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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Kühlsystem für ein Bauteil, insbesondere für eine Komponente eines Verbrennungsmotors. Ein derartiges Kühlsystem ist bevorzugt an einem Motorenprüfstand einsetzbar.
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Abgasführende Bauteile eines Verbrennungsmotors sind auf einem Motorenprüfstand deutlich unterschiedlichen Randbedingungen ausgesetzt wie dieselben Bauteile eines in einem Fahrzeug verbauten Verbrennungsmotors. Der Bauteilfestigkeit der Komponenten wie Abgaskrümmer (AGK), Abgasturbolader (ATL) sowie des motornahen Katalysators (MNK), im Verbund als „Hot-End” bezeichnet, kommt nicht zuletzt aufgrund der thermischen Absicherung des Gesamtfahrzeugs und der Qualitätsanforderungen besondere Bedeutung zu. Zu den Hauptbelastungen gehören die durch den dynamischen Wechsel der inneren und äußeren Strömungsrandbedingungen bedingten Temperaturwechsel sowie die absolute Bauteiltemperatur und die dadurch resultierenden Spannungen im Bauteil. Darüber hinaus werden Lagerungssysteme und das katalytische Trägermaterial insbesondere durch die innere Abgasströmung belastet. Die äußere Kühlung von Abgassystemen an Prüfständen hängt wesentlich von der geometrischen und funktionellen Auslegung des Prüfstandes und seiner Gebläsezulufteinrichtung ab. Im Allgemeinen werden zur Einstellung fahrzeugnaher Bauteiltemperaturen außerdem ein oder mehrere Zusatzgebläse positioniert. Solche Gebläse sind jedoch sehr ungenau.
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Dahingegen weisen abgasführende Bauteile im Betrieb des Verbrennungsmotors oftmals große Temperaturunterschiede auf. Die bisherige Kühlung durch große Gebläse schafft es zwar, die Bauteile vor Überhitzung zu schützen, jedoch ist das Einstellen fahrzeugnaher thermischer Randbedingungen nicht möglich. Dies ist jedoch ein großer Nachteil in der Simulationsgüte des Motorverhaltens. Eine genaue Vorhersage des Verhaltens eines Motors durch die Motorenprüfstände ist somit nur eingeschränkt möglich.
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Ein weiteres Kühlsystem gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ist aus der
US 2008/0053208 A1 bekannt.
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Es ist Aufgabe der Erfindung ein Kühlsystem für Bauteile bereitzustellen, das bei einfacher und kostengünstiger Herstellung und bei wartungsarmem Betrieb eine sichere und zuverlässige Abbildung thermischer Randbedingungen des Bauteils ermöglicht.
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Gelöst wird die Aufgabe durch die Merkmale des Anspruchs 1. Dieser offenbart ein Kühlsystem für ein Bauteil, wobei das Kühlsystem insbesondere für zumindest eine Komponente eines Motors verwendbar ist. Das erfindungsgemäße Kühlsystem umfasst eine Vielzahl von Sensoren zum Messen einer Temperatur an einer Vielzahl von Bereichen des Bauteils. Daher erfolgt eine genaue Erfassung der thermischen Randbedingungen des Bauteils, wodurch auch lokal unterschiedliche Oberflächentemperaturen des Bauteils registrierbar sind. Weiterhin umfasst das Kühlsystem eine Kühleranordnung mit einer Vielzahl von aktiven Kühlelementen. Die Kühlelemente sind bevorzugt unabhängig voneinander ansteuerbar und vorteilhafterweise unmittelbar an dem Bauteil oder von dem Bauteil beabstandet angeordnet. Außerdem ist eine Regelvorrichtung zum Ansteuern der Kühleranordnung vorhanden, wobei die Regelvorrichtung mit den Sensoren verbunden ist, insbesondere um elektrische Signale wechselseitig oder einseitig auszutauschen. Die Regelvorrichtung ist eingerichtet, ein individuelles Ansteuerungssignal an jedes Kühlelement auszugeben. Auf diese Weise minimiert die Regelvorrichtung eine Abweichung der Temperatur von einer Zieltemperatur an jedem Bereich des Bauteils. Damit ermöglicht das erfindungsgemäße Kühlsystem, für jeden möglichen Bereich des Bauteils, zumindest aber für die Bereiche des Bauteils, an denen die Sensoren angebracht sind, eine vorgegebene thermische Bedingung einzustellen. Daher wird die Realitätsnähe insbesondere eines Motorenprüfstands deutlich erhöht, da die Fahrzeugbedingungen bevorzugt im stationären und dynamischen Prüfstandsbetrieb abbildbar sind.
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Die Unteransprüche haben bevorzugte Weiterbildungen der Erfindung zum Inhalt.
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Vorteilhafterweise umfassen die Kühlelemente Gebläse und/oder Düsen und/oder düsenartige Ausströmer. Diese sind einfach aufzubauen und können ahne Aufwand angesteuert werden. Die Verwendung von einer Vielzahl von Gebläsen und/oder Düsen und/oder düsenartige Ausströmer, ermöglicht es, den Luftstrom zu diskretisieren und individuell auszugestalten. Somit können vorteilhafterweise sehr detailliert Strömungen eines Fahrzeugs im Betrieb nachempfunden werden.
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Die aktiven Kühlelemente sind bevorzugt in zumindest zwei Gruppen unterteilt, in eine erste Gruppe sowie in eine zweite Gruppe. Dabei ist bevorzugt vorgesehen, dass die erste Gruppe der Kühlelemente einen Fluidstrom, bevorzugt einen Luftstrom, auf die zu kühlende Komponente richtet, während die zweite Gruppe einen Fluidstrom, insbesondere einen Luftstrom, von der zu kühlenden Komponente weg richtet. Somit können die Kühlelemente sehr universell eingesetzt werden, indem die Kühleranordnung insbesondere eine Saugwirkung als auch eine Blaswirkung erzeugt. Besonders bevorzugt ist es auf diese Weise möglich, dass eine Unterbodenströmung des Fahrzeugs im Betrieb nachempfunden werden kann, wodurch die in der Realität entstehenden Druckgradienten sehr detailliert nachempfindbar sind.
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Bevorzugt sind die Kühlelemente matrixartig angeordnet. Somit ist der Aufbau der Kühleranordnung sehr kompakt und platzsparend. Ebenfalls ist ein derartiger Aufbau sehr modular und dadurch problemlos erweiterungsfähig.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist die Zieltemperatur für jeden Bereich individuell oder für alle Bereiche gleichsam vordefiniert. Es ist ersichtlich, dass das Kühlsystem gemäß dieser Ausführungsform sehr flexibel einsetzbar ist und eine große Vielzahl an möglichen Bedingungen erzeugen kann.
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Das Ansteuersignal, mit dem zumindest ein Kühlelement ansteuerbar ist, ist vorteilhafterweise ein pulsweitenmoduliertes Signal. Ein derartiges Ansteuersignal ist sehr einfach zu erzeugen und zu variieren. Daher erlaubt das pulsweitenmodulierte Signal einen einfachen und kostengünstigen Aufbau von Kühlelementen und der Regelvorrichtung.
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Bevorzugt ist vorgesehen, dass die Regelvorrichtung eine Regeleinheit und eine Modelleinheit umfasst. Die Modelleinheit simuliert dabei die Kühlung des Bauteils, während die Regeleinheit eingerichtet ist, das Ansteuersignal zu bestimmen. Die Bestimmung des Ansteuersignals erfolgt bevorzugt anhand einer Abweichung der durch die Modelleinheit bestimmten Modelltemperatur von der Zieltemperatur. Auf diese Weise ist ein Regelkreis für die Ansteuerung der Kühlelemente geschlossen, so dass eine leistungsfähige Kühlung vorhanden ist, die eine Temperatur des Bauteils zu einem vorgegebenen Zeitraum auf einem vorgegebenen Wert hält.
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Besonders bevorzugt umfasst die Modelleinheit ein Streckenmodell. Das Streckenmodell bildet das Verhalten des Bauteils bei aktivierter und bei deaktivierter Kühleranordnung ab, um die Modelltemperatur zu bestimmen. Auf diese Weise entsteht eine modellhafte Repräsentation, die insbesondere mittels mathematischer Differenzengleichungen realisiert ist. Dieses Modell ist insbesondere hilfreich, um die Modelltemperatur sehr genau zu bestimmen.
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Besonders vorteilhaft umfasst die Modelleinheit zusätzlich ein Störgrößenmodell, das eine Abweichung des Streckenmodells von der Realität abbildet. Somit wird die Genauigkeit der Modelleinheit vorteilhafterweise weiter erhöht. Die Regelvorrichtung ist damit optimal an das System aus zu kühlendem Bauteil und Kühleranordnung angepasst.
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Weiterhin ist bevorzugt vorgesehen, dass die Modelleinheit einen Performancefilter umfasst. Der Performancefilter ist insbesondere eingerichtet, anhand der Abweichung der Modelltemperatur von der Zieltemperatur ein zusätzliches Ausgangssignal zu bestimmen. Durch eine passende Auswahl des Performancefilters ist die Regeleinheit sehr einfach festzulegen, während Parameter des Performancefilters die Anforderungen, die an die Regelvorrichtung gestellt werden, umsetzt.
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Vorteilhafterweise ist die Regeleinheit ein lineares Zustandsraummodell. Dies ist sehr einfach aufzustellen und ressourcensparend speicherbar.
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Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung und den Figuren. Es zeigen:
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1 eine schematische Übersicht über ein Bauteil, das mit dem Kühlsystem gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung gekühlt wird, und
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2 eine schematische Darstellung der Regelvorrichtung des Kühlsystems gemäß dem Ausführungsbeispiel der Erfindung.
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Die 1 zeigt eine schematische Übersicht über ein Kühlsystem 1 gemäß einem Ausführungsbeispiel der Erfindung, das ein Bauteil 2 kühlt. Die Kühlung erfolgt durch eine Kühleranordnung 4, die eine Matrix aus einer Vielzahl von Kühlelementen 5 umfasst. Die Kühlelemente 5 sind insbesondere Gebläse. Die Kühlelemente 5 sind unabhängig voneinander von einer Regelvorrichtung 6 ansteuerbar, wobei die Regelvorrichtung 6 die Kühlelemente 5 in Abhängigkeit der Bauteiltemperatur ansteuert.
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Die Bauteiltemperatur wird durch einen ersten Sensor 31, einen zweiten Sensor 32 und einen dritten Sensor 33 bestimmt. Jeder Sensor 31, 32, 33 misst eine Temperatur an einem Teilbereich des Bauteils 2, so dass die thermischen Bedingungen, die an dem Bauteil 2 vorherrschen, detailliert abgebildet werden.
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Mit dem Kühlsystem 1 ist es daher möglich, dass die Kühleranordnung 4 derart angesteuert wird, dass einzelne Temperaturen, die von dem ersten Sensor 31, dem zweiten Sensor 32 und dem dritten Sensor 33 gemessen werden, vorgegebenen Temperaturwerten folgen. Der so entstehende Regelkreis ist schematisch in 2 dargestellt.
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2 zeigt den schematischen Aufbau der Regelvorrichtung 6. Die Regelvorrichtung 6 umfasst eine Regeleinheit 7 und eine Modelleinheit 8. Die Modelleinheit 8 ist notwendig, um die Regeleinheit 7 auszulegen. Daher muss die Modelleinheit 8 das System aus Kühleranordnung 4 und Bauteil 2 möglichst genau abbilden.
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Als Ausgang der Regelvorrichtung 6 ist ein Ansteuersignal 100 für jedes Kühlelement 5 der Kühlvorrichtung 4 vorhanden. Somit kann jedes Kühlelement 5 individuell angesteuert werden, was eine unterschiedliche Kühlung unterschiedlicher Bereiche des Bauteils 2 ermöglicht.
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Das Bauteil 2 ist bevorzugt ein „Hot-End” eines Fahrzeugs, also ein Verbund aus Abgaskrümmer, Abgasturbolader und motornaher Katalysator. Angesichts der komplexen thermischen Wechselwirkungen zwischen Luft und Bauteil im Bereich des „Hot-End” ist eine physikalische Modellbildung nicht ökonomisch. Daher ist erfindungsgemäß ein Streckenmodell 81 vorhanden, das aus Sprungantworten des Systems aus Kühleranordnung 4 und Bauteil 2 identifiziert ist. Ein derartiges Streckenmodell 81 ist numerisch robust und erfordert kaum Rechenzeit und wenig Erfahrung im Bereich der Modellbildung und Analyse. Es wird somit das niederfrequente Verhalten der Regelstrecke (Kühleranordnung 4 und Bauteil 2) an einem charakteristischen Arbeitspunkt in einer Menge von Differenzengleichungen erfasst.
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Um dem nicht-linearen Verhalten der Regelstrecke Rechnung zu tragen, ist ein Störgrößenmodell 82 vorhanden, dass einen Einfluss einer unbekannten Störgröße 600 simuliert. Die Störgröße 600 wird als Abweichung des Wärmeeintrags des Motors von seinem nominellen Verhalten interpretiert.
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Insgesamt sind daher vier dynamische Systeme vorhanden: Die Regeleinheit 7, das nominelle Streckenmodell 81, ein Performancefilter 83 und das Störgrößenmodell 82. Das Streckenmodell 81 wurde wie zuvor beschrieben anhand der Sprungantworten identifiziert. Die reale Strecke (Kühleranordnung 4 und Bauteil 2) verhält sich aufgrund von einem abweichenden Wärmeeintrag durch den Verbrennungsmotor nicht genau so, wie sie modelliert wird. Daher deckt das Störgrößenmodell 82 diese Abweichungen ab.
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Das Störgrößenmodell 82 besteht insbesondere aus einem Tiefpassfilter. Die Verstärkung des Tiefpassfilters wird so gewählt, dass die maximale Temperaturabweichung der Modelleinheit 8 abgedeckt ist. Die Anforderungen an den geschlossenen Regelkreis, d. h. an die Regelvorrichtung 6, werden durch den Performancefilter 83 festgehalten. Es ist hierfür realistisch festzulegen, dass eine Abweichung 400 zwischen einer Modelltemperatur 300, die durch das Streckenmodell 81 und das Störgrößenmodel) 82 bestimmbar ist, und einer vordefinierten Zieltemperatur 200 über einen gewissen Frequenzbereich verhindert werden kann. Der Performancefilter 83 ist deshalb ein Tiefpassfilter zweiter Ordnung mit hinreichend großer Verstärkung.
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Hält die Abweichung 400 lange an, so wird ein Ausgang des Performancefilters 83 groß. Der Ausgang des Performancefilters 83 ist ein zusätzliches Ausganssignal 500, das neben einem Ansieuersignal 100 der Regeleinheit 7 zum Ansteuern der Kühleranordnung 4 verwendbar ist.
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Das Regelziel der Regelvorrichtung 6 ist es, die Übertragungsfunktion von der Störgröße 600 und der Zieltemperatur 200 auf das Ansteuersignal 100 sowie das zusätzliche Ausgangssignal 500 zu minimieren. Dieses Problem wird insbesondere mit Hilfe der Spieltheorie (auch H-unendlich-Regelung genannt) gelöst.
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Die Algorithmen hierfür sind aus dem Stand der Technik bekannt. Die Rechenzeit ist vernachlässigbar. Bei entsprechender, aus dem Stand der Technik grundsätzlich bekannten, Wahl des Aufbaus des Performancefilters 83 ist das Ergebnis eine Regeleinheit 7, die als lineares Zustandsraummodell im Speicher eines Mikroprozessors ablegbar ist.
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Es verbleibt die Wahl der Koeffizienten des Performancefilters 83, die sehr transparent ist Für jede Messstelle, an der entweder der erste Sensor 31, der zweite Sensor 32 oder der dritte Sensor 33 angebracht ist muss zumindest ein entsprechender Koeffizient gewählt werden. Eine große stationäre Verstärkung des Performancefilters 83, d. h. eine Wahl von großen Koeffizienten sorgt dafür, dass die Regelvorrichtung 6 sensitiv wird für die Abweichung 400 an der entsprechenden Messstelle und somit sehr schnell und mit großen Ausschlägen des Ausgangssignals reagiert. Insbesondere sind alle Verstärkungen gleich groß gewählt, um alle Regelfehler möglichst klein zu halten.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Kühlsystem
- 2
- Bauteil
- 31
- erster Sensor
- 32
- zweiter Sensor
- 33
- dritter Sensor
- 4
- Kühlervorrichtung
- 5
- Kühlelement
- 6
- Regelvorrichtung
- 7
- Regeleinheit
- 8
- Modelleinheit
- 81
- Streckenmodell
- 82
- Störgrößenmodell
- 83
- Performancefilter
- 100
- Ansteuerungssignal
- 200
- Zieltemperatur
- 300
- Modelltemperatur
- 400
- Abweichung Modelltemperatur und der Zieltemperatur
- 500
- zusätzliches Ausgangssignal
- 600
- Störgröße