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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern eines Gurtaufrollers in einem Kraftfahrzeug mit einem Elektromotor zur reversiblen Straffung eines Sicherheitsgurtes, wobei vor der Feststellung eines Aufpralls digitale Botschaften zyklisch mit einer definierten ersten Zykluszeit von einer elektronischen Steuereinheit über einen Datenbus an den Gurtaufroller gesendet werden. Die Erfindung betrifft des Weiteren ein Rückhaltesystem für ein Kraftfahrzeug.
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Reversible Gurtstraffer werden im Allgemeinen in Sicherheitsgurtsystemen von Kraftfahrzeugen verwendet und dienen dazu, in einer Vorunfallphase vorhandene Gurtlose aus dem Sicherheitsgurt herauszuziehen, wodurch die Aufmerksamkeit des Insassen erhöht wird und der Insasse bei einer möglicherweise nachfolgenden Unfallsituation frühzeitiger an die Fahrzeugverzögerung angekoppelt wird.
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Ein herkömmlicher Gurtaufroller umfasst eine Gurtwelle, auf der der Sicherheitsgurt aufwickelbar ist, und einen Elektromotor, der die Gurtwelle bei einer Aktivierung zum Herausziehen der Gurtlose in Aufwickelrichtung antreibt. Der Elektromotor bildet dabei einen wichtigen Kostenfaktor des reversiblen Gurtstraffers, so dass das Bestreben besteht, diesen außer für die eigentliche reversible Gurtstraffung noch für weitere Funktionen zu nutzen.
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Aus der
EP 0 893 313 A2 ist beispielsweise ein Gurtaufroller mit einem Elektromotor bekannt, der über ein Getriebe mit der Gurtwelle verbunden ist. Das Getriebe kann drei Schaltstellungen einnehmen, nämlich eine Getriebeschaltposition zur Einstellung des Gurtbandtragekomforts, eine Getriebeschaltposition zur reversiblen Straffung des Gurtbandes und eine Getriebeschaltposition zur Einstellung der Gurtkraftbegrenzung.
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Bei besonders zeitkritischen Funktionen wie beispielsweise der Einstellung des Kraftniveaus für die Gurtkraftbegrenzung kann es bei Nutzung der auf Fahrzeug-Datenbussen herkömmlich verwendeten Zykluszeiten zu unerwünschten Zeitverzögerungen kommen. Erschwerend kommt hinzu, dass bei Feststellung eines Aufpralls ohnehin eine stark erhöhte Datenkommunikation vorliegt. Dies kann dazu führen, dass die im Gurtaufroller elektromotorisch ausgeführte Funktion nur mit einer Zeitverzögerung oder im schlimmsten Fall nicht rechtzeitig durchgeführt werden kann.
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Au der
DE 10 2010 053 063 A1 ist ein Verfahren zum Steuern eines Gurtaufrollers in einem Kraftfahrzeug bekannt, wobei ein als Elektromotor ausgeführter reversibler Gurtstraffer in einem Zeitintervall von 100 ms bis 500 ms vor einem prognostizierten Kollisionszeitpunkt aktiviert wird und den Sicherheitsgurt mit einer erhöhten Gurtspannkraft strafft.
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DE 10 2007 003 210 A1 offenbart eine Vorrichtung zur Ansteuerung eines elektromotorischen Gurtstraffers mit einem Airbagsteuergerät und einem EMA-Steuergerät zur Ansteuerung des elektromotorischen Gurtstraffers. Die Steuergeräte sind zur bidirektionalen Kommunikation mit einer Datenübertragungsrate von 2 kHz bzw. einer Zykluszeit 500 Mikrosekunden über eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung miteinander verbunden. Beschleunigungssignale werden vom EMA-Steuergerät zum Airbagsteuergerät übertragen. In dem Zyklus, in dem das Beschleunigungssignal übertragen wird, kann ein weiteres Datenpaket zwischen den Steuergeräten ausgetauscht werden.
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EP 1 619 084 A1 offenbart ein Insassen-Rückhaltessystem mit einer Steuereinheit zur Ansteuerung eines Gurtaufrollers. Zwischen zwei Ausgängen der Steuereinheit ist ein Elektromotor angeschlossen, der die Gurtspule eines Gurtaufrollers antreibt. Die Steuereinheit ist an einen fahrzeugeigenen CAN-Bus angeschlossen, um Informationen von einer Vielzahl ebenfalls an den CAN-Bus angeschlossener Sensoren zu erhalten.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Steuern eines Gurtaufrollers und ein entsprechendes Rückhaltesystem bereitzustellen, bei der im Unfall eine möglichst verzögerungsfreie zeitliche Steuerung sämtlicher elektromotorisch ausgeführter Funktionen sichergestellt ist, ohne dass dadurch der gefahrfreie Betrieb beeinträchtigt wird.
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Zur Lösung der Aufgabe werden ein Verfahren zum Steuern eines Gurtaufrollers und ein entsprechendes Rückhaltesystem mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Erfindungsgemäß werden nach der Feststellung eines Aufpralls digitale Botschaften mit einer im Vergleich zur ersten Zykluszeit verringerten zweiten Zykluszeit von der Steuereinheit über den Datenbus an die Straffvorrichtung gesendet. Durch die Verringerung der Zykluszeit im Fall eines Aufpralls wird eine verzögerungsreduzierte schnellere Steuerung der elektromotorisch getriebenen Funktionen des Gurtaufrollers ermöglicht. Es wird aber nicht generell eine reduzierte Zykluszeit für die Ansteuerung des Gurtaufrollers verwendet, weil dies im gefahrfreien Betrieb und/oder im reversiblen Straffbetrieb zu einer unnötigen Erhöhung der Buslast und auch einer erhöhten Belastung der Steuereinheit führen würde. Erfindungsgemäß wird im gefahrfreien Betrieb und/oder im reversiblen Straffbetrieb eine längere Zykluszeit verwendet. Ein wesentliches Merkmal der Erfindung liegt daher in einer Umschaltung von der höheren Zykluszeit im gefahrfreien Betrieb und/oder im reversiblen Straffbetrieb zu der verringerten Zykluszeit bei oder nach Feststellung eines Aufpralls. Die Feststellung eines Aufpralls umfasst dabei begrifflich die Feststellung oder Bestätigung eines erfolgten oder eines drohenden Aufpralls, d. h. die Umschaltung kann auch schon bei Feststellung einer Gefahr eines drohenden Aufpralls durchgeführt werden.
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Vorzugsweise ist der Datenbus ein CAN-Bus. Der CAN-Bus-Standard ist geeignet für die verringerten erfindungsgemäßen Zykluszeiten. Besonders vorteilhaft ist der Fahrzeug-Datenbus ein privater Bus, d. h. dass ausschließlich die Steuereinheit und elektronische Komponenten der passiven Fahrzeugsicherheit, insbesondere ausschließlich Gurtaufroller insbesondere mit reversiblem Gurtstraffer an den Datenbus angeschlossen sind. In dieser Ausführungsform ist eine maximale Betriebssicherheit garantiert, weil die Kommunikation anderer elektronischer Fahrzeugkomponenten auf einem separaten Datenbus laufen kann und Kollisionen daher ausgeschlossen sind.
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Die Zykluszeit, die auch als Botschaftsperiode bezeichnet wird, wird in ms angegeben und ist der Reziprokwert der Botschaftsübertragungsrate, die auch Frame Rate genannt wird. Die Botschaftsübertragungsrate ist nicht zu verwechseln mit der maximalen Datenübertragungsrate, die beim Low-Speed bzw. High-Speed CAN-Bus beispielsweise 125 kBit/s bzw. 1000 kBit/s beträgt. Eine Botschaft besteht aus einer Mehrzahl von Bits, vorzugsweise einer Mehrzahl von Bytes.
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Vorzugsweise ist die zweite Zykluszeit kleiner als 5 ms, weiter vorzugsweise kleiner als 2 ms, noch weiter beträgt die zweite Zykluszeit höchstens 1 ms. Vorzugsweise beträgt die erste Zykluszeit mindestens 5 ms, weiter vorzugsweise mehr als 10 ms. Diese spezifischen Periodenwerte bzw. -bereiche haben sich in der Praxis als besonders vorteilhafter Kompromiss zwischen Reaktionsvermögen und Last erwiesen. Besonders einfach zu realisieren ist die Erfindung, wenn die erste Zykluszeit vorteilhaft ein ganzzahliges Vielfaches der zweiten Zykluszeit ist.
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Vorzugsweise findet nach dem Umschalten auf die zweite Zykluszeit ausschließlich Kommunikation zur funktionalen Steuerung einer Sicherheitseinrichtung auf dem Datenbus statt. Sicherheitseinrichtungen sind dabei funktionale Teile des Rückhaltesystems, welche zur Erhöhung der Insassensicherheit erforderlich sind. Funktionale Steuerung einer Sicherheitseinrichtung bedeutet Steuerung der für die Insassensicherheit relevanten Funktionen. Dazu zählt insbesondere die Steuerung des Kraftniveaus einer Kraftbegrenzungseinrichtung. Demnach wird sämtliche Kommunikation auf dem Datenbus, die nicht der funktionalen Steuerung einer Sicherheitseinrichtung dient, unterdrückt. Dazu zählt insbesondere Kommunikation im Zusammenhang mit Busfunktionen bzw. dem Busbetrieb, beispielsweise Autotest, Diagnose, Leistungsprofil usw. Auf diese Weise werden im Falle eines drohenden oder festgestellten Aufpralls sämtliche Kommunikationsressourcen des Busses für sicherheitskritische Funktionen reserviert und unnötige Buslast durch nicht sicherheitskritische Funktionen bzw. Komponenten vermieden.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand bevorzugter Ausführungsformen unter Bezugnahme auf die beigefügten Figuren erläutert. Dabei zeigt:
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1 eine schematische Darstellung eines Rückhaltesystems;
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2 eine schematische Darstellung eines Rückhaltesystems in einer weiteren Ausführungsform;
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3 einen zeitlichen Ablauf unterschiedlicher Funktionen eines Gurtaufrollers im Fall eines Aufpralls;
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4 einen Gurtaufroller mit einem reversiblen Gurtstraffer;
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5 einen vergrößerten Ausschnitt eines Gurtaufrollers; und
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6 ein Struktogramm zur Illustration des Steuerverfahrens.
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1 zeigt ein Rückhaltesystem 40 mit einer elektronischen Steuereinheit 41 und einem Gurtaufroller 1, welcher einen Elektromotor 8 als Antriebseinrichtung, eine elektronische Motorsteuerung 43, einen mit der Motorsteuerung 43 verbundenen Energiespeicher 42 zum autarken Betrieb des Elektromotors 8, beispielsweise in Form eines oder mehrerer Super- oder Doppelschichtkondensatoren, eine Kraftbegrenzungseinrichtung 44, welche im Unfall eine kraftbegrenzte Vorwärtsverlagerung des Insassen zur Begrenzung der Insassenbelastung ermöglicht, und einen reversiblen Gurtstraffer 22 umfasst. Zusätzlich zu der Betätigung des reversiblen Gurtstraffers 22 wird auch das Kraftniveau der Kraftbegrenzungseinrichtung 44 durch den Elektromotor 8 eingestellt; der Elektromotor 8 führt somit unterschiedliche Funktionen des Gurtaufrollers 1 aus.
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Der Elektromotor 8 kann zur Steuerung einer oder mehrerer weiterer optionaler Funktionseinrichtungen 46 dienen, beispielsweise einer Einrichtung zur Erzeugung von Vibrationen auf dem Gurtband, um den Insassen auf eine kritische Situation aufmerksam zu machen, einer Einrichtung zum Versetzen des Gurtbands in eine Parkposition, oder dergleichen.
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Das Rückhaltesystem 40 weist häufig eine Mehrzahl von Gurtaufrollern 1, 1' auf, insbesondere jeweils einen für den Fahrer und den Beifahrer.
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Der Gurtaufroller 1 bzw. die Motorsteuerung 43 ist über einen Datenbus 47 mit der Steuereinheit 41 verbunden. Der Datenbus 47 ist vorzugsweise ein CAN-Bus. Auf dem Datenbus 47 werden Botschaften zyklisch, d. h. alle n Millisekunden, von der Steuereinheit 41 an den Gurtaufroller 1 bzw. die Motorsteuerung 43 gesendet. Eine Botschaft besteht aus einer Mehrzahl von Bits, vorzugsweise einer Mehrzahl von Bytes, im CAN-Bus-Standard beispielsweise aus bis zu 8 Byte Nutzdaten und einem den Nutzdatenbereich einfassenden Rahmen (Frame) mit einem Anfang (Header), der beispielsweise 19 Bit oder 37 Bit aufweist, und einem Ende (Trailer), das einschließlich einer beispielsweise 3 Bit langen Zwangspause zwischen aufeinanderfolgenden Botschaften (bus idle phase) beispielsweise 28 Bit aufweist. Hinzu kommen gegebenenfalls noch infolge des sog. Bitstuffing eingesetzte Stuffbits.
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Der Datenbus 47 ist vorteilhaft ein privater Bus, d. h. dass ausschließlich die Steuereinheit 41 und elektronische Komponenten der passiven Fahrzeugsicherheit, vorteilhaft ausschließlich Gurtaufroller 1, 1' insbesondere mit reversiblem Gurtstraffer 22 an den Datenbus 47 angeschlossen sind. In der Ausführungsform gemäß 1 sind beide (allgemeiner sämtliche) Gurtaufroller 1, 1' an einen privaten Datenbus 47 angeschlossen. In der alternativen Ausführungsform gemäß 2 ist jeder Gurtaufroller 1, 1' über einen eigenen privaten Datenbus 47, 47', d. h. über eine einfache Daten- bzw. Steuerleitung, mit der Steuereinheit 41 verbunden. Diese Ausführungsform verhindert Verzögerungen aufgrund gleichzeitig angefragter Kommunikation mit beiden Gurtaufrollern 1, 1'.
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Im Folgenden wird der zeitliche Ablauf unterschiedlicher Funktionen des Gurtaufrollers 1 im Falle eines Aufpralls anhand von 3 erläutert.
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Bei Feststellung einer Gefahrsituation, in der ein Aufprall zu befürchten ist, wird der reversible Gurtstraffer 22 aktiviert (Zeitpunkt tPP). Die Phase der Betätigung des reversiblen Gurtstraffers 22 ist als PP gekennzeichnet.
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In dem gefahrfreien Betrieb vor dem Zeitpunkt tPP und/oder in dem reversiblen Straffbetrieb PP werden Botschaften zyklisch mit einer Botschaftsperiode dt1 von mindestens 5 ms, vorzugsweise mindestens 10 ms, beispielsweise alle 20 Millisekunden von der Steuereinheit 41 über den Datenbus 47 an den Gurtaufroller 1 bzw. die Motorsteuerung 43 gesendet. Die Botschaftsübertragungsrate (Frame Rate) beträgt im gefahrfreien Betrieb dementsprechend beispielsweise höchstens 200 Hz, vorzugsweise höchstens 100 Hz und beispielsweise 50 Hz.
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Sofern das Unfallgeschehen während der Betätigung des reversiblen Gurtstraffers 22 nicht beendet ist und ein Aufprall nicht mehr zu vermeiden ist, wird der irreversible Gurtstraffer 6 zum Zeitpunkt tRP durch Zünden eines pyrotechnischen Treibsatzes aktiviert. Die Phase der Betätigung des irreversiblen Gurtstraffers 6 ist als RP gekennzeichnet. Der Zeitpunkt t0 ist derjenige Zeitpunkt, an dem Signale von einem oder mehreren Aufprallsensoren bestimmte für einen Aufprall charakteristische Schwellen überschreiten (Start des Aufprallprüfalgorithmus). In der Phase zwischen t0 und tRP wird geprüft und verifiziert, ob diese Signale tatsächlich durch einen Aufprall verursacht wurden, oder ob es sich beispielsweise um Artefakte handelt. Bis zum Zeitpunkt tRP ist der Straffvorgang reversibel, ab dem Zeitpunkt tRP wird der Straffvorgang irreversibel.
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Nach Anschluss der irreversiblen Gurtstraffung beginnt die Gurtwelle in Gurtauszugsrichtung eine mittels der Kraftbegrenzungseinrichtung 44 kraftbegrenzte Drehbewegung auf einem Kraftbegrenzungsniveau auszuführen, welches durch den Elektromotor 8 gesteuert wird. Diese Phase beginnt zum Zeitpunkt tLL und ist in 3 mit LL gekennzeichnet.
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Die Einstellung des Kraftniveaus der Kraftbegrenzungseinrichtung 44 ist zeitkritisch und kann mit einer Botschaftsperiode von beispielsweise 20 ms nicht ausreichend schnell erfolgen. Zwischen dem Zeitpunkt tPP und dem Zeitpunkt tLL findet daher eine Umschaltung (Zeitpunkt tU in 3) der Botschaftsperiode auf einen Wert dt2 (siehe 3) unterhalb von 5 ms, vorzugsweise unterhalb von 2 ms, weiter vorzugsweise höchstens 1 ms, beispielsweise auf 1 ms oder 0.5 ms statt. Die Botschaftsübertragungsrate (Frame Rate) beträgt daher spätestens im Betrieb der Kraftbegrenzungseinrichtung 44 dementsprechend beispielsweise mindestens 200 Hz, vorzugsweise mindestens 500 Hz, weiter vorzugsweise mindestens 1 kHz und beispielsweise 1 kHz oder 2 kHz. Die Umschaltung findet insbesondere per Software in der Steuereinheit 41 statt. Die Umschaltung von der ersten Zykluszeit dt1 auf die zweite Zykluszeit dt2 erfolgt vorzugsweise in zeitlich definiertem Zusammenhang zu dem Beginn tRP der irreversiblen Phase des Straffvorgangs, beispielsweise zum Zeitpunkt tRP. Die Umschaltung kann aber beispielsweise auch zum Zeitpunkt tPP, zum Zeitpunkt t0 oder zu einem anderen geeigneten Zeitpunkt im Bereich zwischen tPP und tLL erfolgen.
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Eine bevorzugte Ausführungsform eines zur Umsetzung der Erfindung besonders geeigneten Gurtaufrollers 1 wird im Folgenden anhand der 4 und 5 erläutert.
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In der 4 ist ein Gurtaufroller 1 mit einem fahrzeugfest befestigbaren U-förmigen Rahmen 3 mit zwei sich gegenüber stehenden Schenkeln 4 und 5 und einer drehbar in Öffnungen der Schenkel 4 und 5 gelagerten Gurtwelle 2 zu erkennen. Auf der Gurtwelle 2 ist ein Sicherheitsgurt 15 aufwickelbar, welcher in bekannter Weise zur Rückhaltung eines Insassen in einem Fahrzeug vorgesehen ist.
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An dem Rahmen 3 ist an der Außenseite des Schenkels 4 ein irreversibler Gurtstraffer 6 vorgesehen, welcher über ein nicht dargestelltes Antriebsrad mit der Gurtwelle 2 verbunden oder verbindbar ist und die Gurtwelle 2 bei einer Aktivierung schlagartig in Aufwickelrichtung antreibt und dadurch vorhandene Gurtlose aus dem Sicherheitsgurt herauszieht. Ferner ist an dem Rahmen 3 ein reversibler Gurtstraffer 22 vorgesehen, der von einem Elektromotor 8 angetrieben wird.
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Der Elektromotor 8 weist ein erstes Wellenende 9 auf, das über ein Getriebe 7 mit der Gurtwelle 2 verbindbar ist. Das Getriebe 7 ist über eine erste schaltbare nicht dargestellte Kupplung mit der Gurtwelle 2 verbindbar, welche aus zwei bei einer Betätigung des Elektromotors 8 trägheitsbedingt und/oder reibungsbedingt zurückbleibenden und dabei nach außen ausfahrenden Klinken gebildet ist. Dabei steuern die Klinken in eine Innenverzahnung einer drehfest mit der Gurtwelle 2 verbundenen Kupplungsglocke ein, und schließen den Bewegungspfad zwischen dem ersten Wellenende 9 des Elektromotors 8 und der Gurtwelle 2 und dem darauf aufgewickelten Sicherheitsgurt 15. Die Klinken bilden aufgrund ihrer trägheits- bzw. reibungsbedingten Bewegung eine selbsttätig schaltende Kupplung, welche erst bei einer Betätigung des Elektromotors 8 geschlossen wird.
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Sofern das Unfallgeschehen zum Zeitpunkt der Betätigung des reversiblen Gurtstraffers 22 nicht beendet ist und ein Aufprall nicht mehr zu vermeiden ist, wird der irreversible Gurtstraffer 6 zum Zeitpunkt tRP aktiviert. Da der irreversible Gurtstraffer 6 die Gurtwelle 2 mit einer erheblich höheren Geschwindigkeit in Aufwickelrichtung antreibt, werden die Klinken selbsttätig wieder außer Eingriff gedrängt, so dass die erste Kupplung selbsttätig wieder geöffnet wird und der Bewegungspfad zwischen der Gurtwelle 2 und dem Elektromotor 8 über das Getriebe 7 daraufhin wieder unterbrochen wird.
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Ferner weist der Elektromotor 8 ein zweites herausgeführtes Wellenende 10 auf, welches drehfest mit dem ersten Wellenende 9 verbunden ist. Die Wellenenden 9 und 10 können selbstverständlich auch die Wellenenden ein und derselben Welle sein, so dass die Wellenenden 9 und 10 immer mit derselben Drehzahl drehen. Das zweite Wellenende 10 weist eine drehfest mit diesem verbundene Bremsscheibe 16 auf, welche in einer zweiten Kupplung 11 angeordnet ist. Da die zweite Kupplung 11 zum Zeitpunkt der ersten Aktivierung des Elektromotors 8 geöffnet ist, kann das zweite Wellenende 10 mit der Bremsscheibe 16 ungehindert drehen, so dass die reversible Straffbewegung nicht gestört wird.
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Die zweite Kupplung 11 wird zeitgleich mit der Aktivierung des irreversiblen Gurtstraffers 6 geschlossen, was in der vorliegenden Ausführungsform durch das Freigeben eines federvorgespannten offenen Federringes 21 erfolgt, der sich daraufhin schlagartig zusammenzieht und ein oder mehrere Bremselemente 17 radial außen an die Bremsscheibe 16 anpresst. Da der Federring 21 und die Bremselemente 17 zum Zeitpunkt der Freigabe des Federringes 21 stillstehen, wird die Bremsscheibe 16 und dadurch auch das zweite Wellenende 10 zusammen mit dem Rotor des Elektromotors schlagartig abgebremst, und zwar in diesem Fall von 15.000 U/min auf wenige U/min innerhalb einer Bremszeit von weniger als 10 ms. Der Federring 21 und die Bremselemente 17 sind ihrerseits drehfest mit einem Gehäuse 24 verbunden, an dem eine Schraubenfeder 23 mit einem Ende eingehängt ist. Die Schraubenfeder 23 ist mit dem anderen Ende an einer Scheibe 25 eingehängt, an dem ein zweites Ende 20 eines Reibelementes 18 gehalten ist. Das Reibelement 18 ist hier als ein Seil ausgebildet, welches um einen feststehenden Ansatz 26 gewickelt ist. Das erste Ende 19 des Reibelementes 18 ist an einem Zahnrad 13 eingehängt, welches mit der äußeren Verzahnung in eine Verzahnung eines zweiten Zahnrades 12 eingreift. Das zweite Zahnrad 12 weist neben der äußeren Verzahnung, mit der es sich im Eingriff mit dem Zahnrad 13 befindet, eine nicht dargestellte Blockierverzahnung auf, in die eine ebenfalls nicht zu erkennende fahrzeugsensitiv oder gurtbandsensitiv ansteuerbare Blockierklinke zur Blockierung der Gurtwelle 2 in Gurtauszugsrichtung einsteuert.
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Nach dem Schließen der zweiten Kupplung 11 durch Freigeben des Federringes 21 wird die Schraubenfeder 23 über das in Drehung versetzte Gehäuse 24 so weit verdreht, bis eine drehfeste Verbindung zwischen dem Gehäuse 24 und der Scheibe 25 bzw. dem zweiten Ende 20 des Reibelementes 18 und dem zweiten Wellenende 10 geschaffen ist. Das Reibelement 18 bildet hier die steuerbare Kraftbegrenzungseinrichtung 44, deren Kraftbegrenzungsniveau durch die der Gurtauszugskraft entgegen gerichtete an dem zweiten Ende 20 wirkende Zugkraft gesteuert werden kann. Die Zugkraft an dem zweiten Ende 20 kann bei der vorliegenden Erfindung bei geschlossener Kupplung 11 durch den Elektromotor 8 gesteuert werden.
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Die Kraftbegrenzungseinrichtung 44 wird nach der Aktivierung des reversiblen Gurtstraffers zunächst in eine Bereitschaftsstellung gebracht, indem der Elektromotor 8 zunächst abgebremst und anschließend die Kupplung 11 geschlossen wird. Da der Bewegungspfad zwischen dem Elektromotor 8 und der Gurtwelle 2 durch das außer Eingriff Drängen der Klinken (schaltbare erste Kupplung) aufgrund des Überholens des Antriebsrades des irreversiblen Gurtstraffers 6 in einer Frühphase der Aktivierung des irreversiblen Gurtstraffers 6 unterbrochen wird, kann die zweite schaltbare Kupplung 11 und damit der Bewegungspfad zwischen dem Elektromotor 8 und der Gurtwelle 2 über die Kraftbegrenzungseinrichtung 44 geschlossen werden, ohne dass die während der Aktivierung des irreversiblen Gurtstraffers 6 stattfindende Drehbewegung der Gurtwelle 2 in Aufwickelrichtung stören würde. Da die Gurtwelle 2 in dieser Phase noch nicht durch den Eingriff der Blockierklinke in die Innenverzahnung des Zahnrades 12 blockiert ist, ist der Bewegungspfad von dem zweiten Wellenende 10 zu der Gurtwelle 2 über die Kraftbegrenzungseinrichtung 44 noch nicht vollständig geschlossen. Die Kraftbegrenzungseinrichtung 44 befindet sich praktisch in einer Bereitschaftsstellung und wird automatisch aktiviert, wenn die Gurtwelle 2 in das Zahnrad 12 blockiert wird und die Gurtauszugskraft einen vorbestimmten Wert übersteigt, d. h. wenn die Gurtwelle 2 aufgrund der Überschreitung der durch die Kraftbegrenzungseinrichtung 44 vorgegebenen Gurtauszugskraft beginnt in Gurtauszugsrichtung zu drehen. Der Zeitpunkt des Beginnes des Verriegelungsvorganges der Gurtwelle 2 entspricht dem Zeitpunkt tLL in 3. Nachdem die Gurtwelle 2 vollständig verriegelt ist und bestimmte nicht zu vermeidende Elastizitäten aus dem System herausgezogen sind, beginnt die Gurtwelle 2 in Gurtauszugsrichtung eine kraftbegrenzte Drehbewegung auf einem Kraftbegrenzungsniveau auszuführen, welches durch die von dem Elektromotor 8 auf das Ende 20 des Reibungselementes 18 ausgeübte Zugkraft gesteuert wird. Diese Phase ist mit LL gekennzeichnet.
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Die Zeitspanne zwischen der Aktivierung des reversiblen Gurtstraffers 22 (PP) und der Aktivierung der steuerbaren Kraftbegrenzungseinrichtung 44 (LL) beträgt beispielsweise 20 ms, welche gleichzeitig oder wenigstens überlappend zu der Zeit der Aktivierung des irreversiblen Gurtstraffers 6 ist. Diese Zeitspanne dient zum Öffnen des Bewegungspfades von dem Elektromotor 8 über das Getriebe 7 zu der Gurtwelle 2 und zum Schließen des Bewegungspfades von dem Elektromotor 8 über die Kraftbegrenzungseinrichtung 44 bis zu dem Zahnrad 12.
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Der Gurtaufroller ist nicht auf die in den 4 und 5 gezeigte Ausführungsform beschränkt. Beispielsweise kann zwischen dem Elektromotor 8 und der Gurtwelle 2 ein ansteuerbares Getriebe vorgesehen sein, das zur Durchführung unterschiedlicher Funktionen (Gurtstraffung; Einstellung des Kraftbegrenzungsniveaus) in dem Gurtaufroller 1 schaltbar ist. In dieser Ausführungsform sind zwei aus dem Elektromotor 8 herausgeführte Wellenenden nicht erforderlich.
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Des Weiteren ist das Rückhaltesystem 40 nicht auf einen Elektromotor 8 beschränkt. Beispielsweise kann in 1 der Gurtaufroller 1 einen Elektromotor 8 zur Betätigung des reversiblen Gurtstraffers 22 und einen weiteren Elektromotor zur Einstellung des Kraftniveaus der Kraftbegrenzungseinrichtung 44 aufweisen. Auch in dieser Ausführungsform reicht jeweils ein aus jedem Elektromotor 8 herausgeführtes Wellenende.
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6 zeigt ein Struktogramm zur Illustration des Steuerverfahrens. Als auslösende Bedingung 50 wird kontinuierlich abgefragt, ob der Algorithmus zur Prüfung eines Aufpralls gestartet wurde („signal crash algo start?”). Wenn dies nicht der Fall ist (rechte Seite in 6), liegt Normalbetrieb vor und die Zykluszeit dt1 auf dem Datenbus 47 ist relativ lang (mindestens 5 ms). Im Normalbetrieb werden verschiedene Funktionen durchgeführt, die insbesondere mit dem Busbetrieb in Zusammenhang stehen, beispielsweise Aufwachen („wake up”) 51, Ergebnis Autotest („result autotest”) 52, CAN abhören („listen to CAN”) 53, Leistungsprofil („perform profile”) 54. Wenn das auslösende Kriterium erfüllt ist (linke Seite in 6), wird die Zykluszeit auf dem Datenbus 47 auf einen relativ kurzen Wert dt2 von beispielsweise 1 ms umgeschaltet und sämtliche Kommunikation in Zusammenhang mit sicherheitsunkritischen Funktionen 51–54 unterbunden. In dieser für die Insassensicherheit kritischen Phase wird auf dem Datenbus ausschließlich Kommunikation im Zusammenhang mit der Steuerung des Kraftniveaus der Kraftbegrenzungseinrichtung 44 zugelassen. Insbesondere wird die Steuerung des Kraftniveaus der Kraftbegrenzungseinrichtung 44 („prepare for LL function”) im Schritt 55 vorbereitet und in der Kraftbegrenzungsphase LL (siehe 3) im Schritt 56 durchgeführt.