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Es ist bekannt, dass die Biogasbildung in 4 Prozessstufen abläuft, welche als Hydrolyse, Versäuerung (Acidogenese), Essigsäurebildung (Acetogenese) und Methanbildung (Methanogenese) bezeichnet werden. Er kann sowohl in einstufigen als auch in mehrstufigen Anlagen realisiert werden. Dabei werden organische Stoffe in einem Gärprozess in ein vorwiegend aus Methan und Kohlendioxid bestehendes Gasgemisch umgewandelt. Die pro Zeiteinheit gebildete Biogasmenge sowie deren Methangehalt werden durch die stoffliche Zusammensetzung der vergorenen Stoffe und ihren Aufschlusszustand, die je Zeiteinheit zugegebene Menge und ihre Verweilzeit im Gärbehälter sowie durch Prozessbedingungen wie Temperatur, pH-Wert und Durchmischung bestimmt. Das Gleichgewicht des biologischen Systems der Vergärung kann durch Eingriffe in dieses System gestört werden. Solch ein Eingriff kann z. B. eine Temperaturänderung sein. Auch die Zugabe der organischen Stoffe, welche durch die Mikroorganismen abgebaut werden, stellt einen Eingriff in das biologische System dar. Wenn die durch die Eingriffe hervorgerufenen Veränderungen hinreichend langsam stattfinden und bestimmte Grenzwerte nicht unter- oder überschritten werden, passt sich das System an, und das biologische Gleichgewicht wird wieder erreicht. Andernfalls sinkt dessen biologische Aktivität und es wird weniger Biogas produziert. In der Praxis des Anlagenbetriebs geht dabei die Gefahr vor allem von einem Überangebot an organischen Stoffen, der sogenannten Überfütterung, aus, während die anderen Prozessbedingungen durch Einhaltung von Grenzparametern mit einem angemessenen technischen Aufwand sichergestellt werden. Da die Methanogenese besonders träge reagiert, nimmt bei Überfütterung zunächst die Methanproduktion ab, und der Methangehalt des Biogases sinkt. Da nun auch die Zwischenprodukte, wie z. B. die Essigsäure, nicht mehr ausreichend schnell abgebaut werden, reichern sich diese an, was zu einer zusätzlichen Hemmung der Methanbakterien führt. In der Folge sinkt der pH-Wert im Gärbehälter, was dazu führen kann, dass kein Biogas mehr gebildet wird. Dann muss der Gärbehälter entleert und mit neuem Material befüllt werden, was mit hohen Kosten verbunden ist. Deshalb besteht das primäre Ziel eines jeden Biogasanlagenbetriebes darin, derartige Szenarien sicher zu vermeiden.
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Damit kritische Entwicklungen möglichst früh erkannt und in der Prozessführung berücksichtigt werden können, muss der Zustand des Systems überwacht werden. Damit wird es möglich, rechtzeitig die Zufuhr organischer Trockensubstanz zu reduzieren.
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Naheliegend ist es zunächst, den pH-Wert zu überwachen, da dieser mit relativ geringem technischen Aufwand gemessen werden kann. Allerdings ist dieser Wert ungeeignet, den Prozesszustand zu beurteilen, da die meisten biologischen Systeme eine gewisse Pufferkapazität gegenüber Änderungen des pH-Wertes aufweisen und somit kritische Entwicklungen erst dann angezeigt werden, wenn der Puffer aufgebraucht ist [Rieger, C.; Weiland, P.: Prozessstörungen frühzeitig erkennen. Biogas Journal 4/06, 18–20].
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Als zur Beurteilung des Zustandes des biologischen Systems geeignete Kenngrößen haben sich vor allem das Carbonsäure-Spektrum und der FOS/TAC-Wert erwiesen.
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Das Carbonsäure-Spektrum wird mittels Chromatographie bestimmt und liefert die Gehalte einiger organischer Säuren in der Probe, von denen insbesondere die Essigsäure und die Propionsäure repräsentativ für den Zustand des Systems sind, da sich ihr Konzentrationsverhältnis bei Prozessstörungen verändert. Probenahme und -vorbereitung sind relativ aufwendig. Der größte Nachteil dieser Kenngröße besteht aber darin, dass die Messung praktisch nur in einem spezialisierten Labor durchgeführt werden kann.
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Der FOS/TAC-Wert ist eine Verhältniszahl. Dabei kennzeichnet FOS die Konzentrationen der in der Probe enthaltenen organischen Säuren, bestimmt als der Summenparameter Essigsäureäquivalent. TAC wird als Konzentration der Carbonat-Ionen in der Probe bestimmt und charakterisiert die Pufferkapazität des Systems gegenüber pH-Wert-Änderungen [Rieger, C.; Weiland, P.: Prozessstörungen frühzeitig erkennen. Biogas Journal 4/06, 18–20]. Bereits lange bevor der pH-Wert zu sinken beginnt, zeigt eine Veränderung des FOS/TAC-Verhältnisses an, dass der Puffer reduziert wird. Der FOS/TAC-Wert wird an einer weitgehend von Feststoffen befreiten Probe durch eine 2-stufige Titration mittels verdünnter Schwefelsäure bestimmt. Probenahme und -vorbereitung sind ebenfalls aufwendig. Allerdings kann dieser Wert vor Ort bestimmt werden.
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Darüber, welche FOS/TAC-Werte als kritisch anzusehen sind, herrscht in der Fachliteratur Uneinigkeit. Rieger und Weiland geben an, dass in Biogasanlagen, welche vorwiegend nachwachsende Rohstoffe vergären, bei FOS/TAC-Werten zwischen 0,4 und 0,6 in der Regel noch ein stabiler Betrieb möglich ist. Effenberger und Lebhun [Effenberger, M.; Lebhun, M.: Biologie der Methangärung: die Belastungsgrenzen erkennen. Mais Special 2/2008, 2–7] geben 0,8 als den FOS/TAC-Wert an, bei dessen Überschreitung der Prozess als deutlich instabil einzuschätzen ist. Insgesamt ist man sich aber darüber einig, dass FOS/TAC-Werte unter 0,3 unkritisch sind und dass weniger der FOS/TAC-Wert selbst als vielmehr seine zeitliche Entwicklung Aufschluss über die Stabilität des biologischen Systems gibt.
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Die Häufigkeit der FOS/TAC-Wert-Bestimmung hängt von der Prozessführung ab und ist in der Praxis sehr unterschiedlich. Bei landwirtschaftlichen Biogasanlagen, bei denen oft ein Großteil der zugeführten Stoffe Gülle ist und bei denen sich über längere Zeiträume die Zusammensetzung der zugeführten Stoffe nicht wesentlich ändert, sind Bestimmungsintervalle zwischen einem Monat und zwei Wochen üblich. Bei Anlagen, welche mit wenig oder sogar ohne Zugabe von Gülle betrieben werden, betragen die Bestimmungsintervalle in der Regel zwischen 10 und 3 Tagen.
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Das erzeugte Biogas kann in unterschiedlicher Weise verwertet werden. Die technisch relativ einfache und energetisch effektive Umwandlung des Biogases in Nutzwärme durch eine Verbrennung wird aufgrund fehlender Wärmeverbraucher in der Nähe der Biogasanlage nur selten genutzt. Weiterhin gehört es zum Stand der Technik, das Biogas in das Erdgasnetz einzuspeisen. Da die dazu notwendige Aufbereitung jedoch aufwendig ist, wird diese Art der Verwertung lediglich an relativ großen Biogasanlagen praktiziert. Die am weitesten verbreitete Form der Biogasverwertung besteht darin, dass es vor Ort in einem Blockheizkraftwerk genutzt wird, um Elektroenergie zu erzeugen. Ein Vorteil dieser Art der Verwertung besteht darin, dass ein Teil der dabei zwangsläufig anfallenden Wärme für die Aufrechterhaltung des Gärprozesses verwendet werden kann.
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Durch den stets größer werdenden Beitrag der Wind- und Sonnenkraftwerke steigt auch der Bedarf an flexibel bereitgestellter Elektroenergie. Biogasanlagen können dazu ihrem Wesen nach einen Beitrag leisten. Allerdings wird die bisher übliche Zuführung der organischen Stoffe mit einem konstanten oder nur gelegentlich – z. B. bei Substratwechsel – durch den Anlagenfahrer geänderten Mengenstrom diesem Anspruch nicht gerecht, da aufgrund der natürlichen unregelmäßig auftretenden Schwankungen in der Zusammensetzung der Stoffe die Erzeugung eines definierten konstanten Methanstroms nicht möglich ist.
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Das Biogas in entsprechend dimensionierten Gasspeichern zwischenzulagern, ist wegen der Trägheit des biologischen Systems vorteilhaft und üblich. Allein damit kann jedoch das Ziel einen definierten Methanstrom bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen, nicht erreicht werden, da sich das verfügbare Speichervolumen mit dem Füllstand des Gasspeichers ändert. Bei konstanter Biogasproduktion kann der ursprüngliche Füllstand nur wiederhergestellt werden, indem der dem Speicher entnommene Mengenstrom an Biogas entsprechend angepasst wird. Da diese Maßnahme jedoch dem Prinzip der bedarfsgerechten Bereitstellung des Biogases widerspricht, ist es auch bei einem Anlagenbetrieb mit großzügig ausgelegten Gasspeichern unerlässlich, dass der Anlagenfahrer regelnd, z. B. durch eine Änderung der Zusammensetzung oder der Menge der je Zeiteinheit zugeführten Stoffe, eingreift.
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Die Wirtschaftlichkeit einer Biogasanlage wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Die wichtigsten sind die Preise der Gärsubstrate, die Investitionskosten sowie die Erlöse aus dem erzeugten Biogas. Daneben spielen die Verweilzeit der Substrate im Gärprozess sowie der effektive Einsatz von Rührenergie eine Rolle. Diese und weitere Einflussfaktoren sind über das biologische System in komplexer Weise miteinander verknüpft, so dass nicht ohne weiteres vorhergesagt werden kann, wie es sich auswirkt, wenn eine oder mehrere Größen geändert werden. So wirkt sich beispielsweise eine Erhöhung des Anlagendurchsatzes positiv auf die spezifischen Investitionskosten aus, da mit der gleichen Anlage und damit der gleichen Investition mehr Biogas erzeugt wird. Andererseits kann durch eine ggf. damit verbundene Verkürzung der Verweilzeit die auf die eingesetzte Substratmenge bezogene Biogasausbeute sinken, wodurch die spezifischen Substratkosten steigen. Die Einschätzung, welcher dieser Effekte die Wirtschaftlichkeit mehr beeinflusst, stellt eine Optimierungsaufgabe dar, welche allein durch die Erfahrung des Anlagenfahrers nicht beherrscht werden kann.
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In [
DE 10 2010 014 240 A1 ] wird als Aufgabe der Erfindung angegeben, die umgesetzte Gärsubstratmenge und die erzeugte Methanmenge zu maximieren sowie die Verweildauer der Substrate im Gärbehälter und den Energiebedarf für die Biogaserzeugung zu reduzieren. Zur Lösung dieser Aufgabe wird vorgeschlagen, mindestens eine Größe zu regeln, indem jene Parameter variiert werden, die den Leistungseintrag des Rührwerkes, die Zusammensetzung des Gärbehälterinhalts und/oder dessen Fließverhalten verändern. Weiterhin wird vorgeschlagen, den gemessenen Biogas- bzw. Methanstrom oder auch die Leistung eines Blockheizkraftwerkes als Führungsgröße zur Regelung der prozessbeeinflussenden Aggregate zu verwenden. Es kann der Patentschrift jedoch nicht entnommen werden, wie die Erfindung umgesetzt werden kann, da nicht klar dargestellt wird, welche Anlagenparameter mit welchem Ziel und auf welche Art und Weise beeinflusst werden sollen. Für die Messung des im Gärbehälter entstehenden Biogasstroms wird ein Gasmengenzähler vorgeschlagen. Diese Art der Messung ist jedoch nur für Biogasanlagen praktikabel, welche ausschließlich mit externen Gasspeichern ausgestattet sind. Bei der üblichen Ausführung mit Gasspeicherhauben auf den Gärbehältern ist der Momentanwert der gebildeten Biogasmenge nicht direkt bestimmbar.
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In der Patentschrift [
DE 10 2004 037 798 A1 ] wird ein Verfahren beschrieben, dass bei einer Bildungsrate von mehr als 4 m
3 Biogas je m
3 Gärbehältervolumen und Tag einen stabilen Betrieb gewährleisten soll. Dies soll durch eine Fuzzy-Regelung des pH-Wertes im Gärbehälter realisiert werden. Aus umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen, beispielsweise von Rieger und Weiland [
Rieger, C.; Weiland, P.: Prozessstörungen frühzeitig erkennen. Biogas Journal 4/06, 18–20] geht jedoch hervor, dass bei messbaren Veränderungen des pH-Wertes im Gärbehälter in der Regel bereits eine Hemmung der Methanbakterienpopulation eingetreten ist. Dies ist auch aus der Biogasanlagenpraxis bekannt. Aus diesem Grunde erscheint es nicht vorteilhaft zu sein, auf der Grundlage des pH-Wertes den Gärprozess zu regeln.
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Auch ist die mit den o. g. Erfindungen angestrebte Maximierung der Methanmenge aus wirtschaftlicher und ökologischer Sicht fragwürdig, da eine „Maximierung der umgesetzten Gärsubstratmenge und der erzeugten Methanmenge” dazu führen kann, dass ein erheblicher Teil des Gaspotentials der Substrate nicht genutzt wird und so die spezifischen (auf den Methanertrag bezogenen) Substratkosten steigen.
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Im Gegensatz dazu soll in der Patentschrift [
DE 10 2011 110 638 A1 ] der Biogasprozess durch eine automatische Anpassung der Substratzusammensetzung so beeinflusst werden, dass ein angestrebter Methanvolumenstrom bei einer maximalen Abbaurate der organischen Trockensubstanz der Substrate erzielt wird. Wie die maximale Abbaurate der organischen Trockensubstanz ermittelt wird, ist in der Patentschrift nicht beschrieben. Auch führt diese Vorgehensweise nicht zwangsläufig zu einer aus ökonomischer Sicht optimalen Betriebsweise der Biogasanlage, da es je nach Kosten der Substrate wirtschaftlicher sein kann, die Substrate nicht maximal abzubauen und stattdessen den Durchsatz zu erhöhen.
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Das Ziel der in der Patentschrift [
DD291743A5 ] beschriebenen Erfindung besteht darin, die Flexibilität und Effizienz von Biogasanlagen zur Vergärung von Schweinegülle durch eine geeignete Prozessführung zu erhöhen. Zum Erreichen dieses Zieles wird vorgeschlagen, 2 Gärbehälter wahlweise parallel oder in Reihe zu betreiben und dadurch die Population der für den Gärprozess verantwortlichen Mikroorganismen sowie deren Dichte zu beeinflussen. Als Kriterium für das Umschalten zwischen den beiden Betriebsweisen wird die je Zeiteinheit gebildete Biogasmenge angegeben. Demnach wird bei der parallelen Betriebsweise mehr Biogas gebildet als bei der Betriebsweise in Reihenschaltung. Auf die in den beiden Betriebszuständen gebildeten Gasmengen kann bei konstanter Menge an zugeführter Gülle jedoch kein Einfluss genommen werden.
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Alle hier vorgestellten Erfindungen lassen die Frage offen, wie trotz einer erheblich steigenden Anzahl von Eingriffen in das biologische System dessen Stabilität mit den üblichen Methoden zur Prozessüberwachung sichergestellt werden soll, was ihre praktische Umsetzbarkeit in Frage stellt.
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Deshalb besteht die Aufgabe der Erfindung darin, ein Verfahren zum Betrieb einer Biogasanlage bereitzustellen, mit dem die Biogasanlage, insbesondere bei schwankenden Substratpreisen und Erlösen für das erzeugte Biogas, stets betriebswirtschaftlich optimal, dass heißt mit maximalem Gewinn, betrieben und dabei die Stabilität des biologischen Prozesses zu jedem Zeitpunkt sichergestellt werden kann.
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Die Aufgabe der Erfindung wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass in bekannter Weise Methan als Bestandteil des durch die Vergärung von Stoffen, die durch ihren Mengenstrom an organischer Trockensubstanz charakterisiert sind und dem ablaufenden Gärprozess zugeführt werden, entstehenden Biogases erzeugt wird, wobei die Stabilität des Gärprozesses in ebenfalls bekannter Weise anhand von Kenngrößen überwacht wird. Erfindungsgemäß wird dabei der bei der Vergärung entstehende Methanstrom durch die gezielte Veränderung des Mengenstroms der organischen Trockensubstanz zu jeder Zeit auf den Wert eingestellt, welcher einem rechnerisch auf der Basis der verfügbaren Daten ermittelten größten betriebswirtschaftlichen Gewinn der Biogasanlage entspricht, wobei regelmäßig und in relativ kurzen Zeitabständen eine oder mehrere die Stabilität des Gärprozesses charakterisierende Kenngrößen bestimmt und automatisiert oder teilautomatisiert berücksichtigt werden, indem der Mengenstrom an zugeführten organischen Stoffen so angepasst wird, dass die Kenngrößen Werte annehmen, die einem stabilen Gärprozess entsprechen.
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Der Methanstrom kann als Volumenstrom durch Multiplikation des durch die Vergärung gebildeten Biogasvolumenstroms mit dem kontinuierlich oder in kurzen Zeitintervallen gemessenen Methangehalt in Volumenanteilen des Biogases berechnet werden. In Biogasanlagen, bei denen die Gasspeicher direkt auf den Gärbehältern installiert wurden, ist eine direkte Messung des durch die Vergärung gebildeten Biogasvolumenstroms nicht möglich, da die Schnittstelle zwischen Gärbehälter und Gasspeicher nicht messtechnisch überwacht werden kann. Weiterhin muss berücksichtigt werden, dass beim Vorhandensein von mehreren Gärbehältern oft auch mehrere Gasspeicher existieren, welche oft in einer Reihenanordnung miteinander verbunden sind. Deshalb muss der allen Gasspeichern zugeführte Biogasvolumenstrom, welcher dem bei der Vergärung gebildeten Biogasvolumenstrom entspricht, indirekt durch eine kontinuierliche Bilanzierung der Gasspeicher ermittelt werden. Er ergibt sich dabei aus der Summe der Ableitungen der Füllvolumina aller angeschlossenen Gasspeicher nach der Zeit zuzüglich der allen angeschlossenen Gasverbrauchseinrichtungen zugeführten Biogasvolumenströme. Gasverbrauchseinrichtungen können je nach Bilanzgrenze Blockheizkraftwerke, Gasaufbereitungsanlagen, Gasbrenner, Gasfackeln oder auch Gasleitungen sein.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, dass der zugeführte Mengenstrom an organischer Trockensubstanz auf der Basis eines empirischen Modells ermittelt wird. Dadurch ist es möglich, den Einfluss von sich mit einer Veränderung des zugegebenen Mengenstroms verändernden Prozessgrößen, wie z. B. der Verweilzeit im Gärbehälter, auf den gebildeten Methanstrom bei der Prozessführung zu berücksichtigen. Um eine extreme Veränderung der Verweilzeit der Stoffe im Gärbehälter infolge einer starken Änderung der zugeführten Menge zu verhindern, ist es sinnvoll, dass der zugeführte Mengenstrom an organischer Trockensubstanz durch eine kombinierte Zugabe von Stoffen mit sich voneinander unterscheidenden Gehalten an organischer Trockensubstanz verändert werden kann. Weiterhin kann auch bei der Verwendung einer einzigen Beschickungseinrichtung, beispielsweise aus einem Mischbehälter, eine Optimierung der Zusammensetzung des Stoffgemisches wirtschaftlich sinnvoll sein.
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Erfindungsgemäß ist es weiterhin, dass als eine der regelmäßig und in relativ kurzen Zeitabständen überwachten Kenngrößen, welche zur Charakterisierung der Stabilität des biologischen Systems dienen, der FOS/TAC-Wert mindestens 1-mal pro Tag ermittelt wird. Im Sinne einer höheren Effizienz des Prozesses ist eine häufigere Bestimmung vorteilhaft. Aufgrund dessen, dass das Methan im Ergebnis von 4 Prozessstufen gebildet wird und somit die FOS/TAC-Werte periodischen Veränderungen zwischen den Beschickungsvorgängen unterworfen sind, sollten FOS/TAC-Werte stets im selben zeitlichen Abstand zu den Beschickungsvorgängen bestimmt werden. Diese Prozesssicherungsebene erhält im Rahmen der Anlagenautomatisierung die höchste Handlungspriorität, mit der sie entsprechend der in der Software hinterlegten Handlungsstrategie einen Sicherheitsbetrieb einleiten oder die Zufuhr der Stoffe vollständig unterbinden kann.
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Als Handlungsstrategie wird vorgeschlagen, den Sicherheitsbetrieb zu initiieren, wenn der FOS/TAC-Wert innerhalb von mindestens 3 Tagen um durchschnittlich mindestens 0,1 pro Tag ansteigt. Beim Sicherheitsbetrieb wird die dem Gärbehälter zugeführte Stoffmenge soweit reduziert, dass pro Kubikmeter Gärbehälternutzvolumen und Tag maximal 2 kg an organischer Trockensubstanz zugeführt werden. Der Sicherheitsbetrieb wird wieder aufgehoben, wenn der FOS/TAC-Wert unter 0,3 fällt. Bei Überschreiten des FOS/TAC-Wertes von 0,6 wird die Stoffzufuhr vollständig unterbunden bis ein FOS/TAC-Wert von 0,4 unterschritten wird. Dann kann in den Sicherheitsbetrieb übergegangen werden.
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Durch die Prozesssicherungsebene kann auch bei starken Veränderungen der zugeführten Menge an organischen Stoffen mit jedem Beschickungsvorgang die Stabilität des biologischen Systems gewährleistet werden.
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Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung besteht darin, dass der FOS/TAC-Wert automatisiert bestimmt wird.
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Dadurch kann der zusätzliche Aufwand bei der Prozessüberwachung, der durch die mit der zunehmenden Flexibilisierung der Biogaserzeugung einhergehenden vermehrten Eingriffe in das biologische System erforderlich wird, reduziert und die Prozessüberwachung vollständig in die automatische Prozessführung integriert werden.
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Die Erfindung wird anhand des folgenden Ausführungsbeispiels erläutert.
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Eine landwirtschaftliche Biogasanlage besteht insbesondere auch aus einem Gärbehälter mit einem Füllvolumen von 2000 m3. Das zugehörige Blockheizkraftwerk weist eine maximale elektrische Leistung von 400 kW auf. Der elektrische Wirkungsgrad beträgt 42% bezogen auf die Feuerungsleistung.
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Als Substrat (Träger der organischen Trockensubstanz) stehen 20.000 t/a Schweinegülle zur Verfügung. Zur Erhöhung der produzierten Gasmenge werden weiterhin 2.500 t/a Getreideschrot eingekauft und direkt in den Gärbehälter gegeben.
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Der eingespeiste elektrische Strom wird mit 0,20 EUR/kWh vergütet.
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Es werden zwei Zustände betrachtet:
Zustand 1: Der Einkaufspreis für den Getreideschrot beträgt 170 €/t
Zustand 2: Der Einkaufspreis für den Getreideschrot beträgt 250 €/t
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Die Substratkosten sowie die Erlöse aus der Stromeinspeisung können als Funktion der produzierten Energiemenge dargestellt werden. Zusätzlich fallen weitere Kosten, z. B. für Kapitaldienst, Personal, Wartungsarbeiten und Elektroenergie, an. Diese werden vereinfachend mit einem konstanten Betrag von 271.000 EUR/a als unabhängig von der erzeugten Energiemenge angenommen.
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Zur Ermittlung der elektrischen Anlagenleistung P in kW, bei welcher der größtmögliche Gewinn G in EUR/h erwirtschaftet wird, werden zunächst die Funktionen der einzelnen Kostenpositionen Ki und der Erlöse Ej in EUR/h in Abhängigkeit von P ermittelt.
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Da sich der für die jeweilige elektrische Anlagenleistung P zuzuführende Substratvolumenstrom und der spezifische Methanertrag der Substrate durch ihre Verknüpfung über die Verweilzeit der Substrate im Gärbehälter gegenseitig beeinflussen, muss die Substratkostenfunktion iterativ bestimmt werden. Diese ist nicht linear, kann aber durch ein Polynom beschrieben werden. Als praktikabel haben sich Polynome 3. Ordnung erwiesen. Die folgende Tabelle zeigt für den Zustand 1 die Funktionen für die Kosten, die Erlöse sowie die Funktion für den Gewinn G
1, die sich durch eine Addition der Kosten- und Erlösfunktionen ergeben.
Substratkosten in EUR/h | KS1 = 0,0000001·P3 – 0,0002·P2 – 0,0083·P |
Sonstige Kosten in EUR/h | KSO = – 30,94 |
Stromerlöse in EUR/h | ES = 0,2·P |
Gewinn in EUR/h | G1 = 0,0000001·P3 – 0,0002·P2 + 0,1917·P – 30,94 |
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Das Maximum der Gewinnfunktion im Bereich der technisch möglichen Produktionsmengen gibt die Produktivität an, bei der der größte Gewinn je Zeiteinheit auftritt. Diese liegt für G1 bei der maximalen Anlagenleistung von 400 kW. Basierend auf der Methode zur iterativen Bestimmung der Funktion KS1 wird der optimale Substratvolumenstrom von 1,890 t/h ermittelt.
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Wie die folgende Tabelle zeigt, ändert sich bei einem höheren Getreidepreis (Zustand 2) die Funktion für die Substratkosten und damit auch die Funktion für den Gewinn.
Substratkosten in EUR/h | KS2 = 0,0000001·P3 – 0,0004·P2 – 0,0123·P |
Sonstige Kosten in EUR/h | KSO = – 30,94 |
Stromerlöse in EUR/h | ES = 0,2·P |
Gewinn in EUR/h | G2 = 0,0000001·P3 – 0,0004·P2 + 0,1877·P – 30,94 |
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Wie 1 zeigt, arbeitet die Anlage nun nicht mehr wirtschaftlich. Um den Schaden in Grenzen zu halten, ist es dennoch sinnvoll, die Anlage mit minimiertem Verlust weiter zu betreiben, da ein komplettes Abschalten der Anlage in diesem Fall durch die dann weiter anfallenden Kapitalkosten mit einem größeren Verlust verbunden wäre.
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Der entsprechende Arbeitspunkt liegt nach der Gewinnfunktion G2 bei einer elektrischen Leistung von 260 kW.
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Die Anlagenautomatisierung signalisiert dem Betreiber, dass es wirtschaftlich sinnvoll wäre, die Anlagenleistung durch eine reduzierte Substratzugabe zu drosseln und die teuren Substrate besser auszunutzen. Es wird eine optimale Beschickungsmenge von 0,896 t/h ausgegeben und durch den Anlagenfahrer realisiert. Parallel dazu wird angeboten, das Modul zur Optimierung der Substratzusammensetzung zu nutzen. Dazu kann der Anlagenfahrer die verfügbaren Mengen an alternativen Substraten sowie deren Kennwerte eingeben, und die Software errechnet unter Berücksichtigung von Randbedingungen, wie z. B. der obligatorischen Nutzung bestimmter Substrate oder von hinsichtlich der Pump- und Rührbarkeit maximalen Trockensubstanzgehalten, die wirtschaftlichste Alternative.
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Nach dem Rückgang der Substratpreise (Zustand 1) kann die Produktivität der Anlage wieder erhöht werden. In dem Bestreben, möglichst schnell den wirtschaftlichsten Anlagenbetrieb zu erreichen, wird dem Gärbehälter über einen Zeitraum von 3 Tagen ein mit 2,200 t/h zu großer Substratstrom zugeführt und damit das Gleichgewicht des biologischen Systems gestört. Der FOS/TAC-Wert, welcher an der Anlage 2-mal pro Tag automatisiert bestimmt wird, erhöht sich innerhalb dieser Zeit von 0,13 auf 0,47. Obwohl dieser Wert für landwirtschaftliche Biogasanlagen nicht als kritisch anzusehen ist [Rieger, C.; Weiland, P.: Prozessstörungen frühzeitig erkennen. Biogas Journal 4/06, 18–20], zeigt jedoch der Anstieg, dass die Konzentration der organischen Säuren im Gärbehälter ansteigt und die Pufferkapazität sinkt. Aufgrund der vorliegenden Informationen über die in den vorherigen Tagen beschickten Substratmengen wird mit Hilfe der Automatisierungseinheit als Ursache für das Ansteigen des FOS/TAC-Wertes eine Überfütterung ermittelt. Auf der Basis der in der Automatisierungseinheit hinterlegten Handlungsstrategie wird die pro Tag und Kubikmeter Gärbehältervolumen zugeführte Menge an organischer Trockensubstanz auf 2 kg/(m3 d) reduziert, wenn ein durchschnittlicher Anstieg des FOS/TAC-Wertes um mehr als 0,1 pro Tag innerhalb eines Zeitraums von mindestens 3 Tagen festgestellt wurde. Das entspricht bei der vorhandenen Substratmischung einem Substratstrom von 1,248 t/h. Obwohl die daraus folgende Reduzierung der Anlagenleistung bei aus biologischer Sicht ungestörtem Betrieb nicht wirtschaftlich optimal wäre, wird die beschriebene Betriebsweise realisiert, da die biologische Stabilität Vorrang hat. Bei Überschreiten eines FOS/TAC-Wertes von 0,6 würde die Beschickung vollständig eingestellt werden.
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Wenn, z. B. nach 5 Tagen, der FOS/TAC-Wert wieder auf Werte kleiner 0,25 gesunken ist, wird der berechnete wirtschaftlichste Substratstrom von 1,890 t/h wieder eingestellt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102010014240 A1 [0013]
- DE 102004037798 A1 [0014]
- DE 102011110638 A1 [0016]
- DD 291743 A5 [0017]
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Rieger, C.; Weiland, P.: Prozessstörungen frühzeitig erkennen. Biogas Journal 4/06, 18–20 [0003]
- Rieger, C.; Weiland, P.: Prozessstörungen frühzeitig erkennen. Biogas Journal 4/06, 18–20 [0006]
- Effenberger, M.; Lebhun, M.: Biologie der Methangärung: die Belastungsgrenzen erkennen. Mais Special 2/2008, 2–7 [0007]
- Rieger, C.; Weiland, P.: Prozessstörungen frühzeitig erkennen. Biogas Journal 4/06, 18–20 [0014]
- Rieger, C.; Weiland, P.: Prozessstörungen frühzeitig erkennen. Biogas Journal 4/06, 18–20 [0041]