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Die Erfindung betrifft eine Karosserie eines Fahrzeugs, insbesondere eines Personenkraftfahrzeugs, mit einem ersten Karosserieteil aus faserverstärktem Kunststoff und einem zweiten Karosserieteil aus faserverstärktem Kunststoff sowie einem Anbindungsbereich, an dem das erste Karosserieteil an das zweite Karosserieteil ortsfest angekoppelt ist. Ferner betrifft die Erfindung eine Verwendung eines duktilen Verformungselements und ein Kraftfahrzeug mit einer derartigen Karosserie.
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Bei modernen Karosserien aus faserverstärktem Kunststoff für Fahrzeuge können insbesondere bei Unfällen die auf die Karosserie einwirkenden Lasten mehr als ausreichend aufgenommen werden. Es ergibt sich aber dennoch das Problem, dass die dabei verwendeten Bauteile aus faserverstärktem Kunststoff vergleichsweise steif sowie spröde sind und daher die zu erfüllenden Tests nur mit erheblichem Aufwand bestanden werden können. Insbesondere kann ein weggesteuertes Versagen von Bauteilen der Karosserie, insbesondere von Dachsäulen nur mit hohem Aufwand an Material, Konstruktion und Herstellung erfüllt werden. Ferner ergibt sich für derartige Konstruktionen der Nachteil, dass sie meist vergleichsweise schwer sind, was dem angestrebten Ziel eines möglichst geringen Gewichts der Karosserie widerspricht. Ferner kann auch ein weggesteuertes Versagen von derartigen Strukturen, die oftmals als Sandwichbauweise mit innenliegendem Schaumkern gestaltet sind, nur sehr aufwändig simuliert werden. Daher sind für die Validierung oft kosten- und zeitaufwändige Versuche erforderlich.
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Erfindungsgemäß ist eine Karosserie eines Fahrzeugs geschaffen, insbesondere eines Personenkraftfahrzeugs, mit einem ersten Karosserieteil aus faserverstärktem Kunststoff und einem zweiten Karosserieteil aus faserverstärktem Kunststoff sowie einem Anbindungsbereich, an dem das erste Karosserieteil an das zweite Karosserieteil ortsfest angekoppelt ist. Dabei ist der Anbindungsbereich mit einem duktilen Verformungselement gestaltet.
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Duktilität ist die Eigenschaft eines Materials bzw. Werkstoffs, sich unter Belastung plastisch zu verformen, bevor er versagt. Beispielsweise bricht Glas ohne erkennbare Verformung. Stahl hingegen kann sich um mehr als 25% plastisch verformen (je nach Stahlsorte), bevor er reißt. Gold ist so duktil, dass es sich auf eine Dicke von wenigen Atomlagen austreiben lässt. Entsprechend unterscheidet man beim weggesteuerten Versagen eines Materials zwischen einem Sprödbruch, einem duktilen Bruch und einem vollständig duktilen Bruch.
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Mit der erfindungsgemäßen Lösung ist diese Materialeigenschaft gezielt am Kopplungsbereich von zwei weitgehend nicht duktilen Karosserieteilen aus faserverstärktem Kunststoff angewendet, um dort gezielt einen örtlich begrenzten Bereich einer Verformung im Falls eines Lasteintrags zu gestalten. Somit kann sich die Karosserie des erfindungsgemäßen Fahrzeugs im Falls eines Unfalls plastisch verformen und reißt nicht etwa undefiniert auseinander. Duktile Werkstoffe sind auch gut kalt formbar, z. B. durch Tiefziehen, Biegen oder Recken. Diese Eigenschaft kann erfindungsgemäß vorteilhaft genutzt werden, um das duktile Verformungselement gezielt an seine kraftaufnehmende Funktion während eines Lasteintrags anzupassen. So können insbesondere vorteilhaft Rippen und Sicken an dem Verformungselement ausgebildet sein, die dann bei Lasteintrag verformt werden.
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Das erfindungsgemäße, duktile Verformungselement ist vorteilhaft mit Kunststoff und/oder Metall gebildet. Diese Materialien weisen ein erfindungsgemäß besonders vorteilhaftes duktiles Verhalten auf und sind ferner vorteilhaft dazu geeignet großflächig an zwei aneinander anzukoppelnde Karosserieteile aus faserverstärktem Kunststoff angebunden, insbesondere angeklebt zu werden.
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Das duktile Verformungselement ist ferner vorzugsweise an einem ersten Endbereich des ersten Karosserieteils angeordnet. An diesem Endbereich ist das duktile Verformungselement am Ende eines dann ein vergleichsweise langen Hebel bildenden Karosserieteils angebracht, so dass dieses Karosserieteil bei einem Lasteintrag eine hohe Krafteinwirkung, insbesondere auch eine hohe Drehmomenteneinwirkung auf das duktile Verformungselement ausüben kann. Diese Gestaltung ist insbesondere dann von Vorteil, wenn es sich bei dem ersten Karosserieteil um ein längliches Teil, insbesondere in Gestalt einer Säule, eines Schwellers oder eines Trägers der Fahrzeugkarosserie handelt.
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Das erste Karosserieteil ist dabei ferner vorteilhaft an einem zweiten Endbereich starr an einem zugehörigen Karosserieteil angekoppelt. Der zweite Endbereich stellt bei dieser Konstruktionsgestaltung einen steifen, besonders stabilisierenden Knotenpunkt der Fahrzeugkarosserie her, über denn dann auch Kräfte von dem zugehörigen Karosserieteil auf das erste Karosserieteil und auf das erfindungsgemäße duktile Verformungselement übertragen werden können.
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Alternativ ist das erste Karosserieteil an einem zweiten Endbereich ebenfalls mit einem duktilen Verformungselement an einem zugehörigen Karosserieteil angekoppelt. Das erste Karosserieteil kann dann an zwei Endbereichen eine weggesteuerte Verformung an der Fahrzeugkarosserie erwirken, wodurch eine besonders umfangreiche Ableitung von eingetragener Energie, insbesondere bei einem Unfall möglich ist. Die beidseitig duktile Lagerung des erfindungsgemäßen Karosserieteils aus faserverstärktem Kunststoff ist insbesondere für den Fall vorteilhaft, bei dem das Karosserieteil einen Biegeträger bildet. Der Biegeträger kann sich bei Durchbiegung dann an seinen beiden Endbereichen nahezu wie an einem Loslager bewegen.
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Vorteilhaft ist mit dem erfindungsgemäß duktil gelagerten ersten Karosserieteil ferner vorteilhaft ein Dachholm und/oder eine Dachsäule einer Fahrgastzelle gebildet. Ein solcher Dachholm bzw. eine solche Dachsäule unterliegen insbesondere bei einem Fahrzeugüberschlag einer besonderen Dachlast, die entsprechend eine besondere Nachgiebigkeit erfordert. Gerade bei einem weggesteuerten Versagen einer Dachsäule kann die erfindungsgemäße Lösung weitgehend ohne Mehrgewicht und ohne hohen Materialaufwand die notwendige Duktilität der Gesamtanordnung der Fahrgastzelle gewährleisten. So kann für die Fahrgastzelle ein Lastfall dargestellt werden, der ohne ein erfindungsgemäßes duktiles Verformungselement als Koppelstelle von steifen, weitgehend nicht duktilen Karosserieteilen aus faserverstärktem Kunststoff nicht möglich wäre.
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Die Erfindung ist entsprechend auch gezielt auf eine Verwendung eines duktilen Verformungselements zum ortfesten Ankoppeln eines ersten Karosserieteils aus faserverstärktem Kunststoff an einem zweiten Karosserieteil aus faserverstärktem Kunststoff gerichtet. Mit einer derartigen, duktilen Kopplung kann ferner auch der beschriebene Lastfall erheblich leichter simuliert werden, wodurch ebenfalls Kosten gespart werden können.
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Schließlich ist die Erfindung gemäß den oben genannten, damit erzielten Vorteilen auch speziell auf ein Kraftfahrzeug mit einer derartigen erfindungsgemäßen Karosserie gerichtet.
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Nachfolgend wird ein Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Lösung anhand der beigefügten schematischen Zeichnungen näher erläutert. Es zeigt:
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1 eine Seitenansicht eines Ausführungsbeispiels einer erfindungsgemäßen Karosserie mit deren Fahrgastzelle vor einem Lasteintrag (keine Dachlast),
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2 die Ansicht gemäß 1 zu Beginn eines Lasteintrags (mittlere Dachlast) und
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3 die Ansicht gemäß 2 am Ende eines Lasteintrags (maximale Dachlast).
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In 1 ist eine Karosserie 10 eines weiter nicht dargestellten Fahrzeugs in Gestalt eines Personenkraftwagens mit dessen Fahrgastzelle 12 dargestellt. Die Fahrgastzelle ist mit einem in der Ansicht der 1 im Wesentlichen U-förmigen, ein Karosserieteil bildenden Seitenrahmen 14 hergestellt, der als Leichtbauteil aus einem faserverstärktem Kunststoff, vorliegend glasfaserverstärktem Kunststoff, hergestellt ist.
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Die U-Form des Seitenrahmens 14 ist mit zwei Schenkeln 14a und 14b gebildet, die am oberen Ende bzw. an der Oberseite des Seitenrahmens 14 in Hauptfahrtrichtung 16 des Fahrzeugs mittels eines sich dort längs der Hauptfahrtrichtung 16 erstreckenden, ein weiteres Karosserieteil bildenden Dachholms 18 verbunden sind.
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Dabei ist der Dachholm 18 ebenfalls aus faserverstärktem Kunststoff, vorliegend auch glasfaserverstärkter Kunststoff, hergestellt und an seinem in Hauptfahrtrichtung 16 hinteren, ersten Endbereich 20 an einem ersten Anbindungsbereich 22 am oberen Ende des Schenkels 14b mittels eines duktilen Verformungselements 24 ortsfest angekoppelt.
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Das duktile Verformungselement 24 ist dabei aus Metall, vorliegend einer Aluminiumlegierung mit einer bei einer Lasteinbringung vordefiniert verformbaren Rippenstruktur hergestellt. Zum Verbinden mit dem Dachholm 18 und dem Seitenrahmen 14 ist das duktile Verformungselement 24 mit seinen Seitenflächen vollflächig auf die benachbarten Karosserieteile Seitenrahmen 14 und Dachholm 18 mittels eines temperatur-, UV-Licht- oder zeitabhängig aushärtenden Klebers aufgeklebt.
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Ein in Hauptfahrtrichtung 16 vorderer, zweiter Endbereich 26 des Dachholms 18 ist an einem zweiten Anbindungsbereich 28 am oberen Ende des Schenkels 14a mittels eines starren Anbindungselements 30 ortsfest angekoppelt.
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Das starre Anbindungselement 30 stellt eine bei einer Lasteinbringung weitestgehend nicht verformbare Verbindung zwischen den Karosserieteilen Seitenrahmen 14 und Dachholm 18 her. Dazu ist das Anbindungselement 30 vorliegend als (nicht näher dargestellte) Verschraubung mit zusätzlicher Verklebung der beiden Karosserieteile gestaltet.
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Bei einem Lasteintrag gemäß einem Pfeil 32 als Dachlast bzw. Biegebeanspruchung auf den Dachholm 18, wie es in 2 und 3 dargestellt ist, ergibt sich für den Dachholm 18 zwingend eine gewisse Durchbiegung. Dieser Durchbiegung setzt der aus faserverstärktem Kunststoff hergestellte Dachholm 18 ein steifes und dabei sprödes Materialverhalten mit einer sehr geringen Duktilität entgegen. Ein gezielt weggesteuertes Nachgeben des Dachholms 18 ist erst dadurch gewährleistet, dass sich an dem ersten Anbindungsbereich 22 und dem dortigen duktilen Verformungselement 24 eine gezielte Nachgiebigkeit unter Energieabbau aufgrund von dessen Verformung ergibt (siehe 3). Bei maximalem Kraft- bzw. Lasteintrag wird das duktile Verformungselement 24 also „ausgelöst”, indem es gezielt elastisch und/oder plastisch verformt wird. Mit der Verformung ergibt sich zugleich ein definierter Energieabbau für den Lasteintrag.
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Abschließend sei angemerkt, dass bei einem alternativen vorteilhaften Ausführungsbeispiel der erfindungsgemäßen Losung an Stelle des starren Anbindungselements 30 ebenfalls ein duktiles Verformungselement 24 vorgesehen tat.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Karosserie
- 12
- Fahrgastzelle
- 14
- Seitenrahmen
- 14a
- vorderer Schenkel des Seitenrahmens
- 14b
- hinterer Schenkel des Seitenrahmens
- 16
- Hauptfahrtrichtung
- 18
- Dachholm
- 20
- erster, hinterer Endbereich des Dachholms
- 22
- erster Anbindungsbereich
- 24
- duktiles Verformungselement
- 26
- zweiter, vorderer Endbereich des Dachholms
- 28
- zweiter Anbindungsbereich
- 30
- starres Anbindungselement
- 32
- Lasteintrag