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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Bauteilanordnung mit mindestens zwei Bauteilen, welche miteinander gefügt sind und ein Verfahren zum Herstellen einer solchen Bauteilanordnung durch Fügen zweier Bauteile.
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Die Anforderungen an die Fügeverbindung sind dabei sehr vielfältig. So müssen beispielsweise temperaturempfindliche Polymere, organische Stoffe und/oder Materialien mit unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten und Komponenten mit temperaturempfindlichen Materialien miteinander verbunden werden. In vielen Anwendungsfällen, insbesondere in der industriellen Prozessmesstechnik, ist es erforderlich, dass Fügeverbindungen hermetisch dicht sind. Dies ist insofern beachtlich, als damit Klebeverbindungen weitgehend ausscheiden. Schweißverbindungen und Lotverbindungen sind zwar hermetisch dicht, aber sie sind insofern problematisch, als ihre Herstellung die Fügepartner thermisch belastet, insbesondere dann, wenn die zu fügenden Flächen zwischen den Fügepartnern durch Erhitzen der Fügepartner auf die Schmelztemperatur des Lotmaterials zu bringen sind.
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Daher sind reaktive Materialsysteme grundsätzlich attraktiv, um insbesondere temperaturempfindliche Fügepartner miteinander zu verbinden. Reaktive Materialsysteme ermöglichen selbst ausbreitende exotherme Reaktionen, die in anderen Einsatzgebieten bereits zum Fügen von Bauteilen verwendet werden. Hierzu gibt es grundsätzlich zwei Varianten. Einerseits werden thermische Reaktionen in Pulvergemischen zum Aufschmelzen von Stoffen verwendet, andererseits werden selbst ausbreitende Reaktionen in nanoskalierten Mehrschichtsystemen in Form von Folien verwendet, um Lotschichten aufzuschmelzen und so eine Fügeverbindung zu erzeugen. Die reaktiven Materialsysteme mit nanoskalierten Mehrschichtsystemen in Form von Folien werden beispielsweise von der Firma Indium Corp. unter der Marke NanoFoil® angeboten. Für Mikrosystemtechnische Anwendungen erweist es sich jedoch als schwierig, den Fügeprozess kontrolliert zu aktivieren und hinreichend genau lokalisiert mit definierter Energiedichte ablaufen zu lassen. Zudem sind derartige Folien schwierig zu konfektionieren und daher insbesondere für Anwendungen in der Mikrosystemtechnik nur mit Einschränkungen geeignet.
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Aus dem Stand der Technik sind die
DE 10 2008 021 167 B3 , die
US 2005/0 051 607 A1 , die
DE 10 2007 030 910 A1 , die
DE 10 2009 000 058 A1 und die
US 2006/0 220 223 A1 bekannt geworden. Die
DE 10 2008 021 167 B3 offenbart ein Verfahren zur Erzeugung einer hermetisch dichten, elektrischen Durchführung mittels exothermer Nanofolie. Die
US 2005/0 051 607 A1 offenbart, dass Materialkörper zwischen zusammenpassenden Oberflächen verbunden werden, indem reaktive nanostrukturierte Folien zwischen den zusammenpassenden Oberflächen und angrenzend an eine oder mehrere Hartlöt- oder Lotschichten angeordnet werden. Die
DE 10 2007 030 910 A1 offenbart einen Drucksensor mit einem keramischen Grundkörper und einer keramischen Messmembran. Die
DE 10 2009 000 058 A1 offenbart eine Sensoranordnung und die
US 2006/0 220 223 A1 offenbart ein reaktives Nanoschichtmaterial für MEMS-Packaging.
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, hier Abhilfe zu schaffen.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch die Bauteilanordnung gemäß dem unabhängigen Patentanspruch 1, den Druckmesswandler gemäß dem unabhängigen Patentanspruch 6, und das Verfahren gemäß dem unabhängigen Patentanspruch 10.
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Die erfindungsgemäße Bauteilanordnung umfasst ein erstes Bauteil, welches eine erste Fügefläche aufweist; und ein zweites Bauteil, welches eine zweite Fügefläche aufweist, wobei die erste Fügefläche mit der zweiten Fügefläche unter Verwendung eines integrierten reaktiven Materialsystems mit einander verbunden sind, wobei das integrierte reaktive Materialsystem mindestens eine Beschichtung mindestens einer der Fügeflächen umfasst, wo bei das integrierte reaktive Materialsystem einen Aktivierungsbereich auf einer Oberfläche umfasst, wobei der Aktivierungsbereich außerhalb miteinander gefügter Bereiche der ersten bzw. zweiten Fügefläche angeordnet ist und an die miteinander gefügten Bereiche angrenzt, wobei die Oberfläche, welche den Aktivierungsbereich aufweist, zu einer Ebene, welche durch die verbundenen Bereiche der Fügeflächen definiert ist, geneigt ist um einen Winkel α, der nicht weniger als 45°, insbesondere nicht weniger als 60° und bevorzugt nicht weniger als 80° beträgt.
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Ein integriertes reaktives Materialsystem enthält mindestens zwei Komponenten, deren Mischung zu einer exothermen Reaktion führen kann, die sich nach Aktivierung selbst ausbreitet. Die zwei Komponenten sind in einer Vielzahl von alternierenden Schichten mit jeweils einer Stärke von wenigen Nanometern bereitgestellt. Nach einer lokalen Aktivierung werden benachbarte Atome aus den alternierenden Lagen zur Bildung intermetallischer Phasen angeregt, wobei es zur Diffusion der Komponenten zwischen den Schichten kommt. Die Reaktionswärme wird entlang der Einzelschichten weitergeleitet. Damit es zu einer sich selbst erhaltenden Reaktion kommt, muss die Reaktionswärme mindestens mit einer solchen Rate freigesetzt werden, dass trotz der über Wärmetransport abgeleiteten Wärme eine Aktivierungstemperatur gehalten werden kann. Die Standardbildungsenthalpie der Reaktionspartner sollte dazu beispielsweise nicht weniger als etwa - 30 kJ/mol-Atom, insbesondere nicht weniger als - 40 kJ/mol-Atom, und bevorzugt nicht weniger als 50 kJ/mol-Atom betragen.
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Das Bereitstellen des integrierten reaktiven Materialsystems in Form einer Beschichtung kann insbesondere durch Gasphasenabscheidung erfolgen (PVD nach dem englischen Physical Vapor Deposition). Dies bietet erhebliche Vorteile gegenüber dem aus dem Stand der Technik bekannten Bereitstellen der integrierten reaktiven Materialsysteme in Form von freistehenden Folien. Geeignete integrierte reaktive Materialsysteme umfassen beispielsweise alternierende Schichten von Nickel und Aluminium oder Titan und Aluminium.
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In einer Weiterbildung der Erfindung umfasst das integrierte reaktive Materialsystem alternierende Schichten einer der folgenden Materialkombinationen.
- • Al in Kombination mit einem der folgenden Materialien CuOx, Fe2O3, Ni, Pd, Pt und Zr; oder
- • Ti in Kombination mit B, oder Si; oder
- • Zr, Ni oder Pd in Kombination mit Si; oder
- • Pd oder Pt in Kombination mit Sn oder Zn.
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In einer Weiterbildung der Erfindung umfasst das integrierte Materialsystem drei und mehr Materialpartner, beispielweise durch Kombination der obigen Materialien.
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Die Stärke der einzelnen alternierenden Schichten beträgt gemäß einer Weiterbildung der Erfindung nicht weniger als 10 nm und nicht mehr als 1000 nm, insbesondere nicht mehr als 100 nm. Die Gesamtstärke des integrierten reaktiven Materialsystems beträgt gemäß einer Weiterbildung der Erfindung beispielsweise nicht weniger als 1 µm und nicht mehr als 40 µm, vorzugsweise nicht mehr als 20 µm.
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Nach Initiierung der Reaktion zwischen den Komponenten des integrierten reaktiven Materialsystems zum Fügen der Bauteile führt die freiwerdende Reaktionswärme zur Interdiffusion Aufschmelzen umgebender Weich- bzw. Hartlotschichten und somit zur Erzeugung stoffschlüssiger Verbindungen. Dem geht eine entsprechende Beschichtung der Fügepartner mit entsprechenden Verbindungsschichten voraus.
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In besonderen Fällen müssen keine Lot- bzw. Hartlotschichten aufgeschmolzen werden, sondern hier können „reine“ Metalle (z.B. Al oder Ti) an sich aufgeschmolzen werden.
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Auf Grund der Reaktionscharakteristika, wie sehr schnelle Aufwärm- und Abkühlraten und hohe Reaktionsgeschwindigkeiten erfolgt die Wärmeeinbringung ausschließlich in unmittelbarer Nähe der exothermen Reaktion. Ein weiterer prinzipieller Vorteil eines solchen Verfahrens besteht darin, dass die freiwerdende Wärmemenge durch die Menge des reagierenden Schichtmaterials, also die Anzahl und Stärke der Schichten, begrenzt und kontrolliert werden kann, sowie die für die thermisch induzierte Verbindungsbildung nötige Temperaturerhöhung nur sehr kurzzeitig auftritt. Auf diese Weise kann die Reaktion so gesteuert werden, dass eine thermische Schädigung temperaturempfindlicher Fügepartner vermieden wird.
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In einer Weiterbildung der Erfindung weist eine erste der Fügeflächen eine Beschichtung mit dem integrierten reaktiven Materialsystem auf, wobei eine zweite der Fügeflächen, welche mit der ersten Fügefläche verbunden ist, eine Benetzungsschicht aufweist, die Benetzungsschicht insbesondere Gold aufweisen kann.
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In einer Weiterbildung der Erfindung ist die Oberfläche, welche den Aktivierungsbereich aufweist, in einer Ebene, welche durch die verbundenen Bereiche der Fügeflächen definiert ist angeordnet.
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In einer Weiterbildung der Erfindung weist mindestens eines der Bauteile Glas, Keramik, einen Halbleiter, insbesondere Silizium oder GaAs, ein Metall oder einen Kunststoff als Werkstoff auf.
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So können erfindungsgemäß beispielsweise verschiedene Materialien bzw. Komponenten miteinander verbunden werden, wie z.B. Silizium (Chip-to-Chip [Si-Si], Chip-to-Wafer [Si-Si], Chip-to-Board [Si-FR4]). Bei den Gläsern sind insbesondere Borosilikat und Foturan zur Umsetzung der Erfindung geeignet. Die Keramiken können insbesondere in Form von Dünn- und Dickschichttechnologien bereitgestellt werden. Metalle kommen beispielsweise in Form von Sensorgehäusen und deren Komponenten, sowie Anschluss- oder Trägerkörpern und Rohren vor. Metallkomponenten sind insbesondere zum Wärmemanagement (Kühlung oder Heizung von Komponenten) geeignet, wobei über die Fügung mit einem integrierten reaktiven Materialsystem ein guter thermischer Kontakt zu einer metallischen Wärmequelle öder Wärmesenke erzielt werden kann. Metallische Werkstoffe sind gemäß einer Weiterbildung der vorliegenden Erfindung insbesondere Stahl, Kupfer, Aluminium und verschiedene Legierungen. Geeignete Kunststoffe sind gemäß einer Weiterbildung der Erfindung insbesondere PMMA, PTFE, PFA, PES und PEEK.
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In einer Weiterbildung der Erfindung betrifft die erfindungsgemäße Bauteilanordnung einen Sensor der industriellen Prozessmesstechnik, insbesondere einen Drucksensor, einen Durchflusssensor, einen Dichtesensor ein Viskosimeter, einen Füllstandssensor einen Temperatursensor, einen potentiometrischen Sensor einen coulometrischen Sensor einen amperometrischen Sensor, einen Leitfähigkeitssensor, einen Feuchtesensor oder einen optischen Sensor wobei der das erste Bauteil eine erste Komponente des Sensors ist und das zweite Bauteil eine zweite Komponente des Sensors ist.
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In einer Weiterbildung der Erfindung umfasst eines der Bauteile eine Leuchtdiode, ein Mikro-Elektro-Mechanisches-Systeme (MEMS), einen Beschleunigungssensor, einen Neigungssensor, Feuchtesensoren, ein Mikro-Opto-Elektro-Mechanisches System (MOEMS), z.B. einen Mikrospiegel, ein Mikrobolometer, oder einen optischen Schalter.
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Der erfindungsgemäße Druckmesswandler umfasst eine erfindungsgemäße Bauteilanordnung nach einer der zuvor beschriebenen Ausgestaltungen, wobei der Druckmesswandler eine mit Druck beaufschlagbare Messmembran und mindestens einen Gegenkörper aufweist, wobei der Gegenkörper die Messmembran entlang eines umlaufenden Randes trägt, wobei der Gegenkörper mit einem Trägerkörper verbunden ist, wobei der Druckmesswandler eine erfindungsgemäße Bauteilanordnung umfasst, wobei der Trägerkörper ein Bauteil der Bauteilanordnung ist, welches mit anderen Bauteil mittels des integrierten reaktiven Materialsystems gefügt ist.
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In einer Weiterbildung der Erfindung ist der Gegenkörper das andere Bauteil der Bauteilanordnung, welches mit dem Trägerkörper mittels des integrierten reaktiven Materialsystems gefügt ist.
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In einer Weiterbildung der Erfindung umfasst der Druckmesswandler weiterhin einen metallischen Gehäusekörper oder Anschlusskörper, wobei der Gehäusekörper bzw. Anschlusskörper das andere Bauteil der Bauteilanordnung ist, welches mittels des integrierten reaktiven Materialsystems mit dem Trägerkörper gefügt ist.
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In einer Weiterbildung der Erfindung weist der Trägerkörper einen Kanal auf, durch den die Messmembran mit einem Druck beaufschlagbar ist, wobei der Messwandler weiterhin eine Druckzuleitung aufweist, welche mit dem Trägerkörper druckdicht gefügt ist, wobei die Druckzuleitung ein zweites Bauteil der Bauteilanordnung ist, welches mit dem Trägerkörper mittels des integrierten reaktiven Materialsystems gefügt ist, wobei die Druckzuleitung mit dem Druckkanal kommuniziert.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zum Herstellen mindestens einer Bauteilanordnung, insbesondere einer erfindungsgemäßen Bauteilanordnung bzw. eines erfindungsgemäßen Druckmesswandlers, durch Verbinden mindestens eines ersten Bauteils mit mindestens einem zweiten Bauteil, wobei das erste Bauteil eine erste Fügefläche aufweist, und wobei das zweite Bauteil eine zweite Fügefläche aufweist, wobei die erste Fügefläche mit der zweiten Fügefläche zu fügen ist, umfasst die folgenden Schritte:
- Präparieren eines integrierten reaktiven Materialsystems auf einer Oberfläche des ersten Bauteils im Bereich einer Fügefläche und einem an die Fügefläche angrenzenden Oberflächenbereich, wobei das integrierte reaktive Materialsystem auf dem angrenzenden Oberflächenbereich eine Aktivierungszone bildet;
- Positionieren des zweiten Bauteils bezüglich des ersten Bauteils, so dass die zweite Fügefläche an der ersten Fügefläche anliegt, und dass die Aktivierungszone frei liegt;
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Aktivieren des integrierten reaktiven Materialsystems, so dass das integrierte reaktive Materialsystem eine exotherme Reaktion durchführt, durch welche ein Fügematerial zwischen der ersten und zweiten Fügefläche aufgeschmolzen wird, wodurch das erste Bauteil mit dem zweiten Bauteil zwischen den beiden Fügeflächen gefügt wird, wobei mindestens ein Wafer, welche mehrere erste Bauteile aufweist, mit dem integrierten reaktiven Materialsystem im Bereich der ersten Fügeflächen und den jeweils angrenzenden Oberflächenbereichen beschichtet wird, wobei in einer ersten Oberfläche des Wafers angrenzend an die ersten Fügeflächen jeweils mindestens eine Vertiefung präpariert wird, bevor der Wafer mit dem integrierten reaktiven Materialsystem beschichtet wird, wobei jeweils mindestens eine an die erste Fügefläche anschließende Begrenzungsfläche der Vertiefung dienenden Oberflächenbereich bildet, auf dem die Aktivierungszone präpariert ist, wobei die ersten Bauteile vereinzelt werden, indem von einer zweiten Oberfläche des Wafers, welche der ersten Oberfläche abgewandt ist, lateral fluchtend mit den Vertiefungen von der ersten Oberfläche des Wafers her Vertiefungen präpariert werden.
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In einer Weiterbildung der Erfindung umfasst das Präparieren des integrierten reaktiven Materialsystems das Abscheiden mehrerer alternierender Schichten von mindestens zwei Reaktionspartnern auf dem ersten Bauteil.
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In einer Weiterbildung der Erfindung wird das zweite Bauteil zumindest im Bereich der zweiten Fügefläche mit einer Benetzungsschicht versehen, die insbesondere Gold aufweist, bevor das zweite Bauteil bezüglich des ersten Bauteils positioniert wird.
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In einer Weiterbildung der Erfindung werden die Vertiefungen durch Ätzen, Sägen oder Fräsen gebildet, wobei das Präparieren der Vertiefungen von der zweiten Oberfläche des Wafers nur soweit durchgeführt wird, dass zwischen den einzelnen ersten Bauteilen noch eine Reststärke des Wafermaterials stehen bleibt, wodurch zwischen den Bauteilen eine Sollbruchstelle gebildet ist.
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Die Erfindung wird nun anhand der in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiele erläutert. Es zeigt:
- 1: eine schematische Darstellung einer erfindungsgemäßen Bauteilanordnung zu verschiedenen Zeitpunkten des Fügens der Bauteile der Bauteilanordnung;
- 2: einen schematischen Längsschnitt durch ein erstes Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Drucksensors;
- 3: einen schematischen Längsschnitt durch ein erstes Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Drucksensors; und
- 4: Verfahrensschritte beim Präparieren von Bauteilen der erfindungsgemäßen Bauteilanordnung im Waferverbund.
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Die in 1 dargestellte Bauteilanordnung umfasst ein erstes Bauteil 10 und ein zweites Bauteil 20, welche unter Verwendung eines integrierten reaktiven Materialsystems 30 miteinander gefügt werden. Hierzu ist ein typischer Prozessfluss zur Erzeugung der Fügeverbindung mittels des exotherm reagierenden integrierten Materialsystems dargestellt. Das zweite Bauteil 20 wird mit einer zweiten Fügefläche 21 auf einer ersten Fügefläche 11 des ersten Bauteils 10 positioniert (I), wobei eine Fügefläche 11 des ersten Bauteils 10 und ein daran angrenzender Oberflächenbereich 12 des ersten Bauteils 10 mit einem integrierten reaktiven Materialsystem 30 beschichtet sind. Die Beschichtung des angrenzenden Oberflächenbereichs bildet einen Aktivierungsbereich. Der nicht von dem zweiten Bauteil 20 verdeckt ist. Das Reaktive Materialsystem umfasst eine Schichtfolge von alternierenden Schichten 31, 32 zweier Reaktionspartner, wobei der erste Reaktionspartner beispielsweise Al ist, und wobei der zweite Reaktionspartner aus den folgenden Materialien ausgewählt ist: CuOx, Fe2O3, Ni, Pd, Pt oder Zr. Die Schichtstärke beträgt jeweils etwa 20 nm und die Gesamtstärke der Schichtfolge beträgt etwa 1µm. Vorzugsweise weist eine das zweite Bauteil eine hier nicht gesondert dargestellte Benetzungsschicht aus Gold auf.
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Das erste Bauteil 10 und zweite Bauteil 20 können sowohl makroskopische als auch mikroskopische Bauteile sein, die Glas, Keramik, Metall, Halbleiter, und oder Kunststoff als Werkstoff aufweisen.
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In einem zweiten Schritt (II) wird eine Kraft auf die Bauteile appliziert, um eine definierte Flächenpressung zwischen den Fügeflächen 11, 21 der Bauteile 10, 20 zu erzielen, und eine exotherme Reaktion wird in dem Aktivierungsbereich des integrierten reaktiven Materialsystems außerhalb der Fügeflächen initiiert. Diese Initiierung kann dabei elektrisch, thermisch, elektro-magnetisch, magnetisch, mechanisch und/oder mittels Laserimpulsen erfolgen. Ein großer Vorteil der Erfindung ist, dass durch die Bereitstellung des Aktivierungsbereichs außerhalb des Raums zwischen den Fügeflächen des ersten und zweiten Bauteils die Fügezone zwischen den Fügeflächen zur Initiierung nicht direkt zugänglich sein muss und somit komplexe Fügegeometrien bzw. schwer erreichbare Fügegeometrien erzeugt werden können. Durch die Initiierung bzw. Aktivierung einer exothermen Reaktion zwischen den Schichten 31, 32 des integrierten reaktiven Materialsystems 30, schmelzen die Schichten auf, so dass es zur Interdiffusion zwischen den Schichten kommt, so dass eine Mischphase 33 gebildet wird, durch welche die Fügeflächen gefügt sind. Wie in Bildern (III) und (IV) gezeigt ist, durchläuft die exotherme Reaktionsfront das gesamte integrierte reaktive Materialsystem, bis es vollständig durch die Reaktion in die neue Mischphase 33 umgesetzt ist. Die vollständige Umsetzung ist dabei innerhalb weniger Millisekunden beendet. Die gefügten Bauteile können aufgrund des geringen Wärmeeintrags unmittelbar nach dem Fügevorgang weiter bearbeitet werden.
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Die erzeugte Fügeverbindung zwischen den ersten Bauteilen 10, 20 ist vorzugsweise hermetisch dicht, d.h. sie weist Leckraten kleiner 1 × 10-8 mbar-l/s auf. Weiterhin sind die Fügestellen mechanisch fest mit Scherfestigkeiten zwischen 30 MPa und 400 MPa. Sie können biokompatibel und/oder resistent gegenüber aggressiven Medien sein, z.B. Ölen oder Säuren.
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Der in 2 gezeigte Drucksensor 100 umfasst einen Halbleiterdruckmesswandler 110 aus Silizium, welcher eine von einem Gegenkörper 114 gehaltene Messmembran 112 aufweist. Die Messmembran 112 ist dabei durch anisotropes Ätzen einer Messkammer 118 in einem Siliziumwafer gebildet, wobei der um die Messkammer 118 stehen gebliebene Randbereich den Gegenkörper 114 bildet. Der Halbleiterdruckmesswandler 110 umfasst weiterhin Widerstandselemente, die in der Messmembran 112 dotiert sind. Der Drucksensor 100 umfasst weiterhin einen Trägerkörper 120, welcher ein Borosilikatglas aufweist, wobei der Trägerkörper 120 mittels anodischen Bondens mit einer Unterseite 116 des Gegenkörpers 114 gefügt ist. Durch den Trägerkörper 120 erstreckt sich ein Referenzdruckkanal 122, durch den die Messkammer 118 mit einem Referenzdruck beaufschlagbar ist. Auf einer dem Druckmesswandler 110 abgewandten Unterseite des Trägerkörpers 120 ist ein integriertes reaktives Materialsystem 124 präpariert, welches an einer Seite des Trägerkörpers 120, die sich senkrecht zur Unterseite erstreckt, in einem Aktivierungsbereich 126 fortgesetzt ist. Der Trägerkörper liegt mit seiner Unterseite auf einem metallischen Sockel 130 auf, wobei sich durch den Sockel 130 ein Kanal 132 erstreckt, welcher mit dem Referenzdruckkanal 122 kommuniziert, wobei das reaktive Materialsystem 124 einen Referenzdruckpfad, der durch den Referenzdruckkanal 122 und den Kanal 132 gebildet ist, zwischen dem Trägerkörper 120 und dem Sockel 130 zur Umgebung hin abgedichtet. Der Sockel 130 umfasst einen metallischen Werkstoff, insbesondere Kovar. Durch Aktivieren des reaktiven Materialsystems in dem Aktivierungsbereich 126 ist eine exotherme Reaktion ausgelöst, welche das reaktive Materialsystem 124 zwischen dem Trägerkörper 120 und dem Sockel 130 vollständig umgesetzt hat, wodurch die beiden Bauteile dicht gefügt sind. Da die Fügung ohne eine wesentliche Erwärmung der Volumina des Sockels 130 und des Trägerkörpers 120 erfolgt sind, und wurden durch das Fügen der Bauteile miteinander kaum thermomechanische Spannungen in die Bauteile eingebracht.
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Das in Figur drei gezeigte Ausführungsbeispiel eines Drucksensors umfasst einen Differenzdrucksensor 200, mit einem Differenzdruckmesswandler, der eine Messmembran 210 aus Silizium zwischen einem ersten Gegenkörper 220-1 und einen zweiten Gegenkörper 220-2 aufweist. Die beiden Gegenkörper umfassen jeweils eine Messkammer 218-1,218-2, welche jeweils durch ein Membranbett begrenzt ist, an welcher sich die Messmembran 210 im Falle einer Überlast anlegen kann. Die Gegenkörper weisen zudem jeweils einen Druckkanal 222-1,222-2 auf, durch welche die Messmembran 210 miteinander entgegengesetzt wirkenden Drücken beaufschlagbar ist, so dass die Messmembran in Abhängigkeit von der Differenz der beiden Drücke ausgelenkt wird. Zum Erfassen einer druckabhängigen Auslenkung der Messmembran 210 umfasst der Differenzdruckmesswandler mindestens einen kapazitiven Wandler, welcher mindestens eine Elektrode an einem Gegenkörper und eine membranseitige Elektrode aufweist. Die Gegenkörper 220-1,220-2 weisen Silizium auf und sind durch anodisches Bonden mit der Messmembran 210 gefügt, welche ebenfalls Silizium aufweist, wobei zwischen der Messmembran 210 und den Gegenkörpern jeweils eine Siliziumoxydschicht vorgesehen ist. Die Gegenkörper 220-1,220-2 sind rückseitig jeweils durch einen Anschlusskörper 230-1,230-2 abgestützt wobei sich durch die Anschlusskörper jeweils eine Druckleitung 232-1,232-2 erstreckt, die mit dem Druckkanal 222-1,222-2 des angrenzenden Gegenkörpers kommuniziert. Die Anschlusskörper weisen insbesondere einen keramischen Werkstoff auf, dessen Wärmeausdehnungskoeffizient um nicht mehr als 5 ppm/K von dem Wärmeausdehnungskoeffizienten des Materials der Gegenkörper abweicht. Die den Stützkörpern zugewandte Fügefläche der Gegenkörper 220-1 ,220-2 ist jeweils mit einem reaktiven Materialsystem 224-1,224-2 beschichtet, welches jeweils in einem Aktivierungsbereich 226-1,226-2 fortgesetzt ist, der außerhalb einer Fügezone zwischen den Gegenkörpern und den Anschlusskörpern angeordnet ist. Die dem Gegenkörpern zugewandten Fügeflächen der Anschlusskörper weisen zudem eine hier nicht gesondert dargestellte Benetzungsschicht aus Gold auf. Durch Aktivieren einer exothermen Reaktion in den Aktivierungsbereichen 226-1, 226-2 sind die integrierten reaktiven Materialsysteme 224-1,224-2 zwischen den Gegenkörpern und den Anschlusskörpern in einer exotherm Reaktion vollständig umgesetzt, wodurch die Gegenkörper jeweils druckdicht und drucktragend mit dem angrenzenden Anschlusskörper gefügt sind, wobei die umgesetzten reaktiven Materialsysteme zugleich die Druckpfade abdichten, welche durch die Druckleitungen 232-1,232-2 mit den jeweils angrenzenden Druckkanälen 222-1,222-2 gebildet sind. Durch die druckfeste Fügung zwischen den Gegenkörpern und den Anschlusskörpern wird die Differenzdruckmesszelle stabilisiert gegen statische Überlasten. Zudem verringert die Fügung mittels eines integrierten reaktiven Materialsystems gegenüber herkömmlichen Lotverfahren das Eindringen von thermomechanischen Spannungen in die Fügepartner. Hierdurch werden die Messgenauigkeit und die Wiederholbarkeit des Differenzdrucksensors erheblich verbessert, da spannungsbedingte Hystereseeffekte weitgehend eliminiert sind.
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4 zeigt eine Folge von Verfahrensschritten zum Abscheiden der integrierten reaktiven Materialsysteme einschließlich der anschließenden Vereinzelung in separate Bauteile.
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In einem ersten Schritt (I) wird das Substrat 301 bereitgestellt und ggf. wird ein Reinigungsschritt durchgeführt.
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In einem zweiten Schritt (II) wird das Substrat 301 strukturiert, wobei beispielsweise durch Vertiefungen 302 von einer Oberseite des Substrats 301 her Bauteilflanken 303 gebildet werden. Die Strukturierung kann dabei beispielsweise durch Säge-, Fräs-, Nassätz-, Trockenätz-, Erosions- oder Ablationsprozess erfolgen. Typischerweise wird eine solche Bauteilflanke strukturiert, welche in den darauffolgenden Schritten mit den exotherm reagierenden integrierten reaktiven Materialien beschichtet wird.
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In einem dritten Schritt (III) werden die strukturierten Substrate 301 mit dem integrierten reaktiven Materialsystem 304 beschichtet. Die Beschichtungsprozesse können dabei mittels der Gasphasenabscheidung, der elektro-chemischen Abscheidung sowie der Abscheidung mittels Drucktechniken erfolgen. Das integrierte reaktive Materialsystem 301 umfasst einerseits eine Fügeflächenbeschichtung 305 auf der Oberseite des Substrats und eine Aktivierungsbereichsbeschichtung 306 an den zuvor strukturierten Flanken 303, wobei die Fügeflächenbeschichtung 305 in die Aktivierungsbereichsbeschichtung 306 übergeht. So dass eine Reaktion der Fügeflächenbeschichtung durch eine Reaktion der Aktivierungsbereichsbeschichtung aktivierbar ist.
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In einem vierten Schritt (IV) werden die Substrate 301 in einzelne Bauteile (308) vereinzelt. Die Vereinzelung kann dabei beispielsweise durch Säge-, Fräs-, Nassätz, Trockenätz-, Erosions- oder Ablationsprozess erfolgen, insbesondere auch von der Unterseite des Substrats.