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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erkennung von Verkehrssituationen beim Betrieb eines Fahrzeugs, insbesondere Kraftfahrzeugs. Ferner betrifft die Erfindung ein zur Ausführung eines solchen Verfahrens ausgebildetes Fahrerassistenzsystem.
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Aus der
DE 10 2010 010 856 A1 ist ein Verfahren zur automatischen Unterstützung eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs bei seiner Fahraufgabe bekannt. Im Rahmen dieses Verfahrens wird das Fahrzeugumfeld erfasst und hiervon ein elektronisches Abbild erzeugt. Das elektronische Abbild dient der Erkennung einer Fahrspur sowie von Objekten, insbesondere Fahrzeugen, in der Fahrzeugumgebung. Auf Basis von Positionsdaten des Kraftfahrzeuges sowie des elektronischen Abbildes der Fahrzeugumgebung wird ein aktuell befahrbarer Fahrspurkorridor bestimmt. Droht der Fahrer des Kraftfahrzeugs den Fahrspurkorridor zu verlassen, so wird automatisch ein Querführungs- und/oder Längsführungseingriff durchgeführt, beispielsweise in Form einer Beaufschlagung der Lenkung des Kraftfahrzeugs mit einem Lenkmoment oder einer Änderung der Fahrpedal-Kennlinie. Das Verfahren nach der
DE 10 2010 010 856 A1 soll insbesondere bei Kreuzungs- und Abbiegesituationen zum Einsatz kommen, um Kollisionen mit Gegenverkehr zu vermeiden.
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Aus der
DE 103 34 203 A1 ist ein interaktives Verkehrsabwicklungsverfahren bekannt, bei welchem die Standort- und Bewegungsdaten verschiedener Verkehrsteilnehmer zum Zweck der Unfallverhinderung miteinander koordiniert werden. Bei den Verkehrsteilnehmern kann es sich um Fahrzeuge, Zweiradfahrer oder Fußgänger handeln. Das Verkehrsabwicklungsverfahren sieht vor, dass mindestens zwei Verkehrsteilnehmer innerhalb einer einstellbaren Reichweite zueinander über die aktuelle Bewegung des jeweils anderen automatisch gegenseitig in direkter Interkommunikation informiert werden.
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Die
DE 10 2007 053 705 A1 offenbart eine Trajektorienschätzung für Abbiegemanöver. Eine solche Schätzung soll helfen, eine Kollision mit dem Gegenverkehr beim Abbiegevorgang zu vermeiden. In die Schätzung werden sowohl Fahrzeuggeschwindigkeiten als auch Bewegungsrichtungen einbezogen.
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Die
DE 10 2011 109 697 A1 offenbart ein weiteres fahrzeuggestützes Fahrerassistenzsystem, welches ebenfalls auf Abbiegevorgänge zur Vermeidung von Kollisionen mit dem Gegenverkehr ausgelegt ist.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gegenüber dem genannten Stand der Technik weiterentwickeltes fahrzeugbasiertes System zur Detektion von kritischen Verkehrssituationen insbesondere bei Abbiegevorgängen anzugeben.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zur Erkennung von Verkehrssituationen mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch ein zur Durchführung dieses Verfahrens geeignetes fahrzeuggestützes Fahrerassistenzsystem mit den Merkmalen des Anspruchs 18.
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Bei dem Verfahren zur Erkennung von Verkehrssituationen beim Betrieb eines sich in Fahrtrichtung bewegenden Fahrzeugs werden mit Hilfe einer fahrzeugseitigen optischen Sensorik Umgebungsdaten erfasst, welche geometrische Daten mindestens eines weiteren Verkehrsteilnehmers einschließen. Weiterhin werden fahrzeuginterne Daten erfasst, welche sich auf den aktuellen Fahrzustand sowie auf dessen voraussichtliche Änderungen beziehen. In Abhängigkeit der erfassten Umgebungsdaten sowie der fahrzeuginternen Daten wird ein Kollisionsrisiko ermittelt und bei Bedarf wird ein fahrzeuginternes Signal generiert. Zur Vermeidung einer Kollision bei einem Abbiegevorgang ist nunmehr vorgesehen, dass ein Kollisionsrisiko mit sich in Fahrtrichtung bewegenden Verkehrsteilnehmern zeitlich vor einem möglichen Abbiegevorgang ermittelt wird. Das hier beschriebene Verfahren berücksichtigt daher das Verkehrsgeschehen im Umfeld des Fahrzeuges. Hierdurch können daher effizient Kollisionen, insbesondere sowohl beim Rechts- als auch bei Linksabbiegen vermieden werden.
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Zweckdienlicherweise handelt es sich bei den aus den Umgebungsdaten extrahierten Verkehrsteilnehmern um Zweiradfahrer, insbesondere Fahrradfahrer und / oder nicht motorisierte Verkehrsteilnehmer, zu denen explizit auch Fußgänger gezählt werden. Das hier beschriebene Verfahren dient daher insbesondere zur Erkennung von Kollisionsrisiken mit derartigen insbesondere nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern, die sich seitlich des Fahrzeuges befinden.
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Entsprechend ist in zweckdienlicher Weiterbildung auch vorgesehen, dass aus den Umgebungsdaten derartige Verkehrsteilnehmer ermittelt werden, die sich außerhalb einer Fahrbahn befinden, auf der sich das eigene Fahrzeug (EGO-Fahrzeug) befindet. Damit wird Verkehrssituationen Rechnung getragen, bei denen oftmals Fahrrad- und insbesondere Gehwege getrennt von der eigenen Fahrbahn angelegt sind. Unter getrennt angelegt wird hierbei insbesondere eine Abgrenzung beispielsweise durch einen Bordstein, einen Parkstreifen oder auch einen Grünstreifen verstanden. Der Fahr- oder Gehweg des weiteren Verkehrsteilnehmers ist daher insbesondere allgemein durch eine bauliche Maßnahme von der eigenen Fahrbahn des EGO-Fahrzeuges getrennt. Dabei kann die bauliche Maßnahme auch eine Gegenfahrbahn bezüglich des EGO-Fahrzeuges umfassen und insbesondere der Fahr- oder Gehweg jenseits dieser Gegenfahrbahn liegen. Dabei ist es insbesondere möglich, dass die Fahrtrichtung auf diesem Fahr- oder Gehweg gleich der Fahrtrichtung des EGO-Fahrzeuges ist.
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Allgemein wird zur Abgrenzung derartiger interessierender Verkehrsteilnehmer von weiteren Verkehrsteilnehmern, wie zweispurige Fahrzeuge, eine automatische Unterscheidung und Kategorisierung der unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer vorgenommen. Hierdurch können unterschiedliche Verhaltensweisen der Verkehrsteilnehmer berücksichtigt werden.
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In bevorzugter Ausgestaltung wird dem vom EGO-Fahrzeug erkannten Verkehrsteilnehmer – ebenso wie dem EGO-Fahrzeug selbst – eine Trajektorie zugeordnet, welche die zu erwartende Fahrlinie in zeitlicher und räumlicher Dimension angibt. In die Berechnung der Trajektorie des EGO-Fahrzeugs gehen hierbei bekannte Eigenschaften des EGO-Fahrzeugs, beispielsweise dessen Wendekreis, ein.
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Fahrzeuginterne Daten, welche zur Berechnung der voraussichtlichen Trajektorie des EGO-Fahrzeugs herangezogen werden, sind neben allgemeinen technischen Daten wie dem Beschleunigungs- und Bremsvermögen insbesondere situationsspezifische Daten, die sich auf die aktuelle Fahrsituation, in der sich das EGO-Fahrzeug befindet, beziehen. Hierzu zählt neben der Geschwindigkeit, Beschleunigung oder Verzögerung sowie Querbeschleunigung des Fahrzeugs auch der Status von Betätigungselementen des Fahrzeugs. Ein solches Betätigungselement, welches Aufschluss über die voraussichtliche Trajektorie des Fahrzeugs gibt, ist beispielsweise der Blinkerhebel. Des Weiteren kann für die Berechnung der Trajektorie die Stellung und Betätigungsgeschwindigkeit des Gas- und Bremspedals sowie des Lenkrads herangezogen werden.
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Bei der Berechnung der zu erwarteten Trajektorie für den Verkehrsteilnehmer wird hierbei insbesondere auch die Art des Verkehrsteilnehmers mit einbezogen, ob es sich also um einen Fußgänger, ein Fahrrad oder ein gering motorisiertes Zweirad handelt. Hierdurch kann eine möglichst zutreffende Trajektorienabschätzung vorgenommen werden.
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Kritische Situationen sind beispielsweise solche, bei denen das EGO-Fahrzeug zunächst den weiteren Verkehrsteilnehmer überholt und anschließend rechts abbiegt und damit den weiteren Verkehrsteilnehmer schneidet. Gemäß einer zweckdienlichen Weiterbildung ist daher vorgesehen, dass die geometrischen Daten des weiteren Verkehrsteilnehmers mehrfach während der Vorbeifahrt des EGO-Fahrzeugs an dem Verkehrsteilnehmer erfasst werden. Üblicherweise werden die Umgebungsdaten kontinuierlich oder in diskreten Zeitabständen ermittelt und mit Hilfe einer automatischen Bildauswertung ausgewertet. Insbesondere wird anhand der während dieser Vorbeifahrt gewonnenen Informationen die Trajektorie des Verkehrsteilnehmers erfasst beziehungsweise aus diesen Daten ermittelt.
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Der entsprechende Auswertealgorithmus zur Ermittlung des Kollisionsrisikos ist in zweckdienlicher Weiterbildung dabei derart ausgebildet, dass ein Kollisionsrisiko auch dann ermittelt wird, wenn der weitere Verkehrsteilnehmer nach einer ersten Erkennung zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr aus den dann ermittelten Umgebungsdaten zu entnehmen ist. Hierdurch werden daher besonders sicherheitskritische Situationen erfasst, bei denen der sich neben der eigentlichen Fahrbahn bewegende Verkehrsteilnehmer, beispielsweise durch parkende Fahrzeuge oder auch durch sonstige Hindernisse zumindest zeitweise verdeckt ist. Das Fahrerassistenzsystem merkt sich daher die Existenz des Verkehrsteilnehmers, selbst dann, wenn in späteren Bildabfolgen der Verkehrsteilnehmer aus den die Umgebungsdaten enthaltenden Bildern nicht mehr extrahierbar ist. Hierbei wird insbesondere auf die Trajektorien des Verkehrsteilnehmers zurückgegriffen, die anhand der Umgebungsdaten ermittelt wurden, solang der Verkehrsteilnehmer noch zu erkennen war. Unter Trajektorie wird dabei allgemein der zeitabhängige Verlauf des Ortes eines Objekts also entweder des EGO-Fahrzeugs oder des weiteren Verkehrsteilnehmers verstanden.
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Die Trajektorie wird gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung um einen Sicherheitsbereich erweitert, der beispielsweise angibt, wo sich der Verkehrsteilnehmer mit 95 %-iger oder 98 %-iger Wahrscheinlichkeit befinden wird. Eine von einem Sicherheitsbereich umgebene Trajektorie weist typischerweise einen sich trichterförmig aufweitenden Verlauf auf. In vorteilhafter Weise ist der Sicherheitsbereich, welcher die Trajektorie umgibt, von der Klassifikation des optisch detektierten Verkehrsteilnehmers abhängig. Damit werden insbesondere die verschiedenen Dynamiken von unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern berücksichtigt.
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Zur Identifizierung und Klassifizierung des Verkehrsteilnehmers, also zur Erkennung welcher Art der Verkehrsteilnehmer ist, ob es sich also um ein Fahrrad, ein motorisiertes Zweirad, oder auch einen Fußgänger handelt, wird vorzugsweise eine Mustererkennung vorgenommen. Für diese Mustererkennung wird dabei zweckdienlicherweise auf einen Algorithmus zur Erkennung von Strukturen, insbesondere von Kanten zurückgegriffen, insbesondere unter Nutzung des sogenannten, an sich bekannten Sobel-Algorithmus oder auch des sogenannten und an sich bekannten Canny-Algorithmus.
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Die Mustererkennung mit der Kantenerkennung beruht dabei auf der Überlegung das sich insbesondere Fahrräder durch charakteristische Linien und geometrische Objekte, nämlich den durch den Rahmen definierten Kanten und den durch die Räder definierten Kreisen gut charakterisieren und erkennen lässt.
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Entsprechend ist auch in bevorzugter Ausgestaltung vorgesehen, dass die Auswertung der geometrischen Daten des Verkehrsteilnehmers zur Identifizierung der Art des weiteren Verkehrsteilnehmers eine Detektion derartiger geometrischer Figuren einschließt. Hierzu wird insbesondere auf die sogenannte Hough-Transformation zurückgegriffen. Grundlegende Merkmale der Hough-Transformation sind dabei beispielsweise in der
US 3,069,654 A beschrieben.
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Bei dieser Detektion der geometrischen parametrisierbaren Figuren werden entsprechend auch zweckdienlicherweise zunächst Kreise erkannt und anschließend in Relation zur kompletten Kontur des weiteren Verkehrsteilnehmers gesetzt, um eindeutig die Art des Verkehrsteilnehmers identifizieren zu können.
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In zweckdienlicher Weiterbildung werden die fahrzeuginternen Daten im Hinblick auf einen Abbiegewunsch des Fahrers ausgewertet. Hierzu werden beispielsweise Blinkersignale oder auch Lenkbewegungen etc. ausgewertet. Lediglich für den Fall, dass ein derartiger Abbiegewunsch identifiziert ist, wird das fahrzeuginterne Signal abgegeben. Die Identifizierung der Verkehrsteilnehmer seitlich des Fahrzeuges erfolgt demgegenüber vorzugsweise kontinuierlich, damit die Verkehrssituation insbesondere seitlich des Fahrzeug kontinuierlich überwacht ist.
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Vorzugsweise wird zur weitergehenden Identifizierung eines eventuellen Abbiegewunsches auch auf digitales Kartenmaterial beispielsweise eines Navigationssystems zurückgegriffen. Der tatsächliche Straßenverlauf wird hierzu aus dem digitalen Kartenmaterial extrahiert. Mittels des extrahierten Straßenverlaufs wird dann vorzugsweise eine Plausibilitätskontrolle durchgeführt. Beispielsweise ob ein vorläufig erkannter Abbiegewunsch überhaupt plausibel, also möglich ist. Auch wird dabei überprüft, ob beispielsweise ein Lenkeinschlag durch eine Kurve im normalen Straßenverlauf bedingt ist.
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Als das fahrzeuginterne Signal wird dabei gemäß einer ersten Alternative ein für den Fahrer wahrnehmbares Warnsignal abgegeben. Dies kann akustischer, optischer oder auch haptischer Natur sein. Beispielsweise wird ein entsprechender Warnhinweis im rechten Außenspiegel eingeblendet. Der Warnhinweis kann dabei dauerhaft leuchten oder blinken.
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Grundsätzlich lässt sich das hier beschriebene Verfahren auch auf solche Situationen anwenden, bei denen eine Kollisionsgefahr mit einem sich in Fahrtrichtung des EGO-Fahrzeugs bewegenden Verkehrsteilnehmers bei einem Linksabbiegevorgang besteht, wie dies beispielsweise in Einbahnstraßen oder verkehrsberuhigten Zonen der Fall sein kann. Insbesondere werden dabei auch Verkehrssituationen berücksichtigt, bei denen Verkehrsteilnehmer in falscher Richtung beziehungsweise auf der falschen Fahrbahnseite unterwegs sind. Desweiteren werden insbesondere Verkehrssituationen berücksichtigt bei denen sich ein Verkehrsteilnehmer auf einer bezüglich des EGO-Fahrzeuges jenseits der Gegenfahrbahn liegenden Fahrbahn in gleicher Richtung bewegt.
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Bevorzugt werden Warnsignale auch richtungsanalog eingeblendet, bei einem Linksabbiegevorgang daher auf der linken Seite und bei einem Rechtsabbiegevorgang auf der rechten Seite.
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Alternativ zu dem optischen Warnsignal oder ergänzend hierzu wird ein akustisches Warnsignal ausgegeben, beispielsweise ein Gong oder auch ein typisches, den Verkehrsteilnehmer charakterisierendes Geräusch, wie beispielsweise ein fahrradtypisches Klingeln. Auch hier ist allgemein eine richtungsanaloge akustische Warnung vorgesehen.
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Alternativ oder ergänzend zu diesen Warnsignalen für den Fahrer wird bevorzugt als das Fahrzeug interne Signal ein Steuersignal abgegeben, das zu einem automatischen Eingreifen in die Fahrzeugsteuerung führt. Beispielsweise wird ein automatisches Abbremsen des Fahrzeugs oder auch ein Lenkmoment veranlasst, um eine Kollision zu vermeiden beziehungsweise um den Fahrer auf eine mögliche Kollision hinzuweisen.
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Die vom Fahrerassistenzsystem genutzte optische Sensorik ist vorzugsweise in einem Außenspiegel des Fahrzeugs untergebracht und als Weitwinkelkamera ausgebildet. Das gesamte erfindungsgemäße Verfahren ist damit bereits unter Nutzung einer einzigen Kamera pro Fahrzeugseite als optische Sensorik realisierbar. Optional verarbeitet das Fahrerassistenzsystem zusätzlich Daten, welche von weiteren Sensoren, beispielsweise Abstandssensoren, geliefert werden. In beiden Fällen wird von dem mit dem Fahrerassistenzsystem ausgerüsteten Fahrzeug aus einer Mehrzahl an Bildern des weiteren Verkehrsteilnehmers die Geschwindigkeit und Fahrtrichtung des weiteren Verkehrsteilnehmers ermittelt. Selbst in Verkehrssituationen, in denen der weitere Verkehrsteilnehmer nicht permanent sichtbar ist, etwa weil sich zwischen diesem und dem detektierenden Fahrzeug weitere, stehende Fahrzeuge oder sonstige Objekte befinden, wird jederzeit der momentane wahrscheinliche Aufenthaltsort und Bewegungszustand des weiteren Verkehrsteilnehmers durch das Fahrerassistenzsystem berechnet.
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Der Abbiegevorgang, bei dem ein Kollisionsrisiko ermittelt wird, ist geeigneterweise ein Rechtsabbiegevorgang bezüglich der Fahrtrichtung. Hierdurch ist insbesondere eine Kollision mit einem sich rechts des Fahrzeuges bewegenden Verkehrsteilnehmers ermittelbar. In einer alternativen Ausgestaltung ist der Abbiegevorgang geeigneterweise ein Linksabbiegevorgang. Dadurch ist insbesondere eine Kollision mit einem sich links des Fahrzeuges bewegenden Verkehrsteilnehmers ermittelbar. Vorzugsweise ist die fahrzeugseitige optische Sensorik derart ausgebildet, dass ein Kollisionsrisiko sowohl bei einem Rechtsabbiege- wie auch bei einem Linksabbiegevorgang ermittelt wird, wodurch das Kollisionsrisiko besonders effektiv ermittelt wird.
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Der Vorteil der Erfindung liegt insbesondere darin, dass eine fahrzeugbasierte, auf eine optische Sensorik aufbauende Warn- und Eingriffsstrategie auf die spezifischen Eigenschaften verschiedener Verkehrsteilnehmer abgestimmt ist und hierbei besonders die auf das sich von mehrspurigen Fahrzeugen gravierend unterscheidende Fahrverhalten von Zweiradfahrern zur Vermeidung einer Kollision bei einem Abbiegevorgang Rücksicht nimmt. Insbesondere ist der Abbiegevorgang hierbei entweder ein Rechts- oder ein Linksabbiegevorgang.
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Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand einer Zeichnung näher erläutert. Hierin zeigt:
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1 eine Verkehrssituation mit einem Automobil als EGO-Fahrzeug und einem Fahrradfahrer als weiterem Verkehrsteilnehmer, und
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2 eine Verkehrssituation mit einem sich jenseits der Gegenfahrbahn in gleicher Fahrtrichtung wie das EGO-Fahrzeug bewegenden Fahrradfahrer.
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Gemäß 1 fährt ein Automobil 1, nämlich Personenkraftwagen, allgemein als Fahrzeug oder EGO-Fahrzeug bezeichnet, in der dargestellten Verkehrssituation in Fahrtrichtung F auf einer Hauptstraße 2. Diese bildet insgesamt eine Fahrbahn für das EGO-Fahrzeug, von welcher eine Nebenstraße 3 abzweigt. Auf einem Fahrradweg 4, welcher baulich getrennt parallel zur Hauptstraße 2 verläuft, fährt ein Fahrradfahrer 5 als weiterer Verkehrsteilnehmer in derselben Fahrtrichtung F wie das EGO-Fahrzeug 1. Der Fahrradfahrer 5 beabsichtigt, die Nebenstraße 3 zu überqueren, um weiter auf dem Fahrradweg zu fahren. Dagegen möchte der Fahrer des EGO-Fahrzeug 1 in die Nebenstraße 3 einbiegen. Befinden sich das Fahrzeug 1 und der Fahrradfahrer 5 nebeneinander, wie in 1 dargestellt, so droht eine Kollision. Um diese zu verhindern, ist das Fahrzeug 1 mit einem gemäß der Erfindung arbeitenden Fahrerassistenzsystem ausgestattet.
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Das Fahrerassistenzsystem umfasst eine als extreme Weitwinkelkamera mit einem Fish-Eye-Objektiv ausgebildete optische Sensorik 6, welche im rechten Außenspiegel des Fahrzeugs 1 untergebracht ist und Daten zur Bildverarbeitung an eine Auswerteeinheit 7 innerhalb des Fahrzeugs 1 übermittelt. Die Auswerteeinheit 7 wiederum ist in nicht dargestellter Weise mit der Motorsteuerung, im Fall eines automatisierten Getriebes auch mit der Getriebesteuerung, mit der Bremsbetätigung, sowie mit der elektromechanisch unterstützten Lenkung des Fahrzeugs 1 verknüpft.
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Das Fahrerassistenzsystem erkennt den Fahrradfahrer 5 nicht nur als irgendein sich auf der Hauptstraße 2 bewegendes Objekt, sondern spezifisch als Fahrrad. Dies wird durch Auswertung von Konturen des erkannten Objektes, das heißt Fahrradfahrers 5, erreicht. Sobald das Fahrerassistenzsystem den Fahrradfahrer 5 als sich bewegendes Objekt detektiert hat, werden regelmäßige geometrische Strukturen innerhalb dieses Objektes, das heißt weiteren Verkehrsteilnehmers 5, gesucht. Dabei werden insbesondere die Räder des Fahrrads erkannt. Der Durchmesser der Räder sowie der Abstand der Räder voneinander werden in Relation zu den gesamten Abmessungen und Konturen des Verkehrsteilnehmers 5 gesetzt. Damit wird der Fahrradfahrer 5 als solcher erkannt und ist selbst von einem Motorradfahrer oder Rollerfahrer unterscheidbar.
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Selbst wenn sich der Verkehrsteilnehmer 5 direkt neben dem EGO-Fahrzeug 1 befindet, wie in 1 dargestellt und somit nur eine Seitenansicht des Verkehrsteilnehmers 5 zur Bildauswertung zur Verfügung steht, kann eine eindeutige Zuordnung des Verkehrsteilnehmers 5 zu einer Fahrrad-Klasse vorgenommen werden. Die typischen Eigenschaften von Fahrrädern werden herangezogen, um eine in 1 nicht eingezeichnete voraussichtliche Trajektorie des Verkehrsteilnehmers 5, welche im vorliegenden Fall geradeaus gerichtet ist, zu berechnen. Jedem Punkt auf der Trajektorie ist dabei ein Zeitpunkt zugeordnet, zu welchem sich der Verkehrsteilnehmer 5 voraussichtlich an der betreffenden Stelle der Trajektorie befinden wird.
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Eine weitere Trajektorie, in 1 durch einen gekrümmten Pfeil dargestellt, wird für das EGO-Fahrzeug 1 berechnet. Um diese Trajektorie zu berechnen, werden nicht nur die aktuelle Geschwindigkeit und Fahrtrichtung des EGO-Fahrzeugs 1 berücksichtigt, sondern auch die Stellung des Blinkerhebels, des Fahrpedals, im allgemeinen Sprachgebrauch als Gaspedal bezeichnet, sowie des Bremspedals und des Lenkrads. Wie aus 1 leicht erkennbar ist, droht in der dargestellten Verkehrssituation eine Kollision des Fahrzeugs 1 mit dem weiteren Verkehrsteilnehmer 5. Es ist jedoch eine nicht vernachlässigbare Wahrscheinlichkeit gegeben, dass der Fahrer des Fahrzeug 1 dieses Risiko nicht erkennt.
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Das Fahrerassistenzsystem erzeugt in Echtzeit in der in 1 dargestellten Verkehrssituation ein fahrzeuginternes Signal, welches sowohl eine Warnung des Fahrers als auch einen automatischen Eingriff in die Fahrzeugsteuerung auslöst. Die Warnung basiert auf den genannten fahrzeuginternen Daten, insbesondere der erfassten Stellung von Betätigungselementen, sowie den von der optischen Sensorik aufgenommenen Umgebungsdaten und erfolgt beispielsweise in Form eines Gongs oder eines typischen Geräusches, welches an ein Fahrrad erinnert. Insbesondere kann es sich hierbei um ein Klingelgeräusch einer Fahrradklingel handeln. Statt eines solchen akustischen Signals oder zusätzlich zu einem solchen Signal kann der Fahrer des Fahrzeugs 1 auch eine optische Warnung, beispielsweise in Form eines im oder am Außenspiegel permanent aufleuchtenden oder blinkenden Lichtsignals, erhalten. Ein solches Lichtsignal hat zusätzlich den Vorteil, dass es auch durch den Fahrradfahrer 5 als Warnsignal wahrnehmbar ist. In vergleichbarer Weise kann prinzipiell auch ein akustisches Warnsignal erzeugt werden, welches nicht nur innerhalb des Fahrzeugs 1, sondern auch vom weiteren Verkehrsteilnehmer 5 wahrnehmbar ist.
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Ein Eingriff in die Fahrzeugsteuerung, welcher sowohl die Trajektorie des EGO-Fahrzeugs 1 beeinflusst, als auch eine Warnfunktion für dessen Fahrer hat, kann beispielsweise erfolgen, indem in der Verkehrssituation nach 1 ein nach links wirkender Impuls auf die Lenkung des EGO-Fahrzeugs 1 gegeben wird. Weitere Möglichkeiten von Eingriffen in die Fahrzeugsteuerung sind in Form automatischer Eingriffe in die Längsdynamik des Fahrzeugs 1 gegeben, welche eine automatische Änderung der Motorleistung des EGO-Fahrzeugs 1 und/oder einen automatischen Bremseingriff einschließen können. In einer Situation, in der das Fahrzeug in der in 1 dargestellten Position nicht fährt, sondern steht, kann durch die Auswerteeinheit 7 ein fahrzeuginternes Signal generiert werden, welche dem Anfahren entgegenwirkt, indem beispielsweise die Feststellbremse des Fahrzeugs 1 angezogen bleibt. Auch dieser Eingriff in die Fahrzeugsteuerung kann durch ein zeitgleiches optisches und/oder akustisches Signal ergänzt werden.
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Die optische Sensorik 6 ist dazu ausgebildet, zusätzlich zum Verkehrsteilnehmer 5 auch Markierungen und Begrenzungen der Straßen 2, 3 zu erfassen. Verschwindet der Verkehrsteilnehmer 5 vorübergehend aus dem Blickfeld der optischen Sensorik 6 des Fahrerassistenzsystems, so wird die Position des Verkehrsteilnehmers 5 auf Basis der bereits erfassten Daten, insbesondere der Position und Geschwindigkeit des Verkehrsteilnehmers 5, fortgeschrieben.
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Die einen Teil des Fahrerassistenzsystems bildende, im Außenspiegel des Fahrzeugs 1 eingebaute optische Sensorik 6 kann zusätzlich zur beschriebenen Sicherheitsfunktion weitere Funktionen, zum Beispiel im Rahmen eines Einparkassistenten, übernehmen. Insgesamt ist das nach dem erfindungsgemäßen Verfahren arbeitende Fahrerassistenzsystem mit geringem gerätetechnischem Aufwand realisierbar und trägt dennoch dazu bei, das Risiko von Kollisionen mit jeglichen Verkehrsteilnehmern 5, insbesondere mit Fahrrad- oder sonstigen Zweiradfahrern, sowohl im städtischen als auch im außerstädtischen Straßenverkehr signifikant zu verringern.
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Warnhinweise, welche innerhalb des Fahrzeugs 1 ausgegeben werden, werden – soweit möglich – richtungsspezifisch ausgegeben. Zeichnet sich beispielsweise abweichend von der in 1 dargestellten Verkehrssituation ein Risiko ab, welches wie in 2 dargestellt auf der linken Seite des Fahrzeugs 1 lokalisierbar ist, so wird eine Warnung auf der linken Fahrzeugseite angezeigt. Als Beispiel einer solchen Verkehrssituation zeigt 2 einen Linksabbiegevorgang über eine Gegenfahrbahn der Hauptstraße 2 hinweg in eine Nebenstraße 3. Dabei wird insbesondere der links der Hauptstraße 2 verlaufende und baulich getrennte Fahrradweg 4 gekreuzt, auf welchem sich ein Verkehrsteilnehmer 5 in Fahrtrichtung F bewegt. In dieser Situation wird ein Kollisionsrisiko erkannt und eine Warnung angezeigt, beispielsweise in Form eines dauerhaft leuchtenden oder blinkenden Warn-Icons im linken Außenspiegel. In analoger Weise wird in dieser Situation eine akustische Warnung von einem im Innenraum des Fahrzeugs 1 links angeordneten Lautsprecher ausgegeben.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- Hauptstraße
- 3
- Nebenstraße
- 4
- Fahrradweg
- 5
- weiterer Verkehrsteilnehmer
- 6
- optische Sensorik
- 7
- Auswerteeinheit
- F
- Fahrtrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102010010856 A1 [0002, 0002]
- DE 10334203 A1 [0003]
- DE 102007053705 A1 [0004]
- DE 102011109697 A1 [0005]
- US 3069654 A [0020]