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Die vorliegende Erfindung betrifft vorrangig ein Verfahren zur Herstellung einer Gussform. Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung auch ein Verfahren zur Herstellung von Gussteilen unter Verwendung derartiger Gussformen. Schließlich betrifft die Erfindung eine spezielle Gussform, die auf vereinfachte und schnelle Weise herstellbar ist, insbesondere durch Rapid Prototyping-Verfahren.
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In Herstellungsprozessen werden insbesondere für die Erzeugung von großen Stückzahlen komplexer Teile Gussverfahren eingesetzt. Insbesondere für die Erzeugung metallischer Teile wird beispielsweise das sogenannte Kokillen-Gießverfahren eingesetzt, bei welchem eine metallische Schmelze in eine metallische Dauerform, die sogenannte Kokille, über einen oben liegenden Einlass gegossen wird, so dass sich der Hohlraum der Kokille in Folge der Schwerkraft der Schmelze ausfüllt.
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Zudem werden für die Herstellung von Metall- bzw. Kunststoffteilen Druckguss- bzw. Spritzgussverfahren verwendet, bei denen eine Metall- bzw. Kunststoffschmelze in ein mehrteiliges Werkzeug eingepresst wird und dort durch Abkühlen aushärtet. Das Werkzeug wird nachfolgend geöffnet, um das erzeugte Metall- bzw. Kunststoffteil entnehmen zu können.
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Die vorgenannten Verfahren nutzen Dauerformen, die geometriefest sind und deren Herstellung kosten- und zeitintensiv ist. Die Eigenschaften der Dauerformen sowie deren Herstellung begrenzen aber auch die möglichen Formgebungen für die Gussteile (Geometrieeinschränkungen durch notwendige Auf-Zu-Überlegungen) – auch sind beispielsweise sehr dünnwandige Teile im Kokillenguss kaum zu realisieren.
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Werden stattdessen Gussteile mit hoher Maßgenauigkeit und ausgeprägtem Detailreichtum und zudem schnell und in geringen Stückzahlen benötigt, kommen sogenannte Feingussverfahren zum Einsatz. Dazu müssen zunächst Modelle gefertigt werden, die nachfolgend mit einem Formgrundstoff, beispielsweise einer gipsähnlichen – oder keramischen Masse umgeben werden, um die Form zu erzeugen. Die Modelle werden anschließend aus den Formen ausgeschmolzen bzw. ausgebrannt, um die für den Guss notwendige Hohlraumgeometrie zu erhalten. Dies ist ein sehr zeit- und durch die thermischen Vorgänge auch kostenintensiver Prozess. Nach dem Guss ist zudem die Form geeignet zu stören, um das erstarrte Gussteil freizugeben, so dass beides – Modell und Formen – verloren sind. Dadurch sind Feingussverfahren energie-, modell- und formstoffintensiv, so dass sie sich im Vergleich zu Verfahren mit Dauerformen nur für bestimmte Stückzahlbereiche, besondere Geometrien, höher schmelzende Legierungen oder Gussteil-Sonderanfertigung lohnen.
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Zur Herstellung von Prototypen, Einzelstücken oder Kleinserien werden heutzutage auch sogenannte Rapid-Prototyping-Verfahren eingesetzt. Bei solchen Verfahren geht es im Grundsatz darum, aus vorliegenden Konstruktionsdaten möglichst ohne die Zwischenschaltung von Formen direkt ein Werkstück zu erzeugen. Heutzutage lassen sich aus Kunststoffen, keramischen Materialien, Sanden oder aus metallischen Pulvern durch schichtweises Auftragen und selektives Aushärten dieser Materialien Werkstücke erzeugen. Auf Grund der Fertigungsdauer, der Oberflächennacharbeit erfordernden Schichtbauweise und der z.T. noch sehr hohen Materialkosten insbesondere metallischer Pulver eignen sich diese Verfahren jedoch nicht zur Herstellung großer Stückzahlen.
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Eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, eine Gussform sowie ein Verfahren zu deren Herstellung anzugeben, durch welche die zuvor genannten Nachteile vermieden werden. Insbesondere ist es wünschenswert, eine Gussform zu erzeugen, die einerseits günstig und schnell herstellbar ist und andererseits zumindest in wesentlichen Bestandteilen mehrfach verwendbar ist. Schließlich besteht eine weitergehende Aufgabe der Erfindung darin, ein Verfahren zur Herstellung von Gussteilen mithilfe einer derart neuartigen Gussform anzugeben.
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Die genannte Aufgabe wird zunächst durch ein Verfahren zur Herstellung einer Gussform gemäß dem beigefügten Anspruch 1 gelöst.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung einer Gussform umfasst dabei einen ersten Schritt, in welchem mindestens ein mehrfach verwendbarer Dauerformbestandteil der Gussform durch ein additives Herstellungsverfahren erzeugt wird.
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Unter einem additiven Herstellungsverfahren wird hierbei jedes Material auftragende Herstellungsverfahren verstanden, bei welchem zur Erzeugung einer dreidimensionalen Form ein geeignetes Material an den konturgebenden Positionen abgelagert und verfestigt wird. Zu den additiven Herstellungsverfahren lassen sich somit die bekannten 3D-Druckverfahren rechnen, bei denen von einem 3D-Drucker schichtweise Material in pulvrigem, flüssigem oder pastenartigem Zustand aufgebracht wird und nachfolgend an den gewünschten Positionen aushärtet, beispielsweise unter Einwirkung von Energie (Laser- oder UV-Strahlung). Zu den additiven Herstellungsverfahren zählen aber auch Rapid-Prototyping-Verfahren, bei den jeweils in aufgebrachten ungebundenen Kunststoff- oder Metallpulverschichten die konturbildenden Bereiche verfestigt werden, beispielsweise durch selektives Laser-Sintern, Strahlschmelzen oder spezielle Binderchemikalien. Insbesondere das klassische Feingussverfahren, welches auf verlorene Modelle aufbaut, kann diese Modelle von additiven Herstellungsverfahren beziehen und profitiert somit bezüglich Schnelligkeit und Geometrievielfalt von additiven Technologien.
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Bevorzugt wird mindestens ein Dauerformbestandteil über ein additives Herstellungsverfahren erzeugt, dessen höher schmelzendes Material für den Guss von Metalllegierungen geeignet ist: Laserstrahlschmelzen von Stahl- oder Titanpulver.
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Das Gießmaterial kann eine niedrig schmelzende metallische Legierungen (Schmelztemperatur kleiner 1100°C) wie z. B. Aluminium-, Zink-, Messing- und Kupfer-Legierung sein.
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Eine klare Abgrenzung der additiven Verfahren besteht gegenüber Material abtragenden Verfahren, bei denen beispielsweise Zerspanungs- oder Erodierprozesse verwendet werden.
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Gemäß einem weiteren Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Herstellung einer Gussform wird mindestens ein verlorener Einmalformbestandteil erzeugt, unter Verwendung der an sich bekannten Methoden. Der verlorene Einmalformbestandteil besteht beispielsweise aus 3D-gedrucktem Sand, aus Keramik- oder Gips-ähnlichen Materialien oder anderen vergleichbaren bzw. einmalig thermisch beständigen Materialien, die sich nach dem eigentlichen Gießvorgang durch Zerstören oder Auflösen vom hergestellten Gussteil trennen lassen.
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Erfindungsgemäß werden in einem weiteren Herstellungsschritt die Dauerformbestandteile und die Einmalformbestandteile zusammengefügt, um die gewünschte Gussform herzustellen. Beispielsweise kann der Einmalformbestandteil einen verlorenen Kern bilden, der in den als Gießschale ausgebildeten Dauerformbestandteil eingesetzt und dort formschlüssig fixiert wird. Ebenso können Einmalformbestandteile an äußeren Bereichen des Dauerformbestandteils angebracht werden, beispielsweise durch temperaturbeständiges Kleben, wenn in diesen Bereichen in dem zu erzeugenden Gussteil Hinterschneidungen oder variable Gestaltungen ausgebildet werden sollen, die die Verwendung eines Einmalformbestandteils erforderlich machen.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens zur Herstellung einer Gussform wird im Rahmen des Schrittes zur additiven Herstellung des Dauerformbestandteils eine Oberflächenveredelung ausgeführt, um die Qualität der Gussteiloberfläche zu verbessern. Eine solche Oberflächenveredelung kann durch Schleifen oder Polieren erfolgen, selbst wenn diese Teilschritte keinen additiven, sondern einen abtragenden Charakter haben.
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Zur Lösung der oben genannten Aufgabe stellt die vorliegende Erfindung weiterhin eine Gussform bereit, die mindestens einen mehrfach verwendbaren Dauerformbestandteil besitzt, der durch ein additives Herstellungsverfahren erzeugt wurde, sowie mindestens einen verlorenen Einmalformbestandteil.
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Ein wesentlicher Vorteil einer solchen Gussform besteht darin, dass diese die Vorzüge vorbekannter Formen, die nach unterschiedlichen Herstellungsverfahren gemäß dem Stand der Technik erzeugt werden können, in sich vereint. Einerseits können einfache, sich wiederholende Geometrien, die beispielsweise keine Hinterschneidungen aufweisen, durch den mehrfach verwendbaren Dauerbestandteil abgebildet werden. Andererseits lassen sich komplizierte und/oder variable Formgebungen eines Gussteils durch einen oder mehrere Einmalformbestandteile erzeugen. Im Regelfall werden die Einmalformbestandteile nur einen geringen Anteil an der gesamten Gussform ausmachen, so dass die verlorenen Formmaterialien mengenmäßig wesentlich geringer ausfallen, als wenn die gesamte Form als Einmalform hergestellt worden wäre. Zudem werden durch das Vakuum-Differenzdruckverfahren Geometriedetails möglich, die in Standarddauerformen wie Kokillen nicht umsetzbar wären, beispielsweise dünne Wände, eng liegende Kühlrippen etc.
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Ebenso ist es vorteilhaft, dass durch Austausch des Einmalformbestandteils bei Zurückgreifen auf den Dauerformbestandteil unterschiedliche Gussteilvarianten preiswert und schnell herstellbar sind. Insbesondere innerhalb eines Entwicklungsprozesses lassen sich auf diese Weise verschiedene Bauformen eines Prototyps schneller und preiswerter realisieren, als wenn jede Gussteil-Variante durch einen vollständigen Feinguss-Prozess realisiert oder ausschließlich additiv hergestellt werden müsste.
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Schließlich stellt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Herstellung von Gussteilen bereit, bei welchem in einem ersten Schritt die Herstellung einer Gussform in der zuvor beschriebenen Weise erfolgt, wobei die Gussform aus mindestens einem Dauerformbestandteil und mindestens einem Einmalformbestandteil zusammengesetzt ist. In einem nachfolgenden Schritt wird in an sich bekannter Weise ein fließfähiges Gießmaterial, aus welchem das erste Gussteil erzeugt werden soll, in die hergestellte Gussform eingefüllt und dort zum Aushärten gebracht. Im nachfolgenden Schritt wird das ausgehärtete erste Gussteil entformt, nämlich ohne Zerstörung des Dauerformbestandteils aus der Gussform entnommen, jedoch unter Zerstörung des Einmalformbestandteils. In dem sich daran anschließenden Verfahrensschritt wird der nicht beschädigte Dauerformbestandteil wiederverwendet zur Herstellung einer neuen Gussform, wobei er mit einem neu erzeugten Einmalformbestandteil zusammengefügt wird. Damit steht für die Erzeugung eines weiteren Gussteils eine neue vollständige Gussform zur Verfügung. Das weitere Gussteil kann identisch mit dem ersten Gussteil sein oder in den Abschnitten, die durch den jeweiligen Einmalformbestandteil bestimmt sind, von diesem ersten Gussteil abweichen.
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Die Besonderheit dieses Gießprozesses besteht darin, dass er untern den Bedingungen eines flexiblen und parametrisierbaren Vakuum-Differenzdruckverfahrens vollzogen wird, was die Gussteilqualität erheblich beeinflusst: Vakuum um die Form und Druck auf der Schmelze für dünnwandige Geometrien; Vakuum jeweils um Form und Schmelze um Gießmaterialreagenzien zu verhindern; gesteuerte Abkühlung durch Flutung der Vakuumkammer mit einem Kühlmedium bei Nutzung des Dauerformbestandteils als konturnahes Kühlelement.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsformen, unter Bezugnahme auf die Zeichnungen. Es zeigen:
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1 ein Dauerformbestandteil einer erfindungsgemäßen Gussform;
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2 einen 3D-gedruckten verlorenen Einmalformbestandteil;
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3 eine Gussformhälfte nach dem Zusammenfügen des Dauerformbestandteils mit dem Einmalformbestandteil.
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Zum erfindungsgemäßen Herstellen einer Gussform muss in einem ersten Verfahrensschritt ein mehrfach verwendbarer Dauerformbestandteil bzw. mehrere solcher Dauerformbestandteile durch ein additives Herstellungsverfahren erzeugt werden.
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1 zeigt beispielhaft einen Dauerformbestandteil 01, der im Weiteren ggf. mit anderen Dauerformbestandteilen zusammengesetzt werden kann, um die gewünschte Gussform herzustellen.
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Der Dauerformbestandteil 01 ist beispielsweise eine über Laserstrahlschmelzen hergestellte Formkontur einer Stahllegierung. Alternativ kann der Dauerformbestandteil 01 z. B. durch Hybridfertigung aus schnellen Schalenfeinguss (Rapid Shell Casting) über 3D-gedruckte Modelle erzeugt werden. Beispielsweise lassen sich so mehrteilige Dauerformbestandteile mit entsprechenden Trennebenen realisieren.
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Bevorzugt wird der Dauerformbestandteil 01 über ein selektives Laser-Sinter- oder Laserschmelz-Verfahren erzeugt. Damit lassen sich die erforderlichen Wandstärken der Formkontur beispielsweise auf 5 mm reduzieren. Die durch diese Herstellungsverfahren erzeugten Dauerformbestandteile können mit speziellen Geometrie- und Konstruktionselementen in einer Vakuum-Differenzdruckanlage genutzt werden, so dass feinere Geometrien im Gussteil möglich sind als bei einem klassischen Kokillenguss.
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2 zeigt beispielhaft einen verlorenen Einmalformbestandteil 02, der in einem weiteren Verfahrensschritt zur Herstellung der Gussform erzeugt werden muss.
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Als verlorene Einmalformbestandteile 02 werden insbesondere Abschnitte der Gussform erzeugt, in denen Spezialgeometrien wie Hinterschneidungen realisiert werden müssen, so dass ein Entformen nur durch die Zerstörung des Einmalformbestandteils möglich ist. Ebenso eignen sich als Einmalformbestandteile diejenigen Abschnitte der Gussform, in denen variable Teile des Gussteils erzeugt werden sollen.
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Der Einmalformbestandteil 02 kann beispielsweise durch 3D-Druckverfahren unter Verwendung von Sand oder keramischen Materialien erzeugt werden. Der abgebildete Einmalformbestandteil besteht aus einem mineralischen Füllstoff (Sand) und einem harzartigen Bindemittel, um ihn im 3D-Druckverfahren herstellen zu können. Ebenso lassen sich Einmalformbestandteile durch Gießprozesse erzeugen, unter Verwendung von nach dem eigentlichen Metallgussvorgang wieder aufzulösenden Materialien, beispielsweise Keramiken oder Gips-ähnliche Materialien. Zur Erzeugung von Einmalformbestandteilen aus löslichem Material kann alternativ eine Silikonform genutzt werden, in welche eine spezielle Einbettmasserezeptur eingegossen wird, wobei dies auch im Rahmen eines Vakuumgussprozesses erfolgen kann.
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3 zeigt einen Abschnitt einer hergestellten Gussformhälfte 03, die durch Zusammenfügen des Dauerformbestandteils 01 und des Einmalformbestandteils 02 hergestellt wurde. In diesem Fall ist der Einmalformbestandteil 02 in den Dauerformbestandteil 01 in der Art eines Kerns formschlüssig eingesetzt. In abgewandelten Ausführungsformen können Einmalformbestandteile auch in Randbereichen an den Dauerformbestandteil angesetzt werden.
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Bezugszeichenliste
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- 01
- Dauerformbestandteil
- 02
- Einmalformbestandteil
- 03
- Kombinierte Gussformhälfte