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Die Erfindung betrifft eine Frontgassackeinheit, insbesondere eine Beifahrer-Frontgassackeinheit nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Beifahrer-Frontgassackeinheiten sind in der Automobiltechnik weit verbreitet und haben die Aufgabe, einen Beifahrer bei einem Frontalzusammenstoß oder einem seitlich versetzten Frontalzusammenstoß zu schützen. Eine solche Beifahrer-Frontgassackeinheit weist einen Inflator, meist einen Gasgenerator, und einen Gassack mit einer äußeren Hülle auf. In der Regel ist in der äußeren Hülle des Gassackes wenigstens eine Ausströmöffnung vorgesehen, so dass beim Auftreffen des Insassen auf die Prallfläche des Gassackes Luft aus dem Inneren des Gassackes entweichen und so eine Energiedissipation stattfinden kann.
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Meist umschließt die äußere Hülle des Gassackes ein großes Volumen, was insbesondere darin begründet liegt, dass die Beifahrer-Frontgassackeinheit auch einen nicht-gegurteten Insassen gut schützen soll. Diese Großvolumigkeit wirft natürlich auch Probleme auf, insbesondere da zur Befüllung des großen Volumens ein entsprechend starker Gasgenerator verwendet werden muss und man in der Regel eine relativ hohe Austrittsgeschwindigkeit des Gassackes benötigt, damit er rechtzeitig vor dem zu schützenden Beifahrer aufgeblasen ist. Dies kann insbesondere dann zu Problemen führen, wenn sich der Beifahrer in einer vornübergebeugten, sogenannten Out-of-Position-Haltung befindet, in welcher er von dem sich entfaltenden Gassack mit großer Kraft getroffen werden kann. Insbesondere zur Abmilderung dieses sogenannten OoP-Problems wurde schon eine Vielzahl von Vorschlägen gemacht.
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Beispielsweise schlägt die gattungsbildende
DE 10 2008 028 389 A1 zu diesem Problem vor, einen Zweikammergassack vorzusehen, dessen beide Kammern durch eine Trennwand getrennt sind. In dieser Trennwand ist ein adaptives Ventil vorgesehen, welches über ein Zugelement gesteuert wird. Dieses Zugelement ist mit der Prallfläche der Gassackhülle gekoppelt und wirkt derart, dass das Ventil bei vollständig expandiertem Gassack geöffnet ist, jedoch verschlossen (oder zumindest gedrosselt) wird bzw. bleibt, wenn die Prallfläche des Gassackes vor der vollständigen Entfaltung des Gassackes auf ein Hindernis, insbesondere auf den Kopf des Beifahrers, trifft.
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Jedoch auch unabhängig von der genannten OOP-Problematik besteht das Problem, dass die Unfallsituationen, in welchen die Beifahrer-Frontgassackeinheit ihren Schutz entfalten soll, sehr unterschiedlich sein können. Insbesondere die folgenden Parameter können eine große Varianz aufweisen: Schwere des Unfalls, Größe und Gewicht des Beifahrers und Position des Sitzes in Bezug auf die Fahrzeuglängsrichtung (d. h., der Sitz kann sehr weit nach vorne geschoben sein, beispielsweise weil der Platz hinter dem Beifahrer für einen auf der Rückbank sitzenden Insassen benötigt wird, oder er kann sich sehr weit hinten befinden).
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Hiervon ausgehend stellt sich die vorliegende Erfindung die Aufgabe, eine gattungsgemäße Frontgassackeinheit derart weiterzubilden, dass sie bei einer Vielzahl von unterschiedlichen Unfallsituationen und vorzugsweise auch bei unterschiedlich großen und/oder schweren Insassen ein Höchstmaß an Schutz bietet.
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Diese Aufgabe wird durch eine Frontgassack-Einheit mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
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Wie die gattungsbildende
DE 10 2008 028 389 A1 , weist der Gassack wenigstens eine erste und eine zweite Kammer auf, wobei die beiden Kammern mittels wenigstens eines ersten adaptiven Ventils miteinander verbindbar sind. Hierbei befüllt der Inflator zunächst die erste Kammer und die zweite Kammer wird nur gefüllt, wenn das erste adaptive Ventil zwischen der ersten und der zweiten Kammer geöffnet ist. Erfindungsgemäß ist die Steuereinrichtung für das erste adaptive Ventil eine aktive Steuereinrichtung, welche einen durch ein äußeres Signal betätigbaren ersten Aktuator aufweist. Das bedeutet, dass das Volumen des Gassackes aktiv beeinflusst werden kann. Hierbei kann das große Volumen insbesondere bei „regulären” Unfallsituationen erzeugt werden, insbesondere dann, wenn sich der Insasse in seiner Standard-Sitzposition befindet, was beispielsweise über eine Detektion der Auszugslänge des Gurtes detektiert werden kann. Weiterhin ist eine vollständige Entfaltung des Gassackes insbesondere dann zu bevorzugen, wenn der zu schützende Insasse (in der Regel der Beifahrer) nicht angegurtet ist.
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Vorzugsweise nach Anspruch 2 ist wenigstens ein zweites adaptives Ventil vorgesehen, über welches Gas aus der ersten Kammer in die Umgebung abströmen kann. Mit diesem zweiten adaptiven Ventil lässt sich die Härte des Gassackes einstellen.
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Da in nahezu jeder Unfallsituation ein gewisses Maß an Ventilation notwendig ist, ist vorzugsweise nach Anspruch 3 weiterhin ein permanent offenes Ventil vorgesehen, welches die erste Kammer mit der Umgebung verbindet.
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Um eine noch bessere Adaptivität des Gassackes auf die betreffende Unfallsituation zu erreichen, sind nach Anspruch 4 vorzugsweise entweder wenigstens zwei Inflatoren oder ein wenigstens zweistufiger Inflator vorgesehen, wobei es weiter zu bevorzugen ist, dass die beiden Stufen des zweistufigen Inflators bzw. die beiden Inflatoren unterschiedlich große Gasmengen erzeugen.
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Das erste adaptive Ventil befindet sich weiter vorzugsweise in einer Trennwand, welche die beiden Kammern voneinander trennt.
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Die Erfindung wird nun anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels mit Bezug auf die Figuren näher erläutert. Hierbei zeigen:
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1 einen schematisierten Schnitt durch den Beifahrerbereich eines Kraftfahrzeugs, wobei sich der Gassack in einem teilweise befüllten Zustand befindet, in welchem beide adaptiven Ventile geschlossen sind,
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2 das in 1 Gezeigte, wobei das zweite adaptive Ventil geöffnet ist,
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3 das in 1 Gezeigte, wobei das erste adaptive Ventil geöffnet ist, so dass sich der Gassack in seinem vollständigen Entfaltungszustand befindet,
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4 das in 3 Gezeigte, wobei sich auch das zweite adaptive Ventil in seinem geöffneten Zustand befindet,
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5 eine bevorzugte Ausführungsform eines Halteelements mit Aktuator in einem ersten Zustand,
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6 das Halteelement aus 5 kurz nach Betätigung des Aktuators,
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7 das in 6 Gezeigte nach Freigabe des dem Halteelement zugeordneten Zugelementes und
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8 eine Tabelle in der mögliche Anwendungsfälle dargestellt sind.
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Zunächst wird Bezug auf die 1 bis 4 genommen:
Der Gassack 10 der Frontgassack-Einheit weist eine äußere Hülle 12 und eine Trennwand 14 auf, welche den Gassack in eine erste Kammer 16 und eine zweite Kammer 18 unterteilt. Hierbei befindet sich die erste Kammer 16 im vollständig expandierten Zustand näher an der Windschutzscheibe und die zweite Kammer 18 befindet sich näher am zu schützenden Insassen. Der Gassack 10 ist im nicht betätigten Zustand in ein Gehäuse 50 eingefaltet (dieser Zustand ist nicht dargestellt), wobei an diesem Gehäuse ein als Inflator dienender zweistufiger Gasgenerator 52 zur unmittelbaren Befüllung der ersten Kammer 16 angeordnet ist. Die Zweistufigkeit des Gasgenerators 52 ist symbolisch dargestellt. Der Gasgenerator kann beispielsweise 52 zwei unabhängig voneinander zündbare pyrotechnische Ladungen 54 und 56 aufweisen. Vorzugsweise sind diese beiden pyrotechnischen Ladungen nicht gleich groß, so dass sie eine unterschiedliche Menge an Gas erzeugen. Hierbei ist die die erste Stufe bildende erste pyrotechnische Ladung 54 etwas größer als die die zweite Stufe bildende zweite pyrotechnische Ladung 56, wobei die erste Stufe beispielsweise 60% des maximalen Gasvolumens und die zweite Stufe entsprechend 40% des maximalen Gasvolumens erzeugen kann. Alternativ hierzu wäre es möglich, zwei völlig getrennte Gasgeneratoren vorzusehen, wobei es auch in diesem Fall zu bevorzugen ist, dass die beiden Gasgeneratoren unterschiedlich große Mengen an Gas erzeugen.
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Es sind insgesamt drei Ventile vorgesehen, nämlich ein erstes adaptives Ventil
20, welches in der Trennwand
14 angeordnet ist, ein zweites adaptives Ventil
30, welches in einem der ersten Kammer zugeordneten Abschnitt der äußeren Hülle
12 angeordnet ist und wobei das dritte Ventil als permanente Ausströmöffnung
40 ausgebildet ist, welche die erste Kammer
16 mit der Umgebung verbindet. Die beiden adaptiven Ventile
20,
30 können gleichartig aufgebaut sein und werden anhand des ersten adaptiven Ventils
20 beschrieben: Es ist eine Ventilationsöffnung
22 in der Trennwand
14 vorgesehen, um welche sich eine Tülle
23 erstreckt. Mit dieser Tülle ist ein erstes Zugelement
24 verbunden, welches, wenn es unter Zugspannung steht, die Tülle zusammenzieht und somit das erste adaptive Ventil schließt. Derartige Ventile sind in der Technik bekannt und beispielsweise in der
US 2006/0071461 A1 ausführlich beschrieben, so dass auf diese Schrift explizit Bezug genommen wird. Ist die erste Kammer
16 mit Gas befüllt, welches einen größeren Druck als die Umgebung aufweist, und steht das erste Zugseil
24 nicht unter Zugspannung, so wird die Tülle nach außen gestülpt (siehe
2), so dass Gas durch die erste Ventilationsöffnung
22 in die zweite Kammer abströmen kann.
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In einem ersten Zustand ist das zweite Ende des ersten Zugelements 24 über ein erstes Halteelement 26 mit dem Gehäuse 50 verbunden. Es ist ein Aktuator vorhanden, dessen Betätigung (in der Regel mittels eines elektrischen Signals) bewirkt, dass das zweite Ende des ersten Zugelements 24 vom ersten Halteelement 26 getrennt wird, oder dass das erste Zugelement 24 durchtrennt wird. Im beschriebenen Ausführungsbeispiel (s. hierzu unten mit Bezug auf die 5 bis 7) ist die erste Alternative verwirklicht, wobei der Aktuator Teil des ersten Halteelements 26 ist. Das heißt, dass zur Steuerung des ersten adaptiven Ventils 20 der erste Aktuator dient, oder mit anderen Worten: Das erste Zugseil 24 und das erste Halteelement 26 mit dem zugeordneten ersten Aktuator bilden die Steuereinrichtung für das erste adaptive Ventil.
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Das zweite adaptive Ventil ist genauso aufgebaut wie das erste adaptive Ventil, mit dem Unterschied, dass sich die Ventilationsöffnung (hier die zweite Ventilationsöffnung 32) in der äußeren Hülle 12 befindet. Ebenso ist das zweite Halteelement mit Aktuator aufgebaut wie das erste Halteelement mit Aktuator.
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Die
5 bis
7 zeigen ein Ausführungsbeispiel eines Halteelements mit Aktuartor (hier des ersten Halteelements
26; das zweite Halteelement kann identisch aufgebaut sein). Ein solches Halteelement ist im Detail in der
DE 10 2011 014 869 A1 beschrieben, auf welche hiermit explizit Bezug genommen wird. An einem Gehäuseteil
60 ist ein erstes Ende
70a eines eine Sollbruchstelle
72 aufweisenden, hohl ausgebildeten Haltebolzens
70 gehalten, welcher sich nahe des zweiten Endes
70b durch eine Öffnung im Gehäuse erstreckt. Im Ausgangszustand, wie er in
5 gezeigt ist (entspricht
1 und
2), ist das als Schlaufe ausgebildete zweite Ende des ersten Zugelements
26 an dem Haltebolzen
70 gehalten. Im Inneren dieses Haltebolzens ist eine als erster Aktuator dienende Zündkapsel angeordnet, welche mittels eines elektrischen Signals gezündet werden kann; hierfür ist der Zündstecker
74 vorgesehen. Wird die Zündkapsel gezündet, so zerbricht der Haltebolzen
70 an der Sollbruchstelle
72, der vom ersten Ende
70a abgetrennte Teil des Haltebolzens
70 verkippt und gibt das zweite Ende des ersten Zugelements
24 frei, so dass der in
4 dargestellte Zustand eintritt.
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Aus der Tatsache, dass der Gasgenerator in drei Arten betätigt werden kann (Zündung nur der ersten Stufe, Zündung nur der zweiten Stufe, Zündung beider Stufen), und auf Grund der Tatsache, dass zwei adaptive Ventile mit jeweils zwei möglichen Zuständen (offen oder geschlossen) vorgesehen sind, ergeben sich zwölf Einstellungsmöglichkeiten für den Gassack, welche in nachfolgender Tabelle angegeben sind. Das heißt, man kann den Gassack sehr fein auf die Unfallart, die Art des Insassen und dessen Sitzposition einstellen. Ein Beispiel hierfür ist in 8 angegeben.
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Um die Frontgassackeinheit (das heißt den zweistufigen Gasgenerator und die beiden Aktuatoren) bedarfsgerecht ansteuern zu können, muss natürlich eine elektronische Steuereinheit vorgesehen sein (nicht dargestellt). Hierbei kann es sich um eine separate Steuereinheit oder um eine in die Fahrzeug-ECU integrierte Steuereinheit handeln. Diese Steuereinheit muss mit den Signalen wenigstens eines Sensors, in der Regel mit den Signalen mehrerer Sensoren versorgt werden. Hierfür kommen insbesondere in Betracht: Ein im Sitz integrierter Gwichtssensor 80, ein Sitzpositions-Sensor 82, ein Gurtauszugslängen-Sensor (nicht dargestellt) und ein Detektor zur Bestimmung der Schwere des Unfalls (ebenfalls nicht dargestellt).
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Gassack
- 12
- äußere Hülle
- 14
- Trennwand
- 16
- erste Kammer
- 18
- zweite Kammer
- 20
- erstes adaptives Ventil
- 22
- Ventilationsöffnung
- 23
- Tülle
- 24
- erstes Zugelement
- 26
- erstes Halteelement mit Aktuator
- 30
- zweites adaptives Ventil
- 32
- Ventilationsöffnung
- 33
- Tülle
- 34
- zweites Zugelement
- 36
- zweites Halteelement mit Aktuator
- 40
- permanente Ausströmöffnung
- 50
- Gehäuse
- 52
- Gasgenerator
- 54
- erste pyrotechnische Ladung
- 56
- zweite pyrotechnische Ladung
- 60
- Gehäuseteil
- 64
- Durchbrechung
- 70
- Haltebolzen
- 70a
- erstes Ende
- 70b
- zweites Ende
- 72
- Sollbruchstelle
- 74
- Zündestecker
- 80
- Gewichtssensor
- 82
- Sitzpositions-Sensor
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102008028389 A1 [0003, 0007]
- US 2006/0071461 A1 [0022]
- DE 102011014869 A1 [0025]