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Die Erfindung betrifft die Herstellung von Hydroxyalkyl-Sesbaniaethern mit C2 bis C4-Oxiranen und mit C6 bis C20-Alkyloxymethyloxiranen und die Verwendung als Wasserretentionsmittel in Baustoffmischungen wie mineralische oder dispersionsgebundene Systeme auf Basis Gips, Kalk oder Zement und Mischungen daraus.
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Mineralische und dispersionsgebundene Systeme sind weit verbreitet und werden für vielfältige Anwendungen im Innenausbau und Außenbereich von Gebäuden verwendet. Zur Erhöhung der Verarbeitungssicherheit ist es heute üblich, den mineralischen und dispersionsgebundenen Systemen wasserlösliche Polymere zur Verbesserung des Wasserretentionsvermögens beizumengen. Funktion dieser Additive ist es, auf stark saugenden Untergründen einen Wasserverlust der aufgebrachten Putzmassen, Mörteln, Spachtelmassen, Klebern, etc. vor dem Abbinden zu vermeiden und damit einer unzureichenden Durchhärtung, Rissbildung oder Reduzierung der Verarbeitungszeit entgegenzuwirken. Als wasserlösliche Polymere werden hauptsächlich nichtionogene Celluloseether, wie beispielsweise Methylcellulose (MC), Ethylcellulose (EC), Hydroxyethylmethylcellulose (HEMC), Hydroxypropylmethylcellulose (HPMC), Hydroxyethylcellulose (HEC) und Hydroxypropylcellulose (HPC), sowie nichtionische Galaktomannanether, wie beispielsweise Hydroxypropylguar (HPG) verwendet.
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Auf dem angesprochenen Arbeitsgebiet der mineralisch oder organisch erhärtenden Bindemittel können die beiden aufgeführten Substanzklassen Celluloseether und Guarether technisch problemlos eingesetzt werden. Beide Substanzklassen zeichnen sich jedoch durch hohe wirtschaftliche Kosten aus.
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EP 2 236 475 A2 beschreibt zur Lösung dieses Problems Hydroxyalkyl-Cassiaether mit einem Substitutionsgrad von 0,1 bis 0,6, bevorzugt 0,3 bis 0,6. Die erzielten Resultate für das Wasserretentionsvermögen im Vergleich zu den eingesetzten, ebenfalls gering substituierten Guarethern legen zwar den Schluss nahe, dass eine gleichwertige Wasserrückhaltewirkung mit niedrig substituierten Cassiaethern erzielt wird, als Stand der Technik werden jedoch für diese Anwendungen deutlich höher substituierte Guarether eingesetzt. Diese zeigen ein mehrfaches Wasserrückhaltevermögen im Vergleich zu niedrig substituierten Cassiaethern, so dass die niedrig substituierten Cassiaether aufgrund der nötigen Einsatzmenge wirtschaftliche und dadurch letztlich auch ökologische Nachteile haben.
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Als neue Wasserretentionsmittel beschreibt
WO 2012/127067 A2 die Verwendung von C
2-C
4 Hydroxyalklyethern von Galactomannanen, welche ein Mannose zu Galactose Verhältnis von ungleich 2:1 und einen molaren Substitutionsgrad von 0,7 bis 3,0 aufweisen. Die aufgeführten Resultate legen den Schluss nahe, dass durch die eingesetzten Hydroxyalkylether ein vollständiger Ersatz der bisher eingesetzten Cellulose- bzw. Guarether möglich ist. In der praktischen Anwendung zeigt sich jedoch eine unzureichende Wasserretentionswirkung bei komplettem Ersatz. Sesbania Gum als weiteres kommerziell verfügbares Polygalactomannan wird in der Patentanmeldung nicht erwähnt. Vermutlich aufgrund des Mannose zu Galactose-Verhältnisses von 2:1.
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WO 2012/089530 A1 beschreibt die Verwendung von Hydroxypropyl-Guar-Derivaten, die zusätzlich noch mit C
6-C
8-Alklyketten modifiziert sind, mit exzellentem Wasserretentionsvermögen. Wie bereits oben ausgeführt zeichnen sich Guar basierte Wasserretentionsmittel durch hohe wirtschaftliche Kosten aus.
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In der Veröffentlichung: Characterization of galactomannans derived from legume endosperms of genus Sesbania (Faboideae), Carbohydrate Polymers 84 (2011) 550–559 wurden 12 bekannte Spezies von Sesbania Gum bezüglich Molekulargewicht, Verdickungswirkung, Mannose zu Galactose-Verhältnis charakterisiert. Die erhaltenen Ergebnisse zeigen eine starke Ähnlichkeit von Sesbania zu Guar. Ein geringer Unterschied von Sesbania gegenüber Guar wurde in einem etwas höheren Gehalt an Mannose festgestellt. Die Resultate variieren jedoch je nach verwendeter Methode. Näherungsweise kann von einem Mannose:Galactose-Verhältnis von 2:1 bei Sesbania ausgegangen werden. Über die strukturelle Anordnung der Galactose-Seitengruppen werden keine Angaben gemacht.
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Aus
CN 1033383 A sind Hydroxyalkyl-Sesbaniaether für die Verwendung in Textildruckpasten für Seide bekannt. Die hergestellten Sesbaniaether haben geringe Substitutionsgrade von 0,1–0,6 und werden als rheologisches Additiv zur Einstellung der Viskosität der Druckpaste eingesetzt.
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IN 3518/MUM/2012 A beschreibt Hydroxypropyl-Sesbaniaether mit einem molaren Substitutionsgrad (MS) von 0,2–0,5 für den Einsatz als Rheologiemodifier in wasserbasierten Farben. Die offengelegten Sesbaniaether werden als Alternativen zu synthetischen polyacrylatbasierenden Verdickern, Hydroxyethylcellulose (HEC), Carboxymethylcellulose (CMC) und Hydroxypropylguar (HPG) angesehen. Die Anmeldung unterscheidet nicht zwischen verdickender Wirkung bzw. Rheologieeinstellung und Wasserrückhaltevermögen. Diese beiden Eigenschaften sind keinesfalls gleich zu setzen. So zeigen zum Beispiel synthetische acrylatbasierende Verdicker und CMC ein vernachlässigbares Wasserrückhaltevermögen. Das rheologische Profil der Farbe kann jedoch problemlos mit diesen beiden Substanzklassen eingestellt werden. Im Unterschied dazu zeigen HEC und HPG, neben der verdickenden Wirkung, ein ausgeprägtes Wasserrückhaltevermögen. Die überaus wichtige Differenzierung zwischen verdickender Wirkung und Wasserrückhaltevermögen wird in der Anmeldung nicht thematisiert. Allgemein wird auf eine mögliche Verwendung von höher substituierten Sesbaniaethern in Baustoffmischungen hingewiesen. Begründet wird die Verwendung von höher substituierten Sesbaniaethern in Baustoffmischungen durch eine gesteigerte Hydrophobie. Diese Begründung erscheint dem Fachmann widersprüchlich. Durch die Reaktion mit Ethylen- oder Propylenoxid ergeben sich hydrophilere Reaktionsprodukte. Die in der Anmeldung offenbarten höher substituierten Sesbaniaether werden als Verdicker und Rheologiemodifier in Baustoffmischungen eingesetzt. Wiederum wird keine Differenzierung zwischen verdickender Wirkung und Wasserrückhaltevermögen vorgenommen.
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Die zu lösende Aufgabe bestand deshalb darin, einerseits die in
EP 2 236 475 offenbarten niedrig alkoxylierte Cassiaether mit einem DS (Degree of substitution) von 0,1–0,6 und die aus
WO 2012/127067 A2 bekannten Hydroxylalkyl-Polygalactomannanethern basierend auf Bockshornklee (Fenugreek), Tara, Johannisbrot und Cassia in ihrer eingeschränkten Wasserretentionswirkung zu verbessern, und andererseits eine kostengünstige Alternative zu den aus dem Stand der Technik bekannten Hydroxylalkyl-Guarethern und Celluloseethern bereitzustellen.
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Überraschenderweise wurde nun gefunden, dass Hydroxyalkyl-Sesbaniaether, welche aus einer spezifischen Qualität von Sesbaniakernmehl hergestellt wurden, bei einem molaren Substitutionsgrad von 1,0–2,0 ein drastisch verbessertes Wasserrückhaltevermögen besitzen. Noch überraschender ist die deutliche bessere Wirkung in Bezug auf das Wasserretentionsvermögen im Vergleich zu Hydroxypropyl-Guarethern, da es sich bei beiden Produkten um Polygalactomannane mit vergleichbarer Zusammensetzung handelt. Hydroxyalkyl-Sesbaniaether stellen dadurch wirkungsverbesserte und kostengünstigere Alternativen zu Guar- und Celluloseether dar.
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Die vorliegende Erfindung betrifft die Herstellung und Verwendung von ausgewählten Sesbaniaethern. In einer ersten Ausführungsform betrifft die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung von Hydroxyalkyl-Sesbaniaether durch Umsetzung von
- A) wenigstens einem Sesbaniakernmehl mit einer enzymatischen Abbaurate der Ausgangsviskosität einer wässrigen gequollenen Lösung durch Zugabe von Mannanase von > 95 % nach 90 Minuten mit
- B) C2-C4-Alkoxiden bis zu einem molaren Substitutionsgrad (MS) von 1,0 bis 2,0. oder
- C) monofunktionellen Alkyl-Glycidylethern einer linearen oder verzweigten Kettenlänge C6 bis C20 bis zu einem molaren Substitutionsgrad (MS) von 0,01 bis 0,20 und anschließender Umsetzung mit C2-C4-Alkoxiden bis zu einem molaren Substitutionsgrad (MS) von 1,0 bis 2,0 und gegebenenfalls den Einsatz als Additiv in mineralischen und dispersionsgebundenen Systemen.
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Insbesondere werden hoch alkoxylierte Sesbaniaether mit C2-C4-Alkoxiden und einem molaren Substitutionsgrad (MS) von 1,0 bis 2,0 hergestellt. In einer zweiten Ausführungsform werden Sesbania-Mischether, welche neben der Alkoxilierung mit C2-C4-Alkoxiden mit einem MS von 1,0–2,0 noch in einer zweiten Reaktion mit monofunktionellen Alkyl-Glycidylethern der Kettenlänge C6 bis C20 (linear oder verzweigt) und einem Substitutionsgrad (MSGE) von 0,01 bis 0,20 erzeugt.
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Die erfindungsgemäßen Sesbaniaether finden Verwendung in Baustoffzusammensetzungen, wie mineralische oder dispersionsgebundene Systeme zur Verbesserung der Wasserretentionswirkung. Als mineralische oder dispersionsgebundene Systeme werden im Sinne dieser Erfindung Baustoffmischungen wie Hand- und Maschinenputze z.B. auf Gips-, Kalkhydrat oder Zement-Basis, Mörtel, dispersionsgebundene Putze, zement- und dispersionsgebundene Fliesenkleber, gips-, zement- oder dispersionsgebundene Fugenfüller und Spachtelmassen, Fußbodenausgleichsmassen, Spritzbetonmassen und Zement- und Sandsteinextrudate zusammengefasst.
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Die übliche Basis der wasserlöslichen Polymere für Wasserretentionsmittel ist einerseits Cellulose, ein Polysaccharid mit β-1,4-glycosidisch-verknüpften D-Glucopyranose-Einheiten. Für die Produktion der entsprechenden Celluloseether wird Cellulose aus Baumwoll-Linters oder Sulfit-Zellstoff eingesetzt.
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Für die Substanzklasse der Guarether kommt ein Polysaccharid aus der Familie der Galactomannane zum Einsatz. Galactomannane sind Reserve-Polysaccharide und werden aus dem Endosperm der Samen von verschiedenen Hülsenfrüchtlern (Leguminosen) gewonnen. Es handelt sich einheitlich um Ketten aus β-1,4-verknüpften Mannopyranosiden, die α-1,6-verknüpfte Seitenketten von Galactopyranosid-Resten tragen. Das Verhältnis Mannose zu Galactose ist in den verschiedenen Leguminosenarten unterschiedlich.
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Wichtigster Vertreter dieser Polysaccharide ist das Guarkernmehl. Es wird aus dem Samen des Guarstrauchs (Cyamopsis tetragonoloba L.) gewonnen. Die Anbaugebiete sind Indien, Pakistan, USA (Texas, Arizona) und Nord-Australien. Das Verhältnis Mannose zu Galactose liegt bei Guarkernmehl idealisiert bei 2:1. Das Molekulargewicht wird mit 50.000 bis 8.000.000 angegeben.
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Ein weiterer wichtiger Vertreter der Galactomannane ist Johannisbrotkernmehl. Es wird aus dem Samen des Johannisbrotbaums (Ceratonia Siliqua L.) gewonnen. Die Anbaugebiete liegen im Mittelmeerraum. Das Verhältnis Mannose zu Galactose liegt bei Johannisbrotkernmehl idealisiert bei 4:1. Das Molekulargewicht wird mit 50.000 bis 3.000.000 angegeben.
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In den letzten Jahren haben Tarakernmehl aus dem Samen des Tarabaumes (Caesalpinia Spinosa L.) aus Peru, Equador und Kenia und Cassiakernmehl aus dem Samen des Cassiastrauches (Cassia tora und Cass obtusifolia) aus Indien an Bedeutung gewonnen. Das Verhältnis Mannose:Galactose liegt bei Tarakernmehl idealisiert bei 3:1 und bei Cassiakernmehl bei 5:1. Die Molekulargewichte liegen für Cassiakernmehl bei 200.000 bis 300.000, für Tarakernmehl sind aktuell keine Werte in der Literatur angegeben.
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In die Gruppe der Polygalactomannane wird auch das Sesbaniakernmehl eingruppiert. Hauptanbaugebiet ist Indien, aber auch aus Ägypten sind kommerzielle verfügbare Qualitäten bekannt. Das Verhältnis Mannose zu Galactose liegt bei Sesbaniakernmehl, wie bei Guarkernmehl, idealisiert bei 2:1. Das Molekulargewicht liegt hier bei 2.000.000 bis 3.000.000 g/mol. Bezüglich der strukturellen Verteilung der Galactose Seitengruppe gibt es aktuell noch keine Erkenntnisse.
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Die Werte zu den Molekulargewichten wurden aus Cassia Gum, Chemical and Technical Assessment (CTA) und Characterization of galactomannans derived from legume endosperms of genus Sesbania (Faboideae) entnommen.
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Die Veretherung wird in bekannter Weise (
DE 1 468 014 A ) in einem gerührten Druckreaktor unter Zusatz von Alkali mit anschließender Neutralisation durchgeführt.
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Im Mittel stehen für die Substitution 3 Hydroxylgruppen pro Anhydroglucoseeinheiten (AGU) zur Verfügung. Der Substitutionsgrad (DS = Degree of substituion) wird für monofunktionelle Reagenzien, wie Methylchlorid, Ethylchlorid, etc. verwendet. Der DS kann für diese Reagenzien maximal 3 betragen, das bedeutet alle drei Hydroxylgruppen einer AGU sind mit der Veretherungsreagenz umgesetzt.
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Für polyfunktionelle Reaktanden, wie Ethylenoxid, Propylenoxid, Glycidylether etc. wird der molare Substitutionsgrad (MS) verwendet.
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Der molare Substitutionsgrad gibt an, wie viel Mole der zur Alkoxilierung eingesetzten Alkylenoxide pro mol Anhydroglucoseeinheiten (AGU) an das Polysaccharid gebunden sind, ohne dass dabei berücksichtigt wird, ob längere Polyetherseitenketten vorliegen oder ob die freien Hydroxylgruppen des Polysaccharids gleichmäßig substituiert sind.
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Zur Bestimmung der Substitutionsgrade werden die Galaktomannanether mit heißer, konzentrierter Jodwasserstoffsäure umgesetzt (Zeisel-Spaltung) und die entstehenden Alkyliodide gaschromatographisch getrennt und analysiert.
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Die erfindungsgemäßen Hydroxyalkyl-Sesbaniaether werden mit Alkylenoxide aus der Reihe Ethylenoxid, Propylenoxid, Butylenoxid und höhere Alkylenoxide umgesetzt. Die aufgeführten Alkylenoxide können einzeln, nacheinander (Block-Alkoxylierung) oder in Mischung (Random-Alkoxylierung) zum Einsatz kommen. Bevorzugt ist die Verwendung von Propylenoxid für die Alkoxilierung.
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In einer weiteren Reaktionsstufe kann vor der Alkoxilierung eine Reaktion mit Alkylglycidylethern stattfinden. Hierbei wird das Sesbaniakernmehl z.B. mit 2-Ethylhexylglycidylether, C12/C14-Glycidylether, C13/C15-Glycidylether und höheren Alkylglycidylethern umgesetzt. Bevorzugt ist die Verwendung von 2-Ethylhexylglycidylether. Anschließend findet die oben beschriebene Alkoxilierung mit z.B. Propylenoxid statt.
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Die Hydroxyalkyl-Sesbaniaether haben einen molaren Substitutionsgrad bezogen auf die Alkylenoxide von 1,0 bis 2,0 und einen Substitutionsgrad bezogen auf die Glycidylether von 0,01 bis 0,20. Die Hydroxyalkyl-Sesbaniaether zeigen ein ausgeprägtes Wasserrückhaltevermögen. Außerhalb dieses Bereiches verringert sich die Wasserretention.
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Daher eignen sich die erfindungsgemäß eingesetzten Hydroxyalkyl-Sesbaniaether sehr gut als Zusatzstoff für die bereits näher beschriebenen mineralisch und dispersionsgebundenen Systeme.
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Für die Herstellung der erfindungsgemäßen Hydroxyalkyl-Sesbaniaether eignen sich nur spezielle Qualitäten von Sesbaniakernmehl. Mehle mit einem hohen Kristallinitätsgrad sind für die Herstellung der erfindungsgemäßen Hydroxyalkylether-Sesbaniaether nicht verwendbar. Die Regionen mit hoher Kristallinitätsausprägung stehen für die Reaktanten nicht zur Verfügung. Es kommt zu einer ungleichmäßigen und stark verlangsamten Alkoxilierung. Ein weiterer Nachteil ist die Begünstigung von Nebenreaktionen. Durch die geringere Reaktivität des Polysaccharids werden höhere Konzentrationen an Glykolen nach der Reaktion detektiert.
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Der Kristallinitätsgrad kann durch Röntgenweitwinkeluntersuchungen, so genannten Röntgenplanfilmaufnahmen charakterisiert werden. Die Auswertung erfolgt über Debye-Scherrer-Ringe.
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Dies ist jedoch eine aufwendige und teure Methode. Im Labor lässt sich die unterschiedliche Zugänglichkeit bzw. Reaktivität der Polysaccharide durch einen einfach enzymatischen Test ermitteln. Werden verschiedene Sesbaniakernmehle mit Mannanase behandelt zeigen sich unterschiedlich schnelle Abbauraten der Mannose-Hauptkette. Der Abbau kann über Viskositätsmessungen verfolgt werden. Ergebnisse solcher Messungen sind in 1 exemplarisch dargestellt, wobei die Qualitäten A und C Sesbaniakernmehle mit geringer Kristallinität und Qualität B ein Sesbaniakernmehl mit hoher Kristallinität repräsentiert. Bereiche mit ausgeprägter Kristallinität sind für den enzymatischen Abbau deutlich schwieriger zugänglich und verlangsamen dadurch die Abbaugeschwindigkeit erheblich.
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Testmethode:
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Es werden bei Raumtemperatur (20 °C) jeweils 300 g einer wässrigen Lösung der verschiedenen Sesbaniakernmehle hergestellt. Die Herstellung erfolgt in dem das Mehl mit Hilfe einer Mischsirene in Wasser gelöst und 2 Stunden bei Raumtemperatur (20 °C) gequollen wird. Die notwendige Konzentration an Sesbaniakernmehl ist so zu wählen, dass eine Viskosität nach 2 Stunden von ca. 10.000 mPas resultiert. Nach der Quellzeit werden 0,5 ml einer 1 Gew. % igen Lösung von PuraBrite® (Mannanase der Fa. Genencor) von Hand homogen untergerührt. Die Viskositätsabnahme wird im Abstand von 30 Minuten bestimmt.
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Die Viskositätsmessungen werden mit einem Brookfield RVT-Viskosimeter bei Raumtemperatur (20 °C) und 20 Umdrehungen pro Minute durchgeführt.
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Aus der 1 ist erkennbar, dass die Qualitäten A und C mit geringerer Kristallinität deutlich schneller durch das Enzym abgebaut werden. Für die Erfindung wesentlich sind Sesbaniakernmehle, welche eine Abbaurate der Ausgangsviskosität von > 95 % nach 90 Minuten aufweisen.
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In den erfindungsgemäßen Baustoffzusammensetzungen sind die vorstehend beschriebenen erfindungswesentlichen Hydroxyalkyl-Sesbaniaether mit 0,001 bis 10 Gew.-%, bevorzugt mit 0,01 bis 5 Gew.-% bezogen auf die Gesamttrockenmasse enthalten.
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Neben den erfindungsgemäßen Hydroxyalkyl-Sesbaniaethern können die Baustoffmischungen auch an sich bekannte weitere nichtionische Celluloseether, wie Methylcellulose, Ethylcellulose, Hydroxyethylmethylcellulose, Hydroxypropylmethylcellulose, Hydroxyethylcellulose, Hydroxypropylcellulose und/oder Guarether, wie Hydroxypropylguar enthalten.
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Des Weiteren können die Baustoffzusammensetzungen weitere Zusatzstoffe und/oder Modifizierungsmittel enthalten. Beispielhaft sind nachfolgende Zusatzstoff bzw. Modifizierungsmittel genannt:
Synthetische Verdickungsmittel, Stärkeether, Hydrokolloide, Entschäumer, Luftporenbildner, Dispergiermittel, Verzögerer, Beschleuniger, Verflüssiger, Perlite, Hydrophobierungsmittel. Ferner sind Füllstoffe wie Quarzsand, Kalksandstein, Calciumsulfat-Dihydrat, Dolomit geeignet.
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Beispiele:
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Herstellung der Wasserretentionsmittel:
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Herstellung von 2-Hydroxypropyl-Sesbania (HPS)
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In einem beheizbaren 25-Liter-Horizontal-Reaktor der Fa. Drais wurden 3.500 g Sesbaniakernmehl (Qualität A) bei Raumtemperatur vorgelegt. Unter Rühren wurden 216 g einer Mischung aus Isopropanol (181 g) und Wasser (35 g) eingedüst und 5 Minuten gerührt. Danach wurden 836 g einer Mischung aus Wasser (595 g) und NaOH 50% (241 g) eingedüst und 15 Minuten gerührt. Anschließend wurde der Gasraum im Reaktor durch dreimaliges evakuieren und belüften mit Stickstoff flegmatisiert. Vor der Zugabe an Propylenoxid wurde Stickstoff bis zu einem Absolutdruck von 1.700 mbar in den Reaktor gepresst. Während der Flegmatisierung wurde der Reaktorinhalt auf eine Reaktionstemperatur von 70 °C aufgeheizt. Bei dieser Temperatur wurden über einen Zeitraum von ca. 2 Stunden 2.008 g Propylenoxid eingedüst und danach circa eine Stunde bei 70 °C nachreagiert bis der Reaktordruck nahezu wieder auf 1.700 mbar abgesunken war. Nach der Reaktion wurde der Überdruck abgelassen, der Reaktorinhalt auf pH 7,0–8,0 mit Ameisensäure neutralisiert und das überschüssige Isopropanol/Wasser unter Vakuum bis zu einer Restfeuchte von ca. 10% abdestilliert. Das getrocknete Reaktionsprodukt wurde anschließend gemahlen und über 500 µm Sieb abgesiebt. Das erhaltene Produkt (HPS-1) hatte einen molaren Substitutionsgrad MSHP = 1,4. In identischer Weise wurde eine Umsetzung (V-HPS) mit Qualität B von Sesbaniakernmehl durchgeführt. Der resultieren Substitutionsgrad war signifikant reduziert gegenüber Qualität A und betrug MSHP = 1,2. Zusätzlich musste die Nachreaktionszeit auf 4 Stunden erhöht werden, bis alles Propylenoxid abreagiert war. Außerdem wurden 30% mehr unerwünschte Nebenprodukte analysiert. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt. In analogerweise wurde die in Tabelle 1 aufgeführten Produkte mit der Sesbania-Qualität A hergestellt.
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Herstellung von 2-Hydroxypropyl-2-hydroxy-3(2-ethylhexyloxy)-propyl-Sesbania (C8GE-HPS)
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In einem beheizbaren 25-Liter-Horizontal-Reaktor der Fa. Drais wurden 3.500 g Sesbaniakernmehl (Qualität A) bei Raumtemperatur vorgelegt. Unter Rühren wurden 216 g einer Mischung aus Isopropanol (181 g) und Wasser (35 g) eingedüst und 5 Minuten gerührt. Danach wurden 836 g einer Mischung aus Wasser (595 g) und NaOH 50% (241 g) eingedüst und 15 Minuten gerührt. Danach gab man 196 g 2-Ethylhexylglycidylether, welcher mit 413 g Isopropanol verdünnt wurde, zu und rührte für weitere 15 Minuten bei Raumtemperatur.
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Anschließend wurde der Gasraum im Reaktor durch dreimaliges Evakuieren und Belüften mit Stickstoff flegmatisiert. Vor der Zugabe an Propylenoxid wurde Stickstoff bis zu einem Absolutdruck von 1.700 mbar in den Reaktor gepresst. Während der Flegmatisierung wurde der Reaktorinhalt auf eine Reaktionstemperatur von 70 °C aufgeheizt. Bei dieser Temperatur wurden über einen Zeitraum von ca. 2 Stunden 2.006 g Propylenoxid eingedüst und danach circa eine Stunde bei 70 °C nachreagiert bis der Reaktordruck nahezu wieder auf 1.700 mbar abgesunken war. Nach der Reaktion wurde der Überdruck abgelassen, der Reaktorinhalt auf pH 7,0–8,0 mit Ameisensäure neutralisiert und das überschüssige Isopropanol/Wasser unter Vakuum bis zu einer Restfeuchte von ca. 10% abdestilliert. Das getrocknete Reaktionsprodukt wurde anschließend gemahlen und über 500 µm Sieb abgesiebt. Das erhaltene Produkt (GE-HPS-1) hatte einen MSGE = 0,04 und einen MSHP = 1,4 (Siehe Tabelle 1).
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Bestimmung des Ausbreitmaßes (ABM) und Wasserrückhaltevermögen (WRV)
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Die Bestimmung des Ausbreitmaßes wurde in Anlehnung an DIN EN 459-2 und die Bestimmung des Wasserrückhaltevermögens wurde in Anlehnung an DIN 18555 Teil 7 durchgeführt.
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Es wurde folgende Trockenmischung hergestellt:
Gipshalbhydrat | 90,44% |
Kalkhydrat | 1,00% |
Kalksteinsand | 5,00% |
Perlite | 3,00% |
Luftporenbildner | 0,16% |
Weinsäure | 0,15% |
Wasserretentionsmittel | 0,25% |
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Mit 800 g dieser Trockenmischung wurde ein Gipsputz mit einem definierten Wasser/Feststoff-Verhältnis (W/F) hergestellt. Das W/F-Verhältnis wurde so gewählt, dass der Gipsputz ohne Wasserretentionsmittel ein Ausbreitmaß von 205 ± 5 mm resultierte. Das hieraus resultierende Wasser/Feststoff-Verhältnis errechnete sich wie folgt: Wasser/Feststoff-Verhältnis = W / F mit
- W
- = Menge des eingesetzten Leitungswasser in g
- F
- = Menge der eingesetzten Trockenmischung in g
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Anhand der Resultate aus den Versuchen ohne Wasserretentionsmittel, wurde für die Untersuchungen ein W/F-Verhältnis von 0,54 festgelegt.
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Herstellung des Gipsputzes
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Im Ansatzbehälter der Planetenrührmaschine wurden 432 g Leitungswasser vorgelegt. Anschließend wurde die Trockenmischung zugegeben und der Ansatzbehälter in die Planetenrührmaschine eingesetzt. Nach 30 Sekunden wurde für 30 Sekunden auf Stufe 1 gemischt. Danach wurde 30 Sekunden gewartet, wobei in der Zeit die Putzreste manuell von der Behälterwand geschabt wurden. Zum Abschluss wurde nochmals für 30 Sekunden auf Stufe 1 gerührt.
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Zur Bestimmung des Ausbreitmaßes wurde sofort nach dem Mischen der Putz mit Hilfe eines Setztrichters (Durchmesser unten: 100 mm; Durchmesser oben: 70 mm; Höhe: 60 mm) auf dem Ausbreittisch platziert. Nach Entfernen des Setztrichters wurde mit 15 Hubstößen ausgebreitet. Der Durchmesser des Putzes wurde mit einer Schieblehre an drei verschiedenen Stellen gemessen und der Mittelwert angegeben.
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Zur Bestimmung des Wasserrückhaltevermögens wurde sofort nach dem Mischen der Putz in einen Kunststoffring (Innendurchmesser unten: 140 mm; Innendurchmesser oben: 150 mm; Höhe: 12 mm) eingefüllt. Der Kunststoffring lag auf einer Zellstoffplatte (190 × 190 × 2 mm) auf. Dazwischen befand sich ein Trennvlies (Durchmesser 185 mm, 20 g/m
2), damit der Ring mit dem enthaltenen Putz rückstandsfrei von der Zellstoffplatte abnehmbar war. Nach oben wurde der mit Gipsputz befüllte Kunststoffring mit einer Kunststoffplatte abgedeckt, so dass nur über die Kapillarkräfte der Zellstoffplatte ein Wasserentzug aus dem Gipsputz stattfand. Als Wasserrückhaltevermögen wurde definiert:
mit
- A
- = Wasseraufnahme der Zellstoffplatte in g
- B
- = die in den Ring eingefüllte Putzmenge in g
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Ein hohes Wasserrückhaltevermögen bedeutete, dass dem Gips genügend Anmachwasser zum gleichmäßigen Abbinden zur Verfügung stand.
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Die folgenden erfindungsgemäßen Hydroxyalkyl-Sesbaniaether und die Vergleichsprodukte (V-...) wurden in Gipsmassen untersucht: Tabelle 1:
Produkt | Chemische Basis | MSHP | DSGE | Viskosität1) [mPas] |
| | | | 2%ig in Wasser |
HPS-1 | 2-Hydroxypropyl-sesbania | 1,4 | - | 4.650 |
HPS-2 | 2-Hydroxypropyl-sesbania | 1,2 | - | 4.570 |
HPS-3 | 2-Hydroxypropyl-sesbania | 1,7 | - | 3.610 |
HPS-4 | 2-Hydroxypropyl-sesbania | 1,9 | - | 1.800 |
HPS-5 | 2-Hydroxypropyl-sesbania | 0,9 | - | 5.160 |
HPS-6 | 2-Hydroxypropyl-sesbania | 2,1 | - | 880 |
GE-HPS-1 | 2-Hydroxypropyl-2-hydroxy-3(2-ethylhexyloxy)-propyl-Sesbania | 1,4 | 0,04 | 5.290 |
V-HPS | 2-Hydroxypropyl-sesbania | 1,2 | - | 283 |
V-HPC-1 | 2-Hydroxypropyl-cassia | 0,4 | - | 6.390 |
V-HPC-2 | 2-Hydroxypropyl-cassia | 0,8 | - | 4.540 |
V-HPG | 2-Hydroxypropyl-guar | 2,0 | - | 4.310 |
V-HPC-3 | 2-Hydroxypropyl-cassia | 1,4 | - | 1.620 |
V-HPT | 2-Hydroxypropyl-tara | 1,4 | - | 4.630 |
V-HPJ | 2-Hydroxypropyl-johannisbrot | 1,5 | - | 2.470 |
1)Die Viskositätsbestimmungen wurden mit Brookfieldviskosimeter Modell RVT, 20 °C, Spindel 4 mit 20 Umdrehungen pro Minute bestimmt.
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HPS-5 und HPS-6 sind 2-Hydroxypropyl-Sesbaniaether mit einem molaren Substitutionsgraden MSHP außerhalb des erfindungsrelevanten Bereichs von 1,0–2,0.
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Bei dem Vergleichsprodukt V-HPC-1 handelt es sich um einen Hydroxyalkyl-Cassiaether mit einem molaren Substitutionsgrad MS = 0,4 analog der Patentanmeldung
EP 2 236 475 (Beispiel HPC1 DS = 0,33). Das Vergleichsprodukt V-HPC-2 liegt mit einem molaren Substitutionsgrad von MS = 0,8 außerhalb der erfindungsgemäßen Hydroxyalkyl-Cassiaether.
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Bei Vergleichsprodukt V-HPG handelt es sich um einen im Handel befindlichen Hydroxypropylguar.
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Bei den Vergleichsprodukten V-HPC-3, V-HPT und V-HPJ handelt es sich um Hydroxypropyl-Polygalactomannanether analog der Patentanmeldung
WO 2012/127067 (Beispiel Nr. 4: HPC
H MS
HP = 1,5 und Beispiel Nr. 9: HPT
H MS
HP = 1,7)
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Ergebnisse der anwendungstechnischen Untersuchungen sind in Tabelle 2 beschrieben: Tabelle 2:
Produkt-Nr.: | ⌀ ABM [mm] | WRV [%] nach 5 Minuten | WRV [%] nach 30 Minuten |
HPS-1 | 167 | 99,3 | 97,9 |
HPS-2 | 169 | 99,1 | 97,5 |
HPS-3 | 175 | 98,5 | 96,9 |
HPS-4 | 181 | 97,6 | 95,5 |
HPS-5 | 158 | 96,8 | 94,7 |
HPS-6 | 184 | 96,5 | 94,1 |
GE-HPS-1 | 183 | 99,5 | 98,1 |
V-HPS | 188 | 86,0 | 82,1 |
V-HPC-1 | 131 | 88,8 | 85,0 |
V-HPC-2 | 150 | 92,5 | 89,4 |
V-HPG | 178 | 96,2 | 95,1 |
V-HPC-3 | 178 | 96,0 | 94,4 |
V-HPT | 182 | 96,1 | 94,8 |
V-HPJ | 186 | 95,9 | 94,3 |
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Aus den Ergebnissen des Wasserrückhaltevermögens ist klar erkennbar, das die erfindungsgemäßen Hydroxyalkyl-Sesbaniaether im Vergleich zu den Sesbaniaethern HPS-5 und HPS-6 mit Substitutionsgraden außerhalb des erfindungsrelevanten Bereichs und zum Hydroxyalkyl-Sesbaniaether V-HPS-1 klar überlegen sind (siehe 2). Betrachtet man die Vergleichsprodukten V-HPC-1 und V-HPC-2 mit niedrigem Substitutionsgrad wird ebenfalls ein signifikant höheres Wasserrückhaltevermögen der erfindungsgemäßen Hydroxyalkyl-Sesbaniaether deutlich. Im Vergleich zu einem im Handel befindlichen Hydroxypropylguar (V-HPG) werden gleichfalls bessere Resultate erzielt. Die Vergleichsbeispiele V-HPC-3, V-HPT und V-HPJ zeigen, dass Hydroxypropyl-Polygalactomannane basierend auf Cassiakern-, Tarakern- und Johannisbrotkernmehl mit vergleichbaren Substitutionsgrad nicht an die Ergebnisse der erfindungsgemäßen Hydroxyalkyl-Sesbaniaether heranreichen. Mit den erfindungsgemäßen Hydroxyalkyl-Sesbaniaether stehen damit technische und kostengünstigere Alternativen zu den bisher im Markt befindlichen Wasserretentionsmittel zur Verfügung.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- EP 2236475 A2 [0004]
- WO 2012/127067 A2 [0005, 0010]
- WO 2012/089530 A1 [0006]
- CN 1033383 A [0008]
- IN 3518/2012 A [0009]
- EP 2236475 [0010, 0053]
- DE 1468014 A [0022]
- WO 2012/127067 [0055]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Characterization of galactomannans derived from legume endosperms of genus Sesbania (Faboideae), Carbohydrate Polymers 84 (2011) 550–559 [0007]
- DIN EN 459-2 [0043]
- DIN 18555 Teil 7 [0043]