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Die Erfindung betrifft eine Basisstation für ein Mobilfunksystem, ein Mobilfunksystem und ein Verfahren zum Betreiben eines Mobilfunksystems für echtzeitkritische Applikationen.
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Die relative Komplexität der Basisstationssignalverarbeitung pro demoduliertem Bit hat sich von Mobilfunkgeneration zu Mobilfunkgeneration verringert. Die Komplexität von GSM wird durch den Entzerrer (Equalizer) dominiert, dessen Komplexität exponentiell mit der Verzögerung (Delay Spread) des Kanals zunimmt. Die Komplexität von 3G wird durch den Harkenempfänger (RAKE Receiver) dominiert, dessen Komplexität mit der Anzahl seiner RAKE-Finger ansteigt. 4G verwendet ein orthogonales Frequenzmultiplexverfahren (OFDM), dessen Komplexität exponentiell mit der Größe der zugehörigen schnellen Fouriertransformation (FFT) zunimmt. Diese wiederum wird durch die Länge des zyklischen Prefix bestimmt, mithin durch die Verzögerung (Delay Spread) des Kanals.
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Der Übergang von einem einzelnen Träger zu Spreizspektrum zu OFDM hat die Komplexität der Entzerrung und Detektion von einer exponentiellen zu einer linearen und letztendlich einer logarithmischen Komplexität der Signalverarbeitung reduziert. Obwohl sich die Datenrate in Anbetracht vom Moore'schen Gesetz alle zwanzig Jahre verhundertfacht hat, hat die Komplexität ihrer Implementierung kein äquivalentes Wachstum hinsichtlich der Anzahl der Transistoren erfordert. In der Basisstationssignalverarbeitung hat sich ein Wandel von kundenspezifischen fest verdrahten Designs hin zu der Verwendung von Plattformprozessoren vollzogen. Dies eröffnet sowohl die Möglichkeit für Hersteller von Plattformprozessoren, in den Markt für Mobilfunk einzutreten als auch die Idee, die Signalverarbeitung im Sinne einer „Cloud“ zu zentralisieren.
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Auf der Anwendungsseite hat sich in den letzten zwanzig Jahren eine Evolution von Sprachtelefonienetzwerken zu Kommunikationsplattformen vollzogen. Es wird ein allgemeiner Internetzugang für vielfältige Dienste ermöglicht, heutzutage in Form von Zugängen für auf Smartphones zur Ausführung gebrachte sogenannte Apps. Ein Erfordernis für ein Mobilfunksystem oder Funknetzwerk (RAN, Radio Access Network) besteht neben der Erhöhung der Datenrate, um diese Dienste auszuführen, in der Verkürzung der Latenzzeit. Diese hat sich als die andere dominierende Eigenschaft herausgestellt. Im Ergebnis haben hohe Datenraten in Kombination mit einer kurzen Reaktionszeit (ping time) zu einem 1ms TTI Framing und zu Datenraten größer als 100Mb/s für 4G LTE geführt.
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Gegenwärtige Definitionen für die Anforderungen von Diensten und deren Bereitstellung auf einem RAN entspringen der künftig erwarteten Nachfrage von massivem Einsatz von Machine to Machine (M2M) Kommunikation. Im Ergebnis muss ein sehr geringer Energieverbrauch sowohl für die mobilen als auch die stationären M2M Geräte durch die Bereitstellung eines Zugangs mit sehr niedrigen Datenraten unterstützt werden.
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Mit der Einführung von abgesetzten Hochfrequenzsendern (RRH, Remote Radio Head) wird die Basisbandsignalverarbeitung einer Basisstation an einem anderen Ort als der der Hochfrequenzeinheit durchgeführt. Die Verbindung eines RRH mit der Signalverarbeitung über ein optisches Hochfrequenzkabel erlaubt geclusterte oder verteilte Basisbandsignalverarbeitung. Ist die optische Verbindung jedoch zu lang und muss daher über mehrere optische Schalter geroutet werden, so muss die zusätzliche Latenz klein genug für die MAC (Media Access Control) und den Radio Resource Management-Scheduler (Funkressourcenmanagementscheduler) sein, damit diese ordnungsgemäß innerhalb der 1 ms TTI Rahmenstruktur funktionieren. Aus diesem Grund könnte es sich als schwierig erweisen, die Basisbandsignalverarbeitung in einer allgemeinen „Cloud“ durchzuführen. Die Berechnung muss vielmehr in räumlicher Nachbarschaft zu dem Hochfrequenzsender erfolgen, wobei unter Nachbarschaft der örtliche Bereich zu verstehen ist, in dem die Echtzeitanforderungen an die Reaktionszeit erfüllt sind.
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Gebündelte Signalverarbeitung für mehrere RRHs ist in modernen Basisstationen bereits implementiert. In Zusammenhang mit den relativ reduzierten Anforderungen an die Signalverarbeitung für 4G und den Skalierungsfortschritten im Halbleiterbereich nach dem Moore'schen Gesetz eröffnet dies die Möglichkeit, die Basisbandsignalverarbeitung von Basisstationen (eNodeBs: e-UTRAN oder evolved NodeB, Basisstation im LTE Funknetzwerk) auf dafür zugeschnittenen Rechenclustern zu implementieren. Die Rechencluster können entweder in Form von allgemeinen oder aber anwendungsspezifischen Arrays von Rechenkernen realisiert werden. Offensichtlich bleiben größere Herausforderungen, eine Implementierung, auf welcher ein Echtzeitbetriebssystem läuft, zu realisieren, welchen den folgenden Anforderungen genügt:
- - Echtzeitanforderung an die Antwortzeit für MAC und RRM im Allgemeinen;
- - Rechenressourcenzuteilung und Ressourcengarantie;
- - I/O Kanalzuteilung zum Routen von Signalen vom/zu den Rechenclustern mit Zeitgarantien;
- - Speichermanagement, welches Interferenzfreiheit mehrerer Prozesse garantiert;
- - Ausgleich der Spitzenverarbeitungsanforderungen mehrerer RRHs zum Zwecke der Hardwareressourcenmitbenutzung;
- - Management der Heterogenität von Verarbeitungsknoten zur Protokollverarbeitung einschließlich RRM, Basisbandsignalverarbeitung und Basisband-FEC-Verarbeitung;
- - Management von zeitverzögerungsbeschränktem Routing von Signalen zwischen Rechenknoten.
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Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit offenbart obige Liste die große Herausforderung, die mit der Realisierung eines echtzeitbeschränkten eNodeB-Rechencluster mit heterogenen Verarbeitungsanforderungen einhergeht.
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Für den Mobilfunk ergibt sich für ein Echtzeitregelungssystem insbesondere eine Anforderung an die Latenzzeit von unter 10 ms. Bisher können kurze Reaktionszeiten für Systeme mit Regelschleifen, die über Mobilfunk kommunizieren müssen, nur über 20-30 ms Reaktionszeit, bspw. in LTE, realisiert werden. Für zeitkritische Systeme mit Anforderung kurze Regelschleifenlatenz können bisher keine Mobilfunk- oder WLAN-basierte Systeme gebaut werden.
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In der
EP 2530991 A1 wird das Problem geschildert, dass zum einen die Anzahl von „datenhungrigen“ Kommunikationsgeräten (nachfolgend als UE = user equipment bezeichnet) immer stärker wächst und dass zum anderen diese UEs insbesondere bei schlechten Übertragungsbedingungen, beispielsweise mit einem geringen Signal-Rausch-Abstand oder einem geringen Kanalqualitätsindikator, eine große Menge von Funkressourcen in Anspruch nehmen. Dementsprechend stellt sie sich zur Aufgabe, eine angemessene und faire Verteilung der Ressourcen auf die UEs bei der Kommunikation zwischen den UEs und Basisstationen zu gewährleisten.
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Dies wird dadurch realisiert, dass von den UEs die Verzögerungstoleranz in der Übertragung mittels einer Client-Software an die Basisstation gemeldet wird. Entsprechend der Übertragungsqualität in der Zelle, in der sich das UE befindet, trifft die Basisstation eine Entscheidung, wann die Datenübertragung bezüglich einer UE ausgelöst wird. Die Basisstation entscheidet also, wann eine Daten-Übertragung zu den UEs stattfindet, und bezieht dabei die Kanalqualität anhand verschiedener Parameter mit ein. Damit werden zum einen die Ressourcen in einer Zelle auf die UEs gerecht und auch entsprechend ihrer Notwendigkeit verteilt. Eine Organisation der Ressourcenverteilung bewirkt jedoch keine Verkürzung von Reaktionszeiten, zumindest nicht in einem solchen Maße, dass die hohen Anforderungen von Echtzeitsystemen erfüllt werden.
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In der
DE 695 34 566 T2 wird ein Mobilfunksystem mit einer Menge von Benutzerstationen und einer Menge von Basisstationen beschrieben. Hier wird auch die Möglichkeit genannt, Softwareaktualisierung sowohl der Basisstationen als auch der UEs vorzunehmen. Dabei wird ein einfaches und flexibles Funkprotokoll dargestellt, welches an UEs, beispielsweise an Funktelefone in zellularen Kommunikationssystemen anpassbar ist, um eine einfache und sichere Kommunikation zwischen den UEs und einer oder mehreren Basisstationen zu realisieren. Eine Verkürzung von Reaktionszeiten für die Realisierung von Echtzeitsystemen wird nicht aufgezeigt.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, Echtzeitsysteme mit hoher Anforderung an kurze Reaktionszeiten zu realisieren.
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Diese Aufgabe wird mit einer Basisstation gemäß dem unabhängigen Anordnungsanspruch 1 gelöst.
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Die abhängigen Ansprüche betreffen besondere Ausführungsformen.
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Die Erfindung betrifft eine Basisstation für ein Mobilfunksystem bestehend aus mindestens einer Basisstation und mindestens einer Mobilstation. Die Basisstation weist eine zusätzliche Rechenkapazität auf, auf der echtzeitkritische Teile eines Programmes, welches auf einer Mobilstation zur Ausführung gebracht wird, abgearbeitet werden, wobei die echtzeitkritischen Teile des Programms und/oder deren Programmstatus bei einer Übergabe einer Mobilstation von der Basisstation zu einer weiteren Basisstation zu der weiteren Basisstation mit übergeben werden und wobei das Programm eine Client-App ist.
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Auf diese Weise lässt sich die basisstationsseitige Rechenkapazität zusätzlich zur immanenten Rechenkapazität der Mobilstation nutzen, um Programme bzw. Applikationen, die durch einen Mobilfunkteilnehmer auf einer Mobilstationen initiiert werden, echtzeitfähig abzuarbeiten. Derartige Programme bzw. Applikationen können analog zu Smartphone-Apps als „SmartRAN-Apps“ aufgefasst werden, die herunterladbar sind und dem Mobilfunksystem hinzugefügt werden können.
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Es ist vorgesehen, dass das zur Ausführung gebrachte Programm bei einer Übergabe einer Mobilstation von der Basisstation zu einer weiteren Basisstation zu der weiteren Basisstation mit übergeben wird.
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In einer Ausgestaltung der Basisstation ist vorgesehen, dass die zusätzliche Rechenkapazität als mit der Basisstation fest verdrahtetes Rechencluster in Form einer einheitlichen Rechenplattform, d.h. in einem Gehäuse implementiert ist. Der Vorteil einer solchen Rechenplattform liegt zum einen in der Skalierbarkeit der Rechenleistung bspw. durch einfaches Hinzufügen von Rechenknoten. Zum anderen ist die Funktionalität der eNodeB skalierbar. 3GPP Release-Updates können mittels Softwareänderungen implementiert werden. Zudem sind Updates der Signalverarbeitungsalgorithmen möglich. Diese betreffen bspw. neue Entzerr- oder Detektionsalgorithmen, neuartige Verfahren der Kanalschätzung, Crocus-artige Antennentechnologie sowie CoMP verschiedener Funktionalitäten.
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In einer Ausgestaltung der Basisstation ist vorgesehen, dass die zusätzliche Rechenkapazität als mit der Basisstation verdrahteter logischer Verbund von in dem Mobilfunksystem verteilten Servern und Speichern in Form eines in das Mobilfunksystem eingebetteten Servers implementiert ist.
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In einer Ausgestaltung der Basisstation ist vorgesehen, dass die zusätzliche Rechenkapazität für ein Programm, die sog. SmartRAN-App (Smart Radio Access Network-App), welches in eine Smartphone-App zur Ausführung auf einer Mobilstation und eine Radio-App zur Ausführung auf der zusätzlichen Rechenkapazität aufgeteilt ist, derart konfiguriert ist, dass die Radio-App durch einen Mobilfunkteilnehmer auf der zusätzlichen Rechenkapazität installierbar ist, wobei diese vorzugsweise aus dem Internet herunterladbar ist. Die Radio-App betrifft echtzeitkritische Teile des Programmes, wie bspw. rechenintensive Vorverarbeitungsschritte.
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Die Echtzeitfähigkeit ist bspw. bei Virtual Reality (VR)-Anwendungen erforderlich. Die VR-Rendering-Maschine muss so ausgelegt sein, dass die Reaktionszeiten extrem kurz sind. Im Fall von überlagerten realen Bildern und VR führt die asynchrone Darstellung von VR und realen Bildern zu unbefriedigenden Ergebnissen, man spricht auch von „Cybersickness“ falls die reale und virtuelle Welt nicht deutlich unter 10 ms auseinanderliegt. Ein weiteres Anwendungsgebiet betrifft überlagerte Bilder für den Fall, dass zusätzliche Informationen zu einem Bild entweder im Display oder dem Bild überlagert abgerufen werden. Derartige Informationen sollten in der Mobilstation in Echtzeit verfügbar gemacht werden. Eine weitere Anwendung mit Echtzeitanforderung ist bspw. Infrastruktursicherheit. Industrieanlagen, Straßen, Schienen sowie weitere Infrastruktureinheiten müssen in Echtzeit überwacht werden, um auf Ereignisse entsprechend reagieren zu können. Je kritischer das Überwachungssystem, desto schneller muss die Echtzeitreaktion erfolgen. Viele Anwendungen erfordern Reaktionszeiten von 10 ms oder darunter.
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In einer Ausgestaltung der Basisstation ist vorgesehen, dass die zusätzliche Rechenkapazität so konfiguriert ist, dass auf diesem ein Rendering einer auf einer Mobilstation ausgeführten Grafikapplikation sowie eine zugehörige Datenkompression durchgeführt wird und das Programmschnittstellenergebnisse an die Mobilstation übermittelt und der Grafikapplikation auf der Mobilstation bereitgestellt werden. Dasselbe Prinzip lässt sich auf VR anwenden, so dass mit der zusätzliche Rechenkapazität eine kurze Reaktionszeit garantiert wird.
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In einer Ausgestaltung der Basisstation ist vorgesehen, dass die zusätzliche Rechenkapazität so konfiguriert ist, dass auf dieser durch eine Mobilstation abrufbare Daten bereitgestellt werden. Insoweit hat die zusätzliche Rechenkapazität eine Cachingfunktionalität. Populäre Downloads, insbesondere solche für geographisch lokale Dienste lassen sich auf diese Weise cachen.
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In einer Ausgestaltung der Basisstation ist vorgesehen, dass auf der zusätzlichen Rechenkapazität eine Übersetzungsapplikation implementiert ist, mit der in Echtzeit auf einer Mobilstation erzeugte Sprachdaten in eine andere Sprache übersetzt werden.
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In einer Ausgestaltung der Basisstation ist vorgesehen, dass die zusätzliche Rechenkapazität derart konfiguriert ist, dass sich für ein auf einer Mobilstation ausgeführtes Programm eine Latenzzeit von weniger als 1 ms ergibt. Mit dieser Ausgestaltung werden die Echtzeitanforderungen erfüllt.
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Die Erfindung wird auch durch ein Mobilfunksystem gemäß dem unabhängigen Anordnungsanspruch 9 gelöst. Dieses weist eine erste und eine zweite Basisstation wie oben beschrieben auf. Die zusätzliche Rechenkapazität der ersten Basisstation ist derart konfiguriert, dass für den Fall eines Handover einer Mobilstation von der ersten Basisstation zur zweiten Basisstation, die echtzeitkritischen Teile eines auf der Mobilstation zur Ausführung gebrachten Programmes, die auf der zusätzlichen Rechenkapazität der ersten Basisstation abgearbeitet werden und/oder deren Programmstatus, an die zusätzliche Rechenkapazität der zweiten Basisstation übergeben werden und dass die zusätzliche Rechenkapazität der zweiten Basisstation konfiguriert ist, diese Teile zu empfangen und weiter abzuarbeiten.
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Die erfindungsgemäße Aufgabe wird auch durch ein Verfahren zum Betreiben eines Mobilfunksystems gemäß dem unabhängigen Verfahrensanspruch 10 gelöst, welches auf einer Mobilstation zur Ausführung gebracht wird, wobei die echtzeitkritischen Teile des Programms und/oder deren Programmstatus bei einer Übergabe einer Mobilstation von der Basisstation zu einer weiteren Basisstation zu der weiteren Basisstation mit übergeben werden, wobei das Programm eine Client-App ist.
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In einer Ausgestaltung des Verfahrens ist vorgesehen, dass für ein Programm, die sog. SmartRAN-App, seitens des Mobilfunksystembetreibers eine Infrastruktur mit definierten Schnittstellen bereitgestellt wird, so dass das Programm von einem Mobilfunkteilnehmer herunterladbar und auf der Mobilstation und den Rechnern des Mobilfunksystembetreibers installierbar sind. Dieses Programme oder Applikation liegt mithin zweigeteilt vor. Der erste Teil betrifft eine Smartphone-App, die auf der Mobilstation installierbar ist. Der zweite Teil betrifft eine Radio-App, die auf einem Rechner des Mobilfunksystembetreibers installierbar ist. Der Mobilfunksystembetreiber muss insoweit die Infrastruktur für die Echtzeitfähigkeit der SmartRAN-App bereitstellen. Die Radioapp muss innerhalb der Latenzbedingungen ausführbar sein. Echtzeitunkritische Berechnungen von Diensten können zudem in einer Cloud oder auf der Mobilstation ausgeführt werden.
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In einer Ausgestaltung des Verfahrens ist vorgesehen, dass das Programm auf einer Vielzahl von Mobilstationen ausführbar ist. Mit dieser Ausgestaltung lassen sich mehrere Mobilstationen in Echtzeit regeln.
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In einer weiteren Ausgestaltung des Verfahrens ist vorgesehen, dass das Programm zumindest teilweise redundant auf einer Vielzahl von Basisstationen ausführbar ist.
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Es ist ein Vorteil der Erfindung, dass viele verschiedene Dienstfunktionalitäten dem Mobilfunksystem auf Dienst-Ebene hinzugefügt werden können. Mobilfunkteilnehmer und Mobilfunksystembetreiber profitieren von Diensten unter QoS (Quality of Service) und QoE (Quality of Experience) Bedingungen. QoS beschreibt die objektive, QoE die subjektive Güte eines Kommunikationsdienstes, das heißt, wie stark die Güte des Dienstes mit den Anforderungen übereinstimmt. Zudem lässt sich eine gänzliche neue Klasse von Diensten bereitstellen, was ohne das erfindungsgemäße Mobilfunksystem nicht möglich wäre, indem die Berechnung garantiert lokal, d.h. derart, dass die Echtzeitanforderungen erfüllt sind, zur Funkschnittstelle erfolgt. Mit dieser Art verteilter Steuerung und Verarbeitung kann ein neues Niveau von sehr kurzen Reaktionszeiten garantiert werden. Auf diese Weise lassen sich Echtzeitdienste für zellulare Netzwerke kreieren.
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Im Folgenden wird das erfindungsgemäße Verfahren unter Bezugnahme auf die beigefügten Zeichnungen anhand von Ausführungsbeispiels detaillierter beschrieben. Es zeigen
- 1 das erfindungsgemäße Mobilfunksystem;
- 2 das erfindungsgemäße Mobilfunksystem für eine virtuelle bzw. erweiterte Realität-Anwendung;
- 3 das erfindungsgemäße Mobilfunksystem für eine Fahrzeugkolonnenanwendung; und
- 4 das erfindungsgemäße Mobilfunksystem für eine Regelungsanwendung.
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1 zeigt ein sog. smartes Mobilfunknetzwerk, welches eine Basisstation 11 mit abgesetztem Hochfrequenzsender 13 sowie eine Mobilstation 15 auf. In der Basisstation ist neben einer Rechenkapazität zur Basisbandverarbeitung 12 ist eine zusätzliche Rechenkapazität 14 vorgesehen. Die Basisstation 11, insbesondere die zusätzliche Rechenkapazität 14, ist mit einem Hintergrundserver 16, bspw. einer Cloud oder dem Internet verbunden.
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Bezüglich des Links Basisstation - Mobilstation 17, insbesondere des Links zusätzliche Rechenkapazität - Mobilstation besteht Echtzeitanforderung. Bezüglich des Links Hintergrundserver - Mobilstation besteht keine Echtzeitanforderung. Teile einer Applikation, welche auf der Mobilstation 15 zur Ausführung gebracht wird, werden auf der zusätzlichen Rechenkapazität 14 abgearbeitet. Dies betrifft insbesondere rechenintensive Teile der Applikation sowie Pre-Caching von lokalen Diensten. Auf diese Weise lässt sich die zusätzliche Rechenkapazität 14 nutzen, um Programme bzw. Applikationen, die durch einen Mobilfunkteilnehmer auf einer Mobilstation 15 initiiert werden, echtzeitfähig abzuarbeiten. Derartige Programme bzw. Applikationen können analog zu Smartphone-Apps als „SmartRAN-Apps“ aufgefasst werden, wobei eine SmartRAN-App in eine Radio-App, welche auf der zusätzliche Rechenkapazität 14 ausführt wird und eine Smartphone-App, welche auf der Mobilstation 15 ausgeführt wird, aufgeteilt ist. Die SmartRAN-App ist aus dem Internet 16 durch den Mobilfunkteilnehmer herunterladbar. Der Smartphone-App Teil kann der Mobilstation 15 und die Radio-App Teil der zusätzlichen Rechenkapazität 14 hinzugefügt werden. Die Latenz ergibt sich als Summe von drahtlosem Link und zusätzlicher Rechenkapazität und beträgt für LTE 10ms.
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2 zeigt ein smartes Mobilfunksystem für eine echtzeitkritische virtuelle bzw. erweiterte Realität-Anwendung. Das smarte Mobilfunksystem weist eine Mobilstation, in diesem Fall Funkbrille 22 mit einem Display, in welches Informationen eingeblendet werden können, sowie eine erste Basisstation 23 und eine zweite Basisstation 24 auf. Die Informationen für die Funkbrille muss durch eine Basisstation echtzeitfähig bereitgestellt werden. Zu diesem Zweck wird auf der Funkbrille der Smartphone-App Teil der Anwendung und auf einer Basisstation der Radio-App Teil der Anwendung zur Ausführung gebracht.
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Bewegt sich eine Person 21, welche die Funkbrille 22 trägt, so kann ein Handover von der ersten Basisstation 23 zu der zweiten 24 Basisstation erforderlich sein. In diesem Fall werden die Teile auf der Mobilstation 22 zur Ausführung gebrachten Applikation, die auf der zusätzlichen Rechenkapazität der ersten Basisstation 23 abgearbeitet werden, insbesondere der Programmstatus der Radio-App, an die zusätzliche Rechenkapazität der zweiten Basisstation 24 übergeben. Die zusätzliche Rechenkapazität der zweiten Basisstation 24 ist hierbei konfiguriert, diese Teile, insbesondere den Programmstatus der Radio-App, zu empfangen und weiter abzuarbeiten.
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3 zeigt ein smartes Mobilfunksystem für eine „Car Platooning“ - Anwendung. Hierbei ist eine Fahrzeugkolonne bestehend aus drei Fahrzeugen 33, 34 und 35 zu regeln. Echtzeitkritisch ist insbesondere die Multihop-Kommunikation zwischen den Fahrzeugen, die über die Basisstation 31 erfolgt, da ein 1-2 ms synchrones Eingreifen in die Fahrdynamik über das elektronische Stabilitätsprogramm erfolgen muss. Mithin umfasst die SmartRAN-App zur Regelung der Fahrzeugkolonne eine Radio-App zur Ausführung auf der Basisstation 31, der eine Mehrzahl von Client-Apps zur Ausführung auf den Fahrzeugen 33, 34, 35 zugeordnet ist. Im Fall eines Handovers von der Basisstation 31 zu einer weiteren Basisstation 32 ist insbesondere die Client-App zu übergeben, d.h. die Basisstationen sind zu synchronisieren.
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4 zeigt ein smartes Mobilfunksystem für eine weitere echtzeitkritische Regelungsanwendung aufweisend eine erste Mobilstation 41 und eine zweite Mobilstation 42, jeweils in Form eines mobilen Roboters, sowie eine Basisstation 43. Die mobilen Roboter 41, 42 halten oder bearbeiten gemeinsam gesteuert ein Objekt 44. Die gemeinsame Steuerung erfolgt über die Basisstation 43. Hat das Objekt eine Längsabmessung von ca. 3m, mithin eine 100 Hz Resonanzfrequenz, so ist eine 1 ms (1 kHz) Regelschleife erforderlich. Die 1 ms Latenz wird über die Bearbeitung von Teilen des Regelalgorithmus in der Basisstation garantiert.
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Das erfindungsgemäße Verfahren kann insbesondere ein computerimplementiertes Verfahren sein, das beispielsweise als Computerprogramm implementiert ist. Insbesondere kann ein Computerprogramm beispielsweise ein auf einem computerlesbaren Medium gespeichertes Computerprogrammprodukt sein, das dazu ausgestaltet ist, das erfindungsgemäße Verfahren zu implementieren.