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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines radiometrischen Messsystems.
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In der Prozessmesstechnik werden zur Messung von Prozessgrößen oder Materialeigenschaften, beispielsweise zur Füllstandsmessung, zur Feuchtigkeitsmessung, zur Dichtemessung etc., häufig radiometrische Messsysteme verwendet, die Szintillationszähler bzw. Szintilfationsdetektoren zur Strahlungsmessung umfassen.
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Szintillationszähler dienen beispielsweise zur Bestimmung des Spektrums von ionisierender Strahlung, d. h. zur Bestimmung der Intensität als Funktion der Energie der ionisierenden Strahlung, wobei ein Szintillationszähler einen Szintillator umfasst, der beim Durchgang von Strahlung in Form von energiereichen geladenen Teilchen oder Photonen angeregt wird und die Anregungsenergie in Form von Lichtimpulsen (meist im UV-Bereich oder sichtbaren Bereich) wieder abgibt, was als Szintillation bezeichnet wird. Der Durchgang von Strahlung in Form eines energiereichen geladenen Teilchens oder Photons wird auch als Ereignis bezeichnet.
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Die derart erzeugten Lichtimpulse werden mit einem geeigneten optischen Sensor bzw. optischen Detektor in elektrische Signale umgewandelt und verstärkt. Ein solcher Sensor ist typischerweise ein Photomultiplier oder eine Photodiode. Seit einigen Jahren sind auch sogenannte Silizium-Photomultiplier oder SiPM (Halbleiterbauelemente mit interner Elektronenverstärkung) für diese Messaufgabe verfügbar.
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Der optische Sensor gibt Impulse aus, wobei eine Anzahl von Impulsen pro Zeiteinheit, d. h. die Zählrate, ein Maß für die Intensität der Strahlung ist und eine Impulshöhe bzw. Impulsamplitude (genauer ein Integral über dem zeitlichen Verlauf des Impulses) ein Maß für die Energie der Strahlung ist.
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Die optischen Detektoren, insbesondere die halbleiterbasierten Detektoren, zeigen eine starke Temperaturabhängigkeit. Dies äußert sich auch in einem Ansteigen von Rauschpulsamplituden sowie eines Leckstroms bei hohen Temperaturen. Ein weiterer Grund für das Ansteigen von Rauschbeiträgen ist die Alterung der optischen Kopplung und/oder des Szintillators, die es notwendig macht, dass ein mittels des Sensors erzeugtes Signal elektronisch mehr verstärkt werden muss, wodurch das Signal-zu-Rausch-Verhältnis verringert wird. Sobald bei einer integralen Messung die Rauschimpulsamplituden größer als die Messschwelle sind, werden sie fälschlicherweise als echte Zählrate bzw. Nutzzählrate interpretiert.
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Die
EP 2 584 379 A1 zeigt ein Verfahren zum Betreiben eines Szintillationszählers und einen Szintillationszähler.
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Die
EP 2 237 073 A1 zeigt ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Überwachung einer automatischen Driftkompensation.
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Die
DE 100 48 559 A1 zeigt eine Vorrichtung zur Bestimmung und/oder Überwachung der Dichte und/oder des Füllstands eines Mediums in einem Behälter.
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Die
DE 1 809 520 A zeigt eine Einrichtung zur automatischen Driftstabilisierung bei Kernstrahlensonden.
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Die
DE 33 28 256 C2 zeigt ein Verfahren und eine Anordnung zur automaischen Stabilisierung eines Szintillationsdetektors.
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Die
DE 28 26 484 C2 zeigt ein Regelverfahren zur automatischen Driftstabilisierung bei einer Strahlungsmessung.
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Die
DE 102 12 638 A1 zeigt einen Computertomographen und ein Verfahren zum Nachweis von Röntgenstrahlung mit einer aus einer Vielzahl von Detektoren bestehenden Detektoreinheit.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Betreiben eines radiometrischen Messsystems zur Verfügung zu stellen, das auch bei rauschbehafteten Sensoren ein möglichst zuverlässiges Bestimmen der Messgröße ermöglicht.
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Die Erfindung löst diese Aufgabe durch ein Verfahren nach Anspruch 1.
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Das erfindungsgemäße Verfahren dient zum Betreiben eines radiometrischen Messsystems.
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Es wird eine erste Zählrate von Ereignissen gemessen, die eine Energie aufweisen, die über einer ersten Energieschwelle liegt oder die innerhalb eines ersten Energiebereichs liegt, wobei der erste Energiebereich durch eine zugehörige untere Energieschwelle und eine zugehörige obere Energieschwelle definiert ist. Die Ereignisse sind typischerweise durch Strahlung in Form von energiereichen geladenen Teilchen oder Photonen bedingt, die auf einen Detektor gelangen. Die Ereignisse können jedoch auch durch Rauschprozesse verursacht sein.
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Weiter kann eine Messgröße in Abhängigkeit von der ersten Zählrate ermittelt werden. Bei der Messgröße kann es sich beispielsweise um Materialeigenschaften, einen Füllstand, Feuchtigkeit, Dichte, etc. handeln.
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Weiter wird eine Steigung der ersten Zählrate zumindest an der ersten Energieschwelle berechnet. Die Steigung ist beispielsweise die erste Ableitung der Zählrate nach der Energie. Die Steigung kann selbstverständlich auch über das gesamte interessierende Energiespektrum bestimmt bzw. gemessen werden.
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In Abhängigkeit von der berechneten Steigung wird/werden ein oder mehrere Betriebsparameter bzw. Betriebszustände des radiometrischen Messsystems eingestellt bzw. gesetzt, beispielsweise wird/werden steigungsabhängig eine Warnung bzw. ein Alarm ausgegeben.
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Das Bestimmen der Steigung der ersten Zählrate an der ersten Energieschwelle weist folgende Schritte auf: Bestimmen einer zweiten Zählrate von Ereignissen, deren Energie über einer zweiten Energieschwelle liegt, die von der ersten Energieschwelle verschieden ist, oder die innerhalb eines zweiten Energiebereichs liegt, der vom ersten Energiebereich verschieden ist, wobei der zweite Energiebereich durch eine zugehörige untere Energieschwelle und eine zugehörige obere Energieschwelle definiert ist, Bilden einer Zählratendifferenz zwischen der ersten Zählrate und der zweiten Zählrate, Bilden einer Energiedifferenz zwischen der ersten Energieschwelle und der zweiten Energieschwelle, und Bestimmen der Steigung in Abhängigkeit von der Zählratendifferenz und der Energiedifferenz. Die erste Energieschwelle kann größer als die zweite Energieschwelle sein.
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Das Zählen von Ereignissen mit Energien über der ersten bzw. zweiten Energieschwelle kann beispielsweise mittels elektronischer Komparatoren und nachgeschalteten Zählern erfolgen, wobei die Komparatoren mit Spannungsimpulsen beaufschlagt sind, die mittels des Sensors erzeugt werden. Den Energieschwellen kann ein jeweiliger Komparator-Spannungspegel zugeordnet sein, so dass ein jeweiliger Komparator dann einen Impuls erzeugt, wenn die Amplitude des Eingangsimpulses den Komparator-Spannungspegel übersteigt.
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Die zweite Energieschwelle kann derart eingestellt werden, dass sich ein vorgegebener Funktionszusammenhang f zwischen der zweiten Zählrate und der ersten Zählrate einstellt.
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Für den Funktionszusammenhang f kann gelten: f = a × erste Zählrate + b, wobei a eine reelle Zahl ist und einen vorgebbaren Faktor bezeichnet und b eine reelle Zahl ist und einen vorgebbaren Offset bezeichnet.
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Es kann eine Driftkompensation, insbesondere mittels einer Verhältnisregelung, durchgeführt werden. Bei der Driftkompensation wird beispielswiese eine Verstärkung, die Drifteffekten unterliegen kann, in Abhängigkeit von unterschiedlichen Größen nachgeführt. Basierend auf der Driftkompensation können Alterungs- und/oder Drifteffekte zuverlässig ausgeregelt werden, was zu einer genaueren Ermittlung der Prozessgröße führt. Hinsichtlich der Driftkompensation sowie der Verhältnisregelung sei beispielsweise auf die
EP 2 237 073 A1 verweisen, die insoweit durch Bezugnehme zum Inhalt der Beschreibung gemacht wird.
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Um eine Auflösung der Messgröße zu optimieren, sollte die erste Energieschwelle möglichst niedrig gewählt werden. Unterhalb einer gewissen Energieschwelle, die im Folgenden als Rauschkante bezeichnet wird, nimmt jedoch die Wahrscheinlichkeit von Ereignissen, die durch Rauschen verursacht werden, und somit die Zählrate stark zu. Im Bereich der Rauschkante weist die Steigung der ersten Zählrate folglich systematisch deutlich höhere Werte auf als in einem gewissen Abstand zur (oberhalb der) Rauschkante. Der Wert der Steigung kann daher als Indikator dafür verwendet werden, dass die erste Energieschwelle tendenziell zu niedrig gewählt ist, so dass für diesen Fall eine Warnung ausgegeben werden kann oder die erste Energieschwelle erhöht werden kann. Wenn die Steigung eine Alarmschwelle überschreitet, die typischerweise größer als die Warnschwelle ist, kann weiter ein Alarm ausgegeben werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn eine Driftkompensation durchgeführt wird, die unter Umständen die erste Energieschwelle im Ergebnis in Richtung der Rauschkante verschiebt, so dass die Messgröße stark verrauscht wäre. Dieser Zustand kann durch eine Warnung bzw. einen Alarm signalisiert werden.
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Die Erfindung kann folglich ein Verfahren zum Überwachen einer automatischen Driftkompensation eines radiometrischen Messsystems mit folgenden Schritten umfassen:
- – Durchführen einer automatischen Driftkompensation, insbesondere mittels einer Verhältnisregelung,
- – Bestimmen einer Zählrate von Ereignissen, die eine Energie aufweisen, die über einer (ersten) Energieschwelle liegt,
- – Bestimmen einer Steigung der Zählrate an der (ersten) Energieschwelle, und
- – Bestimmen der Driftkompensation als fehlerhaft, wenn die Steigung (bzw. deren Betrag) einen Schwellenwert übersteigt.
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Die automatische Driftkompensation kann die Schritte umfassen:
- – Erzeugen von verstärkten elektrischen Impulsen mit einem Betrag, der von der Energie eines beobachteten Teilchens und von einer Verstärkung abhängt,
- – Bestimmen einer ersten Zählrate von Impulsen mit einem Betrag, der über einer ersten Schwelle liegt,
- – Bestimmen einer zweiten Zählrate von Impulsen mit einem Betrag, der über einer zweiten Schwelle liegt, wobei die zweite Schwelle über der ersten Schwelle liegt, und
- – Regeln der Verstärkung derart, dass ein Verhältnis zwischen der ersten Zählrate und der zweiten Zählrate einer vorgegebenen Funktion entspricht, insbesondere konstant bleibt.
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Die Betriebsparameter können einen Betriebsparameter in Form der ersten Energieschwelle umfassen, wobei die erste Energieschwelle in Abhängigkeit von der Steigung dynamisch verändert werden kann. Beispielsweise kann die Steigung auf einen vorgebbaren bzw. vorgegebenen Steigungs-Sollwert geregelt werden, wobei als Stellgröße die erste Energieschwelle dient. Wenn die Steigung betragsmäßig zu große Werte aufweist, kann beispielsweise die erste Energieschwelle vergrößert werden und umgekehrt.
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Die Erfindung kann folglich ein Verfahren zum Betreiben eines radiometrischen Messsystems mit folgenden Schritten umfassen:
- – Bestimmen einer Zählrate von Ereignissen, die eine Energie aufweisen, die über einer (ersten) Energieschwelle liegt,
- – Bestimmen einer Steigung der Zählrate an der (ersten) Energieschwelle, und
- – Verändern der (ersten) Energieschwelle in Abhängigkeit von der Steigung derart, dass die Steigung einen vorgegebenen funktionalen Zusammenhang aufweist, insbesondere gleich einem vorgegebenen Steigungssollwert ist.
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Die erste Energieschwelle kann verändert werden, insbesondere in Stufen zwischen einem unteren und einem oberen Energieschwellenwert. Die Steigung der ersten Zählrate kann für die veränderte erste Energieschwelle bzw. für eine jeweilige Stufe zwischen dem unteren und dem oberen Energieschwellenwert bestimmt werden. Mit anderen Worten wird die erste Ableitung für einen interessierenden Energiebereich des Energiespektrums gebildet. Die derart ermittelten bzw. berechneten Steigungen bzw. die derart ermittelte bzw. berechnete erste Ableitung kann zum Einstellen des mindestens einen Betriebsparameters und/oder zur Festlegung eines Arbeitspunkts der ersten Energieschwelle ausgewertet werden.
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Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnung detailliert beschrieben. Hierbei zeigt:
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1 ein integrales Impulshöhenspektrum mit einer ersten Energieschwelle und einer zweiten Energieschwelle.
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1 zeigt ein integrales Impulshöhenspektrum mit einer ersten Energieschwelle E1, einer zweiten Energieschwelle E2 und einer so genannten Rauschkante ERK. In dem dargestellten integralen Impulshöhenspektrum sind auf der X-Achse die Energie E und auf der Y-Achse die Zählrate ZR von Ereignissen mit einer Energie größer als die Energie E aufgetragen
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Wie aus 1 hervorgeht, nimmt ein Betrag der Steigung der dargestellten Kurve im Bereich der Rauschkante ERK signifikant zu, da für Energien unterhalb der Rauschkante ERK Rauschimpulse zur Zählrate beitragen.
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Durch Berechnen der Steigung bzw. Steilheit des dargestellten Spektrums kann die Lage der Rauschkante ERK bestimmt werden. Übersteigt nämlich die Steigung einen beispielsweise empirisch ermittelbaren Schwellenwert, kann darauf geschlossen werden, dass es sich bei den die Zählrate bewirkenden Ereignissen im Wesentlichen um Rauschereignisse handeln muss.
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Im einfachsten Fall ist die erste Energieschwelle E1, beispielsweise zeitlich konstant, vorgegeben und es wird eine erste Zählrate von Ereignissen gemessen, die eine Energie aufweisen, die über der ersten Energieschwelle E1 liegt. Die derart gemessene erste Zählrate wird herkömmlich zum Bestimmen einer Messgröße, beispielsweise dem Füllstand eines Behälters, ausgewertet.
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Zusätzlich wird eine zweite Zählrate von Ereignissen bestimmt, deren Energie über der zweiten Energieschwelle E2 liegt. Die zweite Energieschwelle E2 ist kleiner als die erste Energieschwelle E1. Zur Berechnung der Steigung an der ersten Energieschwelle E1 wird eine Zählratendifferenz zwischen der ersten Zählrate und der zweiten Zählrate berechnet, eine Energiedifferenz zwischen der ersten Energieschwelle E1 und der zweiten Energieschwelle E2 berechnet und schließlich die Steigung in Abhängigkeit von der Zählratendifferenz und der Energiedifferenz berechnet.
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Wenn ein Betrag der Steigung eine Warnschwelle überschreitet, kann eine Warnung ausgegeben werden. Wenn ein Betrag der Steigung eine Alarmschwelle überschreitet, kann ein Alarm ausgegeben werden. Mit anderen Worten wird die Güte bzw. Rauschbeeinflussung der Messwertermittlung überwacht und es werden entsprechende Meldungen ausgegeben, so dass im Messumfeld geeignete Maßnahmen ergriffen werden können.
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Alternativ kann die erste Energieschwelle E1 dynamisch sein, d. h. währen des Betriebs des radiometrischen Messsystems verändert werden.
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In der oben beschriebenen Weise wird fortlaufend die Steigung an der ersten Energieschwelle E1 berechnet. Die Steigung wird dann beispielsweise fortlaufend auf einen vorgegebenen, beispielsweise empirisch ermittelten, Sollwert geregelt, wobei die erste Energieschwelle E1 die veränderliche Stellgröße der Regelung darstellt. Die zweite Energieschwelle E2 kann geeignet mitgeführt werden.
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Mit der erfindungsgemäßen aktiven dynamischen Rauschkantenüberwachung wird gewährleistet, dass die gemessene Zählrate nicht wesentlich durch Rauschimpulse verfälscht wird, was zu einer falschen Messgröße bzw. Prozessgröße führen würde.
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Dies ermöglicht beispielsweise eine Driftkompensation mittels Verhältnisregelung auch bei Verwendung von optischen Detektoren in Form von Photodioden, ohne das Risiko einer falsch ermittelten Zählrate aufgrund von Rauschimpulsen.
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Zusätzlich zur Bewertung der Güte der Messung ist es möglich, die erste Energieschwelle E1 bzw. Messschwelle auf einen höheren Wert umzuschalten, sobald die Rauschkante ERK der Energieschwelle E1 zu nahe kommt.
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Hierzu könnte beispielsweise zusätzlich zu dem Messkanal zur Ermittlung der Zählrate von Impulsen mit einer Energie größer als die erste Energieschwelle E1 ein weiterer Messkanal vorgesehen sein, der eine höhere Energieschwelle E3 als die erste Energieschwelle aufweist.
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Dieser Messkanal ist zunächst nicht aktiv, d. h. die derart ermittelte Zählrate dient nicht zur Ermittlung der Messgröße, jedoch zählt der Messkanal bereits Impulse CPS(E3).
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Nach dem steigungsabhängigen Umschalten auf diesen Messkanal könnte ein Normierungsfaktor CPS(E1)/CPS(E3) auf CPS(E3) angewendet werden, damit die Messgröße konstant bleibt. Dieser Normierungsfaktor kann während des Betriebs kontinuierlich angepasst werden und erst beim Umschalten auf die höhere Energieschwelle E3 verwendet werden.
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Auf diese Weise kann beispielsweise bei der Herstellung von Stahl im Stranggussverfahren ein Giesszyklus mit reduzierter Genauigkeit beendet werden, bevor eine Messsonde getauscht werden muss.