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Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf Vorrichtungen und Verfahren zum Bewegen von Flüssigkeit in einem zentrifugalen System unter Verwendung von Unterdruck, und insbesondere Vorrichtungen und Verfahren, die geeignet sind, um Fluide in Zentrifugen unter Verwendung von Prozessen zu handhaben, bei denen das Zusammenspiel von Zentrifugalkräften und pneumatischen Kräften genutzt wird.
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Unter dem Ausdruck ”Unterdruck” wird dabei im Folgenden eine Druckdifferenz zwischen einem Umgebungsdruck, meist dem Atmosphärendruck (patm ~ 1013 hPa), und einem generierten niedrigeren Druck (< patm) bezeichnet.
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Auf dem Gebiet der Fluidik und insbesondere der Mikrofluidik werden Rotoren zur Prozessierung von Flüssigkeiten eingesetzt. Entsprechende Rotoren beinhalten Kammern zum Auffangen von Flüssigkeit und Kanäle für die Fluidführung. Unter zentripetaler Beschleunigung des Rotors wird die Flüssigkeit radial nach außen gedrückt und kann durch entsprechende Fluidführung somit zu einer radial äußeren Position gelangen. Anwendungen findet die zentrifugale Mikrofluidik insbesondere im Bereich der Lebenswissenschaften, beispielsweise in der Laboranalytik. Die Mikrofluidik dient dazu, Prozessabläufe zu automatisieren, und ersetzt dabei Vorgänge, wie z. B. Pipettieren, Mischen, Abmessen, Aliquotieren und Zentrifugieren. Insbesondere eröffnet die zentrifugale Mikrofluidik die Möglichkeit, diagnostische Tests in Rotoren, die als Einwegkartuschen dienen, zu automatisieren.
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Für die Durchführung vollautomatisierter diagnostischer Tests in einer zentrifugalen Einwegkartusche kann eine Vorlagerung der für die Tests benötigten Flüssigreagenzien notwendig sein. Die Flüssigreagenzien können dabei in einem hermetisch abgeschlossenen Behälter, der beispielsweise aus Metall, Glas, Keramik usw. gebildet sein kann, vorgelagert werden, so dass ein Austritt von Flüssigreagenzien aus dem Behälter und ein Eintritt von Fremdstoffen in den Behälter vermieden werden kann. Zur Freisetzung der Flüssigreagenzien muss ein gewisser Druck auf den Behälter ausgeübt werden, damit dieser an einer bestimmten Stelle öffnet. Der benötigte Druck zur Öffnung der Flüssigkeitsbehälter wird vorzugsweise durch den Zentrifugaldruck der Flüssigkeit unter Rotation generiert, so dass keine externen Hilfsmittel zur Druckbeaufschlagung benötigt werden.
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Beispielsweise muss die Freisetzung von Flüssigreagenzien aus einer Vorlagerungskammer in einer zentrifugalen Einwegkartusche sequentiell erfolgen, um die vorgeschriebenen Prozessabläufe vollständig automatisieren zu können. Des Weiteren muss die Freisetzung unter definierten Bedingungen, beispielsweise hinsichtlich Drehfrequenz und Drehbeschleunigung, stattfinden, um die Zuverlässigkeit der automatisierten Tests zu garantieren.
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Aus dem Stand der Technik sind unterschiedliche Möglichkeiten bekannt, um Reagenzien in zentrifugalen Einwegkartuschen vorzulagern. So ist beispielsweise bei T. van Oordt, Y. Barb, R. Zengerle, F. von Stetten, „Miniature Stick-Packaging – an Industrial Technology for Pre-Storage and Release of Reagents in Lab-on-a-Chip Systems”, The 15th International Conference on Miniaturized Systems for Chemistry and Life Sciences, 2011, S. 437–439, eine sogenannte Stickpack-Technologie zur Vorlagerung von Reagenzien in zentrifugalen Einwegkartuschen bekannt, welche für die Verpackung von Lebensmitteln, beispielsweise Pulver, Zucker und dergleichen, bereits Standard ist. Dabei werden Siegelnähte unter definierten Bedingungen hergestellt, so dass diese einen definierten Öffnungsdruck aufweisen. Dieser Öffnungsdruck wird in einer Zentrifuge durch den Zentrifugaldruck einer Flüssigkeit zur Verfügung gestellt. Aufgrund schwankender Herstellungsparameter ist eine genaue Einstellung der Durchbruchsfrequenz für die Freisetzung der Flüssigreagenzien mit der Stickpack-Technologie alleine schwierig.
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Eine weitere Möglichkeit, Flüssigreagenzien in zentrifugalen Einwegkartuschen vorzulagern, ist die Verwendung von Glaskapillaren bzw. Glasampullen. Die Reagenzien werden in einseitig offene Glaskapillaren gefüllt. Danach werden diese an den offenen Enden verschmolzen und somit komplett verschlossen. Wird ein bestimmter Druck auf die Glasampulle ausgeübt, so zerbricht diese und setzt die vorgelagerten Reagenzien frei. Der dafür benötigte Druck kann beispielsweise durch Rotation einer Einwegkartusche, beispielsweise in Form einer zentrifugalen Scheibe, als Zentrifugaldruck auf die Glasampulle ausgeübt werden. Eine entsprechende Vorgehensweise ist bei Jochen Hoffmann, Daniel Mark, Sascha Lutz, Roland Zengerle and Felix von Stetten, „Pre-storage of liquid reagents in glass ampoules for DNA extraction on a fully integrated lab-on-a-chip cartridge”, Lab Chip, 2010, 10, S. 1480–1484, beschrieben.
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Eine alternative Möglichkeit besteht darin, eine Soll-Bruchstelle durch eine schwache Deckelung zu erzeugen. Dabei kann eine Scheibe aus (transparentem) Polymer durch eine weitere Scheibe oder durch eine Folie gedeckelt werden. Die Haftung zwischen der Scheibe und dem Deckel kann z. B. durch Klebung oder durch thermisches Bonden aufgebaut werden. Die Wahl der Parameter der Deckelung bestimmt die Stärke der Haftung. Durch lokale Änderungen der Deckelungsparameter kann somit eine lokal verringerte Haftung eingestellt werden, die als Soll-Bruchstelle fungiert. Sie bricht sobald ein bestimmter angewandter Druck überschritten wird. Dieser Druck wird als Zentrifugaldruck von der prozessierten Flüssigkeit zur Verfügung gestellt. Eine solche Technik ist bei J. Hoffmann, D. Mark, R. Zengerle, F. von Stetten, ”Liquid Reagent Storage and Release for Centrifugally Operated Lab-on-a-Chip Systems Based on a Burstable Seal”, Proc. IEEE Solid-State Sensors, Actuators and Microsystems, 2009, S. 1991–1194, beschrieben.
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Es sind ferner zentrifugo-pneumatische Ventile bekannt, die die Möglichkeit bieten, Flüssigkeiten in zentrifugalen Rotoren zu kontrollieren, indem gezielt eine Luftblase eingeschlossen und komprimiert wird, so dass ein pneumatischer Druck dem Zentrifugaldruck der Flüssigkeit entgegenwirkt. Im Gegensatz zu Ventilen, die Kapillarkräfte nutzen, sind zentrifugo-pneumatische Ventile über einen weiten Betriebsbereich robust und zuverlässig und bieten zudem die Möglichkeit, Flüssigkeiten zwischen Kammern hin- und her zu pumpen. Derartige zentrifugo-pneumatische Ventile verwenden einen pneumatischen Überdruck, um eine zu prozessierende Flüssigkeit durch einen Siphon zu drücken. Dabei wird unter hoher Zentrifugation eine Luftblase eingeschlossen und komprimiert. Bei Verringerung der Drehfrequenz dehnt sich die Luftblase wieder aus und die Flüssigkeit wird sowohl in den Einlasskanal zurückbewegt, als auch in einen Auslasskanal, der entweder als Siphon fungiert oder zum radialen Einwärtspumpen verwendet wird. Ein als Auslasskanal fungierender Siphon ist bei Gorkin et. al., ”Pneumatic pumping in centrifugal microfluidic platforms”, Microfluid Nanofluid (2010) 9: S. 541–549, und Noroozi et. al., ”A multiplexed immunoassay system based upon reciprocating centrifugal microfluidics”, Review of Scientific Instruments, 82, 064303 (2011), beschrieben.
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Ein Fluidik-Modul zum radialen Einwärtspumpen von Flüssigkeiten in Zentrifugenrotoren ist bei Zehnle et. al., ”Centrifugo-dynamic inward pumping of liquids on a centrifugal microfluidic platform”, Lab Chip, 2012, 12 (24), S. 5142–5145, beschrieben, wobei ein solches Fluidikmodul auch als zentrifugo-pneumatisches Ventil verwendet werden kann. Ein derartiges Fluidikmodul kann zum Pumpen von Flüssigkeit in einer zentrifugalen Scheibe von einer radial äußeren Position zu einer radial inneren Position verwendet werden. Das Fluidikmodul weist einen Einlasskanal und einen Auslasskanal auf, wobei das Modul als Ventil verwendet werden kann, da bei hohen Drehfrequenzen die Flüssigkeit radial außen gehalten wird und aufgrund eines durch ein eingeschlossenes Gasvolumen erzeugten Überdrucks abhängig von der Drehzahlverminderung über den Einlasskanal in eine Einlasskammer zurückgepumpt wird oder über den Auslasskanal in eine radial innen liegende Auffangkammer gepumpt wird.
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Im Stand der Technik ist auch ein pneumatisches Schalten mit einer externen Druckquelle bekannt, wie bei Kong et. al., ”Pneumatically Pumping Fluids Radially Inward On Centrifugal Microfluidic Platforms in Motion”, Letters to Anal. Chem., 82, S. 8039–8041, 2010, beschrieben ist. Es ist ferner bekannt, Wachsventile zu verwenden, die die Möglichkeit bieten, Flüssigreagenzien vorzulagern und in Kombination mit einer lokalen Erhitzung eines Rotors, beispielsweise durch Laserstrahlung, kontrolliert freizusetzen, siehe Lee et. al., ”A fully automated immunoassay from whole blond on a disc”, Lab Chip, 2009, 9 (11), S. 1548–1555. Im Gegensatz zu zentrifugo-pneumatischen Ventilen benötigen Wachs-Ventile neben einem Ferro-Wachs an sich eine Strahlungsquelle für die lokale Erwärmung des Wachses. Außerdem stellt das Wachs keine hermetische Siegelung dar.
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Eine weitere bekannte Möglichkeit besteht darin, Ventile mit einem auflösbaren Film zu implementieren, wie bei Gorkin et. al., ”Centrifugo-pneumatic valving utilizing dissolvable films”, Lab Chip, 2012, 12, S. 2894–2902, beschrieben ist. Ventile mit auflösbarem Film bieten ebenfalls die Möglichkeit, Flüssigreagenzien vorzulagern und sie drehzahlfrequenz-gesteuert freizusetzen, indem Oberflächeninstabilitäten fortschreitender Flüssigkeitsmenisken genutzt werden. Ventile mit auflösbarem Film haben jedoch den Nachteil, dass der auflösbare Film lokal appliziert werden muss, dass die Siegelung ebenfalls nicht hermetisch ist und dass bei roher Handhabung der zentrifugalen Einwegkartusche, beispielsweise durch Schütteln, Leckage zu erwarten ist.
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Aus der
US 6 521 188 B1 ist ein mikrofluidischer Aktuator bekannt, der eine abgedichtete Vakuumkammer aufweist, die durch das Anlegen eines Stroms an einen Dünnfilmheizer betätigt wird. Dadurch wird eine Membrandichtung der Vakuumkammer gebrochen. Dadurch kann Flüssigkeit in die Vakuumkammer gezogen werden.
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Die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe besteht darin, Vorrichtungen und Verfahren zum Bewegen von Flüssigkeit in einem zentrifugalen System zu schaffen, die vielseitig einsetzbar sind.
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Diese Aufgabe wird durch eine Vorrichtung nach Anspruch 1 und ein Verfahren nach Anspruch 12 gelöst.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung schaffen eine Vorrichtung zum Bewegen von Flüssigkeit in einem zentrifugalen System, mit folgenden Merkmalen:
Fluidikstrukturen, die in einem um ein Rotationszentrum drehbaren Rotationskörper gebildet sind, wobei die Fluidikstrukturen eine Unterdruckkammer und eine mit der Unterdruckkammer verbundene Fluidkammer aufweisen,
wobei die Unterdruckkammer konfiguriert ist, um bei teilweisem Befüllen der Unterdruckkammer mit einem Flüssigkeitsvolumen ein Gasvolumen in der Unterdruckkammer hermetisch einschließen zu können; und
wobei die Fluidikstrukturen konfiguriert sind, um durch Drehen des Rotationskörpers Flüssigkeit des Flüssigkeitsvolumens aus der Unterdruckkammer durch Zentrifugalkraft in die Fluidkammer treiben zu können, wobei sich das in der Unterdruckkammer eingeschlossene Gasvolumen ausdehnt und dadurch ein Unterdruck in dem Gasvolumen erzeugt wird, und durch nachfolgendes Drehen des Rotationskörpers mit einer reduzierten Drehgeschwindigkeit Flüssigkeit des Flüssigkeitsvolumens durch den Unterdruck in der Unterdruckkammer aus der Fluidkammer zurück in die Unterdruckkammer ziehen zu können.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung schaffen ein Verfahren zum Bewegen einer Flüssigkeit in einem zentrifugalen System mittels einer entsprechenden Vorrichtung, mit folgenden Merkmalen:
Drehen des Rotationskörpers, um Flüssigkeit des Flüssigkeitsvolumens aus der Unterdruckkammer durch Zentrifugalkraft in die Fluidkammer zu treiben, wobei sich das in der Unterdruckkammer eingeschlossene Gasvolumen ausdehnt und dadurch ein Unterdruck in dem Gasvolumen erzeugt wird, und
nachfolgendes Drehen des Rotationskörpers mit einer reduzierten Drehgeschwindigkeit, um Flüssigkeit des Flüssigkeitsvolumens durch den Unterdruck in der Unterdruckkammer aus der Fluidkammer zurück in die Unterdruckkammer zu ziehen.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung schaffen somit Vorrichtungen und Verfahren, die erstmals einen pneumatischen Unterdruck in einem zentrifugalen System verwenden, um beispielsweise ein Unterdruckventil zu implementieren. Ausführungsbeispiele basieren dabei auf der Erkenntnis, dass ein pneumatischer Unterdruck in einem zentrifugalen System, beispielsweise einem Zentrifugenrotor, durch Einschließen eines kompressiblen Mediums und Zentrifugation gezielt erzeugt und beispielsweise als Ventil mit einer Siphonschaltung genutzt werden kann. Ausführungsbeispiele der Erfindung ermöglichen dabei erstmals die Implementierung eines zentrifugal-mikrofluidischen Hochpassventils, d. h. eines Ventils, das bei hohen Drehfrequenzen öffnet, welches keine mechanischen oder externen Komponenten verwendet und die zu prozessierende Flüssigkeit nicht in eine Sackgasse leitet.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung ist in der Unterdruckkammer ein hermetisch abgeschlossener Behälter angeordnet, in dem das Flüssigkeitsvolumen angeordnet ist, wobei ein zur Öffnung des Behälters notwendiger Druck durch Drehen des Rotationskörpers erzeugbar ist. Somit können Ausführungsbeispiele der Erfindung vorteilhaft in einem System verwendet werden, bei dem Flüssigreagenzien in einer zentrifugalen Einwegkartusche vorgelagert sind, wobei ein Freisetzen vollständig automatisiert unter definierten Bedingungen, beispielsweise hinsichtlich der Drehfrequenz und/oder der Drehbeschleunigung, stattfinden kann, um die Zuverlässigkeit automatisierter Tests garantieren zu können.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung ist die Unterdruckkammer über einen Fluidkanal mit der Fluidkammer fluidisch verbunden und über einen Siphon mit einer Auffangkammer fluidisch verbunden, wobei der Fluidkanal und der Siphon konfiguriert sind, um bei einer Drehung des Rotationskörpers unterhalb einer Durchbruchsfrequenz Flüssigkeit aus der Unterdruckkammer durch den Fluidkanal in die Fluidkammer treiben zu können und bei einer Drehung des Rotationskörpers oberhalb der Durchbruchsfrequenz Flüssigkeit aus der Unterdruckkammer durch den Siphon in die Auffangkammer treiben zu können. Solche Ausführungsbeispiele ermöglichen somit ein Schalten der Flüssigkeit in unterschiedliche Kammern abhängig von der verwendeten Drehfrequenz.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung, bei denen die Unterdruckkammer über einen Fluidkanal mit der Fluidkammer fluidisch verbunden ist und über einen Siphon mit einer Auffangkammer fluidisch verbunden ist, bietet der Fluidkanal einem Flüssigkeitsfluss von der Unterdruckkammer zu der Fluidkammer einen höheren hydraulischen Widerstand als der Siphon einem Flüssigkeitsfluss von der Unterdruckkammer zu der Auffangkammer bietet, um bei einer Drehbeschleunigung des Rotationskörpers unterhalb einer Grenzbeschleunigung Flüssigkeit aus der Unterdruckkammer durch den Fluidkanal in die Fluidkammer treiben zu können und bei einer Drehbeschleunigung des Rotationskörpers oberhalb der Grenzbeschleunigung Flüssigkeit aus der Unterdruckkammer durch den Siphon in die Auffangkammer treiben zu können. Bei solchen Ausführungsbeispielen kann somit ein Schalten der Flüssigkeit abhängig von einer verwendeten Drehbeschleunigung implementiert werden.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung ist der Siphon ein erster Siphon, wobei die Unterdruckkammer über eine Serienschaltung eines zweiten Siphons und des Fluidkanals mit der Fluidkammer fluidisch verbunden ist und über eine Serienschaltung des zweiten Siphons und des ersten Siphons mit der Auffangkammer fluidisch verbunden ist, wobei die Fluidikstrukturen einen Entlüftungskanal aufweisen, wobei der Entlüftungskanal die Unterdruckkammer und einen Ausgang des zweiten Siphons fluidisch verbindet, wobei der Entlüftungskanal durch eine Flüssigkeit, die den zweiten Siphon befüllt, verschließbar ist. Bei solchen Ausführungsbeispielen kann der hermetische Einschluss des Gasvolumens in der Unterdruckkammer dadurch erreicht werden, dass durch das teilweise Befüllen der Unterdruckkammer der zweite Siphon befüllt wird und somit der Entlüftungskanal geschlossen wird, so dass das Gasvolumen hermetisch eingeschlossen wird.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung weisen die Fluidikstrukturen einen Einlasskanal auf, der einen radial äußeren Abschnitt und einen sich radial nach innen erstreckenden Abschnitt, der in die Unterdruckkammer mündet, aufweist, wobei die Unterdruckkammer über den Einlasskanal mit dem Flüssigkeitsvolumen teilweise derart befüllbar ist, dass ein nach dem Befüllen in dem radial äußeren Abschnitt des Einlasskanals verbleibender Teil der Flüssigkeit den Einlasskanal verschließt. Bei solchen Ausführungsbeispielen kann der hermetische Einschluss des Gasvolumens in der Unterdruckkammer somit dadurch erreicht werden, dass ein Einlasskanal der Unterdruckkammer durch das teilweise Befüllen der Unterdruckkammer verschlossen wird.
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Bei solchen Ausführungsbeispielen, die einen Einlasskanal aufweisen, können die Fluidikstrukturen eine Einlasskammer und eine Kompressionskammer, die mit dem Einlasskanal fluidisch verbunden ist, aufweisen, wobei die Einlasskammer mit der Kompressionskammer fluidisch verbunden ist, und wobei ein Gasvolumen durch eine Flüssigkeit aus der Einlasskammer, auf die eine Zentrifugalkraft wirkt, komprimierbar ist, so dass durch Verringern der Zentrifugalkraft eine Ausdehnung des komprimierten Gasvolumens und dadurch bedingt ein Treiben der Flüssigkeit durch den Einlasskanal in die Unterdruckkammer bewirkt werden kann. Dadurch ist es möglich, die Unterdruckkammer durch zentrifugo-pneumatisches Einwärtspumpen teilweise mit der Flüssigkeit zu befüllen.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung weisen eine Antriebseinrichtung auf, die konfiguriert ist, um den Rotationskörper zu drehen, um Flüssigkeit des Flüssigkeitsvolumens aus der Unterdruckkammer durch Zentrifugalkraft in die Fluidkammer zu treiben, wobei sich das in der Unterdruckkammer eingeschlossene Gasvolumen ausdehnt und dadurch ein Unterdruck in dem Gasvolumen erzeugt wird, und den Rotationskörper nachfolgend mit einer reduzierten Drehgeschwindigkeit zu drehen, um Flüssigkeit des Flüssigkeitsvolumens durch den Unterdruck in der Unterdruckkammer aus der Fluidkammer zurück in die Unterdruckkammer zu ziehen. Die Antriebseinrichtung kann ferner ausgebildet oder programmiert sein, um die verschiedenen hierin beschriebenen Verfahren zu implementieren, d. h., um den Rotationskörper mit Rotationen gemäß hierzu erforderlicher Rotationsprotokollen zu beaufschlagen. Bei Ausführungsbeispielen kann die Antriebseinrichtung beispielsweise einen Prozessor aufweisen, der programmiert ist, um die Antriebseinrichtung entsprechend anzusteuern, um Verfahren, wie sie hierin beschrieben sind, auszuführen.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung nutzen somit erstmals einen pneumatischen Unterdruck in einem zentrifugalen System, was die Implementierung eines zentrifugo-pneumatischen Unterdruckventils ermöglicht. Ein solches zentrifugo-pneumatisches Unterdruckventil ermöglicht die Verwendung von Stickpacks zur hermetisch dichten Vorlagerung von Flüssigreagenzien und bietet gleichzeitig die Möglichkeit, freigesetzte Flüssigreagenzien kontrolliert, sequentiell und unter definierten Bedingungen weiterzuleiten. Ausführungsbeispiele der Erfindung ermöglichen, dass die Vorlagerungskammer funktionalisiert wird und somit nicht nur zur Vorlagerung selbst, sondern auch als Teil eines Ventils benutzt wird. Dadurch kann der Integrationsgrad in dem Rotationskörper erhöht werden, da kein zusätzliches Ventil verwendet werden muss. Ausführungsbeispiele der Erfindung ermöglichen es, das Spektrum zentrifugo-pneumatischer Operationen zu vergrößern, da nicht nur eine Kompression, also ein Überdruck, sondern auch ein durch eine Ausdehnung von kompressiblen Medien erzeugter Unterdruck genutzt werden kann. Damit ermöglichen Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung, dass nicht nur bei sinkender Drehfrequenz Flüssigkeit durch eine Siphon geschaltet werden kann, sondern auch bei steigender Drehfrequenz. Ausführungsbeispiele der Erfindung ermöglichen, dass je nach Auslegung ein Ventil nicht nur bei hohen Drehfrequenzen durch Überschreiten einer Durchbruchsfrequenz geschaltet werden kann, sondern alternativ dazu auch bei hohen Beschleunigungsraten und niedrigen Drehfrequenzen, wenn hydrodynamische Effekte mit berücksichtigt werden. Somit können maximal mögliche Drehfrequenzen genutzt werden, ohne dass Flüssigreagenzien ungewollt austreten.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend Bezug nehmend auf die beiliegenden Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen:
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1 eine schematische Draufsicht auf Fluidikstrukturen eines ersten Ausführungsbeispiels einer Vorrichtung zum Bewegen von Flüssigkeiten;
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2 schematische Darstellungen zur Erläuterung des Betriebs der Vorrichtung von 1;
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3 schematische Darstellungen zur Erläuterung eines zweiten Ausführungsbeispiels einer Vorrichtung zum Bewegen von Flüssigkeit;
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4 schematische Darstellungen zur Erläuterung des Betriebs eines dritten Ausführungsbeispiels einer Vorrichtung zum Bewegen von Flüssigkeit; und
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5, 6 schematische Seitenansichten zur Erläuterung von Ausführungsbeispielen entsprechender Vorrichtungen.
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Bevor Ausführungsbeispiele der Erfindung näher erläutert werden, sei zunächst darauf hingewiesen, dass Beispiele der Erfindung insbesondere auf dem Gebiet der zentrifugalen Mikrofluidik Anwendung finden können, bei der es um die Prozessierung von Flüssigkeit in dem Nanoliter- bis Milliliter-Bereich geht. Entsprechend können die Fluidikstrukturen geeignete Abmessungen im Mikrometerbereich für die Handhabung entsprechender Flüssigkeitsvolumina aufweisen. Die Fluidikstrukturen (geometrischen Strukturen) und die Verfahren sind dafür geeignet, vorgelagerte Flüssigkeiten in Zentrifugenrotoren drehfrequenz-gesteuert weiterzuführen.
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Wird hierin der Ausdruck radial verwendet, so ist jeweils radial bezüglich des Rotationszentrums, um das das Fluidikmodul bzw. der Rotor drehbar ist, gemeint. Im Zentrifugalfeld ist somit eine radiale Richtung von dem Rotationszentrum weg radial abfallend und eine radiale Richtung zu dem Rotationszentrum hin ist radial ansteigend. Ein Fluidkanal, dessen Anfang näher am Rotationszentrum liegt als dessen Ende, ist somit radial abfallend, während ein Fluidkanal, dessen Anfang weiter vom Rotationszentrum entfernt ist als dessen Ende, radial ansteigend ist. Ein Kanal, der einen radial ansteigenden Abschnitt aufweist weist also Richtungskomponenten auf, die radial ansteigen bzw. radial nach innen verlaufen. Es ist klar, dass ein solcher Kanal nicht exakt entlang einer radialen Linie verlaufen muss, sondern in einem Winkel zu der radialen Linie verlaufen kann.
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Bezug nehmend auf die 5 und 6 werden zunächst Beispiele von zentrifugal-mikrofluidischen Systemen beschrieben, bei denen die Erfindung verwendet werden kann.
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5 zeigt eine Vorrichtung mit einem Rotationskörper 10, der ein Substrat 12 und einen Deckel 14 aufweist. Das Substrat 12 und der Deckel 14 können in Draufsicht kreisförmig sein, mit einer mittigen Öffnung, über die der Rotationskörper 10 über eine übliche Befestigungseinrichtung 16 an einem rotierenden Teil 18 einer Antriebseinrichtung 20 angebracht sein kann. Das rotierende Teil 18 ist drehbar an einem stationären Teil 22 der Antriebseinrichtung 20 gelagert. Bei der Antriebseinrichtung 20 kann es sich beispielsweise um eine herkömmliche Zentrifuge mit einstellbarer Drehgeschwindigkeit oder auch ein CD- oder DVD-Laufwerk handeln. Eine Steuereinrichtung 24 kann vorgesehen sein, die ausgelegt ist, um die Antriebseinrichtung 20 zu steuern, um den Rotationskörper 10 mit Rotationen mit unterschiedlichen Drehfrequenzen zu beaufschlagen. Die Steuereinrichtung 24 kann, wie für Fachleute offensichtlich ist, beispielsweise durch eine entsprechend programmierte Recheneinrichtung oder eine anwenderspezifische integrierte Schaltung implementiert sein. Die Steuereinrichtung 24 kann ferner ausgelegt sein, um auf manuelle Eingaben durch einen Benutzer hin die Antriebseinrichtung 20 zu steuern, um die erforderlichen Rotationen des Rotationskörpers zu bewirken. In jedem Fall kann die Steuereinrichtung 24 konfiguriert sein, beispielsweise entsprechend programmiert sein, um die Antriebseinrichtung 20 zu steuern, um den Rotationskörper mit den erforderlichen Drehfrequenzen zu beaufschlagen, um Ausführungsbeispiele der Erfindung, wie sie hierin beschrieben sind, zu implementieren und um die Verfahren, wie sie hierin beschrieben sind, zu implementieren. Als Antriebseinrichtung 20 kann eine herkömmliche Zentrifuge mit nur einer Drehrichtung verwendet werden.
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Der Rotationskörper 10 weist die erforderlichen Fluidikstrukturen auf. Die erforderlichen Fluidikstrukturen können durch Kavitäten und Kanäle in dem Deckel 14, dem Substrat 12 oder in dem Substrat 12 und dem Deckel 14 gebildet sein. Bei Ausführungsbeispielen können beispielsweise Fluidikstrukturen in dem Substrat 12 abgebildet sein, während Einfüllöffnungen und Entlüftungsöffnungen in dem Deckel 14 gebildet sind. Bei Ausführungsbeispielen ist das strukturierte Substrat (inklusive Einfüllöffnungen und Entlüftungsöffnungen) oben angeordnet und der Deckel unten angeordnet.
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Bei einem alternativen in 6 gezeigten Ausführungsbeispiel sind ein oder mehrere Rotationskörper 32 in einen Rotor 30 eingesetzt, wobei in 6 zwei Rotationskörper dargestellt sind. Die Rotationskörper sind somit um eine Drehachse des Rotors drehbar, die außerhalb der Rotationskörper liegt. Die Rotationskörper 32 können jeweils ein Substrat und einen Deckel aufweisen, in denen wiederum entsprechende Fluidikstrukturen gebildet sein können. Der Rotor 30 mit den Rotationskörpern 32 ist wiederum durch eine Antriebseinrichtung 20, die durch die Steuereinrichtung 24 gesteuert wird, mit einer Rotation beaufschlagbar.
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Bei Ausführungsbeispielen der Erfindung kann der Rotationskörper, der die fluidischen Strukturen aufweist, aus einem beliebigen geeigneten Material gebildet sein, beispielsweise einem Kunststoff, wie PMMA (Polymethylmethacrylat), PC (Polycarbonat), PVC (Polyvinylchlorid) oder PDMS (Polydimethylsiloxan), Glas oder dergleichen. Der Rotationskörper kann als eine zentrifugal-mikrofluidische Plattform betrachtet werden.
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Ausführungsbeispiele zum Bewegen von Flüssigkeit in einem zentrifugalen System werden nun Bezug nehmend auf die 1 bis 4 erläutert. Bei Ausführungsbeispielen wird in einem Rotor vorgelagerte Flüssigkeit, die sich zusammen mit einem kompressiblen Medium, beispielsweise Luft, in einer Vorlagerungskammer befindet, durch Zentrifugalkräfte radial nach außen gedrückt. Dabei wird ein Luftvolumen in der Vorlagerungskammer von der vorgelagerten Flüssigkeit eingeschlossen. Mit steigender Drehzahl des Rotors kann die auf die Flüssigkeit wirkende Zentrifugalkraft erhöht werden, so dass ein zunehmendes Flüssigkeitsvolumen aus der Vorlagerungskammer verdrängt wird. Dabei erhöht sich das in der Vorlagerungskammer eingeschlossene Luftvolumen und der Luftdruck sinkt unter den des Atmosphärendrucks. Der dadurch entstehende Unterdruck wirkt dem Zentrifugaldruck der Flüssigkeit entgegen. Das aus der Vorlagerungskammer verdrängte Flüssigkeitsvolumen kann vollständig oder teilweise in einen Siphon geleitet werden. Überschreitet die Flüssigkeit in dem Siphon den Scheitelpunkt des Siphons, so wird die gesamte Flüssigkeit durch den Siphon radial nach außen gepumpt. Erreicht die Flüssigkeit den Scheitelpunkt des Siphons nicht, so kann sie in der Vorlagerungskammer und in einer Kompensationskammer zurückgehalten werden.
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1 zeigt schematisch eine Draufsicht auf einen Rotationskörper 10, der um ein Rotationszentrum 50 drehbar ist. Fluidikstrukturen 52 sind in dem Rotationskörper 10 gebildet und umfassen eine Vorlagerungskammer 54, die eine Unterdruckkammer darstellt, eine Kompensationskammer 56, eine Auffangkammer 58 und einen Siphon 60. Die Vorlagerungskammer 54 ist über einen Fluidkanal, der einen radial nach außen verlaufenden Kanalabschnitt 62 und einen Kanalabschnitt 64a, der bei dem gezeigten Beispiel im Wesentlichen azimutal verläuft, aufweist, mit der Kompensationskammer 56 fluidisch verbunden. Der Kanalabschnitt 62 ist mit einem radial außen liegenden Abschnitt (beispielsweise dem äußeren Ende) der Vorlagerungskammer 54 fluidisch verbunden. Die Vorlagerungskammer 54 ist ferner über den Kanalabschnitt 62, einen Kanalabschnitt 64b, der bei dem gezeigten Beispiel im Wesentlichen azimutal verläuft, mit dem Siphon 60 fluidisch verbunden. Der Siphon 60 weist ein radial nach innen verlaufenden Abschnitt 60a, einen Scheitel 60b und einen radial nach außen verlaufenden Abschnitt 60c auf. In dem radial nach innen verlaufenden Abschnitt 60a ist ein Volumenpufferbereich 66 mit einem erhöhten Flussquerschnitt gebildet. Ein radiales äußeres Ende des Siphons 60 ist mit der Auffangkammer 58 verbunden. Die Kompensationskammer 56 weist eine Entlüftung 72 auf und kann über einen Fluidkanal 70, der an einem radial inneren Ende in die Kompensationskammer 56 mündet, mit der Auffangkammer 58 verbunden sein.
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Somit ist die Vorlagerungskammer 54, die eine Unterdruckkammer darstellt, über einen Fluidkanal (Kanalabschnitte 62 und 64a) mit der Kompensationskammer 56, die eine Fluidkammer darstellt, fluidisch verbunden. Ferner ist die Vorlagerungskammerkammer 54 über den Siphon 60 mit der Auffangkammer 58 fluidisch verbunden.
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Bezug nehmend ferner auf 2 wird nachfolgend der Betrieb der in 1 gezeigten Vorrichtung beschrieben. Zunächst wird eine zu prozessierende Flüssigkeit in der Vorlagerungskammer 54, die einen radial außen liegenden Auslass hat, vorgelagert, wobei ein Gasvolumen 82 in der Vorlagerungskammer 54 hermetisch eingeschlossen wird. Schritt A in 2 zeigt den Zustand, bei dem sich die prozessierende Flüssigkeit 80 in der Vorlagerungskammer 54 befindet. Die Flüssigkeit kann beispielsweise aus einem Vorlagerungsbehältnis, beispielsweise einem Stickpack, in der Vorlagerungskammer vorgelagert werden, wie beispielsweise nachfolgend Bezug nehmend auf die in den 3 und 4 gezeigten Ausführungsbeispiele beschrieben wird. Alternativ kann die Flüssigkeit über eine Öffnung (z. B. eine Pipettieröffnung) in die Vorlagerungskammer eingebracht werden, die nachfolgend verschlossen wird, um einen hermetischen Einschluss des Gasvolumens 82 zu ermöglichen. Bei dem Gas kann es sich beispielsweise um Luft handeln.
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2 zeigt ferner ein verwendetes Drehfrequenzprotokoll über der Zeit. Bei ansteigender Drehfrequenz wird die Flüssigkeit 80 zentrifugal nach außen gepumpt, wobei die Kompensationskammer 56 und der Siphon 60 mit derselben Füllhöhe gefüllt werden. Dieser Zustand ist in Schritt B in 2 gezeigt. Die Differenz der Füllhöhen zwischen der Kompensationskammer 56 bzw. dem Siphon 60 und der Vorlagerungskammer 54 entspricht einem Druck, der dem Unterdruck der in der Vorlagerungskammer eingeschlossenen Luftblase 82 entgegenwirkt. Mit steigender Drehfrequenz des Rotors steigt auch der Zentrifugaldruck der Flüssigkeitssäule, der dem Unterdruck entgegenwirkt. Die Generierung eines großen Unterdrucks wiederum bedeutet, dass ein großes Flüssigkeitsvolumen aus der Vorlagerungskammer 54 gepumpt wird, wobei der Füllstand in der Kompensationskammer 56 und in dem Siphon 60 steigt. Würde ausgehend von dem im Schritt B von 2 gezeigten Zustand die Rotationsfrequenz abgesenkt werden, so würde aufgrund des dadurch reduzierten Unterdrucks in der Vorlagerungskammer 54 Flüssigkeit aus der Kompensationskammer bzw. dem Siphon zurück in die Vorlagerungskammer 54 gepumpt werden. Somit ermöglichen die in 2 gezeigten Fluidikstrukturen ein Ziehen von Flüssigkeit aus der Kompensationskammer bzw. dem Siphon zurück in die Vorlagerungskammer 54, die eine Unterdruckkammer darstellt.
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Dem Frequenzprotokoll von 2 ist ferner eine Durchbruchsfrequenz zu entnehmen, die die Drehfrequenz bezeichnet, bei der die Flüssigkeit den Scheitel 60b des Siphons 60 erreicht. Oberhalb der Durchbruchsfrequenz wird der Siphon 60 vollständig gefüllt und die Flüssigkeit in die Auffangkammer 58 gepumpt. Unterhalb der Durchbruchsfrequenz kann die Flüssigkeit zwischen der Vorlagerungskammer 54 und der Kompensationskammer 56 hin- und her gepumpt werden.
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Schritt C von 2 zeigt den Zustand, bei dem die Drehfrequenz gerade die Durchbruchsfrequenz erreicht und der Füllstand den Siphonscheitel 60b erreicht. Ist die Durchbruchsfrequenz einmal überschritten, wird der Siphon 60 komplett gefüllt, so dass ein zusätzlicher Zentrifugaldruck im Siphon 60 entsteht, der die zu prozessierende Flüssigkeit restlos aus der Vorlagerungskammer 54 und aus der Kompensationskammer 56 radial nach außen pumpt. Dies ist in den Schritten D und E von 2 gezeigt. Wie ausgeführt wurde, saugt der Unterdruck in der Vorlagerungskammer 54 die zu prozessierende Flüssigkeit wieder zurück in die Vorlagerungskammer, wenn die Drehfrequenz vor Erreichen der Durchbruchsfrequenz wieder reduziert wird.
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Bei dem in 1 gezeigten Ausführungsbeispiel kann somit durch Ändern der Drehfrequenz Flüssigkeit zwischen der Vorlagerungskammer 54 und der Kompensationskammer 56 hin- und her gepumpt werden, indem die Drehfrequenz geändert wird.
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Wird die Flüssigkeit in einem Vorlagerungsbehältnis in der Vorlagerungskammer gelagert, so ist das Vorlagerungsbehältnis derart auszulegen, dass es der Zentrifugaldruck der darin befindlichen Flüssigkeit ausreicht, um das Vorlagerungsbehältnis unterhalb der Durchbruchsfrequenz zu öffnen.
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Bezug nehmend auf 3 wird ein weiteres Ausführungsbeispiel einer Vorrichtung zum Bewegen von Flüssigkeit beschrieben. 3 zeigt wiederum schematisch eine Draufsicht auf Fluidikstrukturen, die in einem Rotationskörper 10 gebildet sind, der um ein Rotationszentrum 50 drehbar ist. Die Fluidikstrukturen 152 weisen eine Unterdruckkammer 154 auf, in der ein geschlossenes Vorlagerungsbehältnis 155 angeordnet ist. Die Fluidikstrukturen weisen ferner eine Kompensationskammer 156, die mit einer Entlüftung 157 versehen ist, und eine Auffangkammer 158 auf. Die Auffangkammer 158 kann über einen Fluidkanal mit einer weiteren Fluidkammer 160 fluidisch gekoppelt sein.
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Die Unterdruckkammer 154 weist einen radial äußeren Auslass auf, der über einen Fluidkanal 162 mit der Kompensationskammer 156 fluidisch gekoppelt ist. Der Fluidkanal 162 weist einen radial nach außen verlaufenden Abschnitt 162a und einen Abschnitt 162b, der bei dem gezeigten Ausführungsbeispiel im Wesentlichen azimutal verläuft, auf. Die Unterdruckkammer 154 ist ferner über einen Siphon 164 mit der Auffangkammer 158 fluidisch gekoppelt. Genauer gesagt ist bei dem gezeigten Ausführungsbeispiel die Unterdruckkammer 154 über den Fluidkanalabschnitt 162a, den Siphon 164 und weitere Fluidkanalabschnitte 165a und 165b mit der Auffangkammer 158 verbunden. Ein weiterer Fluidkanal 166 kann von dem Auslass des Siphons 164 abzweigen.
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Der Kanalabschnitt 165a, der den Kanalabschnitt 162a mit dem Siphon 164 verbindet, weist dabei einen geringeren Strömungswiderstand auf als der Kanalabschnitt 162b, der den Kanalabschnitt 162a mit der Kompensationskammer 156 verbindet. Ein Fluidpfad zwischen der Unterdruckkammer 154 und der Auffangkammer 158 kann einen geringeren Strömungswiderstand aufweisen als ein Fluidpfad zwischen der Unterdruckkammer und der Kompensationskammer 156.
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Das in 3 gezeigte Ausführungsbeispiel stellt somit eine Implementierung eines Unterdruckventils dar, bei dem der Siphon nicht durch Überschreiten einer Durchbruchsfrequenz gefüllt wird, sondern durch hydrodynamische Effekte. Dabei ist der fluidische Pfad von der Unterdruckkammer 154 zu dem Siphon 164 ein Pfad mit niedrigerem hydraulischen Widerstand als der Pfad, der die Kompensationskammer 156 mit dem Siphon verbindet. Dies kann beispielsweise erreicht werden, indem der Kanalabschnitt 165a eine größere Kanalquerschnittfläche aufweist als der Kanalabschnitt 162b.
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Wie dem in 3 gezeigten Drehfrequenzprotokoll zu entnehmen ist, wird die Drehfrequenz zunächst erhöht. Bei Erreichen einer bestimmten Drehfrequenz wird das Vorlagerungsbehältnis geöffnet und die Flüssigkeit gelangt in die Unterdruckkammer 154, wie im Schritt B von 3 gezeigt ist. Ist die zu prozessierende Flüssigkeit in der Unterdruckkammer freigesetzt, so kann sie durch langsames Beschleunigen auf hohe Drehfrequenzen in die Kompensationskammer 156 gepumpt werden, siehe Schritt C in 3, bevor sie durch Abbremsen des Rotors aufgrund des Unterdrucks in der Unterdruckkammer 154 wieder in die Unterdruckkammer zurückgepumpt werden kann. Der Unterdruck in der Unterdruckkammer 154 ergibt sich wiederum durch das in der Unterdruckkammer 154 hermetisch eingeschlossene Gasvolumen 82, das sich ausdehnt, wenn die Flüssigkeit 80 in die Kompensationskammer 156 gepumpt wird. Die langsame Beschleunigung ist dabei derart ausgelegt, dass Reibungskräfte im Fluid praktisch keinen Einfluss auf die Fluiddynamik haben, so dass die Füllstände in dem Siphon 164 und der Kompensationskammer 156 im Wesentlichen gleich bleiben, wie im Schritt C von 3 gezeigt ist. Dadurch gelangt die Flüssigkeit in die Kompensationskammer 156 und erreicht nicht den Scheitel des Siphons 164. Somit kann die Flüssigkeit durch Abbremsen des Rotationskörpers aufgrund des Unterdrucks in der Unterdruckkammer 154 wieder in die Unterdruckkammer 154 zurückgepumpt bzw. gezogen werden.
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Wird, ausgehend von diesem Zustand, der Rotationskörper einer schnelleren Beschleunigung unterworfen, so wird die Flüssigkeit zwar aus der Unterdruckkammer 154 herausgepumpt, strömt jedoch aufgrund des hohen hydraulischen Eingangswiderstandes der Kompensationskammer 156 (aufgrund des Kanalabschnitts 162b) vorzugsweise in den Siphon 164 und füllt diesen, wie im Schritt D von 3 gezeigt ist. Nach Überschreiten des Scheitels des Siphons 164 wird die Flüssigkeit radial nach außen in die Auffangkammer 158 gepumpt. 3 zeigt somit ein Ausführungsbeispiel eines zentrifugo-pneumatischen Unterdruckventils, bei dem ein Siphon mit breitem Kanalquerschnitt verwendet wird, um durch hydrodynamische Effekte den Siphon bei schneller Beschleunigung des Rotationskörpers zu füllen, während bei langsamer Beschleunigung auf hohe Drehfrequenzen die Flüssigkeit zurückgehalten wird (in der Kompensationskammer 156). Ferner ist die Verwendung eines Vorlagerungsbehältnisses für die zu prozessierende Flüssigkeit in Kombination mit dem Unterdruckventil beschrieben.
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Bezug nehmend auf 4 wird nun näher ein Ausführungsbeispiel einer Vorrichtung zum Bewegen von Flüssigkeit beschrieben, bei der die Unterdruckkammer Eingangs- und Ausgangskanäle aufweist.
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Fluidikstrukturen 252 sind wiederum in einem Rotationskörper 10, der um eine Rotationsachse 50 drehbar ist, gebildet. Die Fluidikstrukturen weisen eine Unterdruckkammer 254, eine Kompensationskammer 256 und eine Auffangkammer 258 auf. Die Kompensationskammer 256 und die Auffangkammer 258 sind jeweils belüftet. Die Fluidikstrukturen 252 weisen ferner eine Kompressionskammer 260 und eine entlüftete Vorlagerungskammer 262, in der ein geschlossenes Vorlagerungsbehältnis 264 angeordnet ist, auf. Die Vorlagerungskammer 262 ist über eine Zwischenkammer 266 und Fluidkanäle mit der Kompressionskammer 260 fluidisch verbunden. Die Vorlagerungskammer 262 ist ferner über einen Fluidkanal 268, der in einen radial äußeren Auslass der Vorlagerungskammer 262 mündet, und einen Fluidkanal 270, der einen radial nach innen verlaufenden Abschnitt aufweist, mit der Unterdruckkammer 254 fluidisch verbunden. Der Fluidkanal 270 mündet in einen radial inneren Abschnitt der Unterdruckkammer 254. Die Unterdruckkammer ist über einen ersten Siphon 280 und einen zweiten Siphon 282 mit der Auffangkammer 258 fluidisch verbunden. Ein Ausgang des zweiten Siphons 282 ist mit der Kompensationskammer 256 über einen Fluidkanal 284 fluidisch verbunden. Ein Entlüftungskanal 286, der in einem radial inneren Bereich in die Unterdruckkammer 254 mündet, mündet in einen Fluidkanal 288, der den ersten Siphon 280 und den zweiten Siphon 282 fluidisch verbindet.
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Die Kompressionskammer 260 stellt eine Kammer dar, die das Komprimieren eines kompressiblen Mediums, wie z. B. Luft ermöglicht.
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Ein den in 4 gezeigten Schritten zugeordnetes Drehfrequenzprotokoll ist wiederum im unteren Abschnitt von 4 dargestellt. Im Schritt A von 4 befindet sich die zu prozessierende Flüssigkeit zunächst in dem geschlossenen Vorlagerungsbehältnis 264, das sich in der Vorlagerungskammer 262 befindet. Bei ansteigender Drehfrequenz des Rotationskörpers 10 wird das Vorlagerungsbehältnis 264 durch den Zentrifugaldruck der zu prozessierenden Flüssigkeit geöffnet, so dass die zu prozessierende Flüssigkeit 80 freigesetzt wird, wie im Schritt B in 4 gezeigt ist. Durch weitere Rotation, beispielsweise mit einer konstanten Rotationsgeschwindigkeit, wird die zu prozessierende Flüssigkeit in die Zwischenkammer 266 verdrängt, siehe Schritt C in 4. Dadurch wird in der Kompressionskammer 260 ein Gasvolumen eingeschlossen und komprimiert, wie durch einen Pfeil 290 im Schritt C angedeutet ist. Durch Absenken der Drehfrequenz dehnt sich das komprimierte eingeschlossene Gasvolumen aus und verdrängt die Flüssigkeit aus der Zwischenkammer 266 durch den Fluidkanal 270 in die Unterdruckkammer 254, siehe Schritt D in 4. Das entsprechende Drehfrequenzprotokoll, dem die jeweiligen Schritte zu entnehmen sind, ist wiederum in 4 dargestellt. Um zu erreichen, dass dabei die Flüssigkeit nicht oder nicht wesentlich in die Vorlagerungskammer 262 zurückgepumpt wird, kann der Fluidkanal 268 einen größeren Strömungswiderstand aufweisen als der Fluidkanal 270. Somit wird die Flüssigkeit durch zentrifugo-dynamisches Einwärtspumpen in die Unterdruckkammer 254, die zunächst noch über den Entlüftungskanal 286 entlüftet ist, gepumpt.
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Die in die Unterdruckkammer 254 gepumpte Flüssigkeit verdrängt das Gas in der Unterdruckkammer 254, das durch den Entlüftungskanal 286 entweicht. Sobald die Flüssigkeitsmenge in der Unterdruckkammer 254 so groß ist, dass der Siphon 282 überläuft, wird der Entlüftungskanal 286 durch die Flüssigkeit in dem Kanal 288 gasdicht verschlossen, so dass in der Unterdruckkammer 254 ein eingeschlossenes Gasvolumen 292 generiert wird. Das Gasvolumen ist dabei durch die Flüssigkeit in dem Kanal 282 sowie in dem Kanal 270 verbleibende Flüssigkeit eingeschlossen. Dieser Zustand ist im Schritt E von 4 gezeigt.
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Durch anschließende Erhöhung der Drehfrequenz wird die Flüssigkeit in die Kompensationskammer 256 gepumpt, wobei ein Unterdruck in der Unterdruckkammer 254 entsteht, da sich das eingeschlossene Gasvolumen 292 ausdehnt. Ausgehend von diesem Zustand kann durch Absenken der Rotationsfrequenz die Flüssigkeit wieder aus der Kompensationskammer 256 in die Unterdruckkammer 254 zurückgepumpt werden. An dieser Stelle ist anzumerken, dass dieser Schritt des Zurückpumpens bei dem in 4 gezeigten Drehfrequenzprotokoll nicht stattfindet. Sattdessen wird dort die Drehfrequenz über eine Durchbruchsfrequenz erhöht, so dass der Siphon 280 befüllt wird, und die Flüssigkeit aus der Kompensationskammer 256 und der Unterdruckkammer 254 durch die Siphons 280 und 282 in die Auffangkammer 258 entleert wird, wie dies in Schritt F in 4 gezeigt ist. Eine solche Vorgehensweise kann der oben Bezug nehmend auf das in 2 gezeigte Ausführungsbeispiel beschriebenen Vorgehensweise entsprechen. Alternativ kann die Flüssigkeit auch durch dynamisches Füllen bei schnellem Beschleunigen des Rotationskörpers über den Siphon 280 entleert werden, wie dies beispielsweise oben Bezug nehmend auf das in 3 gezeigte Ausführungsbeispiel beschrieben wurde.
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4 zeigt somit ein Ausführungsbeispiel, bei dem die Unterdruckkammer 254 einen Fluideinlass und einen Fluidauslass aufweist und dynamisch verschließbar ist. Der Gaseinschluss in der Unterdruckkammer wird dabei durch eine fluidische Verschaltung erzeugt, bei der alle Zuläufe der Unterdruckkammer durch Flüssigkeit verschlossen werden. Der Siphon 280 kann entweder durch Überschreiten einer Durchbruchsfrequenz oder durch schnelles Beschleunigen des Rotors gefüllt werden.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung schaffen somit Fluidikstrukturen und Verfahren für Zentrifugenrotoren, bei denen der Zentrifugenrotor über mindestens eine Kammer verfügt, mit mindestens einem radial liegenden Auslass, der als Siphon realisiert ist, und somit radial nach innen gebogen ist, bevor er wieder radial nach außen führt. In der Kammer befinden sich eine zu prozessierende Flüssigkeit und ein kompressibles Medium. Durch Drehen des Rotors wird das kompressible Medium eingeschlossen und ausgedehnt, indem die zu prozessierende Flüssigkeit aus der Vorlagerungskammer durch Zentrifugation in den Siphon verdrängt wird. Durch Überschreiten des radial innen liegenden Siphonscheitels durch die zu prozessierende Flüssigkeit wird diese über den Siphon radial nach außen gepumpt. Weitere Ausführungsbeispiele umfassen solche Fluidikstrukturen und Verfahren, bei denen der Siphon durch schnelle Beschleunigung und unter Ausnutzung hydrodynamischer Effekte gefüllt wird. Dabei können für den bzw. die Siphons hydraulische Widerstände verwendet werden, die sich von den Widerständen etwaiger Seitenkanäle unterscheiden.
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Bei den beschriebenen Ausführungsbeispielen wird die Unterdruckkammer durch Reagenzienvorlagerung mit eventueller Reagenzienfreisetzung, beispielsweise durch ein Stickpack, oder durch Pumpen der Flüssigkeit in die Unterdruckkammer teilweise befüllt. Die Unterdruckkammer kann jedoch auch durch andere Verfahren teilweise befüllt werden, beispielsweise durch Einpipettieren, wobei nach der Einpipettierung die Pipettieröffnung geschlossen wird.