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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung der biotechnologischen Belastung von Methanfermentern und eine Anordnung zur Durchführung des Verfahrens bei der Prozessführung mit dem Ziel des risikoarmen Betreibens solcher Fermenter in der Nähe der biotechnologischen Belastungsgrenze. Eine derartige technische Lösung wird bei der stofflichen und energetischen Verwertung von biogenen Roh- und/oder Abfallstoffen mittels Anaerob-Technik benötigt.
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Methanfermentationsanlagen werden in verstärktem Maße bei der energetischen und stofflichen Nutzung sowohl von überschüssigen Bioschlämmen in der Klärwerkstechnik als auch von geeigneten biogenen Roh- und oder Abfallstoffen zur Gewinnung von energiereichen Brenngasen und düngemitteltechnisch nutzbaren Fermentationsresten genutzt. Bei der stofflichen und energetischen Verwertung von geeigneten biogenen Einsatzstoffen werden zunehmend vielfältigere Anaerob-Techniken zum Einsatz gebracht. Aus der betrieblichen Praxis sind den Betreibern solcher Techniken zwei sehr unterschiedliche Havarieszenarien bekannt, dem spontanen Schäumen der im System befindlichen Gärsubstrate einerseits und dem so genannten „Umkippen” der Biologie, womit die plötzliche Überlastung der im genutzten Anaerob-Fermentersystem aktiven speziellen Bakterien-Mischkultur bezeichnet wird, andererseits. Die vorliegende Erfindung betrifft den zuletzt genannten Fall. Nur jene tatsächlich wenigen Anlagenbetreiber, die einen derartigen Überlastungsfall im praktischen Anlagenbetrieb bereits erlebt haben und dabei zugleich solche Prozessinformationen, wie
- – Menge und Qualität der dosierten Einsatzstoffe,
- – Temperatur des Gärsubstrates,
- – Intensität der mechanischen Belastung des Gärsubstrates im Anaerob-System durch Rührapparate und
- – Konzentration des durch die Bakterien-Mischkultur nicht abgebauten Potentials an kurzkettigen Fettsäuren im ablaufenden Fermentationsrest,
gewinnen und auswertbar sichern konnten, besitzen derzeit eine theoretische Chance zur Vermeidung derartiger Prozesssituationen.
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Die ökologischen, logistischen und wirtschaftlichen Konsequenzen einer eingetretenen Überlastung sind
- – durch die infolge des dramatischen Rückgangs des Methangehaltes im so genannten Biogas fehlende energetische Nutzbarkeit,
- – durch die erforderliche Entfrachtung des Anaerob-Systems zumindest von erheblichen Anteilen des geruchsintensiven und übersäuerten Gärsubstrates,
- – durch das notwendige extreme Mindern der Dosismengen abbaubarer biogener organischer Trockensubstanz,
- – durch das erforderliche Wiederherstellen der Keimdichte der bisher aktiven Bakterien-Mischkultur und
- – durch die mögliche Unterbrechung der übernommenen Entsorgungspflichten im Falle des Einsatzes biogener Abfallstoffe
derartig beachtlich, dass Betreiber von Methanfermentern hinsichtlich der Fermenterbelastung in der Regel einen ausreichend großen Abstand zur im Allgemeinen nur vermuteten Grenzbelastung halten und dabei entweder unnötige Investitionen in diese Technik in Kauf nehmen und/oder verfügbare Kapazitätsreserven ungenutzt lassen.
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Dabei ist kaum ein Unterschied festzustellen,
- – ob es sich beim genutzten Methanfermenter um einen vollständig oder um einen nur teilweise durchmischten Apparat handelt,
- – ob die erforderliche Mischenergie durch komprimierte Gase, durch mechanische Mischtechnik oder durch hydraulischen Druckausgleich eingebracht wird oder
- – ob einer Verminderung der Keimdichte im Anaerob-System durch auf die mittlere Zellteilungsintensität abgestimmte Austragsmengen an Gärsubstrat, durch planmäßiges Rückführen von aktiver Biomasse in das Anaerob-System oder durch Zuführen von aktiver Biomasse aus Fremdquellen, beispielsweise mittels geeigneter tierischer Exkremente, entgegen gewirkt wird.
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Hilfsweise werden mangels Verfügbarkeit wirtschaftlich vertretbarer technischer Lösungen zur Beurteilung der Funktion des biotechnologischen Systems in einem Methanfermenter Messungen des mittleren pH-Wertes oder des Redoxpotentials im Gärsubstrat vorgenommen. Im Falle der Verfügbarkeit einer ausreichenden Kenntnis der spezifischen Grenzbelastung der im Anaerob-System genutzten aktiven Mischkultur ließe sich ein für den stabilen Anlagenbetrieb zuverlässiger Indikator durch die gaschromatische Erfassung der in den aus dem Anaerob-System ausgetragenen Fermentationsrückständen enthaltenen Konzentration kurzkettiger Fettsäuren gewinnen. Die Kosten für ein online arbeitendes derartiges System verhindern bisher eine solche technische Lösung, wogegen die Nutzung externer Labore erfahrungsgemäß keine ausreichende Sicherheit für das Vermeiden von plötzlichen Überschreitungen einer Grenzbelastung bietet.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht deshalb in der Überwindung der Mängel des bekannten Standes der Technik. Benötigt wird eine technische Lösung, mit deren Hilfe die Belastungsüberwachung eines Methanfermenters praktisch online und zumindest quasikontinuierlich, kostengünstig und zuverlässig gewährleistet werden kann. Entscheidend soll dabei sein, bei sicherer Vermeidung von Überschreitungen der spezifischen Grenzbelastung eines Methanfermenters risikofrei deutlich höhere Belastungen des jeweiligen Anaerob-Systems gegenüber dem nicht überwachten Zustand realisieren zu können.
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Die Aufgabe wird gemäß der Erfindung durch ein Verfahren nach dem Anspruch 1 und durch eine Anordnung nach dem Anspruch 9 gelöst. Bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen beschrieben. Danach besteht das vorgeschlagene Verfahren zur Bestimmung der biotechnologischen Belastung von Methanfermentern zur Vermeidung von Überlastungen der eingesetzten Bakterien-Mischkulturen aus der Ermittlung der anlagenspezifischen Grenzbelastung, aus der regelmäßigen Erfassung der im den Methanfermenter verlassenden Fermentationsrückstand enthaltenen Gehalte an kurzkettigen Fettsäuen, wobei die dabei gewonnenen Analyseergebnisse mit der ermittelten Maximalbelastung des Fermentationsrückstandes dem mit nicht zu Methan und Kohlendioxid umgewandelten Fettsäurepotential verglichen werden. Daraus werden Handlungsempfehlungen für die erforderliche Reduzierung oder für die mögliche Erhöhung der Fermenterbelastung mit abbaubaren organischen Einsatzstoffen abgeleitet. Das Verfahren ist dadurch charakterisiert, dass zunächst ein Orientierungswert für die Kennzeichnung der anlagenspezifischen Grenzbelastung durch systematische Erhöhung der dem Methanfermenter täglich zugeführten organischen Trockensubstanzmenge an biogenen Einsatzstoffen bis zur Registrierung einer signifikanten Veränderung der Gasbestandteile Methan und Kohlendioxid zugunsten des Gehaltes an Kohlendioxid gewonnen wird. In diesem Zustand des grenzbelasteten Methanfermenters wird nun die Konzentration der im den Methanfermenter verlassenden Fermentationsrückstandes enthaltenen kurzkettigen Fettsäuren mit an sich bekannten Methoden ermittelt. In Kenntnis dieser Ergebnisse werden im Gasgemisch, das vom den Methanfermenter verlassenden Fermentationsrückstand entbunden wird, mittels Gassensortechnik die Gehalte an Dämpfen ausgewählter kurzkettiger Fettsäuren, vorzugsweise der Essigsäure und/oder der Propionsäure, identifiziert.
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Unter Beachtung der zwischen den ausgewählten Sensorsignalen und den vorzugsweise labortechnisch ermittelten Fettsäurekonzentrationen im den Methanfermenter verlassenden Fermentationsrückstand berechenbaren Korrelationsfunktion wird sodann eine indirekte Information über den biotechnologischen Belastungszustand bereitgestellt. Schließlich können nun die außerhalb der regelmäßigen Regenerationszeiten verfügbaren Sensorsignale als quasikontinuierliche Informationen zur Vermeidung von Überlastungen sowie von ungenutzten Kapazitätsreserven des Methanfermenters verwendet werden.
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Zur Ermittlung des annähernden Niveaus der spezifischen Grenzbelastung wird die systematische Erhöhung der zugeführten Menge an organischer Trockensubstanz im Dosierbereich bevorzugt zwischen 0,1 und 0,2 kg organischer Trockensubstanz je m3 Biomassevolumen im Methanfermenter und Tag vorgenommen
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Während der Gewinnung eines Orientierungswertes für die Kennzeichnung der anlagenspezifischen Grenzbelastung des betreffenden Methanfermenters werden vorzugsweise die Menge und Qualität der dosierten Einsatzstoffe, die mittlere Gärsubstrattemperatur im Methanfermenter und die mechanische Belastung des Gärsubstrates im Methanfermenter weitgehend konstant gehalten.
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Im Falle markanter Veränderungen der Menge und Qualität der dosierten Einsatzstoffe, der mittleren Gärsubstrattemperatur und/oder der mechanischen Belastung des Gärsubstrates im Methanfermenter wird zweckmäßigerweise das Gewinnen eines Orientierungswertes für die Kennzeichnung der anlagenspezifischen Grenzbelastung wiederholt.
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In einer bevorzugten Ausführungsvariante des Verfahrens wird für die Kennzeichnung der anlagenspezifischen Grenzbelastung der Gehalt von Essigsäure und/oder Propionsäure im den Methanfermenter verlassenden Fermentationsrückstand gemessen.
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Zwischen ausgewählten Signalen während der Sensorbelastung und den labortechnisch ermittelten Fettsäuregehalten im den Methanfermenter verlassenden Fermentationsrückstand wird eine Korrelationsfunktion berechnet, die der indirekten Bestimmung der Fettsäuregehalte aus den ausgewählten Informationen der Sensorsignalfunktion zugrunde gelegt wird.
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Zur Gewinnung reproduzierbarer Werte für die indirekte Bestimmung der Fettsäuregehalte im Fermentationsrückstand wird vom dem, den Methanfermenter verlassenden Fermentationsrückstand entbundenen Gas der Sensorstation ein repräsentativer Teilstrom mittels beheizter Gasförderleitung zugeführt.
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Es ist gemäß einer weiteren Ausführungsvariante möglich, dass der oder die zur Ermittlung der Gehalte an Säuredämpfen genutzten Sensoren lebensdauerverlängernd nur zu ausgewählten Zeitpunkten mit mechanisch gereinigtem, getrocknetem und gegebenenfalls auch mittels Umgebungsluft verdünntem Gas beaufschlagt werden.
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Die Anordnung zur Durchführung des Verfahrens besteht aus
- – einer Gasentnahmesonde,
- – einer beheizten Gasförderleitung,
- – einer Vorrichtung zur Abscheidung von mechanischen Verunreinigungen des geförderten Gases,
- – einer Vorrichtung zur Trocknung des geförderten Gases,
- – einer Gasförderpumpe zum Transport des zu analysierenden Gasstromes von der Gasentnahmesonde zur Sensorstation,
- – einem Mischventil zum teilweisen oder vollständigen Ersatz des zu analysierenden Gasstromes durch Umgebungsluft und
- – einer Sensorstation, bestehend aus einem oder mehreren Gassensoren.
Sie ist in besonderer Weise dadurch gekennzeichnet, dass die Sensorstation aus einem oder mehreren Sensoren mit einer besonderen Sensitivität für Fettsäuredämpfe besteht und dass die Sensorstation zur Auswertung der Sensorsignalfunktion über einen Informationskanal mit einem Rechnerbaustein in Verbindung steht.
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Der im Rechnerbaustein zu realisierende Prozessführungsalgorithmus hat die Aufgabe, die Konzentration der Trockensubstanz am Eingang CTS Steuergröße des Methanfermenters zu berechnen. Dieser Steuerungsalgorithmus besteht aus folgenden Schritten:
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1. Schritt
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Stufenweise Erhöhung des Wertes der Steuergröße in Abhängigkeit von der ersten Ableitung nach der Zeit der Kohlendioxidkonzentration im Biogas am Ausgang aus dem Methanfermenter CCO2.
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Die schrittweise Erhöhung von C
TS wird abgebrochen, wenn
ist. In den Formeln (1) und (2) wurden folgende Bezeichnungen verwendet:
n – Bezeichnung des Schrittes, a – frei wählbarer Koeffizient, Δ – festzulegende Sicherheitsgrenze, t – Zeit.
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2. Schritt
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Gaschromatografische Bestimmung der Konzentration der kurzkettigen Fettsäuren im Gärrückstand CFS nach Beendigung des 1. Schrittes.
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3. Schritt
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Durchführung von aktiven oder passiven Versuchen in Form von Änderungen der Größe CTS Bestimmung folgender Funktionen bzw. Abhängigkeiten: CFS = f(K1, K2, ..., K5) (3) GCH4 = f(CTS) (4) GCH4 = CCH4 × GGAS (5)
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Bei jedem Versuch sind die Größen CFS, K1, K2, ..., K5 experimentell zu bestimmen. Die Gleichungen (3) und (4) werden im Fall von aktiven Versuchen mit Hilfe der optimalen Versuchsplanung und im Fall passiver Versuche mit Hilfe der Regressionsanalyse ermittelt und stellen quadratische Gleichungen dar. Darüber hinaus werden die Kreuzkorrelationsfunktionen zwischen der Größe CFS und den Sensorsignalen K1, K2, ..., K5 bestimmt. Es verbleiben nur die Ki in der Gleichung (3), die einen ausreichend hohen Wert des Maximums der Kreuzkorrelationsfunktion haben. Der zeitliche Abstand vom Nullpunkt der Abszisse bis zum Maximum der Kreuzkorrelationsfunktion dient als Abschätzung der Totzeit zwischen CFS und den jeweiligen Ki. Diese Totzeiten werden bei der experimentellen Maximierung des Wertes GCH4 im Rahmen des 4. Schrittes verwendet. Für die Lösung aller mathematischen Aufgaben im 3. Schritt werden Softwarepakete verwendet, die in den Rechnerbaustein integriert sind. In den Formeln (3) und (4) wurden folgende Bezeichnungen verwendet:
- – GCH4 –produzierte Methanmenge pro Zeiteinheit,
- – CCH4 – Methankonzentration im Biogas,
- – GGAS – produzierte Biogasmenge pro Zeiteinheit,
- – K1, K2, ..., K5 – Sensorsignale am Ausgang der Sensorstation.
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4. Schritt
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Es erfolgt eine Maximierung der produzierten Methanmenge G
CH4 unter Einhaltung der Nebenbedingung bezüglich der Fettsäurekonzentration C
FS:
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In der Formel (7) wurde folgende Bezeichnung verwendet:
- die im 2. Schritt ermittelte Fettsäurekonzentration
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Für eine solche Maximierung gibt es 2 Möglichkeiten:
- – Lösung der Gleichungen (6) und (7) durch den Rechnerbaustein und Einstellung des Wertes CTS (Closed loop Steuerung)
- – Stufenweise Erhöhung des Wertes CTS und Kontrolle der Einhaltung
der Bedingung (7) (Open loop Steuerung). In diesem Fall erfolgt eine Überprüfung der Bedingung (7) erst nach einer Zeitspanne, die das Dreifache der im 3. Schritt ermittelten Totzeiten beträgt
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5. Schritt
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Bei relevanten Veränderungen der Situation im Methanfermenter (Veränderung der Qualität der Einsatzstoffe, der Reaktortemperatur und/oder der mechanischen Belastung des Gärsubstrats um jeweils mindestens 15%) erfolgt ein Übergang zum 1. Schritt.
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Damit stellt der Prozessführungsalgorithmus einen Adaptionsalgorithmus dar, der sowohl experimentelle als auch mathematische Elemente enthält.
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Es ist weiterhin vorgesehen, dass der Rechnerbaustein mit einer die Annäherung oder Überschreitung einer gewählten Belastungsschwelle unterhalb der ermittelten Grenzbelastung des Methanfermenters signalisierenden Alarmeinrichtung gekoppelt ist.
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Die Vorteile der Erfindung bestehen in der nun verfügbaren technischen Lösung, mit vergleichsweise geringem technischen und wirtschaftlichen Aufwand die biotechnologische Belastung von Methanfermentern überwachen und damit gezielt steuern zu können. Damit können die vorhandenen Fermenterkapazitäten unter Vermeidung von nur schwer kalkulierbaren Risiken besser ausgelastet werden, was zur Senkung der spezifischen Investitionsaufwendungen und zugleich zur Minderung der spezifischen Betriebskosten beitragen kann.
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Bei der Neuerrichtung von Fermentationsanlagen zur Gewinnung von methanhaltigen Brenngasen aus biogenen Roh- und/oder Abfallstoffen lassen sich unnötige Reservekapazitäten vermeiden, wodurch ebenfalls die wirtschaftliche Effizienz solcher Anlagen zu verbessern ist.
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Schließlich trägt die vorgeschlagene technische Lösung auch zur Vermeidung von die Umwelt belastenden Havariesituationen bei, indem Überschreitungen der anlagenspezifischen biotechnologischen Grenzbelastung von erfindungsgemäß ausgestatteten Methanfermentern sicher vermieden werden können.
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Die Erfindung soll nachstehend mit einem Ausführungsbeispiel näher erläutert werden.
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In der beigefügten Zeichnung zeigt
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1: die schematische Darstellung der Verknüpfung der erforderlichen Komponenten der erfindungsgemäßen Anordnung;
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In einer Anlage zur stofflichen und energetischen Verwertung von biogenen Abfallstoffen werden im Wesentlichen lignocellulosische Rückstände aus der Getreidereinigung eingesetzt. Dazu wird das bei der Phasentrennung der anfallenden Fermentationsrückstände 2 anfallende Biofiltrat mit der gewählten Dosismenge an Einsatzstoffen gemischt und unter Zugabe von Umgebungsluft zu einer teilweise hydrolysierten Biosuspension aufbereitet.
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Die erzeugte Biosuspension wird mittels der Biosuspensionspumpe 0 in einer solchen Menge dem Methanfermenter 1 mit einem Nutzvolumen für Gärsubstrat von konstant 3.000 m3 zugeführt, dass in das Anaerob-System täglich 8.400 kg aus den dosierten Einsatzstoffen stammende organische Trockensubstanz (oTS) eingesetzt werden, mithin im Mittel täglich 2,8 kg oTS je m3 Biomasse im Methanfermenter 1. Beim betrachteten Methanfermenter 1 handelt es sich um einen teilweise und hydraulisch gemischten Apparat ohne Einsatz mechanischer Mischeinrichtungen. Der mittlere Gehalt an Essigsäure im aus dem Methanfermenter 1 ausgetragenen Fermentationsrückstand 2 beträgt 570 mg/l. Dieser Gehalt an der im Fermentationsrückstand 2 dominierenden kurzkettigen Fettsäure zeigt, dass für eine vollständige Umwandlung der Essigsäure in Methan und Kohlendioxid die im Methanfermenter 1 verfügbare Bakterienmischkultur nicht ausreichend leistungsfähig und/oder die die Fermentationszeit nicht ausreichend lang bemessen ist.
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Zur Bestimmung eines Orientierungswertes für die biotechnologische Grenzbelastung des Methanfermenters 1 wurde jeden zweiten Tag die Dosismenge der eingesetzten und qualitativ unveränderten organischen Trockensubstanz über einen Zeitraum von 48 Tagen um im Mittel 0,1 kg je m3 Biomasse im Methanfermenter 1 erhöht. Während dieser Zeit wurde parallel zur Steigerung der Dosismenge nicht nur der stetig zunehmende Biogasvolumenstrom, sondern vor allem der im anfallenden Biogas vorhandene Kohlendioxidanteil messtechnisch erfasst. Während des Untersuchungszeitraums wurden Steigerungen des Essigsäuregehaltes im Fermentationsrückstand 2 auf Konzentrationen zwischen 600 und 1.150 mg/l registriert, während sich der Volumenanteil des Kohlendioxids im anfallenden Biogas ohne einen erkennbaren Trend weiterhin zwischen 32 und 38% bewegte. Dies belegt die offensichtliche Belastbarkeit der aktiven Mischkultur im Methanfermenter, die trotz der erhöhten Belastung weiterhin keine auffälligen Überbeanspruchungen zeigte, obwohl inzwischen die spezifische Dosismenge an organischer Trockensubstanz auf 5,2 kg je m3 Biomasse im Methanfermenter 1 und damit auf 185% des projektierten Wertes gesteigert wurde. Am 48. Tag des Beobachtungszeitraums wurde allerdings eine plötzliche Steigerung des Kohlendioxidgehaltes im anfallenden Biogas auf Werte um 45 Volumen-% registriert. Die parallel dazu gemessene Essigsäurekonzentration im Fermentationsrückstand 2 betrug 1.280 mg/l.
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Vorsorglich wurde der Versuch an der gewerblich genutzten biotechnologischen Anlage an dieser Stelle beendet, obwohl von einer dramatischen Beeinträchtigung der biotechnologischen Stabilität noch nicht gesprochen werden konnte. Offensichtlich befindet sich der erreichte Belastungsbereich noch innerhalb eines beherrschbaren Zielkorridors. Es zeigt sich aber, dass die stabile Prozessführung an dieser vermeintlichen Grenze die Voraussetzung für eine Leistungssteigerung auf deutlich mehr als 150% der geplanten Anlagenkapazität bietet, ohne eine Grenzbelastung zu überschreiten.
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Nun bestand die Aufgabe darin, nicht unter den Bedingungen einer technisch und wirtschaftlich aufwändigen labortechnischen Untersuchungsphase, sondern unter den praktischen Bedingungen des Anlagenbetriebes die gefundene Einstellung ununterbrochen zu überwachen und eine weitere Belastungserhöhung des biotechnologischen Systems sicher auszuschließen. Dazu wurde dem Biogas, das eindeutig aus dem ablaufenden Fermentationsrückstand 2 entbunden wurde, mittels einer Gasentnahmesonde 3 ein Teilstrom über eine beheizte und isolierte Gasförderleitung 4 entnommen. Dieser Teilstrom wurde über einen Filter als Vorrichtung zur Abscheidung mechanischer Verunreinigungen 5 geleitet. Das derart gereinigte Gas wurde anschließend einer Gastrocknungsvorrichtung 6 zugeführt, bevor es zur Gasförderpumpe 7 gelangte. Zwischen der Gastrocknungsvorrichtung 6 und der Gasförderpumpe 7 wurde ein Mischventil 8 installiert, mit dessen Hilfe der Gasförderleitung 4 zu Verdünnungszwecken ein Anteil von Umgebungsluft zum geförderten Gas oder bedarfsweise ausschließlich Umgebungsluft der Gasförderpumpe 7 zugeführt werden konnte. Der von der Gasförderpumpe 7 geförderte Gasstrom gelangt sodann zu einer Sensorstation 9, die mit insgesamt sechs Industriegassensoren mit einer nachgewiesenen Sensitivität für unterschiedliche Dämpfe kurzkettiger Fettsäuren ausgestattet wurde. Es zeigte sich, dass unter den konkreten Versuchsbedingungen mit einer Temperatur des Fermentationsrückstandes von im Mittel 39°C und einem Kohlendioxidanteil von im Mittel 36 Vol.-% im aus dem Fermentationsrückstand 2 entbundenen Biogas insbesondere der Gehalt von Dämpfen der Essigsäure mit einer ausreichenden Signifikanz durch die Signale eines der installierten Sensoren abgebildet wurde, wenn das zu bewertende Biogas etwa mit einem gleichen Volumenstrom Umgebungsluft verdünnt wurde.
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Das Bestimmtheitsmaß für den statistischen Zusammenhang zwischen dem gewählten Sensorsignal und dem gaschromatisch ermittelten Essigsäuregehalt lag in diesem Fall mit etwa 67% deutlich über dem in Höhe von etwa 48% ermittelten Wert für unverdünntes Gas. Über einen Informationskanal 12 wurden die Sensorsignale zunächst einem Rechnerbaustein 10 in Form eines Mikroprozessors zugeführt, mit dessen Hilfe die indirekte Bestimmung der jeweiligen Essigsäuregehalte im Fermentationsrückstand 2 sowie die Trendverfolgung über die Anlagenbetriebszeit vorgenommen wurden. Mit einem weiteren Informationskanal 12 besteht eine Signalverbindung zwischen dem Rechnerbaustein 10 und einer Alarmeinrichtung 11, die der Signalisierung der bevorstehenden Annäherung der Essigsäuregehalte im Fermentationsrückstand 2 an die gewählte und als zulässig erkannte biotechnologische Maximalbelastung des Methanfermenters 1 dient.
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Bezugszeichenliste
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- 0
- Biosuspensionspumpe
- 1
- Methanfermenter
- 2
- Fermentationsrückstand
- 3
- Gasentnahmesonde
- 4
- Gasförderleitung
- 5
- Vorrichtung zur Abscheidung mechanischer Verunreinigungen
- 6
- Gastrocknungsvorrichtung
- 7
- Gasförderpumpe
- 8
- Mischventil
- 9
- Sensorstation
- 10
- Rechnerbaustein
- 11
- Alarmeinrichtung
- 12
- Informationskanal