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Es wird ein Röntgensystem und ein Verfahren der Röntgendiagnostik mittels energieaufgelöster Zählung von Mehrfachpulsen vorgeschlagen.
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Röntgen, auch Röntgendiagnostik genannt, ist ein weit verbreitetes Messverfahren bzw. bildgebendes Verfahren, bei dem ein Material von Röntgenstrahlung, die von einer Röntgenquelle emittiert wird, durchstrahlt wird. Die räumliche Intensitätsverteilung der in Transmission detektierten Strahlung wird als Röntgenbild dargestellt. Neben der medizinischen Nutzung gibt es weitere Anwendungsgebiete, unter anderem in der Sicherheitstechnik sowie der zerstörungsfreien Prüfung, z.B. bei der Dickenmessung von Aluminium- oder Stahlbändern.
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Das Durchstrahlungsvermögen von Röntgenstrahlung kann in einfachster Form durch das Absorptionsgesetz I = I0e-µd beschrieben werden, wobei die eingestrahlte Intensität I0 beim Durchdringen des Materials mit einem Absorptionskoeffizient µ und der Dicke d auf den Wert I geschwächt wird.
Da der Absorptionskoeffizient µ = µ(ρ,E, .. ) materialspezifisch sowie energie- und dichteabhängig ist, enthält die Intensität der transmittierten Strahlung I bei einer gegebenen Strahlungsenergie E nicht nur Informationen über die Dicke d eines Materials sondern auch über dessen Dichte p, der chemischen Zusammensetzung und weiterer Materialparameter.
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Die Qualität der aufgenommenen Absorptionskurven bzw. Röntgenbilder wird dabei entscheidend von der gewählten Strahlungsenergie E bestimmt. Typischerweise nimmt im Röntgenenergiebereich der Absorptionskoeffizient µ mit zunehmender Energie E ab, d.h. hochenergetische Strahlung ist durchdringender als niedrigenergetische Strahlung. Allerdings verringert sich bei einem abnehmenden Absorptionskoeffizienten auch der Kontrast, d.h. die Fähigkeit kleine Dicken bzw. Materialunterschiede voneinander unterscheiden zu können.
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Die Detektion der transmittierten Röntgenstrahlung beruht beispielsweise auf dem photoelektrischen Effekt bei dem durch Auftreffen einzelner Photonen der Röntgenstrahlung, die auch als Röntgenquanten bezeichnet werden, auf einen sensitiven Bereich des Einzelröntgendetektors elektrische Einzelpulse ausgelöst und mittels einer elektronischen Triggerschaltung energieaufgelöst gezählt werden.
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Bei starker Transmission, d.h. einer hohen Intensität der auf den Röntgendetetektor treffenden Photonenströme, tritt das Problem der Mehrfachüberlagerung von Einzelpulsen, was auch als Pile-up bezeichnet wird, auf. Durch den Pile-up Effekt können Einzelpulse nicht mehr zeitlich aufgelöst erfasst werden. Insbesondere sinkt die Signalrate der elektronischen Trigger und ist nicht mehr linear vom Photonenfluss abhängig. Dadurch nimmt auch der Kontrast stark ab, d.h. kleinste Unterschiede in den Materialparametern können nicht mehr genau zeitaufgelöst detektiert werden.
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Eine näherungsweise Linearisierung der Signal- bzw. Flussrate auch bei hoher Intensität wird in der Druckschrift
DE 10 2009 055 807 A1 vorgeschlagen. Dabei werden zur Signalauswertung und Einzelimpulszählung mehrere Trigger, die miteinander über logische Gatter verschalten sind, verwendet.
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In der Druckschrift
US 2018/0211417 A1 ist ein Verfahren zur ortsaufgelösten Röntgendiagnose vorgestellt, bei dem Bereiche, in denen der Pile-up Effekt besonders ausgeprägt ist, identifiziert und dort die Bildauswertung entsprechend angepasst wird.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Röntgensystem und ein Verfahren der Röntgendiagnostik vorzuschlagen, das mit einfachen Mitteln eine Kontraststeigerung ermöglicht und damit den Messbereich effektiv erweitert.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe mit einem Verfahren, das die Merkmale des Anspruchs 1 aufweist, gelöst. Das Verfahren kann mit dem in Anspruch 4 beschriebenen System durchgeführt werden. Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung können mit den in den untergeordneten Ansprüchen bezeichneten Merkmalen realisiert werden.
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Die Erfindung betrifft ein Röntgensystem bestehend aus einer Röntgenquelle, welche Photonen mit einem Emissionsspektrum, das eine maximale Grenzenergie aufweist, emittiert, einem zu untersuchenden Material, das von den Photonen durchstrahlt wird, und mindestens einem energieauflösenden Einzelröntgendetektor, der auf der der Röntgenquelle abgewandten Seite des zu untersuchenden Materials angeordnet ist und auf dem der Anteil der Photonen, der durch das zu untersuchende Material transmittiert, auf einen sensitiven Bereich trifft, wobei durch Auftreffen eines Photons auf den sensitiven Bereich des mindestens einen energieauflösenden Einzelröntgendetektors ein elektrischer Einzelpuls ausgelöst wird, dessen mit dem mindestens einen energieauflösenden Einzelröntgendetektor erfasste Pulshöhe für die Energie des Photons charakteristisch ist.
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Das Röntgensystem besteht weiterhin aus mindestens einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage mit mindestens einem elektronischen Speicher und/oder mindestens eine elektronische Auswerte- und Steuereinheit, die an den mindestens einen energieauflösenden Einzelröntgendetektor angeschlossen ist, wobei die mindestens eine elektronische Datenverarbeitungsanlage mit mindestens einem elektronischen Speicher und/oder die mindestens einer elektronischen Auswerte- und Steuereinheit so ausgebildet ist, dass ein akkumuliertes Signal, das sich bei einer zeitlichen Überlagerung von mindestens zwei Einzelpulsen aus der Addition von den mindestens zwei Einzelpulsen ergibt, gemessen und ausgewertet wird.
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Dabei werden Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse, die sich aus der zeitlichen Überlagerung von mindestens zwei Einzelpulsen ergeben, innerhalb eines vorgegebenen Energie- und Zeitintervalls energieaufgelöst gezählt, wobei die größte Energie des vorgegebenen Energieintervalls größer ist als die Grenzenergie und/oder die kleinste Energie des vorgegebenen Energieintervalls grösser ist als das 0,8 fache der Grenzenergie.
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Als Röntgenquelle kann eine Röntgenröhre verwendet werden, bei der durch Beschleunigung bzw. Abbremsung von Elektronen Photonen emittiert werden. Das Emissionsspektrum der Photonen besteht dann typischerweise aus einem diskreten und kontinuierlichen Teil und besitzt eine obere Grenzenergie Eg, die der maximalen kinetischen Energie der Elektronen entspricht. Der kontinuierliche Teil des Emissionsspektrums, oftmals auch als Bremsspektrum bezeichnet, weist ein Intensitätsmaximum bei einer im Folgenden als Modularwert bezeichneten Energie auf. Alternativ kann eine Röntgenquelle auch durch ein Synchrotron oder durch einen Röntgenlaser realisiert werden.
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Die Funktionsweise eines Einzelröntgendetektors basiert vorzugsweise auf dem photoelektrischen Effekt, wobei ein Photon einen elektrischen Einzelpuls auslöst sobald es auf einen sensitiven Bereich des Einzelröntgendetektors trifft. Ein sensitiver Bereich kann beispielsweise aus einem Halbleitermaterial, wie z.B. Silizium oder Cadmiumtellurid, gebildet sein. Sobald ein Photon im Halbleitermaterial absorbiert wird, wird mindestens ein Elektron-Loch Paar bzw. Exziton angeregt. Die dadurch entstehenden quasi-freien Ladungsträger wandern zu Elektroden und erzeugen ein elektrisches Stromsignal, das mit Hilfe von mindestens einem Verstärker, Analog-Digital Wandler, Vielkanalanalysator, Diskriminator und/oder elektronischen Trigger bzw. einer Kombination dieser elektronischen Komponenten weiterverarbeitet und in einen mess- und/oder zählbaren Einzelpuls umgewandelt werden kann. Die Pulshöhe dieses elektrischen Stromsignals ist dabei für die Energie des Photons charakteristisch. Alternativ kann die Detektion von Röntgenstrahlung auch über Szintillatoren und Photodioden erfolgen.
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Mehrere Einzelröntgendetektoren können auch kombiniert und in Form eines Arrays ein- oder zweidimensional angeordnet sein. Dabei kann es sich als vorteilhaft erweisen, mehrere Einzelröntgendetektoren mittels einer elektronischen Triggerschaltung zu koppeln, um damit beispielsweise die Zeitauflösung zu verbessern. Eine ortsaufgelöste Röntgendiagnostik kann auch dadurch realisiert werden, dass ein oder mehrere Einzelröntgendetektoren und/oder die Röntgenquelle und das zu vermessenden Material relativ zueinander beweglich angeordnet sind.
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Typischerweise weist ein Einzelröntgendetektor eine intrinsische Totzeit auf, die die erreichbare Zeitauflösung des Detektors limitiert. Treffen zwei oder mehrere Photonen innerhalb dieser Totzeit auf den sensitiven Bereich des Einzelröntgendetektors, wird nur das akkumulierte Signal, das sich aus der Überlagerung der Einzelpulse ergibt, gemessen. Dieser Effekt wird als Pile-up bezeichnet und ist meist unerwünscht, da der Detektor in diesem Bereich nicht mehr linear arbeitet.
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Mit Hilfe einer geeigneten Messelektronik bzw. Datenverarbeitungsanlage und/oder Steuer- und Auswerteeinheit, können aber auch Mehrfachpulse, die sich bei hohen Photonenströmen und/oder langen Totzeiten durch eine Addition von mindestens zwei Einzelpulsen ergeben, ausgewertet werden. Mehrfachpulse können beispielsweise mit einen energieauflösenden Detektor gezählt werden, wobei ein aus der Überlagerung von mindestens zwei Einzelpulsen entstandener Mehrfachpuls als ein einziger Puls gezählt wird, dessen effektive Energie (proportional zur Pulshöhe) größer ist als die Grenzenergie der Röntgenröhre.
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Die mindestens eine elektronische Datenverarbeitungsanlage und/oder mindestens eine elektronische Auswerte- und Steuereinheit ist so ausgebildet, dass Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse, die sich aus der zeitlichen Überlagerung von mindestens zwei Einzelpulsen ergeben, innerhalb eines vorgegebenen Energie- und Zeitintervalls gezählt werden. Zusätzlich sollte die mindestens eine Datenverarbeitungsanlage mit einem elektronischen Speicher ausgestattet sein, um beispielsweise Kalibrier- bzw. Referenzwerte, die aus Messungen an Materialien mit bekannten Eigenschaften bzw. bekannten Parameterwerten durchgeführt wurden, zu speichern. Die gespeicherten Werte können zur Bestimmung des jeweiligen Parameters mit den Messwerten verglichen werden.
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Mit dem beschriebenen Röntgensystem kann ein Verfahren der Röntgendiagnostik zur Bestimmung eines Parameters eines zu untersuchenden Materials durchgeführt werden bei dem zur Bestimmung des Parameters des zu untersuchenden Materials nur solche Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse berücksichtigt werden, deren Pulshöhe innerhalb eines vorgegebenen Energie- und Zeitintervalls liegen, wobei die größte Energie des vorgegebenen Energieintervalls größer ist als die Grenzenergie und/oder die kleinste Energie des vorgegebenen Energieintervalls grösser ist als das 0,8 fache der Grenzenergie.
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Das aus der energieaufgelösten Zählung der Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse resultierende effektive Energiespektrum wird im Folgenden auch als Transmissionsspektrum bezeichnet. Im Gegensatz zum Emissionsspektrum einer Röntgenröhre kann das Transmissionsspektrum eine über die Grenzenergie verbreiterte Verteilung aufweisen. Die Verbreiterung des Transmissionsspektrums über die Grenzenergie hinaus kann durch die Zählung von Mehrfachpulsen, deren Pulshöhe größer ist als die Grenzenergie der Röntgenquelle, erreicht werden. Umgekehrt können Mehrfachpulse auch eine Pulshöhe unterhalb der Grenzenergie aufweisen, insbesondere wenn sie sich aus der Überlagerung von mindestens zwei Einzelpulsen mit jeweils sehr niedriger Pulshöhe ergeben. Das Transmissionsspektrum kann für unterschiedliche Parameter eines Materials mit bekannten Eigenschaften, wie z.B. Dicke d, Dichte p, Dotierungsgrad oder chemische Zusammensetzung gemessen werden.
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Vorzugsweise werden nur solche Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse bei der Auswertung des Transmissionsspektrums berücksichtigt, deren Pulshöhe innerhalb eines vorgegebenen Energieintervalls liegt, wobei die größte Energie des vorgegebenen Energieintervalls größer ist als die Grenzenergie und/oder die kleinste Energie des vorgegebenen Energieintervalls vorzugsweise grösser ist als das 0,8 fache der Grenzenergie, besonders vorzugsweise größer ist als das 0,9 fache der Grenzenergie. Die kleinste Energie des vorgegebenen Energieintervalls kann vorteilhaft auch größer sein als die Grenzenergie, sodass ausschließlich Mehrfachpulse berücksichtigt werden.
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Die größte Energie des vorgegebenen Energieintervalls kann auch dem doppelten oder dreifachen Wert der Grenzenergie entsprechen. Je größer die größte Energie des vorgegebenen Energieintervalls ist, desto größer ist typischerweise der in die Auswertung einbezogene Anteil der Mehrfachpulse.. Die kleinste Energie des vorgegebenen Energieintervalls kann auch so gewählt werden, dass sie grösser ist als der Modularwert des Emissionsspektrums der Röntgenquelle, d.h. die Energie bei dem das Emissionsspektrum das absolute Intensitätsmaximum aufweist.
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Alternativ können auch alle Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse gezählt werden deren Pulshöhe größer ist als eine vorgegebene Energie.
Bevorzugt wird diese Energie dann so gewählt, dass das Rauschen bzw. der statistische Fehler, der sich aus dem akkumulierten Signal ergibt, klein ist bzw. minimiert wird.
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Das vorgegebene Zeitintervall sollte auch so gewählt sein, dass bei einem gleichzeitig vorgegebenen Energieintervall, die Anzahl der in dem vorgegebenen Energie- und Zeitintervall gezählten Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse, eine ausreichend große Statistik abbildet und der statistische Fehler der Auswertung möglichst gering ist. Generell gilt: Je kürzer das Energieintervall gewählt ist, desto länger sollte das Zeitintervall gewählt werden, um ausreichend Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse zählen zu können.
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Für die energieaufgelöste Zählung der Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse innerhalb eines vorgegebenen Energie- und Zeitintervalls können verschiedene Methoden benutzt werden. Bevorzugt wird das vorgegebene Energieintervall zunächst in mindestens zwei jeweils gleichlange Energieteilintervalle aufgeteilt, wobei die Länge der Energieteilintervalle der Energieauflösung des Transmissionsspektrums entspricht. Weiterhin kann eine Zeitdauer vorgegeben werden, die kürzer ist als die Länge des vorgegebenen Zeitintervalls. Diese Zeitdauer kann zum Beispiel der typischen Zeitdauer eines Einzelpulses entsprechen.
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Die Anzahl der Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse in einem vorgegebenen Energieteilintervall und innerhalb des vorgegebenen Zeitintervalls kann so bestimmt werden, dass sie der Häufigkeit entspricht mit der das akkumulierte Signal die kleinste Energie des vorgegebenen Energieteilintervalls erst überschreitet und innerhalb der vorgegebenen Zeitdauer wieder unterschreitet ohne dabei die größte Energie des vorgegebenen Energieteilintervalls zu überschreiten.
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Aus Transmissionsspektren, die für unterschiedliche Werte eines Parameters gemessen werden, wird eine effektive Absorptionskurve f(d,...) erstellt, die die Abhängigkeit der in einem vorgegebenen Energie- und Zeitintervall gezählten Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse f von dem Parameter, z.B. der Dicke d des Materials, angibt. Aus der effektiven Absorptionskurve von Materialien mit bekannten Werten des Parameters, wird dann eine Kalibrierkurve bestimmt und im elektronischen Speicher der Datenverarbeitungsanlage gespeichert. Die Anzahl der in einem vorgegebenen Energie- und Zeitintervall gezählten Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse f eines Materials mit einem unbekannten Wert des Parameters wird dann experimentell bestimmt und mit der Kalibrierkurve verglichen. Dadurch werden unbekannte Werte des Parameters eines zu untersuchenden Materials ermittelt.
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Der Kontrast ist gegeben durch den Abfall bzw. die Steigung einer effektiven Absorptionskurve df(d)/dd. Somit ist der Kontrast ein Maß dafür, wie sensitiv die Anzahl der ausgewerteten Einzelpulse und/oder Mehrfachpulse von kleinen Parameterunterschieden abhängt. Der Kontrast lässt sich insbesondere durch die Wahl des vorgegebenen Energieintervalls beeinflussen. Beispielsweise kann der Kontrast zunehmen wenn sich das vorgegebene Energieintervall zu höheren Energien verschiebt, sodass bevorzugt nur Mehrfachpulse zur effektiven Absorptionskurve beitragen.
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Die Erhöhung des Kontrasts durch die Berücksichtigung von Mehrfachpulsen, die sich aus der Überlagerung von mindestens zwei Einzelpulsen gegenüber der reinen Einzelpulszählung ergeben, kann wie folgt begründet werden: Unter der vereinfachten Annahme einer monoenergetischen Röntgenstrahlung (z.B. bei Verwendung eines Röntgenlasers als Röntgenquelle), einem Material der Dicke d und einem konstanten Absorptionskoeffizienten µ, ist die Wahrscheinlichkeit ein transmittiertes Photon zu detektieren durch das normierte Absorptionsgesetz P_1=I/I_0 =e^(-µd) gegeben. Die Wahrscheinlichkeit zwei Photonen innerhalb einer bestimmten Zeitdauer zu detektieren ergibt sich unter Vernachlässigung von Photon-Photon Wechselwirkungen durch P_2=P_1^2=e^(-2µd). Für N Photonen gilt dementsprechend P_N=P_1^N=e^(-Nµd). Somit kann über die Mehrphotonendetektion, d.h. die Zählung von Mehrfachpulsen, eine Vervielfachung des effektiven Absorptionskoeffizienten µ_eff=Nµ erreicht werden. Dies hat zur Folge, dass auch der Abfall der effektiven Absorptionskurve um das N-fache zunimmt. Bei einer breiten spektralen Verteilung der Photonen hängt die tatsächliche Vergrößerung des effektiven Absorptionskoeffizienten allerdings stark von der Wahl des vorgegebenen Energieintervalls ab.
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Demzufolge kann das vorgegebene Energieintervall bei der Auswertung von Einzelpulsen und/oder Mehrfachpulsen auch so gewählt werden, dass ein mindestens zweifach oder dreifach vergrößerter Kontrast, der sich aus dem Abfall einer effektiven Absorptionskurve ergibt, gegenüber einer Auswertung von ausschließlich Einzelpulsen und/oder Mehrfachpulsen, deren Pulshöhe kleiner als die Grenzenergie ist, erzielt wird.
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Die erzielbare Vergrößerung des Kontrasts und/oder des Messfehlers bei der Auswertung von Einzelpulsen und/oder Mehrfachpulsen in einem bestimmten vorgegebenen Energieintervall kann von den Parametern des Materials abhängen. Beispielsweise kann sich der Kontrast und/oder der Messfehler bei der Auswertung von Einzelpulsen und/oder Mehrfachpulsen in einem vorgegebenen Energieintervall unterhalb/oberhalb eines bestimmten Wertes eines Parameters vergrößern, während sich der Kontrast und/oder der Messfehler bei der Auswertung von Einzelpulsen und/oder Mehrfachpulsen in dem vorgegebenen Energieintervall oberhalb/unterhalb dieses bestimmten Wertes eines Parameters verkleinern kann. Insbesondere kann es sich als vorteilhaft erweisen oberhalb/unterhalb dieses bestimmten Wertes eines Parameters ein anderes Energieintervall für die Auswertung von Einzelpulsen und/oder Mehrfachpulsen vorzugeben als unterhalb/oberhalb dieses bestimmten Wertes eines Parameters. So kann durch eine Kombination von verschiedenen Energieintervallen in Abhängigkeit des Parameters eines Materials der effektive Messbereich stark erweitert werden.
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Neben dem Kontrast spielt das Rauschen des akkumulierten Signals für die Qualität der Auswertung bzw. Bildgebung eine wichtige Rolle. Wenn andere Rauschquellen, z.B. im Einzelröntgendetektor, ausgeschlossen werden können, besteht die hauptsächliche Rauschquelle in der statistischen Verteilung der Photonen. Um abzuschätzen, welche Parameterunterschiede bei dem gemessenen Rauschen noch aufgelöst werden können, kann zunächst der relative Messfehler eines Parameters Δd/d mittels Fehlerfortpflanzung aus folgendem Ausdruck bestimmt werden
wobei N die mittlere Photonenanzahl und ΔN die Standardabweichung, die vom Typ der Röntgenquelle abhängt, bezeichnet. Beispielsweise gilt für eine Poissonverteilung
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Mit dem oben beschriebenen Verfahren können verschiedene Parameter eines zu untersuchenden Materials, wie z.B. Dicke, Dichte oder chemische Zusammensetzung, mit hoher Messgenauigkeit bestimmt werden. Die vorliegende Erfindung beinhaltet somit eine neuartige und variabel einsetzbare Form der radiometrischen Bildgebung. Sie basiert auf einer nichtlinearen Detektion der transmittierten Photonen. Diese neuartige Technologie erlaubt es mit harter Röntgenstrahlung sehr kleine Unterschiede, z.B. Dichteunterscheide, im durchleuchteten Material aufzulösen. Die Nutzung dieser Technologie erlaubt eine deutliche Erweiterung der Messbereiche in weiten Teilen der radiometrischen Bildgebung. Besonders interessant ist die Nutzung in der medizinischen Diagnostik, wo die Strahlenbelastung der Patienten reduziert bzw. bei gleicher Strahlenbelastung ein deutlich kontrastreicheres Röntgenbild aufgenommen werden kann. Mit den erfassten und ausgewerteten Daten sowie den ortsaufgelöst bestimmten Parametern kann auch eine bildliche Darstellung erstellt werden.
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Nachfolgend soll die Erfindung beispielhaft näher erläutert werden.
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Dabei zeigen:
- 1 die schematische Darstellung eines Detektorsignals (linke Spalte) im linearen (oben) und nichtlinearen (unten) Betrieb sowie das jeweils dazugehörige Transmissionsspektrum (rechte Spalte).
- 2 ein experimentell aufgenommenes Transmissionsspektrum von Aluminiumbändern unterschiedlicher Dicke.
- 3 drei effektive Absorptionskurven für verschiedene Energieintervalle, die aus den in 2 gezeigten Transmissionsspektren berechnet wurden.
- 4 den gemessenen und berechneten relativen Dickenmessfehler als Funktion der Materialdicke bzw. Dicke des zu untersuchende Materials für die in 3 gewählten Energieintervalle.
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In 1 ist der Pile-up Effekt gezeigt. Jedes Photon erzeugt in einem Einzelröntgendetektor einen Einzelpuls, z.B. einen Spannungspuls, dessen Pulshöhe proportional zur Energie des einfallenden Photons ist. Im linearen Betrieb des Einzelröntgendetektors sind die Einzelpulse zeitlich separiert und die höchst mögliche Energie im Transmissionsspektrum ist gegeben durch die Grenzenergie Eg der Röntgenquelle. Im nichtlinearen Betrieb, z.B. bei sehr hohen Photonenströmen, können Einzelpulse nicht mehr zeitlich aufgelöst erfasst werden und überlagern sich. Die zeitliche Überlagerung mehrerer Einzelpulse führt dazu, dass das akkumulierte Signal sowohl aus Einzelpulsen als auch aus Mehrfachpulsen besteht, wobei ein Mehrfachpuls eine Pulshöhe aufweisen kann, die größer als die Grenzenergie der Röntgenquelle ist. Der Pile-up Effekt führt dadurch zur Verbreiterung des Transmissionsspektrums.
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In 2 sind experimentell aufgenommene Transmissionsspektren für Aluminiumbänder unterschiedlicher Materialdicke (siehe Legende in mm) gezeigt. Die Transmissionsspektren wurden mit einer Röntgenröhre, die eine Grenzenergie von Eg = 20 keV aufweist, gemessen.
Die Messung im nichtlinearen Bereich erfolgte mit einem marktüblichen, energieauflösenden, direktkonvertierenden Detektor, der aus mehreren Einzelröntgendetektoren besteht, die in einem linearen Array angeordnet sind. Der Anteil der Mehrfachpulse oberhalb der Grenzenergie ist signifikant für kleine Dicken und sinkt rapide für dickere Materialien. Die relativen Maxima des Transmissionsspektrums können wie folgt interpretiert werden: Das erste Maximum bei sehr niedrigen Energien ist durch Rauschen verursacht. Das zweite Maximum bei E ≈ 12 keV entspricht in etwa dem Modularwert des Emissionsspektrums der Röntgenquelle. Bei dieser Energie tragen hauptsächlich Einzelpulse zum Transmissionsspektrum bei. Bei etwa der doppelten Energie E ≈ 25 keV dominieren bereits Mehrfachpulse, die sich mehrheitlich aus der zeitlichen Überlagerung von zwei Einzelpulsen ergeben etc. Durch das breite Emissionsspektrum der Röntgenröhre lassen sich diese Ordnungen allerdings nicht genau voneinander trennen.
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In 3 sind drei effektive Absorptionskurven, die die normierte Anzahl der Einzelpulse und Mehrfachpulse in einem vorgegebenen Energieintervall in Abhängigkeit der Dicke der Aluminiumbänder angeben, gezeigt. Die effektiven Absorptionskurven ergeben sich aus den in 2 gezeigten Transmissionsspektren im jeweiligen Energieintervall. Während der Abfall der Absorptionskurve für den linearen Bereich unterhalb der Grenzenergie Eg = 20 keV eher gering ist, steigt der Abfall der Absorptionskurve und damit auch der Kontrast für Energieintervalle, die auch Energien oberhalb der Grenzenergie aufweisen, stark an. Die Anpassung einer Exponentialfunktion ergibt eine Steigerung des effektiven Absorptionskoeffizienten um einen Faktor 2,5 im Energieintervall von E = 20 keV - 32 keV bzw. um einen Faktor 4,5 im Bereich E > 32 keV. Das die Koeffizienten nicht genau 2 bzw. 3 oder 4 entsprechen liegt in der breiten spektralen Verteilung der Photonen.
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In 4 ist der relative Dickenmessfehler für die in 3 gezeigten effektiven Absorptionskurven abgebildet. Insbesondere im Energieintervall E > 32 keV ergibt sich für kleine Materialdicken ein wesentlich kleinerer Dickenmessfehler und damit eine deutliche Verschiebung des optimalen Messbereiches zu kleineren Materialdicken. Durch eine Kombination von Messungen mit verschiedenen Energieintervallen kann daher der effektive Messbereich stark erweitert werden. Beispielsweise kann für eine Messung von Aluminiumbändern mit einer Dicke von bis zu 0.3 mm das Energieintervall E > 32 keV gewählt werden. Für eine Messung von Aluminiumbändern mit einer größeren Dicke kann dann ein Energieintervall, das zu kleineren Energien hin verschoben oder erweitert ist, gewählt werden.