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Die vorliegende Erfindung betrifft eine wärmehärtbare wässrige Harzzusammensetzung gemäß Anspruch 1, die Verwendung einer Harzzusammensetzung gemäß Anspruch 8 und Anspruch 9, ein Bindemittel für Mineralwolle gemäß Anspruch 10 sowie ein damit gebundenes Mineralwolleprodukt gemäß Anspruch 11.
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Die Verwendung von Brandschutzmitteln in Gebrauchs-Kunststoffen aller Art ist sein langer Zeit ein gängiges Verfahren, um das jeweilige System den Anforderungen einer bestimmten Brandschutzklasse anzupassen. Es haben sich dabei mehrere Vorgehensweisen als erfolgreich herausgestellt. Die Brandschutzausrüstung von polymeren Materialien beruht dabei auf zwei grundlegenden Prinzipien bzw. ihrer Kombination. So werden gängigen Materialien, etwa Polystyrol oder Polyurethan, halogenierte Verbindungen zugesetzt, die beim Erhitzen einer Zersetzung in das Halogen oder den Halogenwasserstoff unterliegen und dabei den Sauerstoff vom System verdrängen. Zusätzlich kommt es zur Bildung einer Kohlenstoffschicht, die den Kunststoff zusätzlich gegen Sauerstoff abschirmt. Nachteilig an diesem Verfahren ist, dass diese Additive nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz eingesetzt werden können, um die Kunststoffeigenschaften nicht zu sehr zu beeinflussen. Weiterhin stehen viele dieser gewöhnlich sehr stabilen Verbindungen im Verdacht, sich in Nahrungsketten anzureichern. Aus diesem Grund gab es in den letzten Jahrzehnten eine intensive Entwicklung von Verbindungen, die diese nachteiligen Eigenschaften nicht aufweisen.
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Als besonders zweckmäßig hat sich dabei die Verwendung von Phosphor in Form von chemischen Verbindungen oder elementar als roter Phosphor herausgestellt. Das Prinzip dieser Flammschutzausrüstung basiert dabei auf der Bildung von Phosphoroxiden, d.h. Sauerstoffentzug am Brandherd und der Bildung einer Phosphor-Kohlenstoffschicht, die das Material gegen Sauerstoff abschirmt.
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Einen sehr ähnlichen Weg geht die Verwendung von Metallhydroxiden bzw. Carbonaten. Das Prinzip des Brandschutzes beruht hier auf der Abspaltung von Wasser oder Kohlendioxid und der Bildung einer Metalloxidschicht. Als besonders zweckmäßig haben sich hier Verbindungen des Magnesiums, des Aluminiums und des Zirkoniums herausgestellt. Die Verwendung all dieser Verfahren ist besonders erfolgreich bei kompakten Kunststoffteilen. Nachteilig besonders bei den letzten beiden Verfahren sind die gewöhnlich großen Mengen des einzusetzenden Materials, so dass es zu einer nachhaltigen Beeinflussung der Kunststoffeigenschaften kommt.
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Gemäß ZWEIFEL, H. Plastic Additives Handbook, 5th Edition, Carl Hanser Verlag München 2001, 12.4, Seite 688 werden als Flammschutzmittel für wärmehärtbare Kunststoffe, insbesondere Epoxide, ungesättigte Polyester sowie Polyurethane zwei unterschiedliche Typen von Verbindungen eingesetzt, nämlich einerseits solche, die chemisch mit einem Harz-Precursor chemisch reagieren und andererseits solche auf reiner Additivbasis, welche nicht an der Polymerisationsreaktion des Harz-Precursors teilnehmen.
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Im Gegensatz zur kunststoffverarbeitenden Industrie und der Herstellung von Kunststoffen zur Produktion von Kunststoffgegenständen sind in einem mineralischen Dämmstoff jedoch einige Besonderheiten gegeben, die den Einsatz all dieser sonst sehr erfolgreichen Methoden erschweren oder gänzlich unwirksam machen. So ist etwa zu bedenken, dass ein Bindemittelkunststoff in extremer Feinverteilung im Material vorliegt. Es ist somit eine sehr große Oberfläche bei kleiner Schichtdicke gegeben, was die Verdrängung von Sauerstoff aus dem Material mehr oder weniger unmöglich macht und gleichzeitig die Ausbildung einer wirksamen Sperrschicht verhindert, da die Bindemittelkunststoffschichten gewöhnlich nicht stärker sind als ca. 15 Mikrometer.
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Hinzukommt, dass der zur Bindung verwendete Kunststoff gewöhnlich nur zu einem Anteil zwischen 2 und 10% der Gesamtmasse des Dämmstoffes vorliegt, aber weitgehend die mechanischen Eigenschaften und insbesondere die Festigkeit des Verbundstoffes bewirkt.
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Mineralische Dämmstoffprodukte mit normalen Glühverlusten um 5% bestehen zwar ohne Probleme den Test zur Prüfung des Brandverhaltens nach DIN EN ISO 1182 und sind mit dem Erreichen der Brandklasse A1 nach DIN 13501-1 auch sicher nicht entflammbar, jedoch erfordern einige genormte Brandszenarien, insbesondere Feuerwiderstandsprüfungen, beispielsweise nach DIN EN 1366-1 für Lüftungsleitungen noch zusätzlich die Einhaltung einer maximalen Temperatur auf der dem Feuer abgewandten Seite. Ihre Überschreitung gilt allgemein als die maximale Zeit die das Material einer Beflammung standhält, wobei es unerheblich ist, ob der Dämmstoff noch vorhanden ist oder nicht.
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Bei höheren Bindemittelgehalten wird bei diesen Feuerwiderstandsprüfungen die jeweilige maximale Temperatur aufgrund einer Temperaturspitze, die aus der Verbrennung des Bindemittels resultiert, in sehr kurzer Zeit überschritten. Gut zu beobachten ist dieser Effekt in einer thermischen Spitze beim Aufheizen des Materials nach dem gegebenen Brandszenario. Zwar kann die Temperaturspitze durch eine Reduzierung des Bindemittelgehalts reduziert oder sogar ganz verhindert werden, damit kann allerdings eine erhebliche Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften einhergehen.
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Sofern eine Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften nicht hingenommen werden kann, könnte eine Brandschutzausrüstung vorgenommen werden. Allerdings sind entsprechend große Mengen an Flammschutzmittel-Additiven einzusetzen, die die Aufnahmefähigkeit des Kunststoffes allgemein überschreiten und somit die mechanischen Eigenschaften des auszurüstenden Kunststoffs nachteilig beeinflussen können.
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Besonders drastisch wirkt sich diese Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften bei kleinen Kunststoffanteilen aus, wie beispielsweise bei einem Bindemittel für Mineralwolle, in denen das Additiv dann sehr schnell 30–40 Masse-% im Bindemittelsystem ausmachen kann.
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Ähnlich verhält es sich auch für halogenierte Verbindungen oder vollständig während der Aushärtung des Bindemittelsystems inerte Verbindungen des Phosphors. Systeme, die nicht in den Kunststoff inkorporiert werden beeinflussen seine Güte zwar weitaus weniger stark, werden jedoch im Laufe der Zeit über Verdampfung oder Auswaschung aus dem Material ausgetragen. Neben dem Verlust der Brandschutzausrüstung bedeutet das eine zusätzliche Emissionsquelle. Die Verwendung von halogenierten Verbindungen führt allgemein zu einer Erhöhung der Menge an extrahierbarem Halogen und somit einem Versagen in der AGI Q – 132 bzw. DIN EN 13468 der für technische Isolierung zulässigen Menge von 15 mg/kg Halogen.
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Ähnlich schwierig gestaltet sich die Verwendung von Metallen. Liegen sie als gelöste Verbindungen vor, beruht ihre Wirkung nur noch auf der Ausbildung einer Sperrschicht im Brandfall. Zusätzlich kommt es aber zu einer unkontrollierten Beeinflussung der Reaktivität des Bindemittelsystems während der Aushärtung im Verarbeitungsprozess, die soweit gehen kann, dass das Bindemittel bereits während des Aufsprühvorgangs aushärtet oder gar nicht mehr beim Durchströmen mit Heißgas vernetzt. Die Gegenionen bewirken zusätzlich eine deutliche Verschlechterung der Nassfestigkeit des Kunststoffes oder des Verbundsystems. Werden unlösliche Verbindungen etwa Carbonate oder Hydroxide eingesetzt, so wird es zu deren Zersetzung in der polymeren Schmelze und somit zu einer nachhaltigen Beeinflussung der Kunststoffeigenschaften kommen. Über die Salzbildung werden zwar sehr harte, aber auch nicht nassfeste Systeme erhalten.
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Aus diesem Grund ist die Ausrüstung von Bindemittelsystemen für mineralische Dämmstoffe nur einigen Sonderanwendungen ohne besondere Anforderungen an die mechanische Festigkeit bzw. Alterungsbeständigkeit vorbehalten geblieben, da prinzipiell der Kompromiss von niedrigen Glühverlusten oder hohen Additivkonzentrationen eingegangen werden musste.
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Es sind zwar sehr wohl Brandschutzadditive bekannt, die bis zu gewissen Prozentsätzen in Kunststoffe einreagieren, allerdings liegen diese Verbindungen nach Erreichen der Aufnahmefähigkeit frei vor, wenn mit Überschüssen gearbeitet werden musste. Gewöhnlich erfährt dabei der Bindemittelkunststoff eine Erweichung oder es lassen sich Verbindungen durch Auslaugen mit Lösungsmitteln nachweisen. Weiterhin muss beachtet werden, dass Brandschutzadditive eine definierte Zersetzung aufweisen, d.h. die Aushärtetemperaturen sind limitiert.
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Ausgehend von dem eingangs geschilderten Stand der Technik ist es daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung ein Bindemittel zum Binden von Mineralwolle zur Verfügung zu stellen, welches einerseits ein zu den einschlägigen Normen kompatibles und damit wirksames Brandschutzverhalten von mit dem Bindemittel gebundenen Dämmstoffprodukten auf Mineralwollebasis sicherstellt und gleichzeitig die mechanischen Eigenschaften des Dämmstoffproduktes erhält.
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Bezüglich einer Zusammensetzung und eines Bindemittels erfolgt die Lösung dieser Aufgabe durch die kennzeichnenden Merkmale der Ansprüche 1 und 10.
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Verwendungstechnisch wird die obige Aufgabe durch die Gegenstände der Ansprüche 8 und 9 gelöst.
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Ein Mineralwolleprodukt gemäß Anspruch 11 löst die Aufgabe ebenfalls. Für die Zwecke der vorliegenden Erfindung wird unter dem Begriff „Harzzusammensetzung“ im Wesentlichen eine wässrige Precursor-Mischung verstanden, welche reaktive Monomere, Oligomere und Polymere enthalten kann, die unter Wärmeeinwirkung in atmosphärischer Umgebung zu dem eigentlichen Harz, also einem höher polymerisierten Endprodukt reagieren, das in der Regel fest ist. Dieses polymerisierte Endprodukt verleiht beispielsweise einem damit gebundenen Mineralwolleprodukt seine mechanischen Eigenschaften im Vergleich zu einem ungebunden Mineralwolleprodukt derselben Art.
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Unter dem Begriff „Mineralwolle“ wird in der vorliegenden Erfindung eine aus einer mineralischen Schmelze zu Fasern ausgezogene erstarrte Ansammlung von Fasern verstanden, wobei sämtliche Arten der künstlichen Mineralwolle umfasst sein sollen.
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Somit umfasst der Begriff „Mineralwolle“ insbesondere auch Steinwolle, Basaltwolle, Schlackenwolle und Glaswolle.
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Die eingangs erläuterten Probleme sind grundsätzlich lösbar, wenn das Additiv erfindungsgemäß ein Teil des Bindemittelsystems über Vernetzungsreaktionen wird bzw. das Bindemittel selbst ist. Als besonders zweckmäßig hat sich dabei erfindungsgemäß eine wärmehärtbare wässrige Harzzusammensetzung bewährt, enthaltend:
- a) wenigstens eine wärmehärtbare polymere Carbonsäure, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Polyacrylsäuren mit einer Molekularmasse von 5.000 bis 250.000 D; sowie Maleinsäure-Acrylsäure-Copolymere mit einer Molekularmasse von 5.000 bis 250.000 D;
- b) wenigstens eine organische Aminbase, wobei die Aminbase ausgewählt ist aus der Gruppe, bestehend aus: Alkanolaminen, insbesondere Ethanolamin; lineare oder verzweigte C2-C20 Alkyldiamine; sowie einer Aminverbindung mit der allgemeinen Formel (I): n einen Wert von 2–10 und m einen Wert von 1–50 aufweist;
R1 gleich H ist oder R1 der allgemeinen Formel (II) entspricht: wobei q einen Wert von 2–10 und r einen Wert von 1–50 annehmen kann; und die Molekularmasse der Amin-Verbindung ungefähr 20000 D nicht übersteigt;
- c) wenigstens eine mit der polymeren Carbonsäure durch Ester- oder Amidbindung vernetzbare Phosphorverbindung gemäß der allgemeinen Formel IV: worin: NM, sofern vorhanden, O oder S ist;
R4 der allgemeinen Formel V, VI, VII oder VIII entspricht:
– A = O oder NH ist;
– worin s, t, u, v, w, x, y und z unabhängig voneinander 1 bis 8 sind;
– B = OH, NH2 oder NHR7 oder NR72 ist,
– R5, R6 unabhängig voneinander C1-C8-Alkoxy, C1-C8-Alkyl, Phenyl, Oxyphenyl, OH, NH2, H oder R4 sind;
– R7 = C1-C8-Alkyl, oder C1-C8-Hydroxyalkyl;
- d) wobei die Summe aus Aminbase und Phosphorverbindung bezogen auf 100 Masseteile polymere Carbonsäure im Bereich von 30–100 Masseteilen liegt und wobei ein Masseverhältnis von Aminbase zu Phosphorverbindung im Bereich von 3:1 bis 1:3 vorliegt;
und
- e) wenigstens zwischen 0,5 und 20 Masseteile bezogen auf die polymere Carbonsäure eines Metallsalzes, ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus: Aluminium-, Magnesium-, Zirconiumsalzen, insbesondere Aluminium-, Magnesium-, Zirkoniumcarbonaten, Zr(CO3)2, ZrOCO3, basischem Zirkoniumcarbonat, (NH4)2CO3·Zr(CO3)2; sowie Mischungen davon.
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Eine derartige wärmehärtbare wässrige Harzzusammensetzung ist als Bindemittel für Mineralwolle geeignet, wobei sie einerseits eine ausgezeichnete Brandschutzausrüstung darstellt und andererseits die mechanischen Eigenschaften des damit hergestellten Mineralwolleproduktes im Wesentlichen nicht beeinflusst.
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Die erfindungsgemäße Harzzusammensetzung ist jedoch auch geeignet als Flammschutz-Additiv für sogenannte klassische Bindemittel auf Phenol-Formaldehyd-Basis bzw. Phenol-Formaldehyd-Harnstoff-Basis.
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Eine bevorzugte Harzzusammensetzung weist einen pH-Wert zwischen 6,5 bis 9,5 bevorzugt zwischen 7,0 und 8,5, besonders bevorzugt ca. 7,0 auf.
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Es ist ferner bevorzugt, dass die Harzzusammensetzung eine Summe aus Aminbase und Phosphorverbindung bezogen auf 100 Masseteile polymere Carbonsäure im Bereich von 40–90 Masseteilen, 50–85 Masseteilen, vorzugsweise 70–85 Masseteilen aufweist.
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Eine bevorzugte Ausführungsform der vorliegenden Erfindung ist eine Harzzusammensetzung, bei welcher das Masseverhältnis von Aminbase zu Phosphorverbindung im Bereich von ca. 2:1 bis ca. 1:2 vorliegt.
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Als bevorzugte Harzzusammensetzung kommt eine solche zum Einsatz, bei welcher als Aminbase Hexamethylendiamin (CAS-Nr. 124-09-4) und als Phosphorverbindung Diethylbis(2-hydroxyethyl)aminomethylphosphonat (CAS-Nr. 2781-11-5) eingesetzt wird. Beide Substanzen eignen sich hervorragend zur Erzielung der gewünschten Flammschutzwirkung und zeigen praktisch keine Beeinflussung der mechanischen Eigenschaften. Außerdem sind sie kommerziell leicht verfügbar und billig.
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Es kann ferner bevorzugt sein, im Rahmen einer weiteren Ausführungsform der erfindungsgemäßen Harzzusammensetzung wenigstens eine zusätzliche monomere Carbonsäure zuzusetzen. Als besonders geeignet kommen hier niedere organische Alkancarbonsäuren, insbesondere Essigsäure sowie, Hydroxyessigsäure, Acrylsäure, Zimtsäure, Mandelsäure oder Adipinsäure in Betracht. Der Carbonsäurezusatz hat – ohne hieran gebunden zu sein - den Vorteil, dass er die Vernetzungsreaktion der eingesetzten Metallsalze, z.B. Zirconiumsalze, mit den übrigen Bestandteilen der Harzzusammensetzung über die Zersetzung der primären Carbonate katalysiert und über die Doppelsalzbildung das jeweilige Metall in der Lösung zeitweilig stabilisiert.
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Ohne an den im Folgenden diskutierten Mechanismus gebunden zu sein, gelten möglicherweise folgende Überlegungen: Als vorteilhaft hat sich experimentell herausgestellt, dass eine besonders geeignete erfindungsgemäße Harzzusammensetzung ein Carbonat des Zirkoniums, Aluminiums oder Magnesiums und kleine Mengen einer organischen Säure enthält. Strenggenommen handelt es sich somit um Doppelsalze der entsprechenden Metalle, wobei das Metall vermutlich eine Aktivierung entsprechender Bindungen für weitere Kondensationsreaktionen des Harzsystems bewirkt.
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Besonders vorteilhaft ist es, dass die Harzzusammensetzungen der vorliegenden Erfindung mit zur Bindung von Glas- und Mineralfasern üblichen Bindemitteln, welche Phenol-Formaldehyd- sowie Phenol-Formaldehyd-Harnstoff-Bindemittel umfassen, mischbar sind. Hierdurch ist es möglich, dass die klassischen Bindemittel ohne Abkehr von der Bindemittelchemie auf einer existierenden Produktionslinie unter gleichzeitiger Verbesserung ihres Brandschutzverhaltens verwendet werden können.
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Darüber hinaus kann die erfindungsgemäße Harzzusammensetzung auch als Additiv zu einem Bindemittel für Mineralwolle oder Glasfasern eingesetzt wird, wobei dieses – neben den moderneren formaldehydfreien Bindemitteln, beispielsweise den sog. Green Bindern auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen, auch ein konventionelles Phenol-Formaldehyd-Bindemittelsystem sein kann.
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Das Mischungsverhältnis von Bindemittel zu erfindungsgemäßer Zusammensetzung unterliegt keinen prinzipiellen Grenzen und kann den gesamten Bereich möglicher Mischungsverhältnisse, d.h. 100:0 Prozent bis 0:100 Prozent betragen. Das konkrete Mischungsverhältnis hängt von den Anforderungen an das Brandschutzverhalten und die mechanischen Eigenschaften ab. Bevorzugt ist ein Mischungsverhältnis Bindemittel: erfindungsgemäßer Zusammensetzung kleiner 1:1, besonders bevorzugt kleiner 1:2 und ganz besonders bevorzugt von kleiner 1:3.
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Ein besonderer Vorteil der erfindungsgemäßen wärmehärtbaren, wässrigen Harzzusammensetzung liegt darin begründet, dass sie unmittelbar selbst – also ohne weitere Zusätze – als Bindemittel zur Herstellung von Mineralwolle oder Glaswolle eingesetzt werden kann, da sie über polymere Komponenten verfügt, die eine Bindung von aus Schmelzen – nach dem Fachmann wohlbekannten Verfahren – ausgezogenen Fasern an den sich überlappenden Kreuzungspunkten der Fasern nach der Aushärtung gewährleisten.
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Die vorliegende Erfindung betrifft auch ein Bindemittel für Mineral- oder Glaswolle. Ein solches Bindemittel enthält die erfindungsgemäße wärmehärtbare wässrige Harzzusammensetzung oder diese kann selbst als Bindemittel eingesetzt werden.
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Schlussendlich betrifft die vorliegende Erfindung auch ein Mineralwolleprodukt, welches mit einem Bindemittel gemäß der vorliegenden Erfindung gebunden ist.
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Derartige Mineralwolleprodukte zeigen ausgezeichnete mechanische Eigenschaften bei gleichzeitig hohem Feuerwiderstand.
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Selbstverständlich ist es dem Fachmann wohlbekannt, dass ein Bindemittel für Mineralwolle noch weitere im Stand der Technik – je nach gewünschtem Anwendungszweck – übliche Additive enthalten kann. Derartige Additive können beispielsweise sein: substituierte Silane, wie beispielsweise Aryl- oder Alkylsilane, Aminoalkylsilane, Aminoalkoxysilane, z.B. 3-Aminopropyltriethoxysilan, Carbonylverbindungen, wie z.B. Dihydroxyaceton, Hydrophopierungsmittel, Staubbindemittel, z.B. auf Mineralöl- oder Silikonölbasis, Nadelhilfsmittel usw.
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In diesem Zusammenhang offenbart die vorliegende Erfindung wie sie in den Ansprüchen beansprucht ist somit auch beispielsweise erfindungsgemäße Zusammensetzungen, die wenigstens eines oder mehrere der oben genannten Additive enthalten. Dasselbe gilt für erfindungsgemäße Bindemittel, Verwendungen und ein mit der Zusammensetzung gebundenes Mineralwolleprodukt.
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Weitere Vorteile und Merkmale der vorliegenden Erfindung ergeben sich anhand der Beschreibung von Ausführungsbeispielen.
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Beispiele
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Wegen des allgemein anwendbaren Prinzips stellen die hier genannten Beispiele nur einen kleinen Teil der möglichen einsetzbaren Verbindungen dar und sind als Demonstrationsprinzip zu sehen, nicht jedoch als Einschränkung. So steht das leicht aus Diglycol und Phosphoroxychlorid zugängliche Phosphat 1 stellvertretend für sehr ähnliche Additive mit ausgezeichneter Wirksamkeit wie sie z.B. unter den Handelsnamen OP550 der Fa. Clariant oder PLF140 der Fa. Thor bekannt sind. Das Phosphonat 2 ist z.B. unter dem Handelsnamen PLF280 der Fa. Thor bekannt. Es verfügt im Gegensatz zu den anderen Verbindungen über keine entsprechenden Substituenten. Seine Inkorporation in den Kunststoff erfolgt somit nur über eine Lösung in selbigen und soll beispielhaft demonstrieren, dass bei derartigen Verbindungsklassen die Aufnahmefähigkeit der Kunststoffmatrix zu beachten ist.
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Soweit nichts anderes angegeben ist, beziehen sich alle %-Angaben auf Massen-%.
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In der vorliegenden Erfindung werden die folgenden Abkürzungen verwendet:
B: | Brandschutzadditiv |
BM: | Bindemittel |
M: | Metallsalz |
P: | Phosphorverbindung |
PF: | Phenol-Formaldehyd |
Tabelle 1 Verwendete Phosphorverbindungen
Tabelle 2: Verwendete PF-Bindemittel
Nummer | Zusammensetzung |
BM1 | 146kg Natrium katalysiertes PF-Harz mit 40% Harnstoff (46% Feststoffgehalt), 0,36kg 3-Aminopropyltriethoxysilan, 0,34kg Hydroxyessigsäure 70%, 2kg Ethanolamin (5%) |
BM2 | 128kg Natrium katalysiertes PF-Harz Resorcin modifiziert 51% Feststoff, 0,73kg 3-Aminopropyltriethoxysilan, 0,27kg Dihydroxyaceton, 0,28kg Hydroxyessigsäure 70%, 1,3kg Ethanolamin (98,5%) |
Tabelle 3: Verwendete Metallsalze
Nummer | Salz |
M1 | Zirkoniumcarbonat |
M2 | Aluminiumcarbonat basisches Hydrat |
M3 | Magnesiumhydrogencarbonat |
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Untersuchung auf Einbau-Reaktion in die Kunststoffmatrix
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Für diesen Test wurde das Bindemittel 1 mit der Phosphorverbindung 1, der Phosphorverbindung 2 und einem Brandschutzadditiv 1 auf Basis der Phosphorverbindung 3 (Zusammensetzung: 27kg Phosphorverbindung 3, 0,72kg Hydroxyessigsäure, 1,74kg Metallsalz 1) mit Aufdosieren von 40% Additiv auf 100% Bindemittel 1 bei 150°C für 2h ausgehärtet. Der so erhaltene Kunststoff wurde gepulvert und je ein Gramm in 10g Wasser bei 50°C oder in 10g 2-Propanol bei 40°C für je 18h gelagert. Tabelle 4: Eingesetzte Mengen Bindemittel 1 (Feststoffgehalt 55%) mit den jeweiligen Additiv als 100% Substanz (wasserfrei)
Mischung | Masse Bindemittel 1 in g | Masse Additiv in g | Stoffmenge Additiv in mmol | Sollgehalt Phosphor je Probe in mg | Konzentration Phosphor in mol/kg |
BM1 + P1 | 50 | 11 | 24,0 | 743,4 | 0,62 |
BM1 + P2 | 50 | 11 | 66,2 | 2050,5 | 1,72 |
BM1 + B1 | 50 | 11 | 32,7 | 1217,3 | 1,02 |
Tabelle 5: Konzentration Phosphor nach Wasserlagerung in der wässrigen Phase
Mischung | Konzentration Phosphor* in mg/kg Lösungsmittel | Änderung zum Ausgangsgehalt im Kunststoff % |
BM1 + P1 | 1632,3 | 85 |
BM1 + P2 | n.n. | - |
BM1 + B1 | n.n. | - |
* Bestimmung als Phosphat und Umrechnung auf elementaren Phosphor Tabelle 6: Konzentration der jeweiligen Phosphorverbindung in 2-Propanol Bestimmung mittels GC-MS
Mischung | Konzentration Phosphorverbindung in mg/kg Lösungsmittel | Änderung zum Ausgangsgehalt im Kunststoff % |
BM1 + P1* | n.n. | - |
BM1 + P2 | 25704 | 90 |
BM1 + B1 | 343 | 2 |
* Nicht GC gängig Nachweis über wässrigen Auszug
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Wie die beispielhaft angegebenen Messungen belegen, werden Substanzen ohne das passende Substitutionsmuster nur in sehr geringen Maß in den Kunststoff eingebunden.
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Verarbeitungsbeispiele/Vergleichsbeispiele
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Die PF-Bindemittel der Tabelle 2 wurden mit Wasser auf eine Feststoffkonzentration von 17% verdünnt, Tabelle 7: PF Bindemittel
Bindemittel | Zusammensetzung für Bindemittel mit 17%-Feststoffgehalt |
BM1* | BM1; 250 kg Wasser |
BM2* | BM2; 269kg Wasser |
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Die jeweiligen PF Bindemittel werden im Feststoffverhältnis 71 (Bindemittel):29 (Brandschutzadditiv) zusammengemischt, d.h. je 400kg des Bindemittels mit 27,2kg des jeweiligen Brandschutzadditivs. Tabelle 8: Zusammensetzung der Brandschutzadditive bezogen auf 400kg Bindemittel mit 17% Feststoffgehalt
Brandschutzadditiv | Zusammensetzung |
B2 | 25kg Phosphorverbindung 3; 0,7kg Hydroxyessigsäure (70%), 1,6kg Metallsalz 1 |
B3 | 24,4kg Phosphorverbindung 3; 1,1kg Hydroxyessigsäure (70%), 1,7kg Metallsalz 2 |
B4 | 24,7kg Phosphorverbindung 3; 1,1kg Hydroxyessigsäure (70%), 1,5kg Metallsalz 3 |
B5 | 25,5kg Phosphorverbindung 3; 0,55kg Hydroxyessigsäure (70%), 1,1kg Metallsalz 1 |
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Bei den in Tab. 9 gezeigten Bindemittelzusammensetzungen von Nicht Phenol-Formaldehyd-Bindemitteln werden im jeweiligen Harz 40 Molprozent des Hexamethylendiamins durch das jeweilige Additiv ersetzt. Tabelle 9: Nicht PF Bindemittel
Bindemittel | Zusammensetzung |
BM3 | 1000kg Polyacrylsäure (Molgewicht 10000 g/mol 50%), 565,7kg Hexamethylendiamin (70%), 10,1kg Adipinsäure, 5kg 3-Aminotriethoxysilan, 3,4kg Dihydroxyaceton |
BM4 | 1000kg Polyacrylsäure (Molgewicht 10000 g/mol 50%), 565,7kg Hexamethylendiamin (70%), 10,1kg Adipinsäure, 5kg 3-Aminotriethoxysilan, 3,4kg Dihydroxyaceton, 15kg Metallsalz 1 |
BM5 | 1000kg Polyacrylsäure (Molgewicht 10000 g/mol 50%), 339kg Hexamethylendiamin (70%), 8,3kg Adipinsäure, 5kg 3-Aminotriethoxysilan, 2,8kg Dihydroxyaceton, 15kg Metallsalz 1, 293kg Phosphorverbindung 3 |
BM6 | 1000kg Polyacrylsäure (Molgewicht 10000 g/mol 50%), 339kg Hexamethylendiamin (70%), 8,3kg Adipinsäure, 5kg 3-Aminotriethoxysilan, 2,8kg Dihydroxyaceton, 12,6kg Metallsalz 1, 293kg Phosphorverbindung 3 |
BM7 | 1000kg Polyacrylsäure (Molgewicht 10000 g/mol 50%), 339kg Hexamethylendiamin (70%), 8,3kg Adipinsäure, 5kg 3-Aminotriethoxysilan, 2,8kg Dihydroxyaceton, 10,1kg Metallsalz 3, 293kg Phosphorverbindung 3 |
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Gefertigt wurde jeweils Material mit einem Raumgewicht von 60kg/m
3, einer Stärke von 60mm und einem Glühverlust von 2% ohne die jeweiligen Additive Tabelle 10: Brandverhalten in der Feuerwiderstandsprüfung A60 nach DIN 4102/8 und Druckspannung bei 10% Stauchung vor und nach Autoklav gemäß EN 826
| Bindemittel | Additiv | Zeit min | Druckspannung kPa vor Autoklav | Druckspannung kPa nach Autoklav |
Vergl.-Bsp. | BM1* | - | 20 | 4,7 | 2,4 |
Vergl.-Bsp. | BM1* | Phosphorverbindung 1 | 70 | 4,4 | 0,4 |
Vergl.-Bsp. | BM1* | Phosphorverbindung 2 | 73 | 3,9 | 2,8 |
Vergl.-Bsp. | BM1* | Brandschutzadditiv 2 | 70 | 5,3 | 4,0 |
Vergl.-Bsp. | BM1* | Brandschutzadditiv 3 | 68 | 5,1 | 2,8 |
Vergl.-Bsp. | BM1* | Brandschutzadditiv 4 | 69 | 4,7 | 2,2 |
Vergl.-Bsp. | BM1* | Brandschutzadditiv 5 | 63 | 4,5 | 2,8 |
Vergl.-Bsp. | BM2* | - | 22 | 6,0 | 5,0 |
Vergl.-Bsp. | BM2* | Brandschutzadditiv 2 | 78 | 6,3 | 4,8 |
Vergl.-Bsp. | BM3 | - | 18 | 3,7 | 2,2 |
Vergl.-Bsp. | BM4 | - | 32 | 4,5 | 3,8 |
Ausf.-Bsp. | BM5 | - | 66 | 3,6 | 2,6 |
Ausf.-Bsp. | BM6 | - | 76 | 3,5 | 1,8 |
Ausf.-Bsp. | BM7 | - | 72 | 3,7 | 2,0 |
BM1* und BM2* mit und ohne Additiv, BM3 und BM4 sind Vergleichsbeispiele (Vergl.-Bsp.), BM 5, 6 und 7 (ohne Additiv) sind erfindungsgemäße Ausführungsbeispiele (Ausf.-Bsp).
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Wie aus der Tabelle 10 einfach erkennbar ist, kann mit herkömmlichen Bindemitteln zwar eine hohe mechanische Festigkeit, aber nur ein geringer Feuerwiderstand erreicht werden. Bei hoch additivierten Bindemitteln ist der Feuerwiderstandswert ausgezeichnet, was die Wirksamkeit der eingesetzten Verbindungen unterstreicht, aber die Alterungsbeständigkeit vermindert.
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Tabelle 11 fasst Untersuchungsergebnisse für verschiedene Mischungen von Bindemitteln mit der erfindungsgemäßen Harzzusammensetzung zusammen, d.h.
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Mischungen, bei denen die erfindungsgemäße Harzzusammensetzung als Additiv zu dem jeweiligen Bindemittel zugegeben wurde. Tabelle 11: Brandverhalten in der Feuerwiderstandsprüfung A60 nach DIN 4102/8 und Druckspannung bei 10% Stauchung vor und nach Autoklav gemäß EN 826 für Mischungen aus Bindemittel und erfindungsgemäßer Harzzusammensetzung
Bindemittel | Harzzusammensetzung | Massenverhältnis | Zeit min | Druckspannung kPa vor Autoklav | Druckspannung kPa nach Autoklav |
BM1* | BM5 | 1:1 | 68 | 4,3 | 3,6 |
BM1* | BM5 | 2:1 | 59 | 4,4 | 3,3 |
BM1* | BM5 | 1:2 | 75 | 4,1 | 3,5 |
BM1* | BM6 | 1:1 | 69 | 4,2 | 3,7 |
BM1* | BM7 | 1:1 | 70 | 4,3 | 3,3 |
BM1* | BM7 | 5:1 | 35 | 4,7 | 3,2 |
BM1* | BM7 | 1:5 | 75 | 4,2 | 2,7 |
BM2* | BM5 | 1:1 | 67 | 5,9 | 4,9 |
BM2* | BM6 | 1:1 | 67 | 5,7 | 4,8 |
BM2* | BM7 | 1:1 | 67 | 5,2 | 4,9 |
BM3 | BM5 | 1:1 | 68 | 4,2 | 2,8 |
BM3 | BM5 | 2:1 | 59 | 4,4 | 3,2 |
BM3 | BM5 | 3:1 | 55 | 4,6 | 3,1 |
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Unverträglichkeiten von Bindemittel und Harzzusammensetzung wurden nicht festgestellt.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- H. Plastic Additives Handbook, 5th Edition, Carl Hanser Verlag München 2001, 12.4, Seite 688 [0005]
- DIN EN ISO 1182 [0008]
- DIN 13501-1 [0008]
- DIN EN 1366-1 [0008]
- DIN EN 13468 [0012]