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Die vorliegende Erfindung betrifft ein, insbesondere robotergeführtes, chirurgisches Instrument, einen Chirurgie-Roboter mit einem solchen Instrument sowie Verfahren zum Auslegen und zum körperfernen Aktuieren eines solchen Instruments.
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Insbesondere in der robotergestützten minimalinvasiven Chirurgie werden Instrumente häufig durch gegenläufige Zugmittelpaare aktuiert.
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Beispielsweise kann eine Backe einer Aderklemme, die mit einer Treibscheibe gekoppelt ist, durch gegensinnige Aktuierung von zwei Seilsträngen, die die Treibscheibe umschlingen, rotiert werden, um die Aderklemme zu schließen bzw. zu öffnen.
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Um ein Durchhängen der Seilstränge und ein Durchrutschen auf der Treibscheibe zu verhindern, sind die Seilstränge vorgespannt. Diese Vorspannung belastet jedoch die Seilstränge und Lagerungen und limitiert die von der Backe maximal aufbringbare Kraft, wobei vorliegend zur kompakteren Darstellung auch ein antiparalleles Kräftepaar, d. h. ein Drehmoment, verallgemeinernd als Kraft bezeichnet wird.
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Eine Aufgabe einer Ausführung der vorliegenden Erfindung ist es, ein verbessertes, insbesondere robotergeführtes, chirurgisches Instrument zur Verfügung zu stellen bzw. dessen Betrieb zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird durch ein chirurgisches Instrument mit den Merkmalen des Anspruchs 1 bzw. Verfahren mit den Merkmalen der Ansprüche 14, 15 gelöst. Anspruch 13 stellt einen Chirurgie-Roboter mit einem entsprechenden Instrument unter Schutz. Die Unteransprüche betreffen vorteilhafte Weiterbildungen.
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Nach einem Aspekt der vorliegenden Erfindung weist ein chirurgisches Instrument ein oder mehrere vorgespannte Zugmittelpaare mit jeweils einem ersten Zugmitteltrum und einem gegenläufigen zweiten Zugmitteltrum zum gegensinnigen Aktuieren eines Freiheitsgrads des Instruments durch eine Eintriebsanordnung auf.
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Ein Zugmittel kann insbesondere seil- bzw. kabelartig oder band- bzw. riemenartig, insbesondere flach-, keil- und/oder rippenband- bzw. riemenartig ausgebildet sein. Es kann in einer Ausführung Kunststoff und/oder Metall aufweisen, insbesondere hieraus bestehen.
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Unter einem Zugmitteltrum wird vorliegend insbesondere der (freie) Abschnitt eines Zugmittels zwischen einem Eintriebsglied der Eintriebsanordnung und einem Abtriebsglied einer Abtriebsanordnung, insbesondere einer Endeffektorabtriebsanordnung, verstanden.
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In einer Ausführung ist ein Zugmittel axialfest – bezogen auf eine Längsachse des Zugmittels – an dem Ein- und Abtriebsglied dauerhaft oder lösbar, insbesondere reib-, stoff- oder formschlüssig fixiert. Dann stellt das Zugmittel bzw. dessen Abschnitt zwischen den Befestigungen an Ein- und Abtriebsglied das Zugmitteltrum im Sinne der vorliegenden Erfindung dar. In einer anderen Ausführung umschlingt das Zugmittel das Ein- und Abtriebsglied reibschlüssig jeweils wenigstens teilweise. Dann stellt ein Abschnitt des Zugmittels zwischen dem Auf- bzw. Ablauf von dem bzw. auf das Ein- und Abtriebsglied jeweils ein Zugmitteltrum im Sinne der vorliegenden Erfindung dar. Insofern kann ein Zugmitteltrum im Sinne der vorliegenden Erfindung gleichermaßen einen festen Bereich eines (fixierten) Zugmittels oder einen veränderlichen Bereich eines (auf- bzw. ablaufenden) Zugmittels bezeichnen. In einer Ausführung umschlingt ein einseitig offenes Zugmittel reibschlüssig wenigstens teilweise das Eintriebsglied, wobei seine beiden Enden jeweils an dem gegenüberliegenden Abtriebsglied fixiert sind. Dann stellt ein Abschnitt des Zugmittels zwischen dem Auf- bzw. Ablauf von dem bzw. auf das Eintriebsglied und der Befestigung an dem Abtriebsglied jeweils ein Zugmitteltrum im Sinne der vorliegenden Erfindung dar. In einer anderen Ausführung umschlingt umgekehrt ein einseitig offenes Zugmittel reibschlüssig wenigstens teilweise das Abtriebsglied, wobei seine beiden Enden jeweils an dem gegenüberliegenden Eintriebsglied fixiert sind. Dann stellt ein Abschnitt des Zugmittels zwischen dem Auf- bzw. Ablauf von dem bzw. auf das Abtriebsglied und der Befestigung an dem Eintriebsglied jeweils ein Zugmitteltrum im Sinne der vorliegenden Erfindung dar.
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Dementsprechend können in einer Ausführung das erste Zugmitteltrum und das zweite Zugmitteltrum eines oder mehrere Zugmittelpaare jeweils abtriebs-, insbesondere endeffektorseitig und/oder eintriebsseitig miteinander verbunden oder separat voneinander an einem Ein- und/oder Abtriebsglied befestigt sein. Ein oder mehrere Zugmittelpaare können entsprechend geschlossen bzw. ringartig, halboffen bzw. einseitig verbunden oder durch zwei separate Zugmittel ausgebildet sein.
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In einer Ausführung werden das erste und zweite Zugmitteltrum durch dasselbe Eintriebsglied aktuiert und/oder aktuieren dasselbe Abtriebsglied. Beispielsweise können sie eine Treibscheibe umschlingen oder an zwei Schenkeln einer Wippe fixiert sein. Gleichermaßen können das erste und zweite Zugmitteltrum durch separate Eintriebsglieder aktuiert werden und/oder separate Abtriebsglieder aktuieren, wobei in einer Weiterbildung die separaten Eintriebsglieder der Eintriebsanordnung bzw. die separaten Abtriebsglieder der Abtriebsanordnung vorzugsweise, insbesondere mechanisch, hydraulisch, pneumatisch und/oder steuerungstechnisch, gegensinnig synchronisiert sind. Beispielsweise können zwei gegensinnig synchronisierte Linearaktuatoren das erste und zweite Zugmitteltrum gegenläufig einziehen bzw. ausgeben oder zwei Zugmittelenden zwei Koppelstücke eines Mechanismus, beispielsweise eines Parallelogramm-Mechanismus, gegenläufig verstellen. Zwischen Eintriebsanordnung und Abtriebsanordnung können in einer Ausführung ein oder mehrere Führungs- und/oder Koppelglieder, insbesondere Scheiben, angeordnet sein, die die Zugmitteltrume führen bzw. koppeln.
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Der durch ein Zugmittelpaar gegensinning aktuierte Freiheitsgrad kann insbesondere ein Bewegungsfreiheitsgrad, insbesondere ein translatorischer oder rotatorischer Freiheitsgrad, eines Endeffektors des Instruments sein, beispielsweise die Drehung eines Skalpells, eines Hakens oder einer Backe einer Klemme, Schere, Zange oder dergleichen. Entsprechend kann die Abtriebsanordnung eine Endeffektorabtriebsanordnung und das bzw. die Abtriebsglieder mit dem ein- oder mehrteiligen Endeffektor gekoppelt, insbesondere fest verbunden sein. Gleichermaßen kann der Freiheitsgrad auch ein Gelenkfreiheitsgrad eines gelenkigen Instrumentenschaftes oder dergleichen sein. Entsprechend kann die Abtriebsanordnung eine Instrumentenschaftabtriebsanordnung und das bzw. die Abtriebsglieder mit dem gelenkigen Instrumentenschaft gekoppelt sein. In einer Ausführung ist der Freiheitsgrad ein Schwenkfreiheitsgrad eines Endeffektors relativ zu einem Instrumentenschaft, an dem der Endeffektor beweglich bzw. gelenkig gelagert ist, oder ein Schwenkfreiheitsgrad eines Instrumentenschaftteils relativ zu einem anderen Instrumentenschaftteil, an dem der Endeffektor beweglich bzw. gelenkig gelagert ist.
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In einer Ausführung sind zur gegensinnigen Aktuierung von zwei oder mehr Freiheitsgraden des Instruments, insbesondere eines Endeffektors, mehrere gegenläufige Zugmittelpaare vorgesehen, wobei nachfolgend zur kompakteren Darstellung die vorliegende Erfindung insbesondere anhand eines Zugmittelpaares näher erläutert wird.
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Die nachfolgend noch näher erläuterte 1 zeigt ein statisches Gleichgewicht zwischen einer Eintriebskraft FA auf ein Eintriebsglied A und einem Reaktionsmoment MR, welches infolge einer Anlage eines Endeffektors 3.1 auf ein Abtriebsglied 3 wirkt.
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Ein- und Abtriebsglied sind über ein Zugmittelpaar mit einem ersten Zugmitteltrum 1 und einem gegenläufigen zweiten Zugmitteltrum 2 gekoppelt, die jeweils durch ein Vorspannmittel vorgespannt sind, so dass sie im unaktuierten Zustand eine Zugvorspannung bzw. Vorspannschnittkraft FV aufweisen.
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Infolge der Eintriebskraft FA bzw. des Reaktionsmoments MR erhöht sich die Zugspannung bzw. Schnittkraft F1 im ziehenden ersten Zugmitteltrum 1 um einen elastischen Anteil (Δl·c1), der sich aus der zusätzlichen Längung Δl und der Zugsteifigkeit c1 dieses Zugmitteltrums bestimmt: F1 = FV + Δl·c1 (1)
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Entsprechend reduziert sich die Zugspannung bzw. Schnittkraft F2 im nachgebenden zweiten Zugmitteltrum 2 um einen elastischen Anteil (Δl·c2), der sich aus der gegenläufigen Verkürzung Δl und der Zugsteifigkeit c2 dieses Zugmitteltrums bestimmt: F2 = FV – Δl·c2 (2)
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Das Reaktionsmoment MR ergibt sich aus dem statischen Momentengleichgewicht mit diesen beiden Schnittkräften F1, F2 und dem Hebelarm r zu: MR = (F1 – F2)·r (3) und mit Gl. (1), (2) zu MR = (c1/c2 + 1)·(c2·Δl)·r (4)
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Das maximale Reaktionsmoment MR,max und damit die maximal von dem Endeffektor auf die Umgebung ausübbare Kraft bzw. die maximal übertragbare Eintriebskraft FA,max ergibt sich bei verschwindender Zugspannung bzw. Schnittkraft F2 = 0 im nachgebenden zweiten Zugmitteltrum 2: FV = Δl·c2 (5)
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Eingesetzt in (4) folgt MR,max = (c1/c2 + 1)·FV·r (7)
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Man erkennt, dass bei einer Vergrößerung des Verhältnisses der Zugsteifigkeiten des ersten und zweiten Zugmitteltrums bei gleicher Vorspannung des Zugmittelpaares das maximale Reaktionsmoment MR,max und damit insbesondere eine maximal von einem Endeffektor auf die Umgebung ausübbare Kraft vergrößert werden kann, bzw. umgekehrt für dasselbe maximale Reaktionsmoment nur eine geringere Vorspannung FV erforderlich ist. Da die Vorspannung insbesondere die Zugmittel, aber auch Lager belastet und schwierig aufzuprägen ist, kann durch eine Vergrößerung des Verhältnisses der Zugsteifigkeiten somit in vorteilhafter Weise das Instrument verbessert, insbesondere seine Lebensdauer infolge einer verminderten Lager- und Zugmittelbelastung erhöht und/oder seine Bedienung infolge eines erhöhten maximalen Reaktionsmoments und damit insbesondere einer erhöhten maximal von einem Endeffektor auf die Umgebung ausübbaren Kraft verbessert werden.
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Entsprechend weist nach einem Aspekt der vorliegenden Erfindung das erste Zugmitteltrum wenigstens eines vorgespannten Zugmittelpaars, vorzugsweise von zwei oder mehr, insbesondere von allen vorgespannten Zugmittelpaaren des chirurgischen Instruments, jeweils eine größere Zugsteifigkeit auf als das zweite Zugmitteltrum dieses Zugmittelpaars.
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Unter einer Zugsteifigkeit c wird vorliegend, wie sich insbesondere aus Gl. (1), (2) ergibt, insbesondere das Verhältnis bzw. der Quotient einer Zugkraft F auf das Zugmitteltrum bzw. einer Zugspannung in dem Zugmitteltrum zu einer dadurch bewirkten bzw. diese bewirkenden Längung Δl bzw. Dehnungszunahme (Δl/l) des Zugmitteltrums verstanden (c = F/Δl), vorzugsweise absolut oder spezifisch bzw. bezogen auf die Länge l des Zugmitteltrums (c = F/(Δl/l)). Ein ansonsten gleiches, doppelt so langes Zugmitteltrum weist also eine kleinere absolute Zugsteifigkeit im Sinne der vorliegenden Erfindung auf (da sich beide Hälften jeweils dehnen und so eine größere Gesamtlängung Δl ergeben), jedoch dieselbe spezifische bzw. auf die Länge bezogene Zugsteifigkeit im Sinne der vorliegenden Erfindung.
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Ändert sich die Zugsteifigkeit, beispielsweise in Abhängigkeit von der Dehnungszunahme bzw. Zugspannung, so ist in einer Ausführung die Zugsteifigkeit des ersten Zugmitteltrums wenigstens für Zug- bzw. Schnittkräfte in den Zugmitteltrumen größer als die Zugsteifigkeit des zweiten Zugmitteltrums, die wenigstens 1 N und/oder höchstens 500 N, insbesondere höchstens 100 N, insbesondere wenigstens 10 N betragen, d. h. insbesondere wenigstens in einem normalen Arbeitsbereich. In einer Weiterbildung ist die Zugsteifigkeit des ersten Zugmitteltrums stets größer als die Zugsteifigkeit des zweiten Zugmitteltrums. Es versteht sich, dass für die Zugsteifigkeit auf normale Betriebsbedingungen Bezug genommen ist. Entsprechend ist in einer Ausführung die Zugsteifigkeit des ersten Zugmitteltrums wenigstens für Temperaturen größer als die Zugsteifigkeit des zweiten Zugmitteltrums, die zwischen 10°C und 40°C liegen.
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Es hat sich herausgestellt, dass die Zugsteifigkeit des ersten Zugmittetrums vorteilhafterweise wenigstens 10%, insbesondere wenigstens 25% und vorzugsweise wenigstens 50% größer ist als die Zugsteifigkeit des zweiten Zugmittetrums.
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Die Zugsteifigkeit eines Zugmitteltrums hängt insbesondere von dessen Material, insbesondere von dessen Elastizitätskoeffizienten bzw. Elastizitätsmoduls ab. Dementsprechend weist in einer Ausführung ein Material, aus dem das erste Zugmitteltrum ganz oder wenigstens teilweise besteht, eine größere Zugsteifigkeit, insbesondere einen größeren Elastizitätsmodul, auf als ein Material, aus dem das zweite Zugmitteltrum ganz oder wenigstens teilweise besteht. In diesem Fall können das erste und zweite Zugmitteltrum, wenigstens im Wesentlichen, dieselbe Geometrie, insbesondere gleiche Querschnitte, aufweisen, was insbesondere die Handhabung vereinfachen kann. In einer Ausführung weist ein Material, aus dem das erste Zugmitteltrum ganz oder wenigstens teilweise besteht, eine Zugsteifigkeit, insbesondere einen Elastizitätsmodul, auf, die bzw. der wenigstens 10%, insbesondere wenigstens 25% und vorzugsweise wenigstens 50% größer ist als die Zugsteifigkeit bzw. der Elastizitätsmodul eines Materials, aus dem das zweite Zugmitteltrum ganz oder wenigstens teilweise besteht.
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Die Zugsteifigkeit eines Zugmitteltrums hängt insbesondere von dessen Geometrie, insbesondere von dessen Querschnittsfläche ab. Dementsprechend weist in einer Ausführung das erste Zugmitteltrum geometrie-, insbesondere querschnittsbedingt, eine größere Zugsteifigkeit auf als das zweite Zugmitteltrum. Insbesondere kann das erste Zugmitteltrum über seiner ganzen Länge oder wenigstens über einen Teilbereich hiervon eine größere, insbesondere minimale, Querschnittsfläche aufweisen als das zweite Zugmitteltrum. Das erste und/oder zweite Zugmitteltrum können jeweils ein- oder mehrsträngig sein. Entsprechend kann das erste Zugmitteltrum in einer Ausführung mehr, insbesondere gleiche, Stränge aufweisen als das zweite Zugmitteltrum. Bei geometriebedingt größerer Zugsteifigkeit des ersten Zugmitteltrums können das erste und zweite Zugmitteltrum, wenigstens im Wesentlichen, dasselbe Material aufweisen, was insbesondere die Herstellung vereinfachen kann. In einer Ausführung weist das erste Zugmitteltrum eine minimale Querschnittsfläche auf, die wenigstens 10%, insbesondere wenigstens 25% und vorzugsweise wenigstens 50% größer ist als eine minimale Querschnittsfläche des zweiten Zugmitteltrums.
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Die beiden vorstehenden Aspekte können miteinander kombiniert sein. Insbesondere kann das erste Zugmitteltrum durchgehend oder wenigstens abschnittsweise ein Material mit einem größeren Elastizitätsmodul und eine größere Querschnittsfläche, insbesondere Strangzahl, aufweisen als das zweite Zugmitteltrum.
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In einer Ausführung sind die Zugmitteltrume durchgehend aus demselben Material und weisen einen konstanten Querschnitt auf. Gleichermaßen können das erste und/oder Zugmitteltrum auch abschnittsweise unterschiedliche Materialien und/oder Geometrien aufweisen. Mechanisch entspricht dies einer Reihenschaltung von Federn bzw. Zugsteifigkeiten. Entsprechend kann durch wenigstens einen Abschnitt mit einer lokal höheren Zugsteifigkeit, insbesondere aus einem Material mit einem lokal größeren Elastizitätsmodul und/oder einer lokal größeren Querschnittsfläche, die Zugsteifigkeit des ersten Zugmitteltrums erhöht und/oder durch wenigstens einen Abschnitt mit einer lokal kleineren Zugsteifigkeit, insbesondere aus einem Material mit einem lokal kleineren Elastizitätsmodul und/oder einer lokal kleineren Querschnittsfläche, die Zugsteifigkeit des zweiten Zugmitteltrums reduziert werden. Ein solcher Abschnitt kann insbesondere von beiden Enden des jeweiligen Zugmitteltrums, insbesondere Befestigungen bzw. einem Auf- bzw. Ablaufbereich, beabstandet sein, so dass das erste und zweite Zugmitteltrum in einer Ausführung einander entsprechende Endbereiche aufweisen, was insbesondere die Handhabung vereinfachen kann.
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Wie vorstehend erläutert, kann durch Erhöhung der Zugsteifigkeit des jeweils ziehenden Zugmittel- bzw. Lasttrums eines Zugmittelpaares das aufbringbare Moment bzw. die aufbringbare Kraft bei gleicher Vorspannung erhöht bzw. die erforderliche Vorspannung reduziert werden. Viele gegenläufige Zugmittelpaare weisen eine Hauptarbeitsrichtung auf, in der größere Kräfte bzw. Momente zu übertragen sind als in der gegensinnigen Richtung. Beispielsweise sind regelmäßig größere Kräfte bzw. Momente zum Schließen von Backen von Zangen, Scheren, Klemmen oder dergleichen erforderlich als zu deren Öffnen. Gleichermaßen sind regelmäßig größere Kräfte bzw. Momente zum Zustellen einer Klinge, insbesondere eines Skalpells, in Richtung ihrer Schneidkante bzw. zum Schneiden erforderlich als zum Abheben bzw. Lösen. Entsprechend ist in einer Ausführung das erste Zugmitteltrum, das die größere Zugsteifigkeit aufweist, zum Aktuieren des Freiheitsgrads in einer Hauptarbeitsrichtung, insbesondere zum Schließen oder Schneiden, eingerichtet. Unter einer Hauptarbeitsrichtung wird insbesondere diejenige Richtung verstanden, in der im Betrieb die größeren Kräfte bzw. Momente aufgeprägt werden (sollen). In einer Ausführung sind die Hauptarbeitsrichtungen von zwei Zugmittelpaaren, deren erstes Zugmitteltrum jeweils eine größere Zugsteifigkeit aufweist, gegensinnig, wie dies insbesondere bei zwei Backen einer Zange, Schere, Klemme oder dergleichen der Fall ist.
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Um ein Durchhängen fixierter Zugmittel und/oder ein Durchrutschen umschlingender Zugmittel zu vermeiden, ist das Zugmittelpaar vorgespannt. Hierzu ist in einer Ausführung ein Vorspannmittel zum gemeinsamen Vorspannen des ersten und zweiten Zugmitteltrums eines oder mehrerer Zugmittelpaare vorgesehen. In einer anderen Ausführung ist ein, insbesondere mehrteiliges, Vorspannmittel zum separaten Vorspannen des ersten und zweiten Zugmitteltrums eines oder mehrerer Zugmittelpaare vorgesehen. Ein Vorspannmittel bzw. ein Teil eines mehrteiligen Vorspannmittels kann in einer Ausführung eine oder mehrere mechanische, hydraulische, pneumatische, magnetische und/oder elektromagnetische Federn aufweisen, wobei eine (elektro)magnetische Feder im Sinne der vorliegenden Erfindung zwei einander (elektro)magnetisch abstoßende oder anziehende Elemente aufweist. In einer Ausführung ist das Vorspannmittel ver- bzw. einstellbar, beispielsweise durch Änderung einer Federhärte, Vorspannlänge oder dergleichen.
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Ein chirurgisches Instrument kann manuell aktuiert werden. In einer bevorzugten Ausführung eines, insbesondere robotergeführten, chirurgischen Instruments weist es zusätzlich oder alternativ eine Aktuatoranordnung mit einem oder mehreren Aktuatoren auf. Ein Aktuator kann insbesondere einen oder mehrere Elektromotoren aufweisen. Ein Aktuator ist jeweils mit einem oder mehreren Eintriebsgliedern einer Eintriebsanordnung eines Zugmittelpaares wirkverbindbar, insbesondere wirkverbunden, vorzugsweise derart, dass er das erste und zweite Zugmitteltrum gegenläufig, insbesondere gegensinnig synchron, aktuiert. Er kann mit der Eintriebsanordnung direkt oder insbesondere über ein Getriebe wirkverbindbar, insbesondere wirkverbunden sein. Das Getriebe kann insbesondere ein Zugmittelgetriebe aufweisen. Entsprechend kann ein Eintriebsglied in einer Ausführung über ein Zugmittelpaar mit der Abtriebsanordnung und über ein weiteres Zugmittelpaar mit dem Aktuator wirkverbindbar, insbesondere wirkverbunden sein.
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Wie einleitend erläutert, ist ein erfindungsgemäßes Instrument insbesondere für die minimalinvasive Chirurgie geeignet. Entsprechend weist es in einer Ausführung einen Instrumentenschaft auf, in dem das oder die Zugmittelpaare angeordnet sind, und der zum Einführen durch eine natürliche oder minimalinvasive Körperöffnung, insbesondere einen sogenannten Trokar, eingerichtet ist. Das Instrument kann entsprechend insbesondere ein endoskopisches Instrument mit einem Endeffektor zum Einführen in einen Körper und einer gegenüberliegenden extrakorporalen Aktuatoranordnung sein.
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Wie ebenfalls einleitend erläutert, ist ein erfindungsgemäßes Instrument insbesondere für die minimalinvasive Roboterchirurgie geeignet. Entsprechend weist es in einer Ausführung eine Schnittstelle zur Anbindung an einen Roboter auf. Die Schnittstelle kann insbesondere an dem Instrumentenschaft und/oder einer Aktuatoranordnung angeordnet sein. In einer Ausführung weist die Schnittstelle eine mechanische und/oder magnetische, insbesondere elektromagnetische Kupplung zum Ankoppeln an einen Roboter, und/oder eine Schnittstelle zur Übertragung von Signalen, elektrischer Energie und/oder Fluiden, insbesondere Gasen und/oder Flüssigkeiten, zwischen dem Roboter und dem Instrument auf.
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Nach einem Aspekt der vorliegenden Erfindung wird eine Zugsteifigkeit des ersten Zugmitteltrums eines oder mehrerer vorgespannter Zugmittelpaare größer ausgelegt als eine Zugsteifigkeit des zweiten Zugmitteltrums des jeweiligen Zugmittelpaares, insbesondere durch entsprechende Vorgabe eines Materials und/oder einer Geometrie des jeweiligen Zugmitteltrums. Nach einem anderen Aspekt der vorliegenden Erfindung ist eine Zugspannungszunahme in dem ersten Zugmitteltrum eines oder mehrerer vorgespannter Zugmittelpaare infolge einer Aktuierung der Eintriebsanordnung dieses Zugmittelpaares aufgrund von dessen größerer Zugsteifigkeit größer als eine gegensinnige Zugspannungsabnahme in dem zweiten Zugmitteltrum dieses Zugmittelpaares, wobei das Instrument körperfern aktuiert wird, beispielsweise zum Reinigen, Testen oder dergleichen.
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Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus den Unteransprüchen und den Ausführungsbeispielen. Hierzu zeigt, teilweise schematisiert:
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1: einen Teil eines chirurgischen Instruments nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung; und
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2: einen Teil eines chirurgischen Instruments nach einer weiteren Ausführung der vorliegenden Erfindung in 1 entsprechender Darstellung.
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1, auf die vorstehend bereits Bezug genommen wurde, zeigt einen Teil eines chirurgischen Instruments nach einer Ausführung der vorliegenden Erfindung.
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Es weist eine Eintriebsanordnung mit einem Eintriebsglied in Form einer drehbar gelagerten Wippe A sowie eine Endeffektorabtriebsanordnung mit einem Abtriebsglied in Form einer weiteren drehbar gelagerten Wippe 3 auf, an der ein Endeffektor 3.1 befestigt ist.
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Ein- und Abtriebsglied sind durch ein vorgespanntes Zugmittelpaar mit einem ersten Zugmitteltrum 1 und einem gegenläufigen zweiten Zugmitteltrum 2 gekoppelt. Durch die Vorspannung wirken an Eulerschen Schnittufern Vorspannschnittkräfte FV.
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1 zeigt ein statisches Gleichgewicht unter Aufprägung einer Eintriebskraft FA, die von einem Aktuator (nicht dargestellt) auf das Eintriebsglied A ausgeübt wird. Diese sucht den Endeffektor 3.1 im Uhrzeigersinn zu drehen. Da dieser jedoch an einer Umgebung, beispielsweise einem Lumen im Körperinneren, anliegt, kann sich der Endeffektor nicht bewegen, auf ihn wirkt das Reaktionsmoment MR.
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Im statischen Gleichgewicht längt sich das ziehende erste Zugmitteltrum 1 um Δl, während sich die vorspannungsbedingte Längung des nachgebenden zweiten Zugmitteltrums 2 gegenläufig um Δl reduziert. In 1 ist diese Längung zur Verdeutlichung übertrieben dargestellt. Zudem sind elastische Deformationen von Ein- und Abtriebsglied, Endeffektor und Umgebung bzw. Lumen vernachlässigt.
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Wie vorstehend ausgeführt, erhöht sich in diesem statischen Gleichgewicht eine Schnittkraft F1 an Eulerschen Schnittufern des ziehenden ersten Zugmitteltrums 1, während sie die entsprechende Schnittkraft F2 des nachgebenden zweiten Zugmitteltrums 2 entsprechend reduziert.
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Das erste Zugmitteltrum 1 weist geometrie-, insbesondere querschnittsbedingt, eine größere Zugsteifigkeit c1 auf als das zweite Zugmitteltrum 2, wie in 1 durch verschiedene Strichstärken des ersten und zweiten Zugmitteltrums angedeutet. Zusätzlich oder alternativ kann auch das Material, aus dem das erste Zugmitteltrum besteht, einen größeren Elastizitätsmodul aufweisen als das Material, aus dem das zweite Zugmitteltrum besteht.
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Wie vorstehend erläutert, gilt für das maximale Reaktionsmoment MR,max und damit für die maximal von dem Endeffektor 3.1 auf die Umgebung ausübbare Kraft bzw. die maximal übertragbare Eintriebskraft FA,max nach Gl. (7) MR,max = (c1/c2 + 1)·FV·r
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Als Zugsteifigkeit c ist hier beispielsweise der Quotient aus einer Prüf-Zugkraft F und einer durch diese bewirkte Längenänderung des jeweiligen Zugmitteltrums, insbesondere bezogen auf dessen Gesamtausgangslänge l, zugrundegelegt, die sich mit der Querschnittsfläche Q und dem Elastizitätsmodul E zu c = (E·Q)/l ergibt. Man erkennt, dass sich vorteilhaft durch die gegenüber c2 größere Zugsteifigkeit c1 im Vergleich zu einem homogenen Zugmittelpaar mit gleichen Zugsteifigkeiten bei gleicher Vorspannung ein höheres maximales Reaktionsmoment bzw. für dasselbe maximale Reaktionsmoment eine geringere erforderliche Vorspannung ergibt.
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2 zeigt in 1 entsprechender Darstellung einen Teil eines chirurgischen Instruments nach einer weiteren Ausführung der vorliegenden Erfindung, wobei einander entsprechende Elemente durch identische, gegebenenfalls durch Apostrophe (', '') differenzierte Bezugszeichen bezeichnet sind, so dass auf die vorstehende Beschreibung Bezug genommen und nachfolgend nur auf Unterschiede zur Ausführung der 1 eingegangen wird.
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Das chirurgische Instrument der 2 weist zwei vorgespannte Zugmittelpaare (1', 2'), (1'', 2'') mit je einem ersten Zugmitteltrum 1' bzw. 1'' und einem gegenläufigen zweiten Zugmitteltrum 2' bzw. 2'' zum gegensinnigen Aktuieren von zwei Freiheitsgraden eines Endeffektors in Form einer Klemme mit zwei Backen 3.1', 3.1'' auf, die zwischen sich ein Lumen klemmen und dadurch Reaktionsmomente MR' bzw. MR'' erfahren.
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Die Zugmittelpaare sind in einem gemeinsamen Instrumentenschaft 4.2 angeordnet, dessen endeffektorseitige Hälfte (unten in 2) durch eine natürliche oder minimalinvasive Körperöffnung (nicht dargestellt) eingeführt ist. Am gegenüberliegenden Ende ist eine Antriebsanordnung mit zwei steuerungstechnisch synchronisierten Aktuatoren in Form von Elektromotoren (nicht dargestellt) in einem Gehäuse 4.1 angeordnet, wobei das Instrument mittels einer Schnittstelle an einen Roboter angekoppelt ist und die Elektromotoren mit Eintriebsgliedern A', A'' wirkverbunden, beispielsweise direkt verbunden oder über ein Getriebe gekoppelt sind (nicht dargestellt). Die Zugmitteltrume sind durch ein mehrteiliges Vorspannmittel mit Federn V1', V2', V1'' bzw. V2'' separat vorgespannt.
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Die Ein- und Abtriebsglieder A', A'', 3' bzw. 3'' sind in der Ausführung der 2 als Treibscheiben ausgebildet, die von den Zugmittelpaaren jeweils teilweise umschlungen werden. Entsprechend sind jeweils das erste Zugmitteltrum und das zweite Zugmitteltrum jedes Zugmittelpaares endeffektorseitig (unten in 2) und eintriebsseitig (oben in 2) miteinander verbunden, während das erste Zugmitteltrum und das zweite Zugmitteltrum der Ausführung der 1 separat voneinander an Ein- und Abtriebsglied A, 3 fixiert sind. Die freien Abschnitte zwischen dem Ab- bzw. Auflauf der Zugmittel von der bzw. auf die jeweilige Treibscheibe bilden in der Ausführung der 2 die Zugmitteltrume.
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In der Ausführung der 2 bilden die Schließrichtungen der Backen 3.1', 3.1'' die Hauptarbeitsrichtungen der entsprechenden Zugmittelpaare. Entsprechend sind deren erste Zugmitteltrume 1', 1'' zum Aktuieren der Freiheitsgrade der Klemmenbacken 3.1', 3.1'' in Hauptarbeitsrichtungen, insbesondere zum Schließen eingerichtet.
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Bezugszeichenliste
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- 1; 1'; 1''
- erstes Zugmitteltrum
- 2; 2'; 2''
- zweites Zugmitteltrum
- 3; 3'; 3''
- Abtriebsglied (Endeffektorabtriebsanordnung)
- 3.1; 3.1'; 3.1''
- Endeffektor
- 4.1
- Antriebsanordnungsgehäuse
- 4.2
- Instrumentenschaft
- A; A', A''
- Eintriebsglied (Eintriebsanordnung)
- V1', V2', V1'', V2''
- Vorspannmittel(teil)