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Die vorliegende Erfindung betrifft ein metallisches Bauteil, welches mit einer reaktiven thermischen (thermochemischen) Schutzschicht versehen ist, sowie ein Verfahren zur Herstellung eines entsprechenden Bauteils.
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Metallische Bauteile werden im Hochtemperaturbereich meist mit einer thermischen Schutzschicht versehen. Diese Schutzschichten bestehen häufig aus Oxidkeramiken und haben eine wärmedämmende Wirkung, wodurch eine Steigerung der Betriebstemperatur und eine Erhöhung der Effizienz ermöglicht werden. Hierzu wird auf das Bauteil, welches in der Anwendung einem heißen Gas ausgesetzt sein wird, eine als Isolierung dienende Beschichtung aufgebracht. Dadurch wird erreicht, dass lediglich die isolierende Schicht mit dem heißen Gas in Kontakt tritt, nicht jedoch das darunterliegende metallische Bauteil. Weiterhin wird das metallische Bauteil auf der Außenseite zusätzlich gekühlt.
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Kühlung und thermisch isolierende Schicht sorgen für einen Temperaturgradienten im Inneren des Werkstoffes, wobei an der thermischen Schutzschicht die höchste Temperatur herrscht. Diese Temperatur nimmt über die Dicke der Schutzschicht hinweg ab, so dass das eigentliche Bauteil einer geringeren Temperatur ausgesetzt ist.
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1 zeigt schematisch den Temperaturverlauf 4 im Inneren eines Werkstücks nach dem Stand der Technik. Konvektiver Wärmetransport an der Schutzschicht sowie der Bauteilaußenseite sind zur vereinfachten Darstellung hier nicht berücksichtigt. Der Werkstoff 1 selbst befindet sich nicht in Kontakt mit der heißen Umgebung, beispielsweise einem heißen Abgasstrom oder heißen Luftstrom. Um den Werkstoff 1 vor hohen Temperaturen zu schützen, wird eine Isolationsschicht 3 aufgebracht, welche gegebenenfalls über eine Haftvermittlerschicht 2 mit dem eigentlichen Werkstoff 1 verbunden ist. An der Isolationsschicht 3, die mit der heißen Umgebung in Kontakt steht, herrscht die höchste Temperatur. Diese Temperatur nimmt über die Schichtdicke bis hin zum Werkstoff 1 ab. Auf der Seite des Werkstoffes, welche der Isolationsschicht abgewandt ist, findet eine Kühlung, beispielsweise anhand von Luft, statt.
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Somit besteht ein Bauteil mit einer typischen thermischen Schutzschicht aus drei Hauptbestandteilen: dem eigentlichen Werkstück (Substrat, Werkstoff) 1, einer Haftvermittlerschicht 2 und der thermischen Dämmschicht 3.
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Bevor die thermische Schutzschicht 3 auf das Werkstück 1 aufgebracht wird, wird üblicherweise eine Haftvermittlerschicht 2 aufgetragen. Diese Schicht besteht meist aus einer Metall-Chrom-Aluminium-Yttrium-Legierung. Auf diese Haftschicht 2 wird dann die eigentliche Dämmschicht 3 aufgebracht. Neben einem sehr hohen Schmelzpunkt sollte das Material der Dämmschicht eine geringe Wärme- und Temperaturleitfähigkeit besitzen, um bei hohen Betriebstemperaturen eine gute Isolierung zu gewährleisten. Darüber hinaus ist eine hohe Beständigkeit gegen chemische Einflüsse notwendig. Diese Kriterien werden beispielsweise von keramischen Materialien erfüllt.
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Häufig wird als Dämmschicht
3 auch ein mit Yttriumoxid stabilisiertes Zirkoniumoxid eingesetzt. Zirkoniumoxid selbst weist einen sehr hohen Schmelzpunkt sowie eine geringe Wärmeleitfähigkeit auf. Durch die Zugabe von Yttriumoxid kann die thermische Ausdehnung kontrolliert werden, wodurch Spannungen durch unterschiedliche thermische Ausdehnungen reduziert werden können. Im Stand der Technik sind unterschiedliche spezifische Zusammensetzungen von Dämmschichten bekannt, welche von mit Yttriumoxid stabilisiertem Zirkoniumoxid abgeleitet sind. Diese werden zum Beispiel in
EP 1 319 730 A1 beschrieben.
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Eine große Herausforderung an thermische Schutzschichten stellen solche Bedingungen dar, bei denen das zu schützende Bauteil einer hohen zyklischen Belastung ausgesetzt ist. Dies ist beispielsweise bei Abgaskrümmern in Verbrennungsmotoren, Bauteilen von Triebwerken, Bauteilen im Ofenbau oder der Gebäudeheizungstechnik der Fall. Schädigungen werden hierbei durch zyklische Temperatureffekte verursacht, welche aufgrund unterschiedlicher Ausdehnungskoeffizienten der eingesetzten Materialien Spannungen hervorrufen können. Dies kann zur Delamination der thermischen Schutzschicht vom Bauteil führen.
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Aus dem Stand der Technik bekannte thermische Schutzschichten sind insbesondere für Anwendungen mit stationärem Wärmetransport, bei denen sich ein Temperaturgradient innerhalb der Schutzschicht ausbildet, optimiert. Zur Ausbildung des hier gewünschten Temperaturgradienten ist eine externe stetige Kühlung erforderlich, welche beispielsweise durch Wärmeabführung über erzwungene Konvektion mit Luft erfolgen kann. Eine externe stetige Kühlung erfordert jedoch häufig einen erhöhten konstruktiven Aufwand und kann zu unerwünschten Energieverlusten führen.
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Im Abgasstrang von Verbrennungsprozessen sind Bauteile durch die vorliegenden hohen Temperaturen einer starken Materialbeanspruchung ausgesetzt, welche zum Versagen dieser Bauteile führen kann. Als Beispiele sind hier Abgaskrümmer in Verbrennungsmotoren von Fahrzeugen oder auch Motorsägen zu nennen. Abgaskrümmer erfahren ständige Aufheiz- und Abkühlzyklen und können aufgrund der Temperaturausdehnung sowie der dadurch induzierten Spannungen beschädigt werden.
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Im Industrieofenbau sowie in der Gebäudeheizungstechnik werden metallische Komponenten ebenfalls hohen Beanspruchungen ausgesetzt. So führt ein getakteter Betrieb von Brennern sowie ständiges Aufheizen und Abkühlen von Ofen- und Heizungskomponenten zu thermischen Wechselbelastungen der entsprechenden Bauteile. Das Auftreten inhomogener Temperaturfelder an einem Bauteil kann thermisch induzierte Spannungen in den betreffenden metallischen Werkstoffen hervorrufen.
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein metallisches Bauteil mit einer thermischen Schutzschicht bereitzustellen. Diese thermische Schutzschicht soll sich dadurch auszeichnen, dass sie das metallische Bauteil gegenüber aus dem Stand der Technik bekannten thermischen Schutzschichten besser gegenüber zyklischen Belastungen und/oder Überhitzung (Übertemperatur) schützen soll.
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Die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe wird überraschenderweise gelöst durch ein metallisches Bauteil, welches zyklischen Temperaturschwankungen und/oder Übertemperatur ausgesetzt ist, mit einer thermischen Schutzschicht, das dadurch gekennzeichnet ist, dass die Schutzschicht ein reaktives thermisches Speichermaterial mit Gasaustausch umfasst.
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Aus dem Bereich der regenerativen Energien sind zur Speicherung von Energie unterschiedliche Wärmespeicher bekannt. Wärmespeicher können grundsätzlich in drei verschiedene Klassen eingeteilt werden: sensible Wärmespeicher, Latentwärmespeicher und thermochemische Wärmespeicher. Thermochemische Wärmespeicher (reaktives thermisches Speichermaterial) speichern Wärme durch endotherme Reaktionen und geben sie durch exotherme Reaktionen wieder ab.
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Bei den thermochemischen Wärmespeichern kann man je nach dem Aggregatzustand der involvierten Materialien unterschiedliche Gruppen definieren. Am häufigsten vertreten sind Feststoff-Gas-Reaktionen. Darüber hinaus sind auch Reaktionen zwischen Flüssigkeiten und Gasen oder zwischen zwei Gasen bekannt (Bauer, T. et al. (2012), Chapter 5: Thermal energy storage materials and systems, in G. Chen (Ed.), Annual Review of Heat Transfer Volume 15: Begell House, Inc.). Wichtige charakteristische Größen für die thermochemische Wärmespeicherung sind eine hohe Reaktionsenthalpie sowie eine geeignete Reaktionstemperatur beziehungsweise Gleichgewichtstemperatur für die Hin- und Rückreaktion.
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Ein metallisches Bauteil im Sinne der vorliegenden Erfindung umfasst jedes Bauteil, welches im Betrieb zyklischen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist. Dabei kann es sich beispielsweise um ein Bauteil aus Stahl oder einer Nickelbasislegierung handeln. Das metallische Bauteil ist dabei wenigstens teilweise mit der thermischen Schutzschicht versehen. Die Schutzschicht umfasst ein thermochemisches Speichermaterial, bevorzugt besteht sie aus dem thermochemischen Speichermaterial.
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Bei dem metallischen Bauteil gemäß der vorliegenden Erfindung handelt es sich bevorzugt um ein Bauteil, welches im Hochtemperaturbereich von 500°C bis 1300°C, insbesondere im Bereich von 700°C bis 1000°C eingesetzt wird. Dabei wird die Wärme dem Bauteil auf der heißen Seite beispielsweise durch Luft oder Abgase zugeführt. Durch das thermochemische Speichermaterial werden Temperaturschwankungen beziehungsweise Temperaturwechselbelastungen ausgeglichen und Temperaturspitzen bei kurzfristiger Übertemperatur gedämpft. Erfindungsgemäß weist das thermochemische Speichermaterial daher bevorzugt eine Gleichgewichtstemperatur im Bereich von 500°C bis 1300°C, insbesondere im Bereich von 700°C bis 1000°C auf. Das metallische Bauteil wird hierdurch besser gegen Materialermüdung geschützt, als dies mit herkömmlichen thermischen Barriereschichten möglich ist. Weiterhin wird die Inhomogenität der Temperaturverteilung im Bauteil verringert, so dass sich ein annähernd stationärer Zustand mit homogen verteilter Temperatur einstellen kann. Dieser Effekt ermöglicht eine längere Lebensdauer des eingesetzten metallischen Bauteils.
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Im Gegensatz zu im Stand der Technik beschriebenen thermischen Schutzschichten handelt es sich vorliegend um eine reaktive Schutzschicht. Üblicherweise wird, wie weiter oben bereits erläutert, an thermische Schutzschichten der Anspruch gestellt, dass diese keine chemischen Reaktionen eingehen sollen. Im Gegensatz hierzu ist es bei der vorliegenden Schutzschicht notwendig, dass eine chemische Reaktion stattfindet. Es handelt sich somit um eine reaktive thermische Schutzschicht.
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Das thermochemische Speichermaterial wird auf das metallische Bauteil aufgebracht. Wird das metallische Bauteil im Betrieb aufgeheizt, so wird das thermochemische Speichermaterial aktiviert. Die Wärmespeicherung beruht auf einer Gleichgewichtsreaktion, bei der die Gleichgewichtstemperatur des thermochemischen Speichermaterials abläuft. Die Gleichgewichtstemperatur hängt dabei von dem vorliegenden Partialdruck des reagierenden Gaspartners in der Umgebung des metallischen Bauteiles auf Seite der Schutzschicht ab. Überschreitet die Temperatur der Schutzschicht die Gleichgewichtstemperatur, so findet die endotherme Hinreaktion statt. Bei einer Übertemperatur wird dem Bauteil überschüssige Wärme entzogen. Es findet hierdurch eine Abkühlung des metallischen Bauteils statt.
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Sinkt die Temperatur des metallischen Bauteils unter die Gleichgewichtstemperatur des thermochemischen Speichermaterials, so kommt es zur Rückreaktion. Das metallische Bauteil wird aufgrund der ablaufenden exothermen Reaktion wieder erwärmt. Das thermochemische Speichermaterial wird folglich zur Abkühlung und Erwärmung des metallischen Bauteils verwendet. Hierdurch kann eine homogene Temperaturverteilung im metallischen Bauteil ermöglicht werden. Zudem werden Temperaturspitzen durch das thermochemische Speichermaterial aufgefangen.
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Der Gasaustausch des thermochemischen Speichermaterials erfolgt bevorzugt mit einem Gas aus der Umgebung. Es wird also kein zusätzliches Gas zur Reaktion benötigt. Bevorzugt handelt es sich bei dem Gas um Sauerstoff (O2) oder Kohlenstoffdioxid (CO2). Diese können jeweils als reines Gas oder in einem Gasgemisch mit weiteren Gasen vorliegen. Ein Gasgemisch im Sinne der vorliegenden Erfindung kann beispielsweise Umgebungsluft oder ein Verbrennungsabgas sein.
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Insbesondere im Hochtemperaturbereich sind metallische Bauteile einer großen Belastung ausgesetzt. Bei hohen Temperaturen finden daher nicht nur Bauteile aus nichtrostenden Stählen oder hitzebeständigen Stählen Anwendung, sondern auch solche aus einer Nickelbasislegierung. Erfindungsgemäß kann auf solche metallischen Bauteile die thermische Schutzschicht der vorliegenden Erfindung aufgebracht werden. Hierdurch wird es ermöglicht, dass die jeweiligen Materialien auch noch bei solchen Temperaturen eingesetzt werden können, bei welchen ohne die erfindungsgemäße thermische Schutzschicht mit einer Verformung des Bauteils bei einer Übertemperatur oder während einer Temperaturschwankung gerechnet werden müsste.
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In den genannten Temperaturbereichen von 500°C bis 1300°C, insbesondere von 700°C bis 1000°C, liegt die Gleichgewichtstemperatur insbesondere von Metalloxiden oder Metallcarbonaten. Bei der endothermen Hinreaktion kommt es bei Metalloxiden zur thermischen Desoxigenierung (Reduktion), während Carbonate zu Oxiden und Kohlenstoffdioxid (CO2) zerfallen. Entsprechend kommt es im Zuge der exothermen Rückreaktion bei den Oxiden zu einer Oxidation, während bei den Carbonatmaterialien das Oxid wieder mit Kohlenstoffdioxid (CO2) zum Carbonat reagiert. Das erfindungsgemäße thermochemische Speichermaterial weist daher bevorzugt ein oder mehrere Metalloxid(e) und/oder Metallcarbonat(e) auf.
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Damit die exotherme Rückreaktion jeweils stattfinden kann, muss das thermochemische Speichermaterial mit dem jeweiligen gasförmigen Reaktionspartner in Kontakt kommen können.
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Dabei ist erfindungsgemäß eine offene Betriebsführung möglich; die ablaufende chemische Reaktion des thermochemischen Speichermaterials findet unter direktem Gasaustausch mit der jeweiligen Umgebungsatmosphäre statt. Der Kühleffekt während der Übertemperaturphase beruht auf einer endothermen chemischen Reaktion mit Gasabgabe an die Umgebung. Die endotherme chemische Reaktion findet bei Temperaturen oberhalb der Gleichgewichtstemperatur des Materialsystems bei dem in der Umgebung vorliegenden Partialdruck des gasförmigen Reaktionspartners statt.
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Die Regeneration während Phasen niedrigerer Temperatur beruht auf einer exothermen chemischen Reaktion unter Wärmeabgabe und Gasaufnahme aus der Umgebung. Die exotherme chemische Reaktion findet bei Temperaturen unterhalb der Gleichgewichtstemperatur des Materialsystems bei gegebenem Partialdruck der Gasphase statt. Bei Metalloxiden erfolgt die Gasaufnahme aus der Umgebungsluft. Insbesondere ist die Konzentration an Sauerstoff (O2) in der Umgebungsluft ausreichend, um die zuvor reduzierten Metalloxide wieder zu oxidieren.
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Verwendet man ein Metallcarbonat als thermochemisches Speichermaterial, so ist es möglich, Kohlenstoffdioxid (CO2) aus einem Gasstrom (zum Beispiel Verbrennungsabgase) zu verwenden, um die exotherme Reaktion in der Schutzschicht ablaufen zu lassen.
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Erfindungsgemäß weist das thermochemische Speichermaterial eine gewisse Porosität auf. Die Porosität gibt das Verhältnis von Hohlraumvolumen zu Gesamtvolumen eines Stoffes an. Die angegebene Prozentzahl gibt somit ein Maß für die tatsächlich vorliegenden Hohlräume an.
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Die Porosität der reaktiven Schutzschicht muss einerseits ausreichend sein, um die Diffusion des Reaktionspartners Sauerstoff (O2) oder Kohlenstoffdioxid (CO2) zu gewährleisten. Sauerstoff (O2) oder Kohlenstoffdioxid (CO2) werden bei der Reduktion des Metalloxides beziehungsweise bei Umsetzung des Metallcarbonates (Aufnahme überschüssiger Wärmemenge) an die Umgebung abgegeben und bei Oxidation des Metalloxides beziehungsweise Umsetzung des jeweiligen Metalloxides zum Metallcarbonat (Regeneration der Schutzschicht unter Wärmeabgabe) aus der Umgebung aufgenommen. Andererseits darf die Schutzschicht aber keine zu hohe Porosität aufweisen, da mit höherer Porosität gleichzeitig eine Abnahme der volumetrischen Wärmekapazität beziehungsweise volumetrischen Speicherdichte einhergeht und das zu schützende Substrat folglich nur kürzer gekühlt werden kann.
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Bei einer zu geringen Porosität kann das bei der Hinreaktion entstehende Gas nicht ausreichend aus dem Speichermaterial herausdiffundieren, so dass nicht das ganze Speichermaterial reagieren kann und die Wirkung der thermischen Schutzschicht entsprechend verringert ist. Zudem kann das zur Regeneration des thermochemischen Speichermaterials notwendige Gas nicht ausreichend schnell in die reaktive thermische Schutzschicht hinein diffundieren. Die exotherme Rückreaktion kann dann möglicherweise nicht ausreichend schnell stattfinden, so dass leichte Temperaturschwankungen im metallischen Bauteil auftreten können. Eine Abfederung von Temperaturschwankungen ist dennoch möglich.
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Bei einer zu großen Porosität ist der Wärmetransport durch die reaktive thermische Schutzschicht gering. Die Wärme aus dem metallischen Bauteil kann nicht durch die gesamte Schicht weitergeleitet werden, so dass nicht die vollständige thermochemische Speicherkapazität ausgenutzt werden kann. Dies führt zu einer Verringerung der Effektivität der erfindungsgemäßen Schutzschicht. Darüber hinaus ist bei einer sehr porösen Schicht ein größeres Volumen an thermochemischem Speichermaterial notwendig. Hierdurch wird das Volumen des metallischen Bauteils beziehungsweise der reaktiven thermischen Schutzschicht erhöht, wodurch ein wirtschaftlicher Einsatz nicht mehr gewährleistet sein könnte.
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Erfindungsgemäß kann das thermochemische Speichermaterial ein Metalloxid aufweisen, insbesondere daraus bestehen. Es ist erfindungsgemäß jedoch auch möglich, dass das thermochemische Speichermaterial mehrere voneinander verschiedene Metalloxide aufweist, insbesondere aus diesen Metalloxiden besteht. Die Auswahl der Metalloxide erfolgt nach der Reaktionstemperatur, bei welcher die endotherme beziehungsweise exotherme Reaktion des Materials jeweils stattfindet. Darüber hinaus ist eine Kompatibilität des Speichermaterials mit dem eigentlichen Bauteil zu berücksichtigen.
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Bevorzugt weist das thermochemische Speichermaterial eines oder mehrere Metalloxide auf, welche aus folgender Gruppe ausgewählt sind, bestehend aus Manganoxid, Bariumoxid, Kupferoxid und Kobaltoxid in verschiedenen Oxidationsstufen. Sind mehrere Metalloxide in der reaktiven thermischen Schutzschicht vorhanden, so kann es sich hierbei um Mischoxide handeln. Es ist jedoch auch möglich, dass die jeweiligen Metalloxide gemischt, beispielsweise in Form einer Schüttung, vorliegen.
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Hierbei finden beispielsweise die folgenden Reaktionen statt: Tabelle 1: Übersicht verschiedener Metalloxidreaktionen
Reaktion | TGGW [°C] bei p(O2) = 0,21 bar | ΔhR [kJ/kgEdukt] |
2BaO2 + ΔhR ⇌ 2BaO + O2 | 695 | 447 |
2Co3O4 + ΔhR ⇌ 6CoO + O2 | 895 | 822 |
6Mn2O3 + ΔhR ⇌ 4Mn3O4 + O2 | 902 | 204 |
4CuO + ΔhR ⇌ 2Cu2O + O2 | 1025 | 818 |
6Fe2O3 + ΔhR ⇌ 4Fe3O4 + O2 | 1343 | 487 |
2Mn3O4 + ΔhR ⇌ 6MnO + O2 | 1539 | 862 |
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Die in den Reaktionen 1 bis 6 in Tabelle 1 angegebene Temperatur TGGW (Gleichgewichtstemperatur) gibt die Temperatur an, bei welcher die Reduktions- beziehungsweise Oxidationsreaktion stattfindet. Weiterhin ist die spezifische Reaktionsenthalpie (Speicherdichte) ΔhR angegeben, aus welcher hervorgeht, welche Energiemenge (in kJ) in einem kg an eingesetztem Edukt gespeichert werden kann. Die Werte wurden gemäß I. Barin (I. Barin, Thermochemical Data of Pure Substances, 3rd edition, Verlag: VCH, 1995) berechnet.
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Über die erfindungsgemäße reaktive thermische Schutzschicht kann die Dauer der Schutzwirkung angepasst werden. Die Reaktionsenthalpie des verwendeten thermochemischen Speichermaterials und die zur Verfügung stehende Masse an reaktivem Material für die Gas-Feststoff-Reaktion bestimmen die Dauer der Schutzwirkung. So kann beispielsweise die Dicke der reaktiven thermischen Schutzschicht an die jeweilige notwendige Anwendungsdauer angepasst werden.
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Gewicht und Dicke der Schutzschicht hängen im Wesentlichen von folgenden Faktoren ab:
- – der Wärmemenge im Fluid (beziehungsweise Massenstrom)
- – der Temperaturdifferenz zwischen Übertemperatur und Gleichgewichtstemperatur
- – der Dauer der Schutzwirkung
- – der zur Verfügung stehenden Fläche (zum Beispiel Rohrdurchmesser und Rohrlänge des metallischen Bauteils)
- – dem ausgewählten Metalloxid beziehungsweise Metallcarbonat und dessen Reaktionsenthalpie sowie der Porosität der Schicht
- – Wärmeübergänge (konvektiver Wärmeübergang zwischen Fluid und Substrat sowie Wärmeleitung durch das Substrat und die Schutzschicht)
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Weitere Faktoren mit geringerem Einfluss sind die Wärmekapazität des Fluids und die Dichte des Metalloxides.
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Es wird eine Dauer der Schutzwirkung im Bereich von Sekunden bis Stunden angestrebt. Bei zu dünnen Schichten und kurzen Schutzzeiten kann die Schutzwirkung der Schicht nicht zum Tragen kommen. Eine charakteristische Größe ist das Verhältnis von thermochemisch gespeicherter Wärme in der Schutzschicht zur sensiblen Erwärmung des Substrates welche einer Temperaturerhöhung im Fluid folgt. Für den Einsatz als reaktive Schutzschicht sollte die Wärme, welche thermochemisch über die Schutzschicht gespeichert wird, gegenüber der sensibel durch Erwärmung des Substrates gespeicherten Wärme überwiegen. Bei sehr dicken Schichten und langen Schutzzeiten können mehrere Limitierungen auftreten. Zum einen kann die Sauerstoffdiffusion in der Schutzschicht hin zur Umgebung begrenzend sein. Zum anderen kann der Wärmetransport im Schutzschichtvolumen limitierend sein. Weiterhin kann die Masse oder das Volumen eine Begrenzung bei dickeren Schichten darstellen (zum Beispiel hohe mitgeführte Masse im Fahrzeugbereich). Bei zu dick gewählten Schichten kann der Kostenaufwand den Nutzen der Schutzschicht übersteigen. Bevorzugt liegt die Dicke der Schutzschicht im Bereich von 0,1 mm bis 10 cm.
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Übertemperatur ist – im Gegensatz zur Temperatur im Normalbetrieb – die Spitzentemperatur, die am metallischen Bauteil auftritt und von dem thermochemischen Speichermaterial bis zu dessen Gleichgewichtstemperatur abgefangen werden kann. Erfindungsgemäß wirkt die Übertemperatur während der Dauer einer Übertemperaturphase auf das metallische Bauteil ein. In 2 ist dies schematisch dargestellt. Dabei zeigt die linke Seite den Temperaturverlauf in einem metallischen Werkstoff ohne eine Schutzschicht, wohingegen rechts der Temperaturverlauf in einem metallischen Werkstoff mit erfindungsgemäßer thermischer Schutzschicht gezeigt ist. Während beim metallischen Werkstoff ohne Schutzschicht die Fluidtemperatur (Übertemperatur, Temperaturspitze) direkt auf das Bauteil als Ganzes einwirkt, kann beim metallischen Werkstoff mit Schutzschicht (erfindungsgemäß) die Schutzschicht einen Teil der Übertemperatur beziehungsweise Temperaturspitze auffangen und so die Temperatur im metallischen Werkstoff senken.
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Die Begriffe metallisches Bauteil, metallischer Werkstoff und metallisches Substrat sind Synonyme im Sinne der vorliegenden Erfindung.
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Neben den bereits genannten Verwendungen im Abgasstrang von Verbrennungsprozessen, im Industrieofenbau oder in Turbinenbauteilen ist auch eine Verwendung als Baumaterial denkbar. Durch eine entsprechend dicke thermische Schutzschicht kann beispielsweise bei Bränden eine längere Stabilität von in Beton eingebautem Stahl oder freiliegenden Stahlträgern gewährleistet werden.
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Das metallische Bauteil befindet sich in der Nähe einer Wärmequelle, wodurch es zyklischen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist. Die reaktive thermische Schutzschicht steht in Kontakt mit einem entsprechenden Reaktionsgas. Dabei findet die ablaufende chemische Reaktion des thermochemischen Speichermaterials unter direktem Gasaustausch mit der Umgebung statt. Dies ermöglicht eine offene Betriebsführung. Besondere Druckbereiche sind nicht notwendig. Hierdurch findet die chemische Reaktion des thermochemischen Speichermaterials unter Umgebungsdruck bei einer festgelegten Temperatur statt. Diese kann durch die Auswahl des thermochemischen Speichermaterials bestimmt werden.
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Vorzugsweise befindet sich die reaktive thermische Schutzschicht direkt auf dem metallischen Bauteil. Es ist jedoch auch möglich, dass zwischen dem metallischen Bauteil und der reaktiven thermischen Schutzschicht eine oder mehrere weitere Schichten eingesetzt werden. Diese Schichten können die Haftung zwischen der reaktiven thermischen Schutzschicht und dem metallischen Bauteil verbessern (Haftvermittlerschicht). Durch diese weiteren Schichten kann auch ein besserer Wärmeaustausch zwischen dem Bauteil und der Schutzschicht stattfinden (geringere Kontaktwiderstände, Schicht zur Verbesserung des Kontaktwiderstands). Darüber hinaus kann die weitere Schicht so gewählt sein, dass sie das metallische Bauteil vor dem gasförmigen Reaktionspartner (zum Beispiel Sauerstoff (O2) oder Kohlenstoffdioxid (CO2)) der reaktiven thermischen Schutzschicht schützt. Des Weiteren ist bei der vorliegenden Schutzschicht auch möglich, dass die Ausdehnungskoeffizienten des Bauteils und der Schutzschicht unterschiedlich sind. Diese unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten können durch eine zwischen diesen beiden Schichten befindliche Schicht ausgeglichen werden. Dabei fallen die unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten der Schichten in der vorliegenden Erfindung nicht so sehr ins Gewicht, verglichen mit thermischen Schutzschichten, welche aus dem Stand der Technik bekannt sind. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Temperaturschwankungen durch das erfindungsgemäße thermochemische Speichermaterial verhindert oder zumindest verringert werden.
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Erfindungsgemäß befindet sich das metallische Bauteil in der Nähe einer Wärmequelle. Die Wärme wird dem Bauteil dabei beispielsweise über ein Fluid (Luft, Abgase) als Wärmeträger zugeführt. Dabei ist es erfindungsgemäß möglich, dass sich die reaktive thermische Schutzschicht auf der Seite des metallischen Bauteils befindet, welche von der Wärmequelle abgewandt ist. Die Wärmequelle steht hier in direktem Kontakt mit dem metallischen Bauteil. Zur Umgebung hin ist die reaktive thermische Schutzschicht aufgebracht. Ein solcher Schichtaufbau ist insbesondere bevorzugt, wenn ein oder mehrere Metalloxide als thermochemisches Speichermaterial verwendet werden. Hier kann das Speichermaterial mit dem Sauerstoff aus der Umgebungsluft reagieren, beziehungsweise freiwerdender Sauerstoff kann an die Umgebungsluft abgegeben werden. 3 zeigt schematisch einen solchen Aufbau.
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In einer weiteren Ausführungsform ist es erfindungsgemäß möglich, dass die reaktive thermische Schutzschicht auf die der Wärmequelle zugewandten Seite des Bauteils aufgebracht wird. Ein solcher Aufbau ist insbesondere bevorzugt, wenn ein oder mehrere Metallcarbonate als thermochemisches Speichermaterial eingesetzt werden. Die Reaktion des thermochemischen Speichermaterials kann hier mit Kohlenstoffdioxid (CO2) aus Verbrennungsabgasen, welche die Wärmequelle darstellen, erfolgen. In 4 ist dies schematisch dargestellt.
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Dabei kann das thermochemische Speichermaterial grundsätzlich als Schicht auf das zu schützende metallische Bauteil aufgebracht sein. Es ist jedoch auch möglich, das thermochemische Speichermaterial auf einen Träger, beispielsweise einen Wabenkörper, aufzubringen und diesen dann am metallischen Bauteil zu befestigen. Weiterhin ist auch eine Partikelschüttung denkbar, beispielsweise in einem Rohr-in-Rohr-System, bei welchem sich das thermochemische Speichermaterial zwischen dem inneren und dem äußeren Rohr befindet (Ringspaltanordnung).
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In einer weiteren Ausführungsform wird daher die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Aufgabe gelöst durch ein Verfahren zur Herstellung eines metallischen Bauteils, das dadurch gekennzeichnet ist, dass man die reaktive thermische Schutzschicht mittels chemical vapor deposition (CVD), Elektronenstrahl physical vapor deposition (Elektronenstrahl PVD), physical vapor deposition (PVD), Plasmaspritzen, in Form einer Schüttung oder auf einem Träger auf das Bauteil aufbringt. Darüber hinaus sind allgemein bekannte Verfahren zur Schichtherstellung, wie beispielswiese Sintermethoden, geeignet, eine erfindungsgemäße reaktive thermische Schutzschicht auf ein metallisches Bauteil aufzubringen.
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Bei dem metallischen Bauteil handelt es sich beispielsweise um einen Abgaskrümmer oder ein Bauteil eines Ofens. Grundsätzlich eignet sich das metallische Bauteil zur Anwendung in einem Temperaturbereich von bis zu 1300°C mit Anwendung in den Sektoren Energie und Verkehr.
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Um einer Überhitzung und der damit einhergehenden Materialbeanspruchung im Abgasstrang entgegenzuwirken, kann beispielsweise auf der Außenseite eines Abgaskrümmers eines PKWs ein Metalloxid aufgebracht werden. Auf der Innenseite des Abgaskrümmers wird das Metall von heißem Abgas aufgeheizt. Kommt es aufgrund einer zu hohen Abgastemperatur zu einer zeitlich begrenzten Überhitzung, so wird das auf der Außenseite aufgebrachte Metalloxid mittels der überschüssigen Wärmemenge reduziert. Durch die Kühlung der Metallkomponenten wird eine Überhitzung des Abgaskrümmers folglich abgewendet. In 3 ist die Vorrichtung schematisch dargestellt.
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Als Metalloxid kann hier beispielsweise Manganoxid eingesetzt werden, welches an Luft bei etwa 900°C reversibel mit Sauerstoff reagiert. Steigt die Abgastemperatur auf der Innenseite des Krümmers kurzzeitig über 900°C, so wird das auf der Außenseite aufgebrachte Mn2O3 zu Mn3O4 reduziert und die Krümmertemperatur fällt wieder auf etwa 900°C ab. Sinkt die Abgastemperatur unter 900°C, so wird Mn3O4 auf der Außenseite wieder zu Mn2O3 oxidiert und die Wärme an den Abgaskrümmer und/oder die Umgebung abgegeben. Da das Metalloxid zur Rückreaktion Sauerstoff benötigt, wird das Metalloxid luftseitig und nicht abgasseitig auf das Metall aufgebracht.
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4 zeigt die inverse Anordnung von Schutzschicht und Grundwerkstoff im Vergleich zu 3. In 4 befindet sich die Schutzschicht auf der heißeren Seite des metallischen Bauteils. Die reversible Metallcarbonat-Metalloxid-Umwandlung mit dem Reaktionsgas CO2 kann in einer solchen Anordnung genutzt werden. In dieser Anordnung stammt der gasförmige Reaktionspartner aus Verbrennungsabgasen.
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5 zeigt eine reaktive Schüttung beziehungsweise eine wabenförmige Struktur (zum Beispiel Trägerstruktur mit reaktiver Beschichtung), welche in den Abgasstrang integriert wurde. Als Gas-Feststoff-Reaktion können folgende Materialsysteme genutzt werden:
Carbonat + Wärme <--> Oxid + CO2 (aus 4)
Metalloxid (oxidiert) + Wärme <--> Metalloxid (reduziert) + O2 (aus 3)
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Bauer, T. et al. (2012), Chapter 5: Thermal energy storage materials and systems, in G. Chen (Ed.), Annual Review of Heat Transfer Volume 15: Begell House, Inc. [0015]
- I. Barin, Thermochemical Data of Pure Substances, 3rd edition, Verlag: VCH, 1995 [0035]