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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Quellmehlen mit hydrokolloidalen Eigenschaften aus Getreiden, so hergestellte Quellmehle und ihre Verwendung.
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Quellmehle werden üblicherweise aus Getreide, Hülsenfrüchten und Knollengewächsen hergestellt. Voraussetzung für die Eignung eines Rohstoffes ist ein hoher Stärkegehalt der daraus herstellbaren/hergestellten Mehle. Quellmehle können bis zu einem Vielfachen ihres Trockengewichtes an Wasser aufnehmen.
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Quellmehle werden in vielen Bereichen in der Lebensmittelindustrie genutzt, wie z. B. bei der Getränke-, Backwaren-, Fleischwaren- und Milchprodukt-Herstellung. Sie werden zur Erhöhung der Wasserbindung, als Trägersubstanz und als Verdickungs- oder Bindemittel eingesetzt. Insbesondere in Backwaren dienen Quellmehle zur Erhöhung der Teigausbeute und zur Verlängerung der Frischhaltung. In technischen Anwendungen dienen sie zudem häufig zur Viskositätsregulierung. Sie können sowohl in wässrigen als auch in öligen Flüssigkeiten eingesetzt werden.
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Quellmehle finden beispielsweise Anwendung bei der Papierherstellung, in der Textil-, Farben und Bauindustrie, sowie in anderen Bereichen als viskositätserhöhende Zusätze für Flüssigkeiten. Dabei werden unterschiedliche Qualitäten der Quellmehle mit verschiedenen Viskositäten benötigt je nach Verwendungszweck und technischen Prozessen der Weiterverarbeitung.
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Getreidequellmehle werden vielfach durch eine hydrothermische Behandlung aus einer stärkehaltigen Getreideaufschwemmung mittels eines Walzentrockners oder eines Extruders hergestellt.
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Bei der Walzentrocknung wird eine Aufschwemmung des Ausgangsmehl auf die Walze gegeben. In der Aufschwemmung entsteht auf der Walze ein dünner Film mit beginnender Verkleisterung. Nach der Trocknung wird der getrocknete Film vermahlen und auf die gewünschte Korngröße eingestellt. Das vermahlene Produkt hat die gewünschten Quell-Eigenschaften und bildet die gewünschten Viskositäten aus.
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Bei der Extrusion wird die Aufschwemmung des Ausgangsmehls unter dem Einfluss von Druck und Temperatur durch eine speziell geformte Düsenöffnung hindurch gepresst. Ein Extruder stellt im Bereich der Lebensmittel-Technologie einen biochemischen Reaktor dar.
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Verantwortlich für eine gute Quellfähigkeit ist neben dem Gehalt an Stärke die Gegenwart eines Matrixbildners, der die Wassereinlagerung begünstigt. Solche Matrixbildner sind beispielsweise beta-Glucane. Ein hoher Gehalt an beta-Glucanen fördert die Quellfähigkeit und die Wasserhaltung.
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Weitere Parameter, die die Eigenschaft der Quellmehle beeinflussen, sind die Feuchte, der Druck, die Temperatur und die Dauer der hydrothermischen Behandlung im Herstellungsverfahren. Ein zu hoher Druck und/oder eine zu hohe Temperatur führen häufig zu einer Degradierung der Molekularstruktur der Inhaltsstoffe, wie z. B. der beta-Glucane, der Stärke und der Proteine, was zu einer Störung der wasserbindenden Matrix und der Quellung führen kann. Hohe Temperaturen können zu einer chemischen Veränderung der Inhaltsstoffe der Mehle mit ebenfalls nachteiligen Eigenschaften führen. Das Zuführen von Wasser ermöglicht im Prozess die Verkleisterung der Stoffmatrix und erhöht damit die Fähigkeit zur Anlagerung von Wasser. Unter wässrigen Bedingungen wird es den Molekülen möglich, sich im Stoffsystem neu anzuordnen.
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Aus der
DE 600 03 176 T3 geht ein Verfahren zur Herstellung von Quellmehl mit hydrokolloidalen Eigenschaften hervor, welches aus Getreide durch Behandlung einer ausgewählten Fraktion eines Ausgangsmehls unter hydrothermischen Bedingungen gewonnen wird.
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Die
DE 197 57 151 A1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von Quellmehlen aus Getreide, bei dem durch Vermahlen und Fraktionieren, Behandeln der ausgewählten Fraktion des Mahlguts unter hydrothermischen Bedingungen und Feinvermahlung der behandelten Fraktion das Quellmehl erhalten wird.
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Ziel der Erfindung ist die Bereitstellung von Quellmehlen mit einer sehr hohen Wasseraufnahmefähigkeit bei gleichzeitig niedrigen Anteilen von löslichen Bestandteilen. Die Quellmehle sollen nach dem Quellvorgang hochviskose und scherstabile Gele ausbilden, wie sie vielfach in lebensmitteltechnischen und industriellen Zwecken benötigt werden.
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Dieses Ziel wird mit einem Verfahren der eingangs genannten Art und den Maßnahmen des Anspruchs 1 erreicht, bei dem Getreide mit einem hohen beta-Glucangehalt durch Entspelzen und Schälen des Rohgetreides, Vermahlen des entspelzten und geschälten Rohgetreides sowie Fraktionierung des Mehls, Behandlung der ausgewählten Fraktion des Mahlguts unter hydrothermischen Bedingungen, Feinvermahlen der behandelten Fraktion und ggf. Trocknen auf eine Restfeuchte von 14% oder weniger verarbeitet wird.
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Das Getreide hat einen beta-Glucangehalt von wenigstens 5% in der Trockenmasse.
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Ein erfindungsgemäßes Quellmehl wird durch hydrothermisches Behandeln einer beta-Glucanreichen Getreidefraktion aus entspelztem, geschälten, vermahlenen und fraktionierten Getreide bei einem Druck von maximal 4 Bar und einer Temperatur von maximal 180°C erhalten und weist einen beta-Glucangehalt von ≥ 6% in der Trockenmasse, einen Amylopektingehalt in der Stärke von > 90% in der Trockenmasse und eine Restfeuchte von < 14% auf.
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Alle hier verwandten Prozentangaben beziehen sich auf das Gewicht, gegebenenfalls auf die Trockenmasse (TM).
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Das erfindungsgemäße Verfahren wie auch das Quellmehl werden insbesondere aus einem Getreide erhalten, das eine waxy-Sorte ist, vorzugsweise eine waxy-Gerste und insbesondere eine waxy-Wintergerste. Eine geeignete Wintergerstensorte ist beispielsweise die Sorte Waxyma (Kenn-Nr. GW 2505, zugelassen am 4. April 2008).
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Im erfindungsgemäßen Verfahren wird das Rohgetreide zunächst entspelzt und geschält, wobei übliche Prozesse zum Einsatz kommen. Das entspelzte bzw. geschälte Rohgetreide wird anschließend vermahlen und durch Siebung fraktioniert. Es hat sich erwiesen, dass Mehl-Fraktionen mit einer Korngröße von > 200 μm einen besonders hohen Gehalt an beta-Glucanen aufweisen. Diese Fraktionen sind zur Herstellung von Quellmehlen besonders geeignet. Allerdings kann auch durch eine feinere Vermahlung, etwa im Bereich von 50 bis 200 μm, durch Optimierung der Mahlprozesse ein hoher beta-Glucangehalt erreicht werden. Derartige Prozesse sind bekannt.
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Bei der Vermahlung wird etwa die Hälfte des Mahlguts mit einer Korngröße 200 μm erhalten.
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Entscheidend für eine gute Quellfähigkeit der Mehle sind ferner die vorhandene Feuchte, die Einwirkzeiten von Feuchte, die Temperatur und der Druck im hydrothermischen Prozess auf die beta-Glucanreiche Mehlfraktion.
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Der hydrothermische Aufschluss führt zu einer Neuanordnung der Moleküle in der Stoffmatrix der Mehle. Die beta-Glucan-Moleküle werden dadurch besser für Wassermoleküle erreichbar, ebenso die Amylopektin-Stärkemoleküle. Es entstehen vermehrt Bindungsmöglichkeiten.
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Während der Quellzeit falten sich die beta-Glucan-Moleküle auf und es kommt zur Anlagerung von Wassermolekülen (Quellvorgang). Zwischen den Wassermolekülen, den beta-Glucan-Molekülen und den Amylopektin-Molekülen bilden sich stabile Bindungen aus. Die beta-Glucan-Moleküle vernetzen sich untereinander und bilden ein hochviskoses Gel aus. Dies führt zu einer Gelstruktur mit hoher Viskosität.
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Die hydrothermische Behandlung der ausgewählten Fraktion des Mahlguts kann in herkömmlichen technischen Anlagen erfolgen, in denen die nötigen Prozessbedingungen eingehalten werden können. Immer ist das dort eingesetzte Mahlgut mit Feuchtigkeit anzureichern, um die gewünschten Prozesse einzuleiten.
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Erfindungsgemäß geeignete hydrothermische Anlagen sind etwa Walzentrockner und Extruder. Bei den Extrudern kommen Schnecken-Extruder und Doppelschnecken-Extruder in Frage und insbesondere Planetwalzen-Extruder, wie sie beispielsweise in der
EP 2 251 406 A1 beschrieben sind.
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Im hydrothermischen Verfahren ist darauf zu achten, dass der Druck bei der Behandlung maximal 4 Bar beträgt und die Temperatur maximal 180°C. Diese Grenzen gelten insbesondere für einen Planetwalzen-Extruder, bei dem das vermahlene Rohgetreide eine Gesamtfeuchte von 20 bis 45%, vorzugsweise von 30 bis 40% aufweisen sollte. Die Temperatur liegt in der Regel bei 120 bis 160°C.
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In einem herkömmlichen Walzentrockner wird in der Regel mit einer Gesamtfeuchte von 70 bis 90% unter atmosphärischen Druck bzw. bei einem Druck von weniger als 1,5 Bar gearbeitet und bei einer Temperatur von bis zu 105°C.
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Das hydrothermisch behandelte Mahlgut wird anschließend einer Feinvermahlung auf die gewünschte Korngröße unterzogen und auf eine Restfeuchte von < 14% und insbesondere ≤ 11% getrocknet. Ist das hydrothermische Verfahren in einem Walzentrockner durchgeführt worden, hat das daraus resultierende Produkt in der Regel die gewünschte Restfeuchte, so dass sich eine weitere Trocknung erübrigt.
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Die erfindungsgemäßen Quellmehle haben einen beta-Glucangehalt von > 6% und insbesondere > 8% in der Trockenmasse (i. TM). Auch Gehalte von mehr als 9% i. TM werden mit einer waxy-Wintergerste erzielt. Gleichzeitig liegt der Amylopektingehalt der Stärkeanteile bei > 90% i. TM und insbesondere bei > 95% i. TM. Entsprechend ist der Amylosegehalt kleiner als 10% i TM.
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Der Gehalt an beta-Glucanen liegt bei dieser Gerste in der Regel bei mehr als 5% i. TM im entspelzten und geschälten Korn (20% entfernt) und ist damit um 30 bis 50% gegenüber üblichen Winter- und Sommer-Futtergersten und -Braugersten erhöht. Werte von mehr als 9% beta-Glucan i. TM im Quellmehl können durch spezielle Mahltechniken und Fraktionierung erzielt werden.
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Amylopektin ist mit mehr als 70% Gewichtsanteilen der Hauptbestandteil pflanzlicher Stärke in herkömmlichen Kulturgetreiden. Der zweite Bestandteil ist Amylose.
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Amylopektin hat eine molare Masse von 200.000 bis 1.000.000 g/Mol und besteht aus D-Glucose-Monomeren, die α-1,4-glycosidisch miteinander verbunden sind. Etwa alle 25 Monomere erfolgt eine α-1,6-glykosidische Verknüpfung. Aufgrund dieser Struktur bildet Amylopektin auf molekularer Ebene eine büschelartig verzweigte Struktur aus.
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Das Polysaccharid Amylose hat eine molare Masse zwischen 15.000 und 220.000 g/Mol, entsprechend etwa 100 bis 1400 D-Glucose-Monomeren, die α-1,4-glykosidisch miteinander verbunden sind. Amylose formt lineare Ketten und in der Tertiär-Struktur eine kompakte Helix aus.
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Beta-Glucane sind hochmolekulare Nicht-Stärke-Polysaccharide. Sie bestehen aus D-Glucose-Monomeren, die durch β-glycosidische Bindungen miteinander verbunden sind. In Pflanzen kommen (1,3)- und (1, 4)-β-glykosidisch verknüpfte beta-Glucane vor, in den Zellwänden von Hefen, Pilzen und Bakterien(1, 3)- und (1, 6)-ß-glycosidisch gebundene beta-Glucane. Hauptquellen für beta-Glucane aus Getreide sind Gerste und Hafer. In Gerste bilden die beta-Glucane die Hauptgerüst-Substanz in den Zellwänden des Endosperms (Mehlkörpers), während die beta-Glucane bei Hafer vor allem in der Haferkleie konzentriert sind. Weizen und Roggen enthalten nur geringe Mengen beta-Glucane. beta-Glucane können im menschlichen Verdauungstrakt nicht von körpereigenen Enzymen aufgeschlossen werden und werden daher auch als (lösliche) Ballaststoffe bezeichnet. Die Darmbakterien fermentieren sie jedoch teilweise unter Abspaltung kurzkettiger Fettsäuren, wie z. B. Butyrat. Für eine vollwertige menschliche Ernährung sind sie daher von hoher Bedeutung.
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Der Wert der beta-Glucane für die Erfindung liegt in der Fähigkeit, den Quellmehlen bei der Quellung eine Gel-Struktur zu verleihen und die Wassereinlagerung zu stabilisieren. beta-Glucane wirken somit gelbildend und gelstabilisierend. Der hohe beta-Glucan-Anteil in den erfindungsgemäßen Quellmehlen ist somit ein wesentlicher Faktor für das außerordentlich hohe Wasseraufnahmevermögen der erfindungsgemäßen Quellmehle und deren sehr hohe Viskositätsausbildung.
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Die erfindungsgemäßen Quellmehle haben in der Regel eine Restfeuchte von weniger als 14% i. TM, insbesondere von 11% i. TM oder weniger.
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Es wurde gefunden, dass waxy Gersten-Quellmehle mit einem niedrigen pH-Wert eine erhöhte Bindefähigkeit für Wasser aufweisen. Vorzugsweise wird deshalb der pH-Wert der hier betrachteten Quellmehle auf einen Wert von 4 bis 5,5 eingestellt. Konventionelle Quellmehle weisen in der Regel einen pH-Wert von ≥ 5,5 auf, bis hinein in den basischen Bereich (> 7,5). Es wurde aber gefunden, dass sich mit einem höheren pH-Wert auch die Löslichkeit der hier erhaltenden Quellmehle erhöht und die Viskosität absinkt.
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Die Leistungsfähigkeit von Quellmehlen in Bezug auf den möglichen Quellgrad ergibt sich aus der Relation von Wasserabsorptionsindex (WAI) und dem Wasserlöslichkeitsindex (WSI).
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Zur Bestimmung des WAI wird das in der Gelmatrix vom Quellmehl gebundene Wasser ermittelt. Dazu werden 2,5 g Trockensubstanz mit 30 ml destilliertem Wasser versetzt, die Mischung 30 min quellen und binden gelassen, anschließend mit 3.500 U/min zentrifugiert, 10 min ruhen gelassen und anschließend von überstehendem Wasser befreit. Die Rückwaage ergibt die Menge an Gel, die sich aus der Trockensubstanz erzeugen lässt. Die Maßeinheit ist g Gel/g Quellmehl i. TM.
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Zur Ermittlung des WSI wird das bei der Bestimmung des WAI dekantierte Wasser eingedampft und die verbleibende Trockenmasse rückgewogen. Aus der Rückwaage ergibt sich das Verhältnis der in Lösung gegangenen Trockenmasse zur ursprünglich eingesetzten Trockensubstanz. Die Maßeinheit ist Prozent.
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Der WAI sollte bei den erfindungsgemäßen Quellmehlen ≥ 9 g Gel/g Quellmehl (Trockensubstanz) betragen und vorzugsweise ≥ 10 g Gel/g Quellmehl (Trockensubstanz). Für den Wasserlöslichkeitsindex WSI gilt eine Zahl von ≤ 15% und vorzugsweise ≤ 10% als optimal für die Ausbildung der höchsten Viskositäten.
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Mit den erfindungsgemäßen Quellmehlen lassen sich durch Versetzen mit Wasser, üblicherweise wenigstens der 10-fachen Menge Wasser und Quellenlassen für mindestens 30 min hoch viskose Gele erzeugen. Bei einer Quellzeit von 120 min in 10%iger Lösung erhöht sich die Viskosität weiter. So werden beispielsweise Viskositäten von ≥ 50.000 mPas, teilweise bis zu 60.000 mPas erzielt (Brookfield-Viskosität). Die Messungen erfolgen in einem Brookfield-Viskosimeter nach einer Quellzeit von 30 Minuten bzw. nach einer Quellzeit von 120 Minuten bei 25°C. Der zuerst gemessene Wert wird als Anfangsviskosität bezeichnet, dann wird das Gel mit 50 U/min gerührt und die Messwerte über eine Zeit von 30 min alle 150 s erfasst. Der zuletzt gemessene Wert wird als Endviskosität bezeichnet. An der Differenz zwischen Anfangs- und Endviskosität lässt sich die Stabilität des Gels beim Rührprozess (Scherstabilität) ablesen.
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Die erfindungsgemäßen Quellmehle ergeben stabile Gele mit hoher Viskosität nach einer Quellzeit von etwa 30 min. Ein längeres Quellenlassen führt zu einer noch höheren Wasseraufnahme und weiteren Erhöhung der Viskosität bei gleichzeitiger Scherstabilität. Die Viskosität steigt zumeist jedoch nur bis zu einer Quellzeit von 120 min an. Aus Mehlen mit einem beta-Glucangehalt von mehr als 6% i. TM werden Anfangs-Viskositäten nach 30 min Quellzeit bei 10%iger Lösung von wenigstens 4.000 mPas erreicht, aus Mehlen mit hohen beta-Glucangehalten > 8,5% i. TM nach 120 min Quellzeit bei 10%iger Lösung auch Anfangs-Viskositäten von über 50.000 mPas.
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Die erfindungsgemäßen Quellmehle kommen in der Lebensmittel-, Textil-, Papier-, Farben- und Bauindustrie sowie als viskositätserhöhende Zusätze in Flüssigkeiten in technischen Prozessen zum Einsatz. Dabei werden je nach Einsatzgebiet unterschiedliche Qualitäten mit verschiedenen Viskositäten und Einsatzmengen benötigt. Bei der Verwendung in der Lebensmittel-Industrie kann sich der hohe Gehalt an beta-Glucanen, die als lösliche Ballaststoffe gelten, als gesundheitsfördernd erweisen. beta-Glucane aus Gerste sind wissenschaftlich als cholesterinsenkend anerkannt und dürfen nach der VO (EU) 1048/2012 der Kommission vom 8. November 2012 auf Lebensmittelpackungen ausgelobt werden, wenn in einer Verzehrportion mindestens 1 g beta-Glucan enthalten ist.
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Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren werden scherstabile Gele mit der höchsten Viskosität bei 10%iger Lösung erzielt, wenn der Gehalt an beta-Glucanen in den Quellmehlen bei mehr als 8,5% in der Trockenmasse liegt und die Quellzeit mindestens 120 min beträgt.
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Einen großen Einfluss haben die Bedingungen, unter denen der hydrothermische Aufschluss im Walzentrockner oder Extruder stattfindet. Im Walzentrockner muss der Prozess in Gegenwart eines absoluten Wasserüberschusses stattfinden, etwa bei 70 bis 90% Feuchte, also unter Einsatz der 3- bis 8-fachen Menge an Wasser der eingesetzten Trockensubstanz. Im Planetwalzen-Extruder sollte die Feuchte mindestens 30% betragen, die höchsten Viskositäten wurden in den Testläufen bei 40% maximal in dieser Technologie möglichen Feuchte erreicht. Um eine Degradierung der beta-Glucane und der Stärke-Moleküle zu vermeiden, sollte die hydrothermische Behandlung unter möglichst atmosphärischem Druck, jedoch bei nicht mehr als 4 Bar durchgeführt werden. Es sollte sichergestellt werden, dass die Temperatur im Planetwalzen-Extruder 180°C nicht übersteigt, im Walzentrockner möglichst nur wenig über 100°C liegt.
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Das Rohgetreide wird entspelzt (Entfernen von 9 bis 10% TM Spelze) und geschält (Entfernen von weiteren > 6% der Trockenmasse der äußeren Kornschichten), wobei insgesamt bis zu 20% der Rohgerste entfernt werden.
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Für die hydrothermische Behandlung kommen in erster Linie Planetwalzen-Extruder in Frage. Diese arbeiten mit einem relativ geringen Wassergehalt der Rohmehle und führen nach etwa zweiminütiger Behandlung zu einem im Wesentlichen trockenen Produkt mit einer Restfeuchte von etwa 10 bis 11%, das die höchste Wasseraufnahme (WAI) und die höchsten Viskositäten aufweist. Eine Nachtrocknung der Quellmehle ist bei hohen Gesamtfeuchten von > 35% nötig.
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Walzentrockner arbeiten mit Feststoffgehalten im Eingangsmehl von weniger als 20% bei einer Einwirkzeit auf das zu behandelnde Gut von etwa 5 Sekunden. Durch die kurze Einwirkzeit erreicht man niedrigere Viskositäten als im Planetwalzen-Extruder, max. 30.000 mPas. Im Walzentrockner-Prozess wird aber die gesamte Feuchtigkeit verdampft, so dass keine energieaufwendige Nachtrocknung erforderlich ist.
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Schnecken-Extruder, insbesondere Doppelschnecken-Extruder, sind prinzipiell ebenfalls einsetzbar, jedoch ergibt sich hier bei hohen Wassergehalten auch ein erhöhter Massedruck. Beides kann zur Schädigung der Molekularstrukturen führen, insbesondere wurde gefunden, dass unter diesen Bedingungen von den beta-Glucanen Enden abgetrennt werden, was zu einer verminderten Wasseraufnahmekapazität und einer erhöhten Löslichkeit und damit verringerten Viskositätsausbildung führt.
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Die erfindungsgemäßen Quellmehle zeichnen sich durch sehr hohe Kalt-Viskositäten, eine sehr hohe Wasseraufnahmefähigkeit und eine geringe Löslichkeit aus. Sie quellen, gehen aber nicht in Lösung. Die gelbildenden Moleküle werden durch das erfindungsgemäße Verfahren extrem quellfähig, da sie durch den Behandlungsdruck nicht zerstört werden und damit die Löslichkeit gering bleibt.
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Die Erfindung wird durch die nachstehenden Beispiele näher erläutert.
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Beispiel 1
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Waxyma-Wintergerste wurde entspelzt und geschält. Bei der anschließenden Vermahlung und Fraktionierung wurde die Fraktion mit einer Korngröße ≥ 200 um abgetrennt. Die gewonnene Fraktion hatte einen beta-Glucangehalt von 13,8% i. TM, der Wassergehalt lag bei 11%.
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Das fraktionierte beta-Glucanhaltige Mehl wurde in einem Planetwalzen-Extruder unter Wasserzusatz auf eine Teigfeuchte von 33% gebracht; im hydrothermischen Prozess lag der Druck bei ≤ 4 Bar, die Temperatur bei ≤ 140°C. Die Verweildauer im Extruder betrug 2 min. Das Extrudat hatte eine Restfeuchte von 11% i. TM; eine Nachtrocknung war nicht erforderlich.
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Das unter hydrothermischen Bedingungen extrudierte Produkt wurde auf übliche Weise zu einem Mehl mit einer Korngröße < 200 μm vermahlen. Dies ergab ein Quellmehl mit einem WAI von 12,8 g Gel/g Quellmehl (Trockensubstanz) und einem WSI von 10,0%.
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Bei dem Quellmehl wurden die folgenden Viskositäten nach einer Quellzeit von 30 min gemessen:
Bei einer 1%igen Lösung ist keine Gelbildung zu beobachten. Eine solche ist auch nicht zu erwarten, da die Konzentration der zur Ausbildung der Matrix befähigten beta-Glucanmoleküle zu gering ist.
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Bei einer 5%igen Lösung mit dem so hergestellten Quellmehl startete der Wert mit einer Anfangsviskosität von 2.256 mPas und endete nach 30 min Meßperiode mit 3.344 mPas.
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Bei einer 10%igen Lösung lag die Anfangsviskosität dieses Quellmehls bei 30.000 mPas und die Endviskosität nach 30 min Meßperiode bei 20.320 mPas.
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Nach einer Quellzeit von 120 min gab sich bei einer 1%igen Lösung keine Viskositätsausbildung. Bei einer 5%igen Lösung betrug die Anfangsviskosität 3.448 mPas und endete nach 30 min Meßperiode bei einer Endviskosität von 3.088 mPas. Das Gel kann somit als annähernd scherstabil angesehen werden.
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Bei einer 10%igen Lösung in Wasser betrug die Anfangsviskosität 24.000 mPas und nahm während der Messperiode deutlich zu. Nach 30 min wurde ein Wert von 30.080 mPas gemessen. Durch die Scherung erhöhte sich die Wasseraufnahmefähigkeit also noch.
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Beispiel 2
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Ein Waxy-Gerstenmehl mit einem beta-Glucangehalt von 13,8% i. TM wurde mit einem Feuchtegehalt des Teiges von 37% in einem Planetwalzen-Extruder hydrothermisch bei einem Druck von ≤ 4 Bar, einer Temperatur von ≤ 140°C behandelt. Die Verweildauer im Extruder betrug 2 min. Das Extrudat wies eine Restfeuchte von 7,9% i. TM auf; eine Nachtrocknung war nicht erforderlich.
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Das so erhaltene Mehl hatte einen WAI von 11,4 g Gel/g Quellmehl (Trockensubstanz) und einen WSI von 5,5%.
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Nach 30 min Quellzeit ergab sich für eine 10%ige Lösung eine Anfangsviskosität von 22.100 mPas und eine Endviskosität nach 30 min Meßperiode von 28.400 mPas.
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Nach 120 min Quellzeit ergaben sich folgende Werte:
In 3%iger Lösung ergaben sich ein Eingangswert für die Viskosität von 2.309 mPas und eine Endviskosität nach 30 min Meßperiode von 2.798 mPas.
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In 10%iger Lösung lag die Anfangsviskosität bei 54.505 mPas, nach 30 min Meßperiode die Endviskosität bei 59.865 mPas.
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In dieser Verfahrensanordnung konnten sehr hohe Viskositäten erzielt werden bei gleichzeitiger Ausbildung von scherstabilen Gelen.
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Beispiel 3
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Ein wie unter Beispiel 1 beschrieben hergestelltes Mehl einer Waxy-Gerste wurde bei einem Gesamtwassergehalt von 25% in einem Planetwalzen-Extruder extrudiert. Nach der Feinvermahlung ergab sich ein Quellmehl mit einem WAI von 13,4 g Gel/g Trockensubstanz und einem WSI von 12,3%.
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Die mit dem Quellmehl erzielten Viskositäten lagen nach einer Quellzeit von 30 min bei einer 10%igen Lösung zu Beginn der Messung bei 4.700 mPas, die Endviskosität nach 30 min Meßperiode betrug 4.064 mPas.
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Bei 120 min Quellzeit lag die Anfangsviskosität einer 5%igen Lösung bei 3.552 mPas und die Endviskosität bei 3.760 mPas. In 10%iger Lösung lag die Anfangsviskosität bei 10.820 mPas und die Endviskosität bei 10.300 mPas.