückzulenken.
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Die heutigen Varianten, Fahrübernahmeaufforderungen auszugeben, weisen jedoch einige Nachteile auf. Die Nutzung akustischer und/oder optischer Kommunikationskanäle ist dem Fahrer im Kraftfahrzeug bereits für eine Vielzahl anderer, wenig brisanter Informationen und Hinweise bekannt, so dass sie nicht mit der hohen Priorität, die für eine Fahrübernahmeaufforderung gegeben ist, verbunden werden. Sitzvibrationen und Lenkradvibrationen werden häufig nicht bemerkt, beispielsweise dann, wenn der Straßenbelag schlecht ist und beispielsweise ein Kopfsteinpflaster überfahren wird. Zudem ist die Aktorik, um hinreichend heftige Vibrationen zu erzeugen, äußerst komplex und wird als zu teuer angesehen, da sie selten benötigt wird.
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Die oben genannten Möglichkeiten für Fahrübernahmeaufforderungen haben ferner gemeinsam den Nachteil, dass die Dringlichkeit/Priorität der Tatsache, dass der Fahrer unmittelbar wieder die Fahrzeugführung übernehmen muss, nicht klar wird, da kein unmittelbarer Bezug zum Kraftfahrzeug und dessen Führung hergestellt wird. Dies wäre zwar bei einer auf Lenk- und/oder Bremseingriffen basierenden Fahrübernahmeaufforderung gegeben, jene greifen jedoch in die Trajektorie des Fahrzeugs ein. Hierdurch können andere Verkehrsteilnehmer durch die heftige Fahrzeugführungsmaßnahme irritiert werden. Zudem könnte ein derartiger Fahreingriff auch anderweitige Ursachen haben. Es ist insgesamt festzuhalten, dass aktuelle Fahrerassistenzsysteme bei den Fahrübernahmeaufforderungen sehr viel Zeit benötigen, bis fahrerseitig die Aufforderung zur Übernahme der Fahrzeugführung klar wird.
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DE 10 2014 215 128 A1 betrifft eine Möglichkeit zur Verantwortungsübernahme bei hochautomatisiertem Fahren. Dort wird ein zuverlässiger Übergang von einem automatischen Fahrmodus eines Fahrzeugs in einen manuellen Fahrmodus des Fahrzeugs gewährleistet, indem auf Basis von Umfelddaten detektiert wird, dass für eine Fahrsituation ein manueller Eingriff des Fahrers in den Fahrbetrieb des Fahrzeugs erforderlich ist, wonach eine Bewegung des Fahrzeugs generiert wird, um den Fahrer darüber zu informieren, dass ein manueller Eingriff in den Fahrbetrieb erforderlich ist. Die Bewegung kann eine Wankbewegung umfassen, die durch eine Aktivfederung ausgelöst werden kann.
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DE 10 2010 031 038 A1 betrifft ein Verfahren zur Unterstützung eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs. Darin wird beim Betrieb eines Notbremssystems vorgeschlagen, bereits bei einem kritischen Abstand einen Warnruck auszugeben, nachdem die Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs automatisch reduziert wird. Der Warnruck wird durch eine Änderung der Beschleunigung des Fahrzeugs realisiert.
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DE 10 2010 035 718 A1 offenbart ein Verfahren zum Betrieb eines Fahrerassistenzsystem, bei dem ein gerichteter Hinweis oder eine gerichtete Warnung an einen Fahrer dadurch ausgegeben werden soll, dass eine von der Richtung abhängige Veränderung des Wankwinkels des Kraftfahrzeugs erzeugt wird. Hierfür können aktive Federungssysteme eingesetzt werden, welche neben einer Federungs- und Dämpfungsfunktion auch einen Ausgleich der Nick- und Wankbewegung durch dynamische Regelung der Vertikalposition eines jeden einzelnen Rades ermöglichen.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine intuitive und demgegenüber verbesserte Möglichkeit zur Realisierung einer Fahrübernahmeaufforderung anzugeben.
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Zur Lösung dieser Aufgabe sind bei einem Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemäß die Merkmale des Anspruchs 1 vorgesehen.
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Die Erfindung nutzt also aus, dass in modernen Kraftfahrzeugen häufig aktive Fahrwerksysteme vorgesehen sind, die geeignet sind, ausreichend heftige Wank-/Nick-/Hubbewegungen in den Fahrzeugaufbau einzubringen, um eine Fahrübernahmeaufforderung auszugeben, die den Fahrer sowie gegebenenfalls auch weitere Insassen des Kraftfahrzeugs erreicht und sämtliche Insassen zur Aufmerksamkeit zwingt. Fahrwerksysteme dieser Art wurden dabei für andere Zwecke im Stand der Technik bereits beschrieben. Beispielsweise können derartige aktive Fahrwerksysteme zur Wankstabilisierung eingesetzt werden, denkbar ist es jedoch auch, ein aktives Fahrwerksystem zu nutzen, um Kollisionsfolgen bei einer detektierten unvermeidbaren Kollision zu mindern, beispielsweise durch Einstellen eines geeigneten Hubs und dergleichen. Aktive Fahrwerke zeichnen sich dadurch aus, dass an der Radaufhängung ein Aktor verwendet wird, über den beispielsweise Federwege eingestellt werden können. Sind die den einzelnen Rädern zugeordneten Aktoren getrennt ansteuerbar, lassen sich mithin verschiedene Nickwinkel, Wankwinkel und Hübe des Fahrzeugaufbaus einstellen, die in Form eines Anforderungsnickwinkels, eines Anforderungswankwinkels bzw. eines Anforderungshubs als Steuergröße an das aktive Fahrwerksystem gegeben werden können. Derartige Fahrwerksysteme werden auch als vollaktive Fahrwerksysteme bezeichnet.
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Wird also durch das die Fahrübernahmeaufforderung ausgebende Fahrerassistenzsystem ein Warnsignalverlauf, der wenigstens einen entsprechenden Anforderungsparameterverlauf enthält, an das aktive Fahrwerksystem ausgegeben, setzt dieses den Warnsignalverlauf entsprechend um und kann beispielsweise und bevorzugt wellenartige Bewegungen des Fahrzeugaufbaus herbeiführen, die zweifelsohne die Aufmerksamkeit der Insassen erregen werden. Besonders bevorzugt sind dabei Verkippungen des Fahrzeugaufbaus, mithin die Verwendung von Anforderungsnickelwinkel- und Anforderungswankwinkelverläufen. Moderne aktive Fahrwerksysteme, beispielsweise aktive Wankstabilisierungssysteme, bei denen ein achsbezogener Aktor zur Einstellung eines Achsenwankwinkels verwendet wird, und/oder vollaktive Fahrwerksysteme, können den Fahrzeugaufbau sehr heftig bewegen, so dass beispielsweise fast sprungartige Hinweissignale möglich sind. Wesentlich hierbei ist, dass durch die fahrzeugseitige Beendigungswarnung keinerlei Eingriff in die Fahrzeugführung selbst stattfindet, das bedeutet, es wird eine äußerst nachdrückliche Fahrübernahmeaufforderung realisiert, die aber ungefährlich ist, da keine Änderung der gefahrenen Trajektorie stattfindet und mithin keine Kollisionsgefahr für gegebenenfalls zu dicht benachbarte Verkehrsteilnehmer besteht.
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Vorteilhaft ist die fahrwerkseitige Beendigungswarnung als Fahrübernahmeaufforderung sehr deutlich spürbar, so dass die Rückholzeit, bis der Fahrer die Fahrzeugführung wieder selbst übernimmt, reduziert werden kann. Das bedeutet also, dass der Zeitraum zwischen dem Erfüllen des Beendigungskriteriums bis zur Fahrübernahme durch den Fahrer verkürzt wird, mithin das Fahrerassistenzsystem technisch einfacher und finanziell deutlich günstiger realisiert werden kann. Alle Insassen werden unmittelbar und intuitiv auf das Kraftfahrzeug und die Fahrzeugführung aufmerksam. Dabei ist es besonders vorteilhaft, dass auch Mitfahrer erreicht werden, die dann beispielsweise den Fahrer, sollte dieser schlafen oder dergleichen, aufwecken können oder auch die Fahrzeugführung wenigstens teilweise selbst übernehmen können, falls der Fahrer fahruntauglich ist.
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Durch die Nutzung des aktiven Fahrwerksystems wird ein deutlicher Bezug zum Kraftfahrzeug, zur Straße sowie zur Fahrzeugführung hergestellt. Es wird beim Fahrer der Wille erzeugt, die Fahrzeugführung selbst zu übernehmen und die unangenehme Situation unter Kontrolle zu bringen. Es ist also eine intuitive Rückführung an die Fahrzeugführung gegeben. Zugleich werden aber auch andere Verkehrsteilnehmer gewarnt, dass in dem von ihnen sichtbaren, dem Warnsignalverlauf unterworfenen Kraftfahrzeug ein Problem vorliegen könnte, so dass diese letztlich auch visuell zur Vorsicht aufgerufen werden.
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Eine der besonderen Vorteile der Erfindung ist, dass die fahrwerkseitige Beendigungswarnung äußerst nachdrücklich ist, mithin als hochpriorisiert wahrgenommen wird. Daher ist es bevorzugt, zumindest in Situationen, in denen eine hohe Kritikalität der Fahrsituation gegeben ist, beispielsweise also bei Überschreitung eines Kritikalitätsschwellwertes für die Kritikalität der Fahrsituation, die in einer Fahrsituationsanalyse ermittelt werden kann, die fahrwerkseitige Beendigungswarnung unmittelbar als erste Warnung auszugeben. Dies kann in bestimmten Ausführungsbeispielen parallel zu der Ausgabe weiterer Beendigungswarnungen über die üblichen Kanäle, insbesondere also optische und/oder akustische Kanäle, erfolgen.
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Denkbar ist es jedoch auch, insbesondere in weniger kritischen Situationen, wenn also beispielsweise der Kritikalitätsschwellwert unterschritten ist, dass die fahrwerkseitige Beendigungswarnung nur ausgegeben wird, wenn der Fahrer auf eine primäre Beendigungswarnung, die durch ein akustisches und/oder optisches und/oder haptisches Ausgabemittel ausgegeben wird, innerhalb eines vorgegebenen Reaktionszeitintervalls nicht reagiert hat. Dann kann sozusagen die nachdrücklichere fahrwerkseitige Beendigungswarnung zunächst zurückgestellt werden, bis klar ist, dass stärkere Hinweise erforderlich sind, um den Fahrer auf die anstehende Fahrübernahme hinzuweisen.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass die fahrwerkseitige Beendigungswarnung solange ausgegeben wird, bis eine Fahrübernahme und/oder Bestätigung durch den Fahrer detektiert wird und/oder eine Maximalwartezeit abgelaufen ist. Dabei sieht eine konkrete Ausgestaltung vor, dass während der Dauer der fahrwerkseitigen Beendigungswarnung der eine bestimmte Grundzeitspanne abdeckende Warnsignalverlauf wiederholt wird und/oder die Intensität der fahrwerkseitigen Beendigungswarnung bis zu einer maximalen Intensität während der Dauer erhöht wird.
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Es ist also zum einen nicht zwangsläufig notwendig, die Dauer des Warnsignalverlaufs auf die Maximalwartezeit hin auszulegen, sondern es kann ein eine Grundzeitspanne andauerndes Grundwarnsignal zyklisch wiederholt werden, bis der Fahrer übernimmt/bestätigt und/oder die Maximalwartezeit abgelaufen ist. In diesem Kontext ist es besonders vorteilhaft, wenn die Intensität der fahrwerkseitigen Beendigungswarnung bis zur maximalen Intensität während der Dauer erhöht wird. Auf diese Weise wird immer nachhaltiger und nachdrücklicher gewarnt, um den Fahrer dazu zu motivieren, seine Aufmerksamkeit wieder der Fahrzeugführung zuzuwenden, insbesondere dann, wenn eine kritische Fahrsituation vorliegt. Auf diese Weise kann beispielsweise realisiert werden, als sozusagen letzte Möglichkeit, den Fahrer in den Loop zurückzuholen, ihn durch die fahrwerkseitige Beendigungswarnung „wachzurütteln”.
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Zweckmäßigerweise wird nach Ablauf der Maximalwartezeit das Kraftfahrzeug vollautomatisch in einen sicheren Zustand, insbesondere den Stillstand, überführt. Hierzu kann beispielsweise ein entsprechend für diesen Fall vorliegender und/oder aufgrund aktueller Betriebsgrößen bestimmter Aktionsplan umgesetzt werden, der darauf abzielt, das Kraftfahrzeug sicher abzustellen. Aktionspläne müssen jedoch nicht ausschließlich Bremseingriffe enthalten, sondern können auch Lenkeingriffe aufweisen, beispielsweise, wenn der Ort eines Standstreifens und/oder einer Haltebucht aus Umfelddaten bekannt ist und das Kraftahrzeug sicher dorthin verbracht werden kann. Derartige Aktionspläne sind im Stand der Technik grundsätzlich bekannt und sollen hier nicht näher dargelegt werden.
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Die vorliegende Erfindung sieht vor, dass der Warnsignalverlauf wenigstens zwei aus der Gruppe umfassend Anforderungswankwinkelverlauf, Anforderungsnickwinkelverlauf und Anforderungshubverlauf gewählte Anforderungsparameterverläufe umfasst, welche sich wenigstens teilweise auf Zeiträume beziehen, in denen nur ein Anforderungsparameter variiert wird. Insbesondere liegen mithin ein Anforderungswankwinkelverlauf und ein Anforderungsnickelwinkelverlauf als Teil des Warnsignalverlaufs vor, die nicht vollständig zeitlich überlappen. Insbesondere können derart verschiedene Arten von Bewegungen des Fahrzeugaufbaus hintereinandergeschaltet werden, um ein auffälliges und dennoch geordnet wirkendes, mithin als Beendigungssignal erkennbares Warnsignal als Fahrübernahmeaufforderung zu erzeugen. Beispielsweise kann vorgesehen sein, zweimal eine Wankbewegung durchzuführen, dann zweimal eine Nickbewegung und nochmals zweimal eine Wankbewegung. Eine derartige Sequenz, die hier die Zeiträume vollständig disjunkt nutzt, kann selbstverständlich auch, wie oben angedeutet, ein Grundwarnsignal bilden, dass dann zyklisch wiederholt wird. Insgesamt hat sich eine derartige Kombination von Nicken und Wanken als besonders geeignet erwiesen, die Aufmerksamkeit des Fahrers zu wecken.
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Allgemein gesagt ist die Stärke des Warnsignalverlaufs wenigstens zum Erregen der Aufmerksamkeit der Insassen des Kraftfahrzeugs, insbesondere auch zum Aufwecken von Insassen des Kraftfahrzeugs, geeignet zu wählen, wobei insbesondere auch vorgesehen sein kann, dass die Stärke des Warnsignalverlaufs derart gewählt wird, dass die fahrwerkseitige Beendigungswarnung durch menschliche Beobachter auch außerhalb des Kraftfahrzeugs wahrnehmbar ist. Auf diese Weise kann, wie bereits angedeutet, auch an andere Verkehrsteilnehmer ein Hinweis zur Vorsicht gegeben werden.
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Eine konkrete Ausgestaltung der Erfindung kann beispielsweise vorsehen, dass ein eine Variation des Wankwinkels in einem wenigstens 5° umfassenden Winkelintervall und/oder des Nickwinkels in einem wenigstens 2° umfassenden Winkelintervall und/oder des Hubs in einem wenigstens 80 mm umfassenden Höhenintervall beschreibender und/oder eine Winkelgeschwindigkeit von 5°/s und/oder eine Hubgeschwindigkeit von 50 mm/s wenigstens zeitweise überschreitender Warnsignalverlauf verwendet wird. Um eine nachdrückliche Warnung zu erzeugen, geben diese Werte gute Richtwerte an, wobei moderne aktive Fahrwerksysteme auch größere einstellbare Wankwinkel/Nickwinkel/Hübe erlauben können, beispielsweise eine Variation des Wankwinkels um +/–5°, des Nickwinkels um +/–2,2° und des Hubs von +/–70 mm. Auch Winkelgeschwindigkeiten von ca. 11°/s für den Wankwinkel sind mit heutiger Technik realisierbar. Bevorzugt kann dabei die maximale Performance des Fahrwerksystems ausgenutzt werden, um möglichste deutliche, nachdrückliche fahrwerkseitige Beendigungssignale auszugeben.
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Wie bereits erwähnt wurde, ist es besonders bevorzugt, wenn ein wellenförmiger Warnsignalverlauf verwendet wird, der nicht zwangsläufig zyklisch sein muss und zur Erhöhung der Wahrnehmbarkeit starke Steigungen und/oder plötzliche Bewegungsrichtungswechsel enthalten kann. Beispielsweise ist es denkbar, für den Wankwinkel, den Nickwinkel und/oder den Hub im Falle einer gewollten sanfteren Beendigungswarnung Sinusverläufe einzusetzen, während härtere Warnungen mit im Wesentlichen einer Dreieckswelle entsprechenden Verläufen möglich sind. Denkbar ist auch eine randomisierte Erzeugung innerhalb der jeweiligen Intervalle, die zu unvorhersagbaren und somit besonders auffälligen Warneffekten führen kann.
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Wie bereits erwähnt wurde, kann parallel zu der fahrwerkseitigen Beendigungswarnung eine sekundäre, akustische und/oder optische und/oder haptische Beendigungswarnung ausgegeben werden. Über die Intuition hinaus, die Fahrzeugführung wieder übernehmen zu wollen, kann die sekundäre Beendigungswarnung genutzt werden, um dem Fahrer auch die Information zu übermitteln, dass nicht ein Defekt des Kraftfahrzeugs Ursache für das Verhalten des Fahrzeugaufbaus ist, sondern es sich um eine gezielte Beendigungswarnung zur Fahrübernahmeaufforderung handelt.
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Neben dem Verfahren betrifft die Erfindung auch ein Kraftfahrzeug, aufweisend ein zur wenigstens teilweise, insbesondere vollständig automatischen Führung des Kraftfahrzeugs in einer Fahrzeugführungsfunktion ausgebildetes Fahrzeugführungssystem mit einem zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildeten Steuergerät. Sämtliche Ausführungen zum erfindungsgemäßen Verfahren lassen sich analog auf das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug übertragen, mit welchem mithin auch die genannten Vorteile erhalten werden können. Selbstverständlich weist das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug dabei auch das Fahrwerksystem auf.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den im Folgenden beschriebenen Ausführungsbeispielen sowie anhand der Zeichnung. Dabei zeigen:
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1 einen Ablaufplan eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens,
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2 einen möglichen Anforderungsparameterverlauf,
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3 einen einen Anforderungswankwinkelverlauf und einen Anforderungsnickwinkelverlauf nutzenden Warnsignalverlauf, und
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4 ein erfindungsgemäßes Kraftfahrzeug.
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1 zeigt einen Ablaufplan eines Ausführungsbeispiels des erfindungsgemäßen Verfahrens. Dort wird davon ausgegangen, dass gerade eine Fahrzeugführungsfunktion eines Fahrerassistenzsystems des Kraftfahrzeugs durchgeführt wird, welche zur wenigstens teilweise, insbesondere gänzlich, automatischen Führung des Kraftfahrzeugs ausgebildet ist. Bei dem Fahrerassistenzsystem kann es sich beispielsweise um ein Längsführungsassistenzsystem, ein Querführungsassistenzsystem, ein Stauassistenzsystem oder auch ein das Kraftfahrzeug vollständig automatisch führendes Fahrzeugsystem handeln.
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Im Schritt S1 ist nun ein Beendigungskriterium erfüllt, welches das Erreichen einer Systemgrenze für die Fahrzeugführungsfunktion anzeigt. Beispielsweise kann eine zulässige Maximalgeschwindigkeit überschritten sein, eine zulässige Querbeschleunigung, es kann ein zu hohes Verkehrsaufkommen vorliegen und/oder es kann ein für wenigstens teilautomatisiertes Fahren freigegebener Bereich verlassen werden. In diesem Fall ist die Fahrzeugführungsfunktion zu beenden und die Fahrzeugführung ist im Rahmen einer Fahrübernahmeaufforderung wieder an den Fahrer zu übergeben. Um dem Fahrer hierauf hinzuweisen, wird wenigstens eine Beendigungswarnung ausgegeben. Um die auszugebenden Beendigungswarnungen korrekt auszuwählen, wird in einem Schritt S2 ein die Kritikalität der aktuellen Fahrsituation beschreibender Kritikalitätswert ermittelt, wozu bekannte Fahrsituationsanalysen eingesetzt werden können, welche sich auch konkret auf den Wegfall und/oder die bei Weiterbetrieb der Fahrzeugführungsfunktion auftretenden Probleme beziehen kann. Überschreitet der Sicherheitswert einen Sicherheitsschwellwert im Schritt S2, wird davon ausgegangen, dass der Fahrer mit höchster Priorität die Fahrzeugführung wieder übernehmen muss, so dass unmittelbar im Schritt S3 eine fahrwerkseitige Beendigungswarnung, hier parallel zu einer optischen und/oder akustischen sekundären Beendigungswarnung, ausgegeben wird.
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Das Kraftfahrzeug weist mithin ein aktives Fahrwerksystem auf, bei welchem hier jedem Rad ein eigener Aktor zugeordnet ist, über den der Fahrzeugaufbau relativ zum jeweiligen Rad gehoben werden kann, so dass aufgrund der individuellen Ansteuerung der einzelnen Aktoren unterschiedliche Anforderungswankwinkel, Anforderungsnickwinkel und Anforderungshübe eingestellt werden können. Dies wird im Schritt S3 genutzt, indem das Fahrerassistenzsystem einen Warnsignalverlauf als Steuergrößen an das Fahrwerksystem übermittelt. Der Warnsignalverlauf enthält wenigstens einen Anforderungsparameterverlauf, mithin einen Anforderungswankwinkelverlauf, einen Anforderungsnickwinkelverlauf und/oder einen Anforderungshubverlauf. Denkbar ist es selbstverständlich auch, dass der Warnsignalverlauf den Anforderungsparameterverlauf nur beschreibt, beispielsweise, indem er spezielle Anforderungsgrößen für einzelne Aktoren enthält. Der Anforderungsparameterverlauf beschreibt einen sich zeitlich verändernden Anforderungsparameter, so dass mithin bei dessen Umsetzung eine bevorzugt wellenartige Bewegung des Fahrzeugaufbaus resultiert. Der Fahrzeugaufbau wird mithin einer Art „Schüttelbewegung” unterworfen, ohne dass Eingriff in die Fahrzeugführung selbst genommen wird, mithin die Trajektorie des Kraftfahrzeugs verändert wird. Gleichwohl ist der Effekt im Kraftfahrzeug für alle Insassen deutlich spürbar und vorliegend auch so gewählt, dass menschliche Beobachter in anderen Verkehrsteilnehmern dies erkennen können, mithin Vorsicht walten lassen. Intuitiv weist diese fahrzeugseitige Beendigungswarnung den Fahrer darauf hin, dass eine Fahrübernahme durchzuführen ist.
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Selbstverständlich können auch unterschiedliche Warnsignalverläufe je nach Fahrsituation ausgewählt werden, beispielsweise stärkere, unangenehmere Bewegungen auslösende Warnsignalverläufe in kritischeren Fahrsituationen.
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2 zeigt beispielhaft einen Anforderungswankwinkelverlauf 1, wie er im erfindungsgemäßen Verfahren realisiert werden kann. Aufgetragen ist der Wankwinkel gegen die Zeit. Ersichtlich erstreckt sich dabei der vorgegebene Teil des Anforderungswankwinkelverlaufs 1 über eine Grundzeitspanne 2, wobei nach deren Ablauf eine Wiederholung mit steigender Amplitude stattfindet. Das bedeutet, die Intensität der fahrwerkseitigen Beendigungswarnung erhöht sich, insbesondere bis zu einer maximalen Intensität während der Gesamtdauer, die vorliegend durch eine Maximalwartezeit nach oben begrenzt ist.
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Ersichtlich weist der Anforderungswankwinkelverlauf 1 hohe Steigungen und schnelle Bewegungsrichtungswechsel auf, um so die fahrwerkseitige Beendigungswarnung möglichst deutlich für die Insassen, insbesondere den Fahrer, spürbar zu gestalten. Vorliegend wird im Verlauf der Dauer der fahrwerkseitigen Beendigungswarnung der Wankwinkel maximal in einem 10° umfassenden Winkelintervall variiert, wobei die Winkelgeschwindigkeiten 10°/s nicht überschreiten.
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3 zeigt einen Warnsignalverlauf, der ein abwechselndes, sequenzielles Nicken und Wanken realisiert. Er enthält vorliegend einen Anforderungswankwinkelverlauf 10, der in zwei Zeiträumen 11 und 12 genutzt wird und einen Anforderungsnickwinkelverlauf 13 für den dazwischenliegenden Zeitraum 14. Die Summe der Zeiträume 11, 12, 14 kann eine Grundzeitspanne bilden.
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In einem Schritt S4 wird sodann überprüft, ob eine Fahrübernahme durch den Fahrer erfolgt oder ob eine Maximalwartezeit abgelaufen ist. In beiden Fällen wird die fahrwerkseitige Beendigungswarnung genauso wie die Fahrzeugführungsfunktion dann beendet, wobei bei einer Fahrübernahme durch den Fahrer dieser nun das Kraftfahrzeug weiter betreibt. Ist allerdings die Maximalwartezeit abgelaufen, so wird in einem Schritt S5 ein Aktionsplan genutzt, um das Kraftfahrzeug durch Fahreingriffe in einen sicheren Zustand, hier den Stillstand, zu überführen.
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Während es in Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung denkbar ist, grundsätzlich unmittelbar die fahrwerkseitige Beendigungswarnung auszugeben, wie beschrieben insbesondere parallel zu einer sekundären, optischen und/oder akustischen Beendigungswarnung, wird im hier dargestellten Ausführungsbeispiel dann, wenn der Sicherheitsschwellwert im Schritt S2 unterschritten ist, in einem Schritt S6 zunächst eine primäre Beendigungswarnung über optische und/oder akustische, gegebenenfalls auch haptische, Ausgabemittel ausgegeben, um den Fahrer zunächst auf diese, bei einer geringeren Priorität ausreichende Art und Weise auf die anstehende Fahrübernahmeaufforderung aufmerksam zu machen.
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Konsequenterweise wird in einem Schritt S7 nun überprüft, ob die Fahrerübernahme durch den Fahrer erfolgt, in welchem Fall dieser das Kraftfahrzeug bei beendeter Fahrzeugführungsfunktion wie bekannt weiterführt. Läuft jedoch ein Reaktionszeitintervall ab, ohne dass die Fahrübernahme erfolgt, wird wiederum zum Schritt S3 verzweigt, in dem dann die (im Vergleich stärkere) fahrwerkseitige Beendigungswarnung, wie beschrieben, ausgegeben wird.
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4 zeigt schließlich eine Prinzipskizze eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs 3. Dieses weist ein vollaktives Fahrwerksystem 4 auf, welches vorliegend vier jeweils einem Rad 5 zugeordnete Aktoren 6 aufweist, die unabhängig ansteuerbar sind. Auf diese Weise lassen sich durch das Fahrwerksystem 4 innerhalb eines zulässigen Bereichs unterschiedliche Anforderungswankwinkel und/oder Anforderungsnickwinkel und/oder Anforderungshübe einstellen. Das Kraftfahrzeug 3 weist ferner ein Fahrerassistenzsystem 7 auf, das zur Durchführung einer Fahrzeugführungsfunktion zur wenigstens teilweise automatischen Führung des Kraftfahrzeugs 3 ausgebildet ist. Das Fahrerassistenzsystem 7 weist ein Steuergerät 8 auf, das zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildet ist.
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Das bedeutet insbesondere, dass das Steuergerät 8 durch Weitergabe eines Warnsignalverlaufs, wie beschrieben, an das Fahrwerksystem 4 eine fahrwerkseitige Beendigungswarnung ausgeben lassen kann. Gleichzeitig weist das Kraftfahrzeug jedoch auch über das Fahrerassistenzsystem ansteuerbare optische und/oder akustische Ausgabemittel 9 auf, die zur Ausgabe primärer und/oder sekundärer weiterer Beendigungswarnungen genutzt werden können.
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Es sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass das erfindungsgemäße Vorgehen auch für sogenannte Notfallassistenten als Fahrerassistenzsysteme nutzbringend eingesetzt werden kann, die das Kraftfahrzeug in einen sicheren Zustand überführen sollen, wenn der Fahrer als nicht mehr fahrtüchtig detektiert wird. Dann kann mittels der fahrwerkseitigen Beendigungswarnung versucht werden, den Fahrer dennoch wieder zurück in die Fahraufgabe zu holen, bevor das Kraftfahrzeug endgültig in den sicheren Zustand überführt wurde.