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Die Erfindung betrifft ein Herstellungsverfahren für ein Halbzeug nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1.
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Der vollständige Aufbau eines Kraftfahrzeuges wird gemeinhin als Karosserie, in der Fachsprache der Fahrzeugtechnik auch als Fahrzeugaufbau bezeichnet, weil er auf einem Fahrgestell oder einem Fahrwerk basiert. Neben nicht selbsttragenden Karosserien, wie sie heute etwa noch bei Nutz- oder Geländefahrzeugen Verwendung finden, wurden in Anbetracht des anhaltenden Trends zur Gewichtsreduktion im Fahrzeugbau durch Fortschritte in der Blechverarbeitung sogenannte selbsttragende Karosserien ermöglicht. Bei dieser Konstruktionsart bilden Beplankungen, Verstärkungen, Aufnahmebleche, Profile und andere Karosserieteile gemeinsam die tragende Konstruktion und nehmen in ihrer Gesamtheit die in die Karosserie eingeleiteten Kräfte auf.
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Als wesentliches Qualitätskriterium der verwendeten Anbauteile, um elastische Verformungen an deren Fugen gering zu halten und die Entwicklung knarrender Geräusche im Fahrbetrieb zu vermeiden, erweist sich insofern die Steifigkeit dieser Teile. Insofern erlauben nur besonders steife Karosserien die Realisierung geringer Spaltmaße. Ferner übt die Steifigkeit – insbesondere auf schlechten Straßen oder in Extremsituationen – einen maßgeblichen Einfluss auf das Fahrverhalten des vollständigen Fahrzeugs aus. Um Schwingungsanregungen durch Motor und Fahrwerk zu minimieren, muss die Eigenfrequenz der Karosserie entsprechend abgestimmt werden. Die als diesbezüglicher Maßstab typischerweise herangezogene sogenannte dynamische Steifigkeit liegt etwa bei Stufenhecklimousinen der oberen Mittelklasse zwischen 35 und 47 Hz.
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Der Stand der Technik umfasst daher unterschiedlichste Fügeverfahren für Karosserieanbauteile, um die statische und dynamische Steifigkeit des resultierenden Kraftfahrzeugs zu maximieren. Die verwendeten Metallwerkstoffe werden dabei häufig in Form sogenannten Halbzeugs wie vorgefertigter Bleche, Stangen, Rohre oder Coils geliefert. Dem Fachmann steht anwendungsabhängig eine Vielfalt unterschiedlichsten Halbzeugs zur Auswahl, welches sich jeweils durch spezifische Material- und Oberflächenqualität, Form, Abmessungen oder Toleranz auszeichnet.
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In Weiterentwicklung konventioneller Klebe-, Punktschweiß-, Laserschweiß- oder Löttechniken offenbart etwa
DE 196 40 612 C1 ein Halbzeug, zu dessen Herstellung überlappend miteinander zu verbindende Flachprodukte aus metallischen Grundwerkstoffen in einem Walzspalt gefügt werden, in den die Produkte unter einem spitzen Winkel eingeführt sind. Vor der endgültigen Flächenpressung im Walzspalt werden die Produkte dabei durch Strahlungsenergie an den einander zugekehrten Oberflächen erwärmt. Durch geeignete Profilierung eines Walzenmantels oder eines der Produkte wird deren Flächenpressung im Walzspalt auf den Bereich des Überlappstoßes begrenzt und ein Materialfluss quer zu dessen Richtung unterbunden oder zumindest beschränkt.
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Ein Nachteil dieses Ansatzes liegt in seinem Verzicht auf die etablierte Verbindungstechnik des Schmelzschweißens, welche im Fahrzeugbau seit Jahrzehnten etabliert ist und sich angesichts der breiten Verfügbarkeit entsprechend optimierten Werkzeugs sowie des einschlägigen Erfahrungsschatzes der im Rahmen der Montage eingesetzten Fachkräfte in besonderem Maße zur Verwendung im Karosseriebau anbietet.
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Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Herstellungsverfahren für ein Halbzeug bereitzustellen, welches mittels konventioneller Techniken zu einem Anbauteil für eine Fahrzeugkarosserie, insbesondere Stahlkarosserie, weiterverarbeitet werden kann.
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Diese Aufgabe wird durch ein Herstellungsverfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
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Die Erfindung beruht auf dem allgemeinen Gedanken, ein Stahlblech in einem Walzverfahren mit mindestens einem Aluminiumblech zu plattieren und außerhalb des plattierten Überlappungsbereichs abzukanten. Das so erhaltene Halbzeug weist somit zwei über die gewählte Biegekante voneinander abgewinkelte Schenkel unterschiedlicher Materialbeschaffenheit auf: Während der erste Schenkel mittels einer Schmelzschweißtechnik mit einem weiteren Werkstück aus Aluminium zu einem Karosserieanbauteil zusammengefügt werden kann, kann der zweite Schenkel eine entsprechende Verbindung mit einer gattungsgemäßen Fahrzeugkarosserie eingehen. Der erfindungsgemäße Kantenverlauf abseits des hybriden Überlappungsbereichs trennt die beiden Schenkel dabei so voneinander ab, dass ein Schenkel zumindest teilweise ausschließlich aus Aluminiumblech, der andere Schenkel zumindest teilweise nur aus Stahlblech besteht. Gleichzeitig verhindert die beschriebene Geometrie eine übermäßige plastische Verformung des vergleichsweise spröden Aluminiumblechs, welche andernfalls zum Zerreißen des Halbzeugs im Rahmen des Herstellungsprozesses führen könnte. Erfindungsgemäß ist die Kante vielmehr derart orientiert, dass zur Fertigung des insgesamt winkligen Halbzeugs lediglich das Stahlblech abgekantet werden muss, welches angesichts seiner hohen Duktilität etwa durch Tiefziehen, Biegen oder Recken kalt geformt werden kann, ohne zu versagen.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist das Stahlblech sogar in zwei Überlappungsbereichen, beispielsweise an den gegenüberliegenden Seiten eines länglichen Stahlbandes, mit unterschiedlichen Aluminiumblechen walzplattiert. Wird das Stahlblech nunmehr entlang beider Überlappungsbereiche wie beschrieben abgekantet, so lässt sich das Halbzeug als U-förmiger Träger mit einer aus Stahlblech gebildeten Stirnfläche gestalten, welche als Auflage mit einer entsprechenden stählernen Gegenoberfläche der Karosserie zusammenwirken kann. Geometrische Strukturen nahezu beliebiger Komplexität entstehen, wenn nicht lediglich das Stahlblech selbst, sondern zudem die das Stahlblech umrahmenden Aluminiumbleche selbst jenseits der Überlappungsbereiche abgekantet werden.
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Zur Erhöhung der Steifigkeit empfiehlt sich schließlich eine lokale Umformung des Stahlblechs in seinem Mittelbereich, bei welcher eine sogenannte Sicke in das Stahlblech eingedrückt wird. Neben einer örtlichen Versteifung der gesamten Karosserie kann das Einbringen einer derartigen Sicke bei richtiger Auslegung im Stahlblech durch den erfindungsgemäßen Umformprozess hervorgerufene Spannungsspitzen abmildern sowie vor allem bei Verwendung großer, ebener Bleche zur Vermeidung von Dröhngeräuschen beitragen.
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Weitere wichtige Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen, aus den Zeichnungen und aus der zugehörigen Figurenbeschreibung anhand der Zeichnungen.
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Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.
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Bevorzugte Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und werden in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert, wobei sich gleiche Bezugszeichen auf gleiche oder ähnliche oder funktional gleiche Bauteile beziehen.
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Dabei zeigen, jeweils schematisch:
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1 die Draufsicht einer Ausgangsanordnung dreier mittels eines erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens zu einem Halbzeug zu verarbeitender Bleche,
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2a eine Draufsicht der Bleche in einer zweiten Phase des Herstellungsverfahrens,
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2b eine Seitenansicht der Bleche in der zweiten Phase des Herstellungsverfahrens,
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3a eine Draufsicht der Bleche in einer dritten Phase des Herstellungsverfahrens beim Einbringen einer Sicke,
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3b eine Seitenansicht der Bleche in der dritten Phase des Herstellungsverfahrens,
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4a eine Draufsicht des gemäß des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens aus den Blechen gefertigten Halbzeugs in seinem Endzustand,
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4b eine dem Zustand der 4a entsprechende Seitenansicht des Halbzeugs,
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5a eine Draufsicht des fertigen Halbzeugs in einem alternativen Endzustand und
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5b eine der Alternative der 5a entsprechende Seitenansicht des Halbzeugs.
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Die prinzipielle Darstellung gemäß 1 illustriert den Ausgangspunkt eines Herstellungsverfahrens für ein Halbzeug gemäß einer ersten Ausführungsform der Erfindung. Als erster Ausgangswerkstoff dient dabei Stahl, wobei angesichts der diesbezüglich uneinheitlichen Begriffsbestimmung vorliegend jedwede metallische Legierung diesem Oberbegriff unterfällt, deren Hauptbestandteil Eisen ist und die – etwa im Unterschied zum Gusseisen – im Rahmen eines erfindungsgemäßen Prozesses umform- und oberflächentechnisch verarbeitet werden kann. Die von der Definition gemäß DIN EN 10020: 2000-07, Punkt 2.1 erfassten Werkstoffe seien dabei ausdrücklich erfasst.
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Als zweiter Ausgangsstoff kommt Aluminium zum Einsatz, welches zur anwendungsspezifischen Förderung oder Unterdrückung bestimmter Eigenschaften auch in schmelzflüssigem Zustand mit Kupfer, Magnesium, Mangan, Silicium, Eisen, Titan, Beryllium, Lithium, Chrom, Zink, Zirconium oder Molybdän legiert worden sein mag. In Betracht kommen insbesondere die im Rahmen der Platten- und Bandproduktion häufig verwendeten sogenannten Aluminiumknetlegierungen, welche sich für ein Warm- und Kaltumformen mittels Walzen, Strangpressen oder Schmieden als besonders geeignet erweisen.
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Beide Materialien liegen für die Anwendung des in Rede stehenden Verfahrens in Form von Blechstreifen 3, 4, 7 vor und werden in einem ersten Verarbeitungsschritt in ihren in den 2a und 2b dargestellten Zwischenzustand überführt. Konkret wird das Stahlblech 3 mittels eines als Walzschweißplattieren bekannten Beschichtungsverfahrens in einem ersten Überlappungsbereich 5 mit dem ersten Aluminiumblech 4 und in einem zweiten Überlappungsbereich 8 mit dem zweiten Aluminiumblech 5 überzogen, indem die genannten Werkstücke – vorzugsweise gemeinsam – erhitzt und unter hohem Walzdruck in den Überlappungsbereichen 5, 8 ausgewalzt werden. Dabei können die Bleche 3, 4, 7 optional in dünne Knopfbleche eingehüllt und Letztere später durch Beizen entfernt werden.
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Das gemäß der 2a und 2b mit den Aluminiumblechen 4, 7 walzplattierte Stahlblech 3 wird nunmehr manuell oder maschinell einer Umformung in seinem Mittelbereich unterzogen, deren Ergebnis die 3a und 3b illustrieren. Es entsteht somit eine parallel zu den Überlappungsbereichen 5, 8 verlaufende, im Wesentlichen gleichmäßig von Letzteren beabstandete rinnenförmige Vertiefung in Gestalt einer Sicke 12.
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Den aus einem letzten Bearbeitungsschritt resultierenden Endzustand des durch die Bleche 3, 4, 7 gebildeten Halbzeugs 1 zeigen schließlich die 4a und 4b. Wie insbesondere die Seitenansicht der 4b erkennen lässt, wurde das Stahlblech 3 in einer abschließenden Phase entlang einer an den ersten Überlappungsbereich 5 angrenzenden ersten Biegekante 6 sowie analog entlang einer an den zweiten Überlappungsbereich 8 angrenzenden zweiten Biegekante 9 unter Mitnahme der Aluminiumbleche 4, 7 näherungsweise rechtwinklig zu einem hufeisenförmigen Träger mit ebener Auflagefläche verbogen. Hierzu wurde gemäß einem bei Blechen auch als Abkanten bezeichneten Verfahren ein mechanisches Biegemoment in das Halbzeug 1 eingeleitet und somit eine plastische, das heißt dauerhafte Umformung des Stahlblechs 3 herbeigeführt.
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Die 5a und 5b indes zeigen einen alternativen Endzustand des erfindungsgemäßen Herstellungsverfahrens in Gestalt eines – wie insbesondere aus 5b ersichtlich – komplexeren Halbzeugs 2, bei welchem nicht lediglich das Stahlblech 3, sondern zudem das erste Aluminiumblech 4 sowie das zweite Aluminiumblech 7 entlang weiterer Biegekanten 10, 11 abgekantet wurden, um näherungsweise koplanare Auflageflächen für einen Aluminium-Dachspriegel, einen Türseitenaufprall- oder Sitzquerträger oder eine anderweitige Längsträgerstruktur zu formen.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- DIN EN 10020: 2000-07, Punkt 2.1 [0025]