-
Die Erfindung betrifft ein aktives Kompensationssystem für See- bzw. Meereswellen (Active Heave Compensation AHC) gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
-
Im Bereich der Seeschifffahrt werden z.B. Gangways oder Landungsbrücken von Schiffen, die sich auf den Wellen auf und ab bewegen, auf einen ruhenden Kai abgesenkt und schließlich dort abgelegt. Oder es werden umgekehrt Gangways von einem ruhenden Kai auf ein Schiff abgesenkt, das sich auf den Wellen auf und ab bewegt. Um Beschädigungen zu vermeiden, soll die Gangway sanft abgesetzt werden. Bei einer signifikanten Wellenhöhe bzw. bei Seegang ist die langsame Annäherung der Gangway an den ruhenden Kai nur möglich, wenn der Aktor der Gangway der gewünschten Annäherungsbewegung eine Wellenkorrekturbewegung überlagert.
-
Aus dem Stand der Technik sind Wellengangkompensationssysteme mit so genannten Motion Reference Units (MRU) bekannt, die über Beschleunigungssensoren die Wellenbewegungen erfassen. Damit kann die relative Bewegung des betroffenen Schiffes erfasst werden und ein Signal für eine Wellenkorrekturbewegung an eine Steuerung des Aktors der Gangway übertragen werden.
-
Nachteilig an derartigen Wellengangkompensationssystemen ist, dass die MRU’s sehr teuer sind und auf komplizierten Umrechnungsalgorithmen basieren, die die Koordinaten der MRU und des bewegten Objektes berücksichtigen.
-
Dem gegenüber liegt der Erfindung die Aufgabe zu Grunde, ein Wellengangkompensationssystem zu schaffen, dessen vorrichtungstechnischer und rechentechnischer Aufwand verringert sind.
-
Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Wellengangkompensationssystem mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
-
Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Patentansprüchen beschrieben.
-
Das erfindungsgemäße aktive Wellengangkompensationssystem für Seewellen (Active Heave Compensation AHC) hat einen Aktor zum Heben und Senken einer Einrichtung, z.B. eine Gangway, die über eine Koppelvorrichtung, z.B. mit Gelenken, an ein erstes Objekt, z.B. an ein Schiff, gekoppelt ist. Der Aktor ist über einen Regelkreis in Abhängigkeit eines Ist-Signals eines Radarsensors ansteuerbar. Der Radarsensor wird an einem von der Koppelvorrichtung und dem ersten Objekt beabstandeten Endabschnitt der Einrichtung angeordnet. Damit kann der Abstand des Endabschnitts der Einrichtung zu einem zweiten Objekt, z.B. einem Kai, erfasst und an den Regelkreis als Ist-Signal übertragen werden. Mit dem erfindungsgemäßen Wellengangkompensationssystem ist eine direkte Erfassung eines nicht dem Soll-Abstand entsprechenden Ist-Abstandes und eine Korrektur über den Regelkreis und den Aktor möglich. Wenn der Endabschnitt der Einrichtung z.B. näher am zweiten Objekt ist, als durch den Soll-Abstand vorgegeben ist, kann der Aktor ein Entfernen oder ein verlangsamtes Annähern bewirken. Wenn der Endabschnitt der Einrichtung weiter vom zweiten Objekt entfernt ist, als vorgegeben, kann der Aktor ein Annähern oder ein beschleunigtes Annähern bewirken. Das Wellengangkompensationssystem muss schneller sein, als die aufwärts und abwärts gerichtete Geschwindigkeit der Wellen.
-
Die Aufgabe wird ebenfalls gelöst von einer erfindungsgemäßen Anordnung mit einer Einrichtung, die über eine Koppelvorrichtung an ein erstes Objekt koppelbar ist. Die erfindungsgemäße Anordnung hat einen Aktor zum Heben und Senken der Einrichtung. Der Aktor ist über einen Regelkreis in Abhängigkeit eines Ist-Signals eines Radarsensors ansteuerbar. Der Radarsensor ist an einem von der Koppelvorrichtung und dem ersten Objekt beabstandeten Endabschnitt der Einrichtung angeordnet.
-
Zumindest eines der beiden Objekte ist von Seewellen bewegbar. Das andere Objekt kann am Ufer ruhend sein oder eine im Wesentlichen ruhende Ölplattform bzw. Bohrinsel sein oder auch von Seewellen bewegbar sein. Somit können auch beide Objekte Schiffe sein.
-
Vorzugsweise ist das Entfernen ein Anheben der Einrichtung, und das Annähern ist ein Absenken der Einrichtung.
-
Bei einer ersten Variante ist der Soll-Abstand in einem elektronischen Steuergerät hinterlegt.
-
Dabei kann eine fallende Vorgabekennlinie hinterlegt sein, bei der der Soll-Abstand über ein Zeitintervall stetig abnimmt. Diese Vorgabekennlinie kann die gewünschte Absenkgeschwindigkeit der Einrichtung definieren.
-
Es kann auch eine konstante Vorgabekennlinie hinterlegt sein, bei der der Soll-Abstand über ein Zeitintervall konstant ist. So kann die Einrichtung auch schwebend gehalten werden. Mit zunehmender Toleranz bei der Einhaltung des konstanten Abstandes kann das erfindungsgemäße Wellengangkompensationssystem bzw. die erfindungsgemäße Anordnung vorrichtungstechnisch vereinfacht werden.
-
Bei einer zweiten Variante des erfindungsgemäßen Wellengangkompensationssystems ist ein Bedienelement vorgesehen, über das ein Soll-Abstand an das Steuergerät übertragbar ist. Das Bedienelement kann ein Joystick sein.
-
Bei einer besonders bevorzugten Ausgestaltung ist der Aktor hydraulisch und weist zumindest einen aktiven Hubzylinder auf, der von einer hydraulischen Steueranordnung versorgbar ist. Dann steuert der Regelkreis oder das Steuergerät eine Zumessblende oder ein Ventil der hydraulischen Steueranordnung.
-
Dabei ist der Hubzylinder über die hydraulische Steueranordnung vorzugsweise mit zumindest einem Hochdruckspeicher über die Zumessblende verbindbar. Dieser ist dazu ausgelegt, die für ein Anheben der Einrichtung in einer Geschwindigkeit, die höher als die Auswärtsgeschwindigkeit der Wellen ist, nötige Druckmittel bereitzustellen.
-
Um die Hubarbeit für die Wellenkompensation von der Haupt-Hubarbeit zur Bewegung der Einrichtung zu trennen, wird es bevorzugt, wenn die Koppelvorrichtung einen passiven Hubzylinder aufweist, der größer als der aktive Hubzylinder ist. Der passive Hubzylinder ist an zumindest einen (weiteren) Hochdruckspeicher angeschlossen. Damit ist eine hydraulische Entlastungsfeder für die Einrichtung gebildet.
-
Alternativ kann der Aktor eine Winde mit einem drehzahlvariablen Elektromotor und mit einem biegeschlaffen Zugmittel aufweisen.
-
Wie bereits erwähnt kann die Einrichtung eine Gangway oder Landungsbrücke sein. Dann wird der Radarsensor an einer Unterseite des Endabschnitts der Gangway oder Landungsbrücke angeordnet.
-
Wenn die Einrichtung teleskopierbar ist, können verschiedeneund sich ändernde Abstände der beiden Objekte überbrückt werden.
-
Die Koppelvorrichtung oder der Aktor kann ein Wippenwerk zur Einstellung der Neigung der Einrichtung aufweisen, um ihre Lage an verschiedene Höhenunterschiede der beiden Objekte anzupassen.
-
Die Koppelvorrichtung oder der Aktor kann ein Drehwerk zum Verschwenken der Einrichtung um eine Hochachse aufweisen, um ihre Ausrichtung an Lageveränderungen der beiden Objekte anzupassen.
-
Es können – abgesehen vom erfindungsgemäßen Radarsensor – weitere Sensoren vorgesehen sein, insbesondere zur Überwachung der Bewegung des teleskopierbaren Teils der Einrichtung und/oder des Wippenwerks und/oder des Drehwerks. Die Ist-Signale der Sensoren werden an das Steuergerät oder den Regelkreis übertragen.
-
Ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Wellengangkompensationssystems und einer erfindungsgemäßen Anordnung ist in der Figur dargestellt. Anhand der Figur wird die Erfindung nun näher erläutert.
-
Die Figur zeigt das erfindungsgemäße Wellengangkompensationssystem und die erfindungsgemäße übergeordnete Anordnung gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel in einer schematischen seitlichen Ansicht.
-
Die Figur zeigt ein im Meer 1 schwimmendes Schiff 2, das von Meereswellen 4 auf und ab bewegt wird. Am Ufer befindet sich ein ruhender Kai 6 mit seiner Oberfläche 8. Das Schiff 2 und der Kai 6 sind nur abschnittsweise dargestellt.
-
An das Schiff 2 ist über ein Drehwerk 10 und ein Wippenwerk 12 eine Gangway 14 gekoppelt, die sich vom Schiff 2 weg erstreckt. Dabei ist die Gangway 14 über das Drehwerk 10 schwenkbar und über das Wippenwerk 12 in eine von der Figur abweichende Neigung verstellbar. Weiterhin ist die Gangway 14 teleskopierbar, so dass ein vom Schiff entfernter Endabschnitt 16 ein- und ausgefahren werden kann. Wenn die Gangway 14 über das Wippenwerk 12 abgesenkt wird, bewegt sich der Endabschnitt 16 der Gangway 14 in Richtung zur ruhenden Oberfläche 8 des Kais 6. Dabei ist an einer Unterseite des Endabschnitts 16 ein als Radarsensor 18 ausgebildeter Abstandssensor angebracht, der beim Absenken stetig den Ist-Abstand 20 des Endabschnitts 16 zur Oberfläche 8 über eine Radarwelle 19 erfasst. Der Ist-Abstand 20 wird über eine Signalleitung 22 zu einem Steuergerät 24 übertragen und dort mit einem Soll-Abstand 26 abgeglichen. Dieser wird beim Ausführungsbeispiel gemäß der Figur über einen (nicht gezeigten) Joystick vorgegeben.
-
Das Wippenwerk 12 ist beim gezeigten Ausführungsbeispiel hydraulisch betrieben. Es hat ein Paar aktive Hubzylinder 28, die einerseits an einem Sockel 29 des Drehwerks 10 und andererseits an der Gangway 14 angelenkt sind. Sie werden über ein jeweiliges Paar von Arbeitsleitungen 30 von einer hydraulischen Steueranordnung 32 versorgt. In der Figur ist nur ein aktiver Hubzylinder 28 mit einem Paar von Arbeitsleitungen 30 abgebildet. Die hydraulische Steueranordnung 32 hat eine (nicht näher gezeigte) Pumpe, über die mehrere Hochdruckspeicher 34 geladen werden können. Weiterhin hat die Steueranordnung 32 (nicht gezeigte) Zumessblenden, die in stetig verstellbaren Ventilen ausgebildet sind, die von dem elektronischen Steuergerät 24 auf- und zugesteuert werden können. Dies geschieht in Abhängigkeit der Abweichung des Ist-Abstandes 20 vom Soll-Abstand 26. Bei einer Befüllung eines jeweiligen Ringraums der beiden aktiven Hubzylinder 28 wird die Gangway 14 angehoben und damit der Ist-Abstand 20 vergrößert, während über eine Befüllung der Kolbenbodenräume der beiden aktiven Hubzylinder 28 der Ist-Abstand 20 verkleinert wird.
-
Zur Entlastung der aktiven Hubzylinder 28 sind zwei passive Hubzylinder 36 vorgesehen, die größer sind als die aktiven Hubzylinder 28 und die mit einer jeweiligen Stützkraft auf die Gangway 14 wirken. Dazu stützen sich die Kolben der beiden passiven Hubzylinder 36 fluidisch an weiteren (nicht gezeigten) Hochdruckspeichern ab. Die Kolbenstangen der beiden passiven Zylinder 36 werden beim Anheben der Gangway 14 passiv und unterstützend ausgefahren. So bilden die beiden passiven Hubzylinder 36 eine hydraulische Entlastungsfeder für die Gangway.
-
Schließlich sind noch zwei Stangen 38 vorgesehen, deren Koppelgelenke an einer Stelle der Gangway 14 angeordnet sind, die zwischen den Koppelgelenken der beiden Hubzylinder 28, 36 angeordnet ist. In der in der Figur gezeigten Seitenansicht fällt die Stelle der Ankoppelung der Stangen 38 an den Sockel 29 des Drehwerks 10 mit denjenigen der passiven Hubzylinder 36 zusammen
-
Wenn der Endabschnitt 16 der Gangway 14 auf der Oberfläche 8 des Kais 6 sanft abgelegt werden soll, wird über den Joystick ein über die Zeit abnehmender Soll-Abstand 26 vorgegeben, und der Endabschnitt 16 der Gangway 14 abgesenkt. Dazu werden vom Steuergerät 24 die Verbindungen der Hochdruckspeicher 34 zu den Kolbenbodenräumen der beiden aktiven Hubzylinder 28 aufgesteuert. Wenn das Schiff 2 dabei über die Meereswellen 4 angehoben wird, wird von dem Radarsensor 18 ein Ist-Abstand 20 erfasst, der größer ist als der Soll-Abstand 26. Dann vergrößert das Steuergerät 24 den Öffnungsquerschnitt der Zumessblende(n) zu den Kolbenbodenräumen der aktiven Hubzylinder 28, so dass das Absenken des Endabschnitts 16 relativ zum Schiff 2 beschleunigt wird. Wenn das Schiff 2 hingegen über die Meereswellen 4 abgesenkt wird, wird von dem Radarsensor 18 ein Ist-Abstand 20 erfasst, der kleiner ist als der Soll-Abstand 26. Dann verkleinert das Steuergerät 24 den Öffnungsquerschnitt der Zumessblende(n) zu den Kolbenbodenräumen der aktiven Hubzylinder 28, so dass das Absenken des Endabschnitts 16 relativ zum Schiff 2 verlangsamt wird. Darüber hinausgehend kann auch der Öffnungsquerschnitt der Zumessblende(n) zu den Ringräumen der aktiven Hubzylinder 28 aufgesteuert werden, so dass Der Endabschnitt 16 relativ zum Schiff 2 angehoben wird.
-
Abweichend vom gezeigten Ausführungsbeispiel kann der Soll-Abstand im Steuergerät hinterlegt sein, z.B. als eine Kennlinie über ein Zeitintervall. Dann kann nach einen Startsignal die Gangway etwa innerhalb dieses Zeitintervalls abgesenkt werden.
-
Wenn das Soll-Abstand 26 und der Ist-Abstand 20 beide Null sind, wird das Wippenwerk 12 vom Steuergerät 24 deaktiviert und kraftlos geschaltet, so dass der Endabschnitt 16 der Gangway 14 auf Grund seiner Schwerkraft auf der Oberfläche 8 des Kais 6 liegen bleibt.
-
Offenbart sind ein Wellengangkompensationssystem und eine Anordnung mit einem derartigen Wellengangkompensationssystem mit einem als Radarsensor ausgebildeten Abstandssensor, dessen Signal bei der Annäherung einer Gangway an ein Schiff oder einen Kai zur Ansteuerung eines Aktors der Gangway berücksichtigt wird.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Meer
- 2
- Schiff
- 4
- Meereswellen
- 6
- Kai
- 8
- Oberfläche
- 10
- Drehwerk
- 12
- Wippenwerk
- 14
- Gangway
- 16
- Endabschnitt
- 18
- Radarsensor
- 19
- Radarwelle
- 20
- Ist-Abstand
- 22
- Signalleitung
- 24
- elektronisches Steuergerät
- 26
- Soll-Abstand
- 28
- aktiver Hubzylinder
- 29
- Sockel
- 30
- Arbeitsleitung
- 32
- hydraulische Steueranordnung
- 34
- Hochdruckspeicher
- 36
- passiver Hubzylinder
- 38
- Stange